Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.01.2011, Az. 8 C 36/09

8. Senat | REWIS RS 2011, 10178

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Gegenstand

Ermächtigungsgrundlage zur Erhebung der Kostenumlage für 1998; entgeltliche Finanzdienstleistungserbringung spricht für Gewinnerzielungsabsicht


Leitsatz

1. § 9 UmlVKF, der durch § 51 Abs. 1 Satz 3 KWG F. 2004 rückwirkend für die Zeit vom 12. März 1999 bis zum 30. Dezember 2000 Gesetzesrang erhalten hat, ist eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung der Kostenumlage für das Jahr 1998 (wie Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 34.09 -).

2. Werden Finanzdienstleistungen entgeltlich erbracht, ist eine Gewinnerzielungsabsicht regelmäßig zu bejahen. Die Entgeltlichkeit kann sich auch daraus ergeben, dass die Finanzdienstleistung Bestandteil eines entgeltlich angebotenen Bündels von Leistungen ist.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine [X.], die von dem Rechtsvorgänger der Beklagten - dem [X.] - nach § 51 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) [X.]. § 9 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Umlegung der Kosten des [X.] für das Kreditwesen (Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen - [X.] - vom 8. März 1999, [X.]) zur Finanzierung der aufsichtsbehördlichen Tätigkeit für das [X.] festgesetzt wurde.

2

Mit einer Erstanzeige nach § 64e Abs. 2 Satz 1 KWG teilte die Klägerin dem [X.] am 27. März 1998 mit, sie habe zum 31. Dezember 1997 die ab dem 1. Januar 1998 erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen der Anlagevermittlung, Abschlussvermittlung, [X.] und [X.] erbracht, die als Haupttätigkeit betrieben und fortgeführt würden. Das [X.] bestätigte der Klägerin mit Schreiben vom 29. September 1998 die angezeigten [X.] und wies auf die Aufsichtspflicht hin.

3

Am 10. März 1999 legte die Klägerin ihre Ergänzungsanzeige nach § 64e Abs. 2 Satz 4 KWG vor. Sie erklärte, technische Einrichtungen und Hilfsmittel zur schnellen, automatischen [X.] an ein vom Kunden gewähltes [X.] anzubieten, einschließlich etwa benötigter Daten und Börsensoftware. Falls Kunden, beispielsweise auf Reisen, einen Auftrag nicht direkt erteilen könnten, nehme sie diesen gegebenenfalls telefonisch entgegen und leite ihn dann persönlich weiter. Die [X.] werde nur nach festen Handelssystemen betrieben, etwa - vereinfacht - der Anordnung zum Ankauf oder Verkauf von "1000 [X.]" bei Schneiden des gleitenden 90-Tages-Durchschnitts nach oben oder unten. Die [X.] werde lediglich im Zusammenhang mit anderen Dienstleistungen und regelmäßig ohne Automatisierung erbracht; insoweit sei die Klägerin gegebenenfalls beratend tätig. Im Übrigen betreibe sie den Verkauf und die Vermietung von Börsensoftware, den Verkauf von sonstiger Software und Hardware in diesem Zusammenhang, die Programmierung und Makroerstellung, den Verkauf von Börsendaten und den Support zu den jeweiligen Punkten. Am 16. April 1999 erklärte die Klägerin telefonisch, sie habe keinerlei Befugnis, über Anlagen zu entscheiden, und verwies auf die EDV und deren Programm. Am 21. April 1999 erkundigte der Geschäftsführer der Klägerin sich bei dem [X.] in einem zweistündigen Telefonat eingehend nach den Voraussetzungen einer Erlaubnisfreiheit der ausgeübten Tätigkeiten. In diesem Gespräch gab er an, die Kunden würden im Wesentlichen mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Software selbst tätig. Im Verhinderungsfall oder aus anderen Gründen übernehme er die Abschlussvermittlung, indem er die Aufträge weitergebe. Selten werde er auch als Anlagenvermittler tätig.

4

Das [X.] bat die Klägerin vergeblich, ihre Jahresabschlüsse für 1995 bis 1998 und den Bericht des Wirtschaftsprüfers vorzulegen. Der formlosen Aufforderung vom 10. Mai 1999, bis zum 30. Juni 1999 die [X.] zur Finanzierung der Aufsichtstätigkeit für 1998 i.H. von 1 336,72 [X.] zuzüglich eines Abschlags für 1999 i.H. von 668,36 [X.] zu zahlen, kam die Klägerin ebenfalls nicht nach.

5

Mit Schreiben vom 7. Juni 1999 erklärte das [X.] der Klägerin, Finanzdienstleistungen seien nur erlaubnisfrei, wenn sie weder gewerbsmäßig noch in vollkaufmännischem Umfang betrieben würden. Eine nicht gewerbsmäßige Tätigkeit komme nur bei bloßen Gefälligkeiten in Betracht. Die Schwelle zum vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb liege in der Regel bei 25 Abschlüssen im Monatsdurchschnitt.

6

Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 27. September 1999, um die Angelegenheit nunmehr abzuschließen, leite sie für ihre Kunden auch in Ausnahmefällen keine Aufträge mehr weiter, obwohl dies im Einzelfall wertvolle Gefälligkeiten gewesen seien. Der Grenzwert von 25 Vorgängen sei nicht einmal pro Jahr erreicht worden.

7

Mit Bescheid vom 30. September 1999 setzte das [X.] gegenüber der Klägerin die Umlage für 1998 und die Vorauszahlung für 1999 entsprechend der Berechnung vom 10. Mai 1999 auf insgesamt 2 005,08 [X.] fest. Dazu verwies es auf § 51 Abs. 1 KWG, § 9 Abs. 1 und 2 [X.].

8

Dem dagegen rechtzeitig erhobenen Widerspruch der Klägerin half das [X.] mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2001 nur hinsichtlich der Festsetzung des Abschlags für 1999 ab. Im Übrigen wies es den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Klägerin habe seit dem 1. Januar 1998 unter der Aufsicht des [X.] gestanden. Nach ihrer Erstanzeige, ihrer Ergänzungsanzeige und den weiteren Schreiben habe sie die erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen der Anlagevermittlung und der Abschlussvermittlung erbracht und bis zur Rückgabe der [X.] fortgeführt. Auf die Anzahl der Vermittlungsabschlüsse komme es nicht an, da die Klägerin jedenfalls gewerbsmäßig tätig geworden sei. Sie habe die Dienstleistungen auf Dauer angelegt und mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben. Die Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen einer Umlagenermäßigung. Sie gehöre nicht zu den [X.] der [X.], d.h. den Instituten im Bereich der [X.], [X.], für die nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG (in der 1998 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 48 des Gesetzes vom 22. Oktober 1997, [X.] - im Folgenden: § 33 KWG a.F.) kein gesetzliches Mindestanfangskapital vorgeschrieben sei. § 64e Abs. 3 Satz 1 KWG, der die Pflicht zur Bereitstellung des Mindestkapitals aufschiebe, sei nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 [X.] bei der [X.] nicht anzuwenden. Die geforderte Umlage sei verhältnismäßig, da sie weit unter dem Betrag liege, der ohne Anwendung des § 64e KWG nach dem [X.] zu erheben wäre. Entgegen dem Widerspruchsvorbringen habe das [X.] der Klägerin auch nie mitgeteilt, sie habe keine Kosten zu übernehmen.

9

Nach Zustellung des Bescheides am 21. Juni 2001 hat die Klägerin am Montag, dem 23. Juli 2001, vor dem [X.] Klage erhoben und begehrt, den Bescheid vom 30. September 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2001 aufzuheben. Als Vermittlerin sei sie weder im vollkaufmännischen Umfang noch gewerbsmäßig tätig geworden. Eine Gewinnerzielungsabsicht habe nur bezüglich des Softwarehandels bestanden. Die Vermittlungstätigkeit sei auch nicht auf Dauer angelegt gewesen, sondern nur bei Gelegenheit der übrigen Geschäftstätigkeit in sehr geringem Umfang ausgeübt und 1999 eingestellt worden. Außerdem habe das [X.] ihr erklärt, die Erlaubnis sei kostenfrei.

Zum 1. Mai 2002 wurde das [X.] in die Beklagte - die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht - überführt.

Mit Urteil vom 17. Februar 2004 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des [X.] vom 30. September 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2001 aufgehoben und ausgeführt, die Festsetzung der Umlage für 1998 sei rechtswidrig. Die Ermächtigung nach § 9 Abs. 2 [X.] widerspreche § 51 Abs. 1 Satz 2 KWG, soweit sie eine getrennte Berechnung der Umlage für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach dem jeweiligen Aufsichtsaufwand vorsehe.

Das Oberverwaltungsgericht hat die von ihm zugelassene Berufung der Beklagten nach mündlicher Verhandlung vom 10. April 2008 und deren Vertagung sowie einer Anhörung der Beteiligten nach § 130a [X.]. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO durch Beschluss vom 17. Dezember 2008 zurückgewiesen. Dessen Gründe geben zum Sachverhalt nur die Verfahrensgeschichte wieder und verweisen im Übrigen auf die Gerichts- und die Beiakten. In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt, die Umlagenfestsetzung für 1998 sei rechtswidrig. Zwar habe die Umlage für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute getrennt berechnet werden dürfen. Der in § 9 Abs. 2 [X.] vorgesehene Verteilungsschlüssel widerspreche aber § 51 Abs. 1 Satz 2 KWG, weil er nicht auf den [X.], sondern auf die damit nicht zusammenhängende Größe des [X.] abstelle. Die rückwirkende Anordnung der Gesetzeskraft des § 9 Abs. 2 [X.] gelte nach § 51 Abs. 1 Satz 3 KWG nur für den Zeitraum vom 12. März 1999 bis zum 31. Dezember 2000. Das [X.] werde also nicht erfasst. Zudem habe die Klägerin nur mit einer Heranziehung nach Maßgabe des [X.]s rechnen müssen.

Die Beklagte rügt mit ihrer vom Senat zugelassenen, fristgerecht begründeten Revision, die Anordnung der Gesetzeskraft des § 9 Abs. 2 [X.] gelte nach § 51 Abs. 1 Satz 3 KWG für Festsetzungen ab dem 12. März 1999 auch, soweit diese den Veranlagungszeitraum 1998 beträfen. Bereits seit Inkrafttreten des § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 KWG am 22. Oktober 1997 hätten die Umlagepflichtigen nicht mehr auf die Kostenfreiheit vertrauen können. Darüber hinaus macht die Beklagte Verfahrensmängel geltend. Das Oberverwaltungsgericht habe nicht durch Beschluss nach § 130a VwGO entscheiden dürfen und ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt.

Die Beklagte hat zunächst begehrt, den angefochtenen Beschluss des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen. Mit Schriftsatz vom 12. November 2010 beantragt sie nunmehr,

das Urteil des [X.] vom 17. Februar 2004 und den Beschluss des [X.] für das [X.] vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

äußerst hilfsweise,

die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht für das [X.] zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss und meint, Feststellungen zum konkreten Sachverhalt, die nach ihrem bisherigen Vorbringen zum Erfolg der Klage führen müssten, seien bislang noch nicht berücksichtigt worden.

Mit Verfügung vom 29. Oktober 2010 hat der Senat die Beteiligten auf das Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 34.09 - hingewiesen, dem zufolge § 9 [X.] [X.]. § 51 Abs. 1 Satz 3 KWG in der seit dem 21. Dezember 2004 geltenden Fassung eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung der [X.] für das [X.] darstellt. Mit Schriftsätzen vom 3. und 12. November 2010 haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Entscheidungsgründe

Der Senat kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die Revision ist zulässig und begründet.

In der Einbeziehung der erstinstanzlichen Entscheidung in den Revisionsantrag liegt keine unzulässige Erweiterung des [X.], sondern eine entsprechend § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige sachgerechte Präzisierung. Sie verändert den Streitgegenstand - die Überprüfung der Umlagenfestsetzung für das [X.] - ebenso wenig wie der überflüssige, aber darum nicht unzulässige Hilfsantrag auf Zurückverweisung der Sache.

Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Die Annahme des [X.], aus § 9 [X.] i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 3 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 3 Nr. 1 Buchst. a des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und anderer Gesetze vom 15. Dezember 2004 ([X.] 3416) ergebe sich keine wirksame Ermächtigung zur Erhebung der [X.] für das [X.], verletzt Bundesrecht. Die angegriffene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

Für die Wirksamkeit des § 9 [X.] kommt es nicht darauf an, ob die Vorschrift mit Art. 80 Abs. 1 GG vereinbar ist. Die rückwirkende Anordnung der Gesetzeskraft der Verordnung nach § 51 Abs. 1 Satz 3 [X.] lässt das Erfordernis der Übereinstimmung mit Art. 80 Abs. 1 GG entfallen und erstreckt sich - ihrerseits wirksam - auch auf die Regelung der Umlagenerhebung für das [X.] (Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 34.09 - juris Rn. 15 f.).

§ 51 Abs. 1 Satz 3 [X.] erfasst alle Einzelnormen der [X.] vom 8. März 1999 und ordnet an, dass diese für die [X.] vom 12. März 1999 bis zum 30. Dezember 2000 rückwirkend den Rang eines Gesetzes erhalten. Nach dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der Regelung definiert die darin genannte [X.]spanne den zeitlichen Anwendungsbereich der Anordnung der Gesetzeskraft. Das ist der [X.]raum, in dem die Verordnung rückwirkend als Gesetz gelten soll, also nicht der Veranlagungszeitraum, für den die [X.] auf der Grundlage der nunmehr zum Gesetz erhobenen Vorschrift zu erheben war (Urteil vom 15. September 2010 a.a.[X.] Rn. 18 a.E.). Dies belegt auch die Entstehungsgeschichte. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich die Regelungsabsicht des Gesetzgebers, "vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Rechtsbehelfsverfahren und Verwaltungsgerichtsprozessen gegen [X.] des ehemaligen [X.] - und damit verbundener erheblicher Risiken für den Bundeshaushalt -" für Rechtsklarheit zu sorgen (BTDrucks 15/3976 [X.]). Zu diesen [X.]n gehören die Umlagenfestsetzungen für das [X.].

Der angefochtene Beschluss beruht auf der fehlerhaften Anwendung des § 9 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 3 [X.], da er die Bestätigung des stattgebenden erstinstanzlichen Urteils auf die unzutreffende Abgrenzung des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 51 Abs. 1 Satz 3 [X.] stützt. Die Ausführungen zum Vertrauensschutz der Klägerin stellen keine den Beschluss selbstständig tragenden Hilfserwägungen dar. Vielmehr erklärt das Berufungsgericht, auf die Zulässigkeit der - von ihm unzutreffend verneinten - Rückwirkung auf das Veranlagungsjahr 1998 komme es nicht an. Nur in einem obiter dictum weist es "ergänzend ... darauf hin<>", dass die Klägerin seiner Auffassung nach nur mit einer Heranziehung entsprechend dem [X.] rechnen musste.

Da die Sachrüge durchgreift, muss den zusätzlich erhobenen Verfahrensrügen wegen der Anwendung des § 130a VwGO und der geltend gemachten Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör nicht mehr nachgegangen werden.

Der angegriffene Beschluss erweist sich auch nicht gemäß § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig.

Die rückwirkende gesetzliche Ermächtigung, die Umlage für 1998 nach § 9 [X.] i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 3 [X.] zu erheben, verletzt kein Verfassungsrecht.

Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, eine zunächst dem Verordnungsgeber überlassene Regelungsbefugnis wieder für sich in Anspruch zu nehmen und eine bestehende Rechtsverordnung durch Bezugnahme auf ihren Inhalt als Gesetz zu erlassen ([X.], Beschluss vom 15. November 1967 - 2 BvL 7, 20, 22/64 - [X.]E 22, 330 <346>; BVerwG, Urteil vom 15. September 2010 a.a.[X.] Rn. 21).

Das aus Art. 20 Abs. 3 GG und den Grundrechtsgewährleistungen abzuleitende rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 21. Juli 2010 - 1 BvL 11/06 u.a. - juris Rn. 75 m.w.N.) steht der rückwirkenden Anordnung der Gesetzeskraft der Verordnung ebenfalls nicht entgegen. Vielmehr liegt ein Fall zulässiger echter Rückwirkung vor. Die unmittelbare Bewirkung von Rechtsfolgen ergibt sich daraus, dass die Umlagepflicht für den Veranlagungszeitraum 1998 gesetzlich neu begründet wurde. Ein die Umlagenfestsetzung für diesen [X.]raum ausschließendes schutzwürdiges Vertrauen ist nicht entstanden. Bereits vor Inkrafttreten der Rückwirkungsanordnung des § 51 Abs. 1 Satz 3 [X.] konnten die Betroffenen nicht damit rechnen, für das [X.] nicht zu einer Umlage nach § 9 [X.] herangezogen zu werden. Schon die ursprüngliche Ermächtigung zur Umlagenerhebung nach § 51 Abs. 1 [X.] in der Fassung des [X.] ([X.] 2518) begründete für Finanzdienstleistungsinstitute ab dem [X.] eine Verpflichtung zur Erstattung der Kosten des [X.]. Die Vorschrift ließ außerdem erkennen, dass eine vom [X.] oder vom [X.] zu erlassende Rechtsverordnung dazu nähere Regelungen treffen würde. Seit dem Inkrafttreten der Verordnung am 12. März 1999 kannten die Betroffenen auch die Kriterien für die Bemessung der [X.]. Sie wurde durch § 51 Abs. 1 Satz 3 [X.] in der Fassung des [X.] nicht inhaltlich geändert, sondern nur rückwirkend mit [X.] ausgestattet. Ein etwaiges Vertrauen darauf, dass die ursprüngliche Verordnung als rechtswidrig erkannt und weder angewendet noch durch eine rechtmäßige Regelung ersetzt werden würde, ist nicht schutzwürdig. Wer von einer rechtlich umstrittenen Eingriffsregelung betroffen ist, muss mit einer nachträglichen Bestätigung der Belastung durch eine die unklare Rechtslage beseitigende, für Rechtssicherheit sorgende Regelung rechnen (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvR 3140/06 - NVwZ-RR 2007, 433 = juris Rn. 33 m.w.N; BVerwG, Urteil vom 15. September 2010 a.a.[X.] Rn. 26 f.).

Die Anknüpfung der Bemessungsgrundlage an das gesetzliche [X.] nach § 9 [X.] i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 3 [X.] verletzt ebenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen. Da § 51 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Umlagenerhebung nach dem jeweiligen [X.] nicht konkretisierte, sondern die nähere Ausgestaltung der Rechtsverordnung überließ, konnte sich kein schutzwürdiges Vertrauen bezüglich einer Obergrenze der Inanspruchnahme bilden. Angesichts der Ermächtigung, Mindestbeiträge festzusetzen, waren pauschalierende Festsetzungen nicht ausgeschlossen, etwa mit dem Ziel, Schwierigkeiten bei der erforderlichen Datenerhebung in der Anfangsphase nach Inkrafttreten der Verordnung zu begegnen. Jedenfalls für diese Übergangsphase des Jahres 1998 war die Anknüpfung der Bemessungsgrundlage an das gesetzliche [X.] als sachliches Kriterium für die - wenn auch zunächst grobe - Bemessung der abgegoltenen Vorteile zu rechtfertigen. Nach dem gesetzlichen Regelungskonzept profitiert jeder Aufsichtspflichtige von den Kontroll- und Aufsichtsleistungen der [X.], die zur Stabilität des Finanzmarktes beitragen (BVerwG, Urteil vom 15. September 2010 a.a.[X.] Rn. 28; vgl. [X.], Beschluss vom 16. September 2009 - 2 BvR 852/07 - [X.]E 124, 235 <250 f.>). Als Indikator für den Umfang des Vorteils, den das jeweilige Institut zu Beginn der Einbeziehung der Finanzdienstleistungsinstitute in den Regelungsbereich des Kreditwesengesetzes aus der Aufsicht zog, durfte der Gesetzgeber das erforderliche [X.] heranziehen. Es ist nach dem Gesetz so zu bemessen, dass es die in Aussicht genommenen Geschäfte auf ca. drei bis fünf Jahre ausreichend absichert und eine hinreichende Vertrauensbasis für deren Refinanzierung darstellt ([X.], in: [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 3. Aufl. 2008, § 33 Rn. 6 S. 1007). Seine gesetzliche Staffelung und die Ermäßigungsregelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 3 [X.] genügen, ein grobes Missverhältnis zwischen Vorteil und Umlagenbelastung auszuschließen.

Die Erhebung der [X.] für das [X.] verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben mit [X.] trägt sie ausreichend Rechnung (BVerwG, Urteil vom 15. September 2010 a.a.[X.] Rn. 31; vgl. [X.], Beschluss vom 16. September 2009 a.a.[X.]).

Aus den Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich auch nicht, dass die angefochtene Umlagenfestsetzung rechtswidrig war, weil die Beklagte § 9 [X.] i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3 [X.] fehlerhaft angewandt hätte. Insbesondere genügen die Feststellungen der Vorinstanz nicht, eine Umlagepflicht der Klägerin für das [X.] auszuschließen.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3 [X.] i.V.m. § 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 [X.] setzt die Umlagepflicht für 1998 voraus, dass das betreffende Unternehmen während des gesamten Jahres als Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne von § 1 Abs. 1 oder 1a, §§ 32 ff. [X.] der Aufsicht des Rechtsvorgängers der [X.] unterstand. Dafür ist nicht formell auf das Bestehen einer Erlaubnis nach § 32 oder § 64e [X.] abzustellen, sondern auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], Gesetz über das Kreditwesen, § 32, Stand: November 2006, Rn. 17). Danach war die Klägerin als Finanzdienstleistungsinstitut erlaubnis- und aufsichtspflichtig, wenn sie während des gesamten Jahres 1998 Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a, § 32 Abs. 1 [X.] gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbrachte, der einen vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb erforderte, ohne dass eine Ausnahme nach § 2 Abs. 4 bis 6, Abs. 10 [X.] a.F., § 4 Abs. 2 [X.] vorlag.

Aus den Tatsachenfeststellungen des angegriffenen Beschlusses ergibt sich nicht, dass eine dieser Voraussetzungen fehlte. Nicht auszuschließen ist insbesondere eine gewerbsmäßige, während des gesamten Jahres 1998 betriebene Anlage- und Abschlussvermittlung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 und 2 [X.]. Sie ist unabhängig vom Umfang der Geschäfte zu bejahen, wenn die Vermittlungstätigkeit auf Dauer angelegt und auf Gewinnerzielung gerichtet war. Für ein dauerhaftes Betreiben der Vermittlung spricht, dass diese Dienstleistung nach den Angaben der Klägerin bis 1999 zwar nicht häufig, aber stets bei entsprechendem Bedarf der Kunden erbracht und erst im Zuge der Auseinandersetzung über die Kostenpflicht im Jahr 1999 eingestellt wurde. Von einer Gewinnerzielungsabsicht ist regelmäßig bei entgeltlicher Erbringung von Dienstleistungen auszugehen (Schäfer, in: [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, a.a.[X.] § 1 Rn. 117 mit Verweis auf Rn. 17 f.; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.] § 32 Rn. 24; vgl. [X.], Beschluss vom 6. Juni 2002 - 9 G 1821/02 - juris Rn. 9). Das klägerische Bestreiten eines auf Profit gerichteten subjektiven Willens rechtfertigt danach noch nicht, den Tatbestand zu verneinen. Vielmehr ist maßgeblich, ob die Vermittlungsleistungen nach der Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zu den Kunden der Klägerin gegen Entgelt erbracht wurden. Das kann aufgrund von Entgeltvereinbarungen bezüglich der Vermittlungsleistungen selbst geschehen sein. Die Entgeltlichkeit kann sich aber auch ohne gesonderte Entgeltabrede daraus ergeben, dass die Vermittlung als Bestandteil eines entgeltlich angebotenen Bündels von Leistungen erbracht wurde. Sie könnte beispielsweise Teil des "Supports" in Bezug auf die entgeltlich vertriebene Software gewesen sein, sodass ein Teil des für die Gesamtleistung gezahlten Entgelts auf die bei Bedarf von der Klägerin übernommene Vermittlung entfiel. Der geringe Umfang einer entgeltlichen Finanzdienstleistungstätigkeit schließt deren Gewerbsmäßigkeit nicht aus ([X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.] § 1, Stand: September 1998, Rn. 251). Nur wenn die Dienstleistung aus reiner Kulanz erbracht wird, ist ihr gewerbsmäßiger Charakter zu verneinen (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Januar 2004 - 9 G 6091/03 - juris Rn. 7). Der angegriffene Beschluss ermöglicht nicht, die Gewerbsmäßigkeit der Vermittlung abschließend zu beurteilen. Er enthält keine konkreten Feststellungen zur Vertragsgestaltung der Klägerin im maßgeblichen [X.]raum. Da die Jahresabschlüsse und der Wirtschaftsprüferbericht weder vorgelegt noch beigezogen wurden, lassen sich auch daraus keine Rückschlüsse auf die Art ihrer Geschäftstätigkeit ziehen.

Anhaltspunkte für das Vorliegen eines die Aufsichtspflicht ausschließenden [X.] nach § 2 Abs. 4 bis 6, Abs. 10 [X.] a.F., § 4 Abs. 2 [X.] sind den tatrichterlichen Feststellungen nicht zu entnehmen. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass die Klägerin zu den in § 2 Abs. 6 Nr. 1 bis 4 [X.] aufgezählten Unternehmen gehörte oder nur die in Abs. 6 Nr. 5 bis 12, Abs. 10 der Vorschrift umschriebenen Tätigkeiten ausgeübt hätte. Eine Freistellung im Sinne des § 2 Abs. 4 oder 5 [X.], § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 [X.] liegt nicht vor. Eingestellt wurde die fragliche Dienstleistung erst 1999 (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 [X.]).

Die Tatsachenfeststellungen des [X.] lassen auch nicht darauf schließen, dass die Klägerin nach § 9 Abs. 2 Satz 2 [X.] jedenfalls nur eine ermäßigte Umlage zahlen müsste, weil ihr im Veranlagungszeitraum 1998 nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a bis c [X.] a.F. kein [X.] zur Verfügung hätte stehen müssen. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der Höhe des festgesetzten Betrages auf der gesetzlichen Grundlage für 1998 liegen nicht vor.

Der Senat kann nicht nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine ausreichenden Feststellungen zu den Voraussetzungen einer erlaubnis- und aufsichtspflichtigen Anlage- oder Abschlussvermittlung im [X.] getroffen hat. [X.] seine Tatsachenfeststellungen aus den oben dargelegten Gründen genügen, eine gewerbsmäßige oder vollkaufmännische Anlage- oder Abschlussvermittlung im maßgeblichen [X.]raum auszuschließen, sowenig gestatten sie, von einer solchen Tätigkeit auszugehen.

Entgegen der Auffassung der [X.] ist ein vollkaufmännischer Umfang der Anlage- oder Abschlussvermittlung der Klägerin nicht schon wegen deren Rechtsform zu bejahen. Maßgeblich ist nicht die Kaufmannseigenschaft, sondern der vom Berufungsgericht nicht festgestellte Umfang der erlaubnispflichtigen Geschäftstätigkeit [X.], in: [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, a.a.[X.] § 1 Rn. 19 f., 117). Die bisherigen Tatsachenfeststellungen genügen auch nicht, die Gewerbsmäßigkeit der Vermittlung zu bejahen. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass diese nur außerhalb der vertraglichen Verpflichtungen aus Kulanz und unentgeltlich übernommen wurde, um einzelnen Kunden einen Gefallen zu erweisen. Die von der Klägerin eingeräumte Anlageberatung begründete 1998 noch keine Umlagepflicht. Sie wurde erst mit dem Inkrafttreten des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a [X.] (vgl. Art. 3 Nr. 2 Buchst. a aa bbb des Gesetzes vom 16. Juli 2007 - [X.] - [X.] 1330) erlaubnis- und aufsichtspflichtig.

Meta

8 C 36/09

24.01.2011

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 17. Dezember 2008, Az: 4 A 2004/04, Beschluss

Art 20 Abs 3 GG, § 64e Abs 2 KredWG, § 1 Abs 1 KredWG, § 1 Abs 1a S 2 Nr 1 KredWG, § 1 Abs 1a S 2 Nr 2 KredWG, § 32 Abs 1 KredWG, § 33 Abs 1 Nr 1 Buchst a KredWG, § 33 Abs 1 Nr 1 Buchst b KredWG, § 33 Abs 1 Nr 1 Buchst c KredWG, § 51 Abs 1 KredWG, § 4 Abs 2 UmlVKF, § 9 Abs 2 UmlVKF

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.01.2011, Az. 8 C 36/09 (REWIS RS 2011, 10178)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10178

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2 BvR 852/07

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