Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.08.2023, Az. B 5 R 73/23 B

5. Senat | REWIS RS 2023, 5630

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Einverständnis des Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 13. März 2023 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der im Jahr 1975 geborene Kläger begehrt eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung im Oktober 2015. Sein Antrag ist ohne Erfolg geblieben (Bescheid des beklagten Rentenversicherungsträgers vom [X.], Widerspruchsbescheid vom 3.1.2017, Urteile des [X.] vom [X.] und des L[X.] vom 13.3.2023). Das L[X.] hat ausgeführt, nach dem Gesamtergebnis der im Verlauf des Verfahrens zahlreich eingeholten Sachverständigengutachten könne es nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu der Überzeugung gelangen, dass der Versicherungsfall einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung im November 2015 oder später eingetreten sei.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.] hat der Kläger beim B[X.] Beschwerde eingelegt. Er rügt Verfahrensmängel.

3

II. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Kläger hat Verfahrensmängel nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G erforderlichen Weise bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 [X.]G zu verwerfen.

4

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G), so müssen zur Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des L[X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht, sofern nicht ein absoluter Revisionsgrund geltend gemacht wird. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Das Vorbringen des [X.] entspricht diesen Anforderungen nicht.

5

a) Er rügt zunächst eine Verletzung von § 155 Abs 3 [X.]G, weil das L[X.] nur durch den Berichterstatter entschieden habe, obwohl das Einverständnis des [X.] hierzu "allerdings nicht schriftlich" erfolgt sei. Dies stelle wegen des darin liegenden Verstoßes gegen [X.] (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) einen absoluten Revisionsgrund dar. Aus diesem Vortrag - seine Richtigkeit unterstellt - ergibt sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht in schlüssiger Weise. Zwar muss nach allgemeiner Meinung das nach § 155 Abs 4 iVm Abs 3 [X.]G erforderliche Einverständnis der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats (sog konsentierter Einzelrichter) klar, eindeutig und vorbehaltlos erteilt werden (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] R 306/07 B - juris Rd[X.] 10 mwN; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.]/15 B - juris Rd[X.] 4; B[X.] Beschluss vom 26.10.2016 - [X.] [X.] 45/16 B - juris Rd[X.] 8). Dass das Einverständnis nur schriftlich erteilt werden könne, folgt daraus jedoch nicht. Die genannten Voraussetzungen für ein wirksames Einverständnis mit einer Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter können insbesondere auch dann erfüllt sein, wenn die Erklärung des Beteiligten in einem Termin zur mündlichen Verhandlung oder zur Erörterung des Sachverhalts mündlich abgegeben und in das Protokoll (vgl § 122 [X.]G iVm §§ 159, 160 Abs 2 ZPO) aufgenommen wird (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/ [X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 155 Rd[X.] 12; [X.]/[X.], [X.]G, 3. Aufl 2020, § 155 Rd[X.] 17; [X.] in jurisPK-[X.]G, 2. Aufl 2022, § 155 Rd[X.] 94, Stand 19.10.2022). Vor diesem Hintergrund reicht die ohne nähere Darstellung des Prozessverlaufs aufgestellte Behauptung, das Einverständnis des [X.] sei "allerdings nicht schriftlich" erfolgt, zur schlüssigen Darlegung des behaupteten [X.] nicht aus.

6

Der Senat verweist im Übrigen lediglich ergänzend auf Blatt 379 der vorinstanzlichen Akten. Dort findet sich eine vom Prozessbevollmächtigten des [X.] am 20.4.2020 unterzeichnete schriftliche Erklärung folgenden Inhalts: "In dem Rechtsstreit (…) bin ich damit einverstanden, dass die Berichterstatterin bzw. der Berichterstatter in mündlicher Verhandlung anstelle des Senats entscheidet (§ 155 Abs. 3, 4 Sozialgerichtsgesetz)".

7

b) Weiterhin beanstandet der Kläger eine Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör (vgl § 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 GG), weil das L[X.] die Ausführungen des zuletzt eingeholten Gutachtens des Prof. Dr. S nicht ausreichend berücksichtigt und für seine abweichende Beweiswürdigung keine "einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung" gegeben habe. Aus diesem Vortrag ergibt sich bereits nicht, dass bzw inwiefern das Berufungsgericht wesentlichen Vortrag des [X.] nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen habe.

8

c) Vielmehr rügt der Kläger damit im [X.] einen "Fehler in der Beweiswürdigung" und meint, das L[X.] habe das "Recht auf freie Beweiswürdigung" verletzt und deren Grenzen überschritten. Dabei lässt er jedoch außer [X.], dass im [X.] - anders als im Revisionsverfahren - ein vermeintlicher Fehler in der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht als Verfahrensmangel gerügt werden kann (vgl § 160 Abs 2 [X.] Teilsatz 2 iVm § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G; s dazu zB auch B[X.] Beschluss vom 22.12.2022 - [X.] R 166/22 B - juris Rd[X.] 8 sowie Meßling in [X.]/[X.]/[X.]/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, [X.] Rd[X.] 129, 327).

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

2. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 [X.]G.

        

Gasser

Hahn   

[X.]

Meta

B 5 R 73/23 B

17.08.2023

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Trier, 20. August 2019, Az: S 3 R 27/17, Urteil

§ 62 SGG, § 122 SGG, § 155 Abs 3 SGG, § 155 Abs 4 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 159 ZPO, § 160 Abs 2 ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.08.2023, Az. B 5 R 73/23 B (REWIS RS 2023, 5630)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5630

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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