Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. I ZR 30/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4476

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BUNDESGER[X.]CHTSHOF
BESCHLUSS
[X.]
ZR
30/11
Verkündet am:
21.
Juli 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] [X.][X.]
[X.]nformationsgesellschaftsRL Art. 5 Abs. 2 und 3
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwand-ten Schutzrechte in der [X.]nformationsgesellschaft ([X.]. L
167 vom
[X.], S.
10) folgende Fragen vorgelegt:
1.
[X.]st die Richtlinie bei der Auslegung des nationalen Rechts bereits für Vorfälle zu berücksichtigen, die sich nach dem Zeitpunkt des [X.]nkrafttretens der [X.] am 22.
Juni 2001, aber vor dem Zeitpunkt ihrer Anwendbarkeit am 22.
Dezember 2002 ereignet haben?
2.
Handelt es sich bei Vervielfältigungen mittels [X.] um Vervielfältigungen mit-tels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnli-cher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie?
-
2
-
3.
Für den Fall, dass die zweite Frage bejaht wird: Können die Anforderungen der Richtlinie an einen gerechten Ausgleich für Ausnahmen oder Beschrän-kungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Gleichbehandlung aus Art.
20 der [X.] auch dann erfüllt sein, wenn nicht die [X.], [X.]mporteure und Händler von [X.], sondern die Hersteller, [X.]mporteure und Händler eines anderen Geräts oder mehrerer anderer Geräte einer zur Vornahme entsprechender Vervielfältigungen geeigneten Gerätekette Schuldner der Finanzierung einer angemessenen Vergütung sind?
4.
Lässt bereits die Möglichkeit einer Anwendung von technischen Maßnahmen gemäß Art.
6 der Richtlinie die Bedingung eines gerechten Ausgleichs im Sinne des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
[X.] entfallen?
5.
Entfällt die Bedingung (Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a und [X.]) und die Möglichkeit (vgl. Erwägungsgrund
36 der Richtlinie) eines gerechten [X.], soweit die Rechtsinhaber einer Vervielfältigung ihrer Werke aus-drücklich oder konkludent zugestimmt haben?
[X.], Beschluss vom 21. Juli 2011 -
[X.] [X.] -
[X.]

LG [X.] [X.]

-
3
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 7.
April
2011
durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Bornkamm und [X.], Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Koch
beschlossen:
[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.
[X.][X.]
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/[X.]
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des [X.] und der verwandten Schutzrechte in der [X.]nformationsgesell-schaft ([X.]. L
167 vom [X.], S.
10) folgende Fragen vorgelegt:
1.
[X.]st die Richtlinie bei der Auslegung des nationalen Rechts bereits für Vorfälle zu berücksichtigen, die sich nach dem Zeitpunkt des [X.] der Richtlinie am 22.
Juni 2001, aber vor dem Zeitpunkt ihrer Anwendbarkeit am 22.
Dezember 2002 ereignet haben?
2.
Handelt es sich bei Vervielfältigungen mittels [X.]
um Vervielfältigun-gen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Ver-fahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie?
3.
Für den
Fall, dass die zweite Frage bejaht wird: Können die [X.] der Richtlinie an einen gerechten Ausgleich für Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie unter Berücksichtigung des [X.] auf Gleichbehandlung aus Art.
20 der [X.] auch dann erfüllt sein, wenn nicht die Hersteller, [X.]mporteure und Händler von [X.], sondern die Hersteller, [X.]mporteure und Händler ei-nes anderen Geräts oder mehrerer anderer Geräte einer zur [X.] entsprechender Vervielfältigungen geeigneten Gerätekette Schuldner der angemessenen Vergütung sind?
4.
Lässt bereits die Möglichkeit einer Anwendung von technischen [X.] gemäß Art.
6 der Richtlinie die Bedingung eines gerechten Ausgleichs im
Sinne des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
[X.] entfal-len?
5.
Entfällt die Bedingung (Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a und [X.]) und die Möglichkeit (vgl. Erwägungsgrund
36 der Richtlinie) eines ge-rechten Ausgleichs, soweit die Rechtsinhaber einer Vervielfältigung ihrer Werke ausdrücklich oder konkludent zugestimmt haben?
-
4
-
Gründe:
[X.] Die Parteien streiten darüber, ob [X.] zu den
nach § 54a Abs. 1 [X.] aF
vergütungspflichtigen [X.]n gehören.
Die Klägerin nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in [X.] die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Wortautoren und ihrer Verleger wahr. Sie ist im vorliegenden Rechtsstreit auch im Auftrag der [X.] tätig, deren Aufgabe in der Wahrnehmung
der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Fotografien, Bildwerken und Grafi-ken aller Art besteht. Die Beklagte vertreibt in [X.] [X.], die sie selbst herstellt oder importiert oder von [X.] bezieht.
Die Klägerin verlangt von der [X.] Auskunft über die Anzahl der von dieser
seit 1.
Januar
2001 in [X.] in Verkehr gebrachten [X.] und über deren
Bezugsquellen, soweit sie diese nicht selbst hergestellt oder [X.] hat. Sie begehrt zudem die Feststellung, dass die Beklagte ihr für jedes
dieser Geräte einen Betrag von 30

zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen zu bezahlen hat.
Das [X.] hat dem Auskunftsantrag vollständig und dem [X.] in Höhe eines Betrages von 12

zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen stattgegeben (LG [X.]
[X.], ZUM 2005, 241). Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der [X.] den Feststellungsausspruch dahin abgeän-dert, dass die Verpflichtung der [X.] zur Zahlung von Zinsen entfällt. Die weitergehende Berufung der [X.] hat es ebenso zurückgewiesen wie die Berufung der Klägerin ([X.], [X.], 121 = ZUM 2006, 239).
1
2
3
4
-
5
-
Auf die Revision der [X.] hat der [X.] das Berufungsurteil unter Zurückweisung der Revision der Klägerin aufgehoben, das landgerichtliche Ur-teil abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen
(Urteil vom 2.
Oktober
2008 -
[X.]
ZR
18/06, [X.], 53 = [X.], 80 -
[X.]
[X.]).
Das [X.] hat diese Entscheidung aufgehoben und die Sache an den [X.] zurückverwiesen ([X.], [X.] vom 21.
Dezember 2010 -
1
BvR
506/09, [X.], 225).
[X.]m erneuten Revisionsverfahren erstrebt die Beklagte weiterhin die voll-ständige Abweisung der Klage; die Klägerin
vefolgt
ihren Feststellungsantrag in vollem Umfang weiter. Die Parteien beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.
[X.][X.] Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung der Richtlinie 2001/29/[X.]
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwand-ten Schutzrechte in der [X.]nformationsgesellschaft ([X.]. Nr.
L
167 vom [X.], S.
10; im Folgenden: Richtlinie) ab. Vor einer Entscheidung über das [X.] ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.
1. Die Vergütungspflicht für [X.] ist zwar durch das am 1.
Januar
2008 in [X.] getretene Zweite Gesetz zur Regelung des [X.] in der [X.]nformationsgesellschaft vom 26.
Oktober
2007 ([X.] [X.],
S.
2513) neu geregelt worden (§§
54
ff.
[X.]). Für den Streitfall ist jedoch die alte Rechtslage maßgeblich.
5
6
7
8
9
-
6
-
2. Gemäß §
54a Abs.
1 [X.]
aF
hat der Urheber eines Werkes, wenn nach der Art des Werkes zu erwarten ist, dass es nach §
53 Abs.
1 bis 3 [X.]
aF
durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vervielfältigt wird, gegen den Hersteller (§
54a Abs.
1 Satz
1 [X.]
aF) sowie gegen den [X.]mporteur und den Händler (§
54a Abs.
1 Satz
2 [X.]
aF) von Geräten, die zur Vornahme solcher Vervielfältigungen bestimmt sind, [X.] auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die durch die Veräuße-rung oder ein sonstiges [X.]nverkehrbringen der Geräte geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen. Gemäß §
54g Abs.
1 [X.]
aF
kann der Urheber von den nach §
54a Abs.
1 [X.]
aF
zur Zahlung der Vergütung Verpflichteten Auskunft verlangen. Der Zahlungsanspruch nach §
54a Abs.
1 [X.]
aF
und der Auskunftsanspruch nach §
54g Abs.
1 [X.]
aF
können ge-mäß §
54h Abs.
1 [X.] nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend ge-macht werden.
3. Die Klägerin und die [X.], in deren Auftrag die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit ebenfalls tätig wird, sind als Verwertungsgesellschaf-ten nach §
54h Abs.
1 [X.]
aF
befugt, den Zahlungsanspruch nach §
54a Abs.
1 [X.]
aF
und den Auskunftsanspruch
nach §
54g Abs.
1 [X.]
aF
gel-tend zu machen. Die Klägerin kann von der [X.], die [X.] herstellt oder importiert und vertreibt, hinsichtlich der seit dem 1.
Januar
2001 in Verkehr ge-brachten Geräte dem Grunde nach Zahlung einer angemessenen Vergütung und Auskunftserteilung beanspruchen, wenn [X.]
zu den nach §
54a Abs.
1 Satz
1 [X.]
aF
vergütungspflichtigen [X.]n gehören. Das setzt voraus, dass [X.]
zur Vornahme von Vervielfältigungen nach §
53 Abs.
1 bis 3 [X.]
aF
durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren ver-gleichbarer Wirkung bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass die [X.] nur solche Vervielfältigungshandlungen erfasst, die nach der -
Art.
5 10
11
-
7
-
Abs.
2 und 3 der Richtlinie umsetzenden -
Schrankenregelung des §
53 [X.] aF vom Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers ausgenommen sind. [X.], die nicht unter die Schrankenregelung fallen und daher eine Urheberrechtsverletzung darstellen, sind nicht Gegenstand des Vergütungsan-spruchs nach
§
54a Abs.
1 [X.] aF.
4. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf das [X.]nverkehrbringen von Dru-ckern durch die Beklagte seit dem 1.
April 2001. Deshalb stellt sich vorab die Frage, ob die Richtlinie bei der Auslegung des nationalen Rechts bereits für Vorfälle
zu berücksichtigen ist, die sich nach dem Zeitpunkt ihres [X.]nkrafttretens am 22.
Juni 2001, aber vor
dem Zeitpunkt ihrer Anwendbarkeit am 22.
Dezember 2002 ereignet haben.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] müssen es die Gerichte der Mitgliedst[X.]ten bereits ab dem Zeitpunkt des [X.]n-krafttretens einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerst[X.]tliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde ([X.], Urteil vom 4.
Juli
2006 -
C-212/04, [X.]. 2006, [X.]-6057 = NJW 2006, 2465 Rn.
123 -
Adeneler/[X.]). Die Richtlinie 2001/29/[X.] ist nach ihrem Art.
14 am Tag ihrer Veröffentlichung im [X.], also am 22.
Juni 2001,
in [X.] getreten. Danach wäre die Richtlinie bereits ab die-sem Zeitpunkt bei der Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen.
Die Richtlinie berührt jedoch nach ihrem Art.
10 Abs.
2 Handlungen und Rechte nicht, die vor dem 22.
Dezember 2002 abgeschlossen bzw. erworben wurden. Das könnte dafür sprechen, dass die Richtlinie bei der Beurteilung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche wegen eines [X.]nverkehrbringens von Druckern vor dem 22.
Dezember
2002 begründet sind, für die Auslegung 12
13
14
-
8
-
des nationalen Rechts nicht von Bedeutung ist (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Januar 2008 -
[X.]
ZR
131/05, [X.], 786 Rn.
40 = [X.], 1229 -
Multifunkti-onsgeräte; vgl. aber [X.] [Kammer], GRUR 2010, 999
Rn.
54; ZUM 2011, 313 Rn.
26).
5. Zum Grund eines Vergütungsanspruchs stellen sich zwei Fragen zur Auslegung von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie.
a) Zunächst stellt sich die Frage ob es sich bei Vervielfältigungen mittels [X.]
um Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung
im Sinne von Art.
5 Abs.
2
Buchst.
a der Richtlinie handelt.
Vervielfältigungen durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Ver-fahren vergleichbarer
Wirkung im Sinne von §
54a Abs.
1 [X.]
aF
stellen Ver-vielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Ver-fahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von §
53 Abs.
1 Satz
2 Fall
2 [X.]
aF
und §
53 Abs.
2 Satz
2 Nr.
1 [X.]
aF
dar. Bei einer Ablichtung handelt es sich um ein fotomechanisches Verfahren. Der Begriff der Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung
in §
53 Abs.
1 Satz
2 Fall
2 [X.]
aF
und §
53 Abs.
2 Satz
2 Nr.
1 [X.]
aF
stammt aus Art.
5 Abs.
2
Buchst.
a der Richtlinie. Er ist deshalb in Übereinstimmung mit dieser Bestimmung auszulegen.
Nach Ansicht des [X.]s kommt es bei der Beantwortung der Frage, ob es sich bei Vervielfältigungen mittels [X.]
um Vervielfältigungen mittels beliebi-ger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2
Buchst.
a der Richtlinie
handelt, darauf an, innerhalb welcher Geräteketten [X.]
zur Vornahme von Vervielfältigungen verwendet 15
16
17
18
-
9
-
werden. Allein mit einem [X.]
können keine Vervielfältigungen angefertigt wer-den. Dazu sind [X.]
nur im Zusammenwirken mit anderen Geräten in der Lage, wie etwa
in Geräteketten mit einem Eingabegerät ([X.]nternetzugangsgerät, CD-ROM-Laufwerk, DVD-Laufwerk, [X.], Scanner) und einem [X.] oder in Ge-rätekombinationen mit einem [X.] und einem Ausgabegerät (CD-Brenner, DVD-Brenner, [X.], Drucker) oder in der Funktionseinheit Eingabegerät/[X.]/Ausgabegerät.
[X.]) Mit einer aus einem [X.] als Endgerät bestehenden Gerätekette (wie etwa der Gerätekombination Scanner/[X.]) können ausschließlich Vervielfälti-gungen auf einem digitalen Träger -
nämlich auf der Festplatte oder im [X.] des [X.]
-
vorgenommen werden.
(1) Dabei handelt es sich jedenfalls nicht um Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren. Unter fotomechanischen Verfahren sind Verfahren der Fotokopie zu verstehen. Mit einem [X.] als Endgerät können [X.] Fotokopien wie mit einem herkömmlichen Fotokopiergerät angefertigt wer-den.
[X.]) Es erscheint auch fraglich, ob es sich bei solchen Vervielfältigungen um Vervielfältigungen mittels anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung wie fo-tomechanische Verfahren
handelt. Fotomechanische Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass bei ihnen Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger entstehen. Voraussetzung eines anderen Verfahrens mit ähnlicher Wir-kung könnte
daher sein, dass gleichfalls körperliche
Vervielfältigungen
auf ei-nem analogen Träger
entstehen, die
der
menschlichen Wahrnehmung
unmittel-bar zugänglich
sind.
Dann reichte es
nicht aus, dass eine dauerhafte körperli-che Festlegung auf einem digitalen
Speichermedium erfolgt
(vgl. [X.] [X.], Urteil vom 24.
Februar
2009 -
4
Ob
225/08d, GRUR [X.]nt. 2009, 754, 758).
19
20
21
-
10
-
[X.]) Mit einer aus einem [X.] als Eingangsgerät
bestehenden Gerätekette (wie etwa der Gerätekombination [X.]/Drucker) können ausschließlich Vervielfäl-tigungen digitaler Vorlagen -
nämlich von Vorlagen, die auf der Festplatte oder im Arbeitsspeicher des [X.]
gespeichert sind -
vorgenommen werden.
Es erscheint zweifelhaft, ob solche Vervielfältigungen digitaler Vorlagen, bei denen es sich zweifellos nicht um Vervielfältigungen mittels eines fotome-chanischen Verfahrens handelt, als Vervielfältigungen mittels anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung wie fotomechanische Verfahren anzusehen sind.
(1) Die Regelung des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie erfasst aller-dings nach Auffassung des [X.]s nicht nur fotomechanische, sondern auch andere -
insbesondere digitale -
[X.]. Sie setzt eine dem fotomechanischen Verfahren ähnliche Wirkung und nicht ein dem fotomechani-schen Verfahren ähnliches Verfahren voraus.
[X.]) Es erscheint jedoch fraglich, ob zur Bestimmung der Verfahren mit ähnlicher Wirkung wie fotomechanische Verfahren allein darauf abgestellt wer-den kann, ob bei diesen Verfahren -
wie bei fotomechanischen Verfahren -
im Ergebnis Vervielfältigungen auf Papier oder einem
ähnlichen Träger entstehen. Dagegen spricht, dass Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie ohnehin nur Ver-vielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger erfasst. Die weitere Vo-raussetzung des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie, dass es sich dabei um Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt, wäre sinnlos und überflüssig, wenn sie stets schon erfüllt wäre, falls Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnli-chen Träger hergestellt werden.
22
23
24
25
-
11
-
(3) Die Regelung des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie könnte daher dahin auszulegen sein, dass es sich bei den anderen Verfahren mit ähnlicher Wirkung wie fotomechanische
Verfahren um Verfahren zur Vervielfältigung von analogen Vorlagen auf analogen Trägern handelt. Die Vorschrift des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie würde dann nur Verfahren zur Vervielfältigung von Druckwerken betreffen, also Verfahren, die -
wie das Verfahren der Repro-graphie -
bewirken, dass von einem analogen Werkstück (etwa einem Buch) analoge Vervielfältigungsstücke (vor allem auf Papier) entstehen.
Dafür könnte auch folgende Überlegung sprechen: Nach [X.] 37 der Richtlinie, der sich auf Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie [X.], sollen die Mitgliedst[X.]ten die Möglichkeit haben, eine Ausnahme oder Beschränkung für die Reprographie vorzusehen. Gemäß Erwägungsgrund 38 der Richtlinie, der die in Art.
5 Abs.
2 Buchst.
[X.] geregelte Privat-kopie betrifft, sollen die Mitgliedst[X.]ten die Möglichkeit erhalten, unter Sicher-stellung eines gerechten Ausgleichs eine Ausnahme oder Beschränkung in [X.] auf das Vervielfältigungsrecht für bestimmte Arten der Vervielfältigung von Ton-, Bild-
und audiovisuellem Material zu privaten Zwecken vorzusehen; dabei soll zwischen digitalen und analogen (privaten) Vervielfältigungen unterschie-den werden, weil sich analoge (private) Vervielfältigungen auf die Entwicklung der [X.]nformationsgesellschaft nicht nennenswert auswirken, digitale (private) Vervielfältigungen hingegen eine weitere Verbreitung finden und größere wirt-schaftliche Bedeutung erlangen dürften. Diese Erwägungen könnten darauf hindeuten, dass mit der Reprographie, die nach Erwägungsgrund 37 der [X.] keine größeren Hindernisse für den
Binnenmarkt schafft und für die daher nach Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht vorgesehen werden können, die Verviel-fältigung von analogen Vorlagen auf analogen Trägern gemeint ist.

26
27
-
12
-
cc) Jedenfalls mit Gerätekombinationen, die aus einem zur Vervielfälti-gung analoger Vervielfältigungsvorlagen geeigneten Eingabegerät (wie einem Scanner) sowie einem [X.] und einem zur Erstellung analoger Vervielfältigungs-stücke geeigneten Ausgabegerät (wie einem Drucker) bestehen, können nach Ansicht des [X.]s Vervielfältigungen mittels anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung wie fotomechanische Verfahren vorgenommen werden.
Die aus Scanner, [X.] und Drucker gebildete Funktionseinheit kann wie ein herkömmliches Fotokopiergerät dazu eingesetzt werden, von analogen Werkstücken analoge Vervielfältigungsstücke herzustellen, sei es dass die Vor-lage originalgetreu auf Papier oder einem ähnlichen Träger wiedergegeben wird oder dass sie vor dem Ausdrucken im [X.]
formatiert oder sonst bearbeitet wird. Dabei ist es unerheblich, dass die einzelnen Geräte ihre dem fotomechanischen Verfahren entsprechende Vervielfältigungsfunktion nur im Zusammenwirken mit anderen Geräten erfüllen können. Entscheidend ist, dass der Vorgang funktio-nal einer Vervielfältigung im fotomechanischen Verfahren entspricht.
Der [X.] hat deshalb in der Vergangenheit auch Vervielfältigungen mit-tels Readerprintern, mit deren Hilfe auf Mikrofilm oder Mikrofiche verkleinertes Schriftgut lesbar gemacht und ausgedruckt werden kann ([X.], Urteil vom 28.
Januar 1993 -
[X.]
ZR
34/91, [X.]Z 121, 215
-
Readerprinter), Telefaxgeräten -
sei es mit festem Vorlagenglas, sei es mit [X.] oder [X.] ([X.], Urteil vom 28.
Januar 1999 -
[X.]
ZR
208/96, [X.]Z 140, 326
-
Telefaxgerä-te)
-, Scannern ([X.], Urteil vom 5.
Juli 2001 -
[X.]
ZR
335/98, [X.], 246
= [X.], 219 -
Scanner) und Multifunktionsgeräten ([X.], Urteil vom 30.
Januar 2008 -
[X.]
ZR
131/05, [X.], 786 = [X.], 1229 -
Multi-funktionsgeräte) als Vervielfältigungen angesehen, die in einem Verfahren mit vergleichbarer Wirkung wie dem Verfahren der Ablichtung erfolgen.

28
29
30
-
13
-
b) Für den Fall, dass die vorige
Frage bejaht wird, stellt sich die weitere Frage, ob die Anforderungen der Richtlinie
an einen gerechten Ausgleich für Ausnahmen
oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie
unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Gleichbehandlung aus Art.
20 der [X.] auch dann erfüllt sein können, wenn nicht die Hersteller, [X.]mporteure und Händler der [X.], sondern die Hersteller, [X.]mporteure und Händler eines anderen Geräts oder mehrerer anderer Geräte einer zur Vornahme entsprechender Vervielfältigungen geeig-neten Gerätekette Schuldner der angemessenen Vergütung sind.
Sollten Vervielfältigungen, die durch Geräteketten mittels [X.] vorge-nommen werden, als Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2
Buchst.
a der Richtlinie
anzusehen sein, wären diese Vervielfältigungen nach §
54a Abs.
1 [X.] aF vergütungspflichtig. Der [X.] hat bislang die [X.] vertreten, es sei grundsätzlich nur das Gerät einer solchen [X.] nach §
54a Abs.
1 [X.] aF zur Vornahme von Vervielfältigungen durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung bestimmt und damit vergütungspflichtig, das am deutlichsten dazu bestimmt ist, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Vervielfältigungsgerät eingesetzt zu werden. [X.]n der aus einem Scanner, einem [X.] und einem Drucker [X.] Funktionseinheit sei dies der Scanner. Während fast jeder Scanner im Rahmen einer solchen Funktionseinheit benutzt werde, kämen [X.] und Drucker häufig auch ohne Scanner zum Einsatz ([X.], [X.], 246, 247 -
Scan-ner; [X.], Urteil vom 6.
Dezember 2007, [X.]Z 174, 359 Rn.
12 -
Drucker und Plotter
[X.]). Nach Ansicht des [X.]s ist diese Auffassung mit Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie
und Art.
20 der [X.] vereinbar.
31
32
-
14
-
[X.]) Nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie können die Mitgliedst[X.]ten in bestimmten Fällen
Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Verviel-fältigungsrecht vorsehen. Die Richtlinie unterscheidet dabei Fälle, in denen die Einschränkung des [X.] nur zulässig ist, wenn die [X.] einen gerechten Ausgleich erhalten (Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a, b und [X.]), von den übrigen Fällen, in denen es den Mitgliedst[X.]ten freisteht, einen gerechten Ausgleich vorzusehen (Art.
5 Abs.
2 Buchst.
c und d, Abs.
3 Buchst.
a bis o der Richtlinie; vgl. Erwägungsgrund 36 der Richtlinie).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist grundsätzlich der Endnutzer als Schuldner des angemessenen Ausgleichs zu betrachten. Den Mitgliedst[X.]ten steht es jedoch frei, eine Vergütung zu Lasten derjenigen
Personen einzuführen, die dem Endnutzer Anlagen, Geräte und Me-dien zur Vervielfältigung zur Verfügung stellen, da diese Personen den Betrag der Vergütung in den vom Endnutzer entrichteten Preis einfließen lassen
kön-nen ([X.], Urteil vom 21.
Oktober 2010 -
C-467/08, [X.], 50 Rn.
43-50 -
Padawan/[X.]; Urteil vom 16.
Juni 2011 -
C-462/09, juris Rn.
18-29

Stichting/Opus). Da die Bestimmungen der Richtlinie nicht ausdrücklich die Frage regeln, wer den gerechten
Ausgleich zu zahlen hat, steht
den Mitglied-st[X.]ten bei der Bestimmung der vergütungspflichtigen Person ein weites Er-messen zu
([X.], Urteil vom 16.
Juni 2011 -
C-462/09, juris Rn.
23 -
Stichting/Opus).
Daraus folgt nach Ansicht des [X.]s, dass die Richtlinie diejenigen Mit-gliedst[X.]ten, die sich in zulässiger Weise dafür entschieden haben, den gerech-ten Ausgleich über ein System der Gerätevergütung zu finanzieren, grundsätz-lich nicht dazu verpflichtet, sämtliche Hersteller, [X.]mporteure und Händler der Geräte einer Gerätekette, die zur Vornahme von auszugleichenden Vervielfälti-33
34
35
-
15
-
gungen benutzt wird, zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs in Anspruch zu nehmen. Vielmehr steht es den Mitgliedst[X.]ten grundsätzlich frei, nur die Hersteller, [X.]mporteure und Händler desjenigen Geräts zur Finanzierung heran-zuziehen, das am deutlichsten dazu bestimmt ist, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Vervielfältigungsgerät eingesetzt zu werden.
[X.]) Bei der Auslegung der Richtlinie und des ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts sind allerdings nach Art.
51 Abs.
1 Satz
1 EU-Grundrechte-charta die dort aufgeführten Grundrechte zu beachten (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Mai 2003 -
C-465/00, [X.]. 2003, [X.]-4989 = [X.], 232
Rn.
68, 80

Rechnungshof/[X.] u.a.; [X.] [Kammer], [X.], 1064
Rn.
20; [X.], Urteil vom 14.
Oktober 2010 -
[X.]
ZR
191/08, [X.], 513 Rn.
20 = [X.], 762 -
AnyDVD; [X.], Charta der Grundrechte der [X.], 2010, Art.
51 Rn.
16). Zu diesen Grundrechten zählt das Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art.
20 der [X.].
Auch das Grundrecht auf Gleichbehandlung gebietet es nach Auffassung des [X.]s jedoch nicht, sämtliche Hersteller, [X.]mporteure und Händler der Ge-räte einer Gerätekette, die zur Vornahme von auszugleichenden Vervielfälti-gungen benutzt wird, in dem Maße zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs zu verpflichten, in dem das jeweilige Gerät für solche Vervielfältigungen genutzt wird. Die praktischen Schwierigkeiten, das Maß der Nutzung des jeweiligen Ge-räts für solche Vervielfältigungen zu bestimmen und mehrere Schuldner zur Finanzierung des Ausgleichs in Anspruch zu
nehmen, können es rechtfertigen, allein den Hersteller, [X.]mporteur und Händler desjenigen Geräts zur [X.] heranzuziehen, das am deutlichsten dazu be-stimmt ist, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Vervielfältigungsgerät eingesetzt zu werden. Der Schuldner des Ausgleichs wird dadurch nicht unzu-36
37
-
16
-
mutbar belastet, da er den Betrag der Vergütung in den vom Endnutzer zu ent-richtenden Preis einfließen lassen kann. Eine andere Beurteilung wäre allenfalls dann geboten, wenn der Schuldner die Last der Vergütung nicht auf die Nutzer der Geräte abwälzen könnte und dadurch in seiner wirtschaftlichen Handlungs-freiheit -
anders als die Hersteller, [X.]mporteure und Händler der anderen Geräte -
unzumutbar beeinträchtigt wäre (vgl. [X.], [X.], 786 Rn.
35 -
Multifunk-tionsgeräte, mwN).
6. Soweit [X.] bei einer mit Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie überein-stimmenden Auslegung des §
54a Abs.
1 [X.]
aF
dem Grunde nach zu den vergütungspflichtigen [X.]n gehören, stellen sich im [X.] mit der Bemessung der Höhe der Vergütung weitere Fragen zur Aus-legung der Richtlinie.
Der Anspruch auf angemessene Vergütung nach §
54a Abs.
1 [X.] aF besteht für die durch das [X.]nverkehrbringen des Geräts geschaffene Möglichkeit, Vervielfältigungen durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung nach §
53 Abs.
1 bis 3 [X.] aF vorzunehmen. Der Vergütungsanspruch des §
54a Abs.
1 [X.] aF soll dem Urheber einen Aus-gleich für die ihm aufgrund der Einschränkungen seines [X.] durch die gesetzliche Lizenz des §
53 Abs.
1 bis 3 [X.] aF entgehenden indivi-dual-vertraglichen Lizenzeinnahmen verschaffen (vgl. [X.]Z 174, 359 Rn.
23 -
Drucker und Plotter [X.]).
Für die Bemessung der Vergütung nach §
54a Abs.
1 [X.] aF ist es [X.] entscheidend, in welchem Maß die [X.] bestimmungs-gemäß für nach §
53 Abs.
1 bis 3 [X.] aF zulässige Vervielfältigungen genutzt werden können. Wie bereits oben (Rn.
10 a.E.) ausgeführt, ist nur insoweit, als §
53 Abs.
1 bis 3 [X.] aF Vervielfältigungen eines Werkes zulässt, für die 38
39
40
-
17
-
durch das [X.]nverkehrbringen der [X.] geschaffene Möglich-keit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen, eine angemessene Vergütung geschuldet. Urheberrechtlich unzulässige Vervielfältigungen
begründen keinen Vergütungsanspruch nach §
54a Abs.
1 [X.] aF, sondern unter den Voraus-setzungen des §
97 [X.] Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz. Urheberrechtlich ohnehin zulässige Vervielfältigungen -
wie Vervielfältigungen urheberrechtlich nicht geschützter [X.]nhalte oder eigener Werke -
lösen gleichfalls keinen Vergütungsanspruch nach §
54a Abs.
1 [X.] aF aus.
a) Die in §
53 Abs.
1 bis 3 [X.] aF vorgesehenen Schranken des [X.] beruhen auf Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie
und sind [X.] im Lichte dieser Bestimmungen auszulegen. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit die Bestimmungen der Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie, soweit sie durch die Regelungen des
§
53 Abs.
1 bis 3 [X.] aF umgesetzt worden sind, Vervielfältigungen erfassen, die mittels [X.]
angefertigt werden.
[X.]) Nach §
53 Abs.
1 Satz
1 [X.]
aF

sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebi-gen Trägern (zulässig), sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbs-zwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswid-rig hergestellte Vorlage verwendet wird. Gemäß §
53 Abs.
1 Satz
2 [X.]
aF
darf der zur Vervielfältigung [X.] die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels be-liebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt.
Diese Regelung beruht auf Art.
5 Abs.
2 Buchst.
[X.]
(vgl. [X.], BT-Drucks. 15/38, S.
20
f.). Nach dieser Be-41
42
43
-
18
-
stimmung können die Mitgliedst[X.]ten Schranken des [X.]

in Bezug auf Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch eine natürliche Per-son zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke unter der Bedingung (vorsehen), dass die Rechtsinhaber einen gerech-ten Ausgleich erhalten, wobei berücksichtigt wird, ob technische Maßnahmen gemäß Art.
6 der Richtlinie
auf das betreffende Werk oder den betreffenden Schutzgegenstand angewendet wurden.
(1) Nach Ansicht des [X.]s kann allerdings kein Zweifel daran beste-hen, dass Art.
5 Abs.
2 Buchst.
b der
Richtlinie
grundsätzlich auch Vervielfälti-gungen erfasst, die mithilfe von [X.]
angefertigt werden, und dass es dabei [X.] Rolle spielt, in welcher Gerätekette und an welcher Stelle der Gerätekette der [X.] sich dabei befindet. Die Vorschrift betrifft ausdrücklich Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern und enthält keine Einschränkungen hinsichtlich des [X.] oder der Vervielfältigungsvorlagen. Sie erfasst daher insbesondere auch [X.], bei denen digitale Vorlagen
ver-wendet oder digitale Kopien hergestellt werden und damit beispielsweise das Ausdrucken von Texten oder Bildern, die aus dem [X.]nternet heruntergeladen werden oder auf der Festplatte des [X.]
abgespeichert sind,
oder das [X.] von mit einem Scanner eingelesenen Texten oder Bildern auf der Fest-platte eines [X.].
[X.]) Jedoch stellt sich auch in diesem Zusammenhang die Frage, inwie-weit es sich bei Vervielfältigungen mittels [X.]
um Vervielfältigungen in einem fotomechanischen Verfahren oder anderen Verfahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie
handelt (vgl. oben Rn.
16
ff.). Gemäß §
54a Abs.
1 [X.]
aF
ist eine angemessene Vergütung nicht etwa für sämtliche Vervielfältigungen geschuldet, sondern nur für solche Vervielfältigun-44
45
-
19
-
gen nach §
53 Abs.
1 bis 3 [X.]
aF, die durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung erfolgen. Soweit der [X.] für Vervielfältigungen mittels eines [X.]
innerhalb einer Gerätekette nach §
54a Abs.
1 [X.]
aF
keine angemessene Vergütung erhält, weil es sich dabei nicht um eine Vervielfältigung in einem anderen Verfahren mit ähnlicher Wir-kung wie ein fotomechanisches Verfahren handelt (was insbesondere auf [X.] mit einem [X.] als Eingangsgerät oder
als Endgerät
zutreffen könnte, vgl. oben Rn.
19
ff.), ist die Bedingung des gerechten Ausgleichs im Sinne des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
[X.] nicht erfüllt und sind derartige Vervielfältigungen nicht nach §
53 Abs.
1 [X.] aF zulässig. Solche Vervielfälti-gungen könnten dann keinen Vergütungsanspruch gegen den Hersteller, [X.]mpor-teur oder Händler des Druckers begründen, sondern lediglich einen Unterlas-sungsanspruch und möglicherweise einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Nutzer.
(3) Zudem stellt sich die Frage, ob bereits die Möglichkeit einer Anwen-dung von technischen Maßnahmen gemäß Art.
6 der Richtlinie
die Bedingung eines
gerechten Ausgleichs im Sinne des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
[X.]
entfallen lässt. Nach Ansicht des [X.]s ist diese Frage zu verneinen. Nach dem Wortlaut des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
[X.]
und unter Berücksichti-gung von Erwägungsgrund 35 der Richtlinie
muss bei der Bemessung des ge-rechten Ausgleichs eine Anwendung technischer Schutzmaßnahmen in vollem Umfang berücksichtigt werden. Daraus ist nach Ansicht des [X.]s zu schlie-ßen, dass die Bedingung eines gerechten Ausgleichs im Sinne des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
[X.]
nur dann entfällt, wenn technische Maßnahmen gemäß Art.
6 der Richtlinie
ein Anfertigen von Vervielfältigungen tatsächlich verhindern.
46
-
20
-
[X.]) Nach §
53 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 bis 4, Satz
2 Nr.
1,
Satz
3 [X.]
aF
ist es zulässig, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes herzustellen oder herstellen zu lassen,
-

zur Aufnahme in ein eigenes Archiv, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und als Vorlage für die Vervielfältigung ein eigenes Werkstück benutzt wird (Satz
1 Nr.
2),
-

zur eigenen Unterrichtung über Tagesfragen, wenn es sich um ein durch Funk gesendetes Werk handelt (Satz
1 Nr.
3),
-

zum sonstigen eigenen Gebrauch, wenn es sich um kleine Teile eines erschie-nenen Werkes oder um einzelne Beiträge handelt, die in Zeitungen oder Zeit-schriften erschienen sind
(Satz
1 Nr.
4 Buchst.
a) oder wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt (Satz
1 Nr.
4 Buchst.
b),
wenn die Vervielfältigung auf Papier oder
einem ähnlichen Träger mittels belie-biger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wir-kung vorgenommen wird (Satz
2 Nr.
1, Satz
3).
Diese Regelung beruht auf Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie
(vgl. [X.], BT-Drucks. 15/38, S.
21). Danach
können die Mitgliedst[X.]ten Schranken des [X.]

in Bezug auf Ver-vielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger foto-mechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung, mit Ausnahme von Notenblättern und unter der Bedingung (vorsehen), dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten.
[X.]n diesem Zusammenhang stellt sich erneut die Frage, inwieweit es sich bei Vervielfältigungen mittels [X.]
um Vervielfältigungen in einem fotomechani-schen Verfahren oder anderen Verfahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a
der Richtlinie
handelt (vgl. oben Rn.
16
ff.). Diese Frage hat erhebliche
praktische Bedeutung. [X.]st sie zu bejahen, handelt es sich bei-spielsweise dann um nach §
53 Abs.
2 Satz
1 Nr.
4 Buchst.
a, Satz
2 Nr.
1, Satz
3 [X.]
aF
zulässige und demzufolge nach §
54a Abs.
1 [X.] aF vergü-47
48
49
-
21
-
tungspflichtige Vervielfältigungen
zum sonstigen eigenen Gebrauch, wenn sich Rechtsanwälte einzelne Beiträge aus Fachzeitschriften, die etwa auf einem Server oder auf einer CD-ROM gespeichert sind, zum eigenen beruflichen Ge-brauch
ausdrucken
oder ausdrucken lassen.
Sollte die Festplatte eines [X.]
zudem als ähnlicher Träger
anzusehen sein, wäre beispielsweise auch das [X.] solcher Beiträge auf der Festplatte des [X.]
gestattet.
b) Hinsichtlich sämtlicher in Übereinstimmung mit Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie
vorgesehenen Einschränkungen des [X.] stellt sich weiter die Frage, ob die Bedingung (Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a und [X.]) und die Möglichkeit (vgl. Erwägungsgrund 36 der Richtlinie) eines gerechten Ausgleichs
entfällt, soweit die Rechtsinhaber einer Vervielfältigung ihrer Werke ausdrücklich oder konkludent zugestimmt haben.

a-d 38 der Richtlinie ergebe ierfolgte Nutzung ihrer geschützten Werke angemessen vergüten solle ([X.], [X.], 50 Rn.
39, 40 und 45).
Dies könnte dahin zu verstehen sein, dass die Bedingung eines gerech-ten Ausgleichs (Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a und [X.]) oder die Möglichkeit eines gerechten Ausgleichs (vgl. Erwägungsgrund 36 der Richtlinie) nicht be-steht, soweit der Rechtsinhaber eine Nutzung seines Werkes genehmigt hat. Dem könnte die Überlegung zugrunde liegen, dass die Vervielfältigung eines geschützten Werkes in einem solchen Fall bereits aufgrund der Genehmigung des [X.] und nicht erst aufgrund einer von den Mitgliedst[X.]ten nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie vorgesehenen Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht zulässig ist und dem Rechtsinhaber da-50
51
52
-
22
-
her kein Schaden durch die in der nationalen Regelung vorgesehene Ein-schränkung seines [X.] entsteht.
Nach Ansicht des [X.]s sind jedoch von den Mitgliedst[X.]ten nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie vorgesehene Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht gegenüber einer ausdrücklichen oder kon-kludenten Genehmigung einer solchen Vervielfältigung durch den Rechtsinha-ber vorrangig. Soweit solche Einschränkungen des [X.] rei-chen, nehmen sie dem Rechtsinhaber die Möglichkeit, Vervielfältigungen zu verbieten oder zu gestatten. Eine Genehmigung der bereits aufgrund der [X.] des [X.] zulässigen Vervielfältigungen durch den Rechtsinhaber geht ins Leere und lässt die Bedingung oder die Möglichkeit eines gerechten Ausgleichs unberührt. Soweit der [X.] in den Entscheidungen
e-chenden Anwendbarkeit des §
54a Abs.
1 [X.] aF einen anderen Standpunkt vertreten hat ([X.]Z 174, 359 Rn.
23 -
Drucker und Plotter [X.]; [X.],
[X.], 53 Rn.
19 -
[X.] [X.]), hält er daran nicht mehr fest.
Selbst wenn Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das [X.] gegenüber einer Genehmigung des [X.] nicht als vorrangig anzusehen wären, ist die Entscheidung des Gerichtshofs der Europä-

nach Ansicht des [X.]s jedenfalls nicht dahin zu verstehen, dass eine Genehmigung der Vervielfältigung durch den Rechtsinhaber -
ohne gleichzeitige Vergütungsabrede -
einen gerechten Aus-gleich nach der Richtlinie ausschlösse (vgl. [X.], [X.], 223 Rn.
24). Erwägungsgrund 35 der Richtlinie besagt lediglich, dass in Fällen, in denen Rechtsinhaber bereits Zahlungen in anderer Form erhalten haben, z.B. als Teil 53
54
-
23
-
einer Lizenzgebühr, gegebenenfalls
keine spezifische oder getrennte Zahlung fällig sein kann.

Bornkamm
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
LG [X.] [X.], Entscheidung vom 23.12.2004 -
7 O 18484/03 -

[X.], Entscheidung vom 15.12.2005 -
29 [X.] -

Meta

I ZR 30/11

21.07.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. I ZR 30/11 (REWIS RS 2011, 4476)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4476

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 30/11

1 BvR 506/09

1 BvR 1631/08

1 BvR 918/10

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