Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2009, Az. VIII ZB 66/08

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4485

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[X.] ZB 66/08 vom 17. März 2009 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 17. März 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] sowie [X.] Achilles beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]n wird der Beschluss der Zivilkammer 48 des [X.] vom 17. Juli 2008 aufge-hoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. [X.]: 4.408,66 •. Gründe: [X.] Der [X.] ist durch Urteil des [X.] vom 5. [X.] 2008 verurteilt worden, an die Klägerin 4.408,66 • nebst Zinsen zu zahlen. Gegen das ihm am 8. Februar 2008 zugestellte Urteil hat er am 7. März 2008 durch Schriftsatz seiner zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom glei-chen Tage Berufung eingelegt. Diesen ist mit Rücksicht auf eine noch ausste-hende Akteneinsicht über das für ihren Kanzleisitz zuständige Amtsgericht Er-furt eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21. Mai 2008 bewilligt worden. Nachdem die Akten am 20. Mai 2008 immer noch nicht bei dem [X.] eingetroffen waren, haben sie mit einem an das [X.] - 3 - gericht [X.] zu dessen Geschäftsnummer gerichteten Schriftsatz vom 20. Mai 2008 beantragt, "die gewährte Fristverlängerung zur Berufungserwide-rung" noch einmal um zwei Tage ab Eingang der Gerichtsakten bei dem [X.] zu verlängern. Diesen Antrag nebst einer Abschrift des an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin wegen deren Zustimmung zur weiteren Fristverlängerung gerichteten Schreibens haben sie per Post an das Amtsge-richt [X.] und zugleich als Telefax an den Telefaxanschluss "Justizbe-hörde Mitte", den gemeinsamen Telefaxanschluss des [X.] und des [X.] Mitte, übersandt. Das Amtsgericht [X.] hat den am 21. Mai 2008 bei ihm unmittelbar eingegangenen Verlängerungsantrag an das Berufungsgericht weitergeleitet, wo er am 23. Mai 2008 eingegangen ist. Das Berufungsgericht hat die bei ihm am 23. Mai 2008 eingegangene Berufungsbegründung als verspätet angesehen und die Berufung mit dem [X.] Beschluss als unzulässig verworfen. Die daneben beantragte [X.] in den vorigen Stand hat das Berufungsgericht versagt, weil der [X.] die Fristversäumung durch rechtzeitige Beantragung einer weiteren Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hätte verhindern können und müssen. Dies habe er infolge der fehlerhaften Adressierung des [X.] versäumt, da der Antrag aus diesem Grunde erst nach Ablauf der Begründungsfrist bei dem Berufungsgericht eingegangen sei. 2 I[X.] Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist zulässig, weil die Rechtssache zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Das Berufungsge-richt hätte die Berufung des [X.]n nicht als unzulässig verwerfen dürfen, weil der Antrag auf weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist [X.] - 4 - zeitig eingegangen ist und der [X.] das Rechtsmittel vor Ablauf der Zeit-spanne, für die die weitere Fristverlängerung beantragt worden war, begründet hat (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Dezember 1995 - [X.], NJW 1996, 1350, unter [X.]). 4 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der [X.] vom 20. Mai 2008 sei bei ihm wegen der unzutreffenden Adressierung nicht an diesem Tage, sondern erst am 23. Mai 2008 und damit nach Ablauf der Beru-fungsbegründungsfrist durch Eintreffen des Originals vom [X.] eingegangen. Dies beanstandet die Rechtsbeschwerde zutreffend als rechtsfehlerhaft. a) Für den rechtzeitigen Eingang eines einzureichenden Schriftstücks ist entscheidend, ob es vor Fristablauf tatsächlich an das zur Entscheidung beru-fene Gericht gelangt ist (Senatsbeschluss vom 10. Juni 2003 - [X.] ZB 126/02, NJW 2003, 3418, unter [X.]). Das gilt entsprechend für den Eingang eines ein-zureichenden Schriftsatzes durch Telefax ([X.], Beschluss vom 10. Januar 1990 - [X.], NJW 1990, 990, unter [X.]). 5 Das ist hier zwar für das Original des unmittelbar bei dem Amtsgericht [X.] eingereichten [X.]es zu verneinen, weil dieser erst am 23. Mai 2008 bei dem [X.] eingegangen ist, nachdem das Amtsgericht [X.] die falsche Adressierung erkannt und den [X.] weitergeleitet hatte. Anders verhält es sich dagegen mit dem vorab durch Telefax übermittelten [X.], der unter der angegebenen Telefaxnummer zur Posteingangsstelle der [X.] gelangt ist, bei der auch die für das [X.] bestimmten Schriftstücke entgegenge-nommen werden. Zwar ist ein Schriftstück, das bei einer gemeinsamen Einlauf-stelle für mehrere Gerichte eingeht, bei dem Gericht eingereicht, an das es ge-richtet ist, da nur dieses Gericht durch den Eingang die zur [X.] - 5 - fung vom Inhalt des eingereichten Schriftstücks erforderliche tatsächliche Ver-fügungsgewalt erlangt ([X.], Beschluss vom 10. Januar 1990, aaO; [X.], [X.], 845, 846 m.w.[X.]). Anders verhält es sich, wenn in solch einem Fall die Falschadressierung sogleich erkannt und der Schriftsatz deshalb unmittelbar an das zuständige Gericht weitergeleitet wird; in diesem Fall ist das Schriftstück trotz der Falschadressierung sogleich bei dem zuständigen anderen Gericht der gemeinsamen [X.] eingegangen ([X.], Beschluss vom 21. Oktober 1960 - [X.], NJW 1961, 361; [X.], [X.], 72). Angesichts der Of-fenkundigkeit der tatsächlich gemeinten Adressierung des Schriftstücks wandelt sich in diesem Fall ein zunächst gegebener Mitgewahrsam aller an der [X.] [X.] beteiligten Gerichte umgehend in einen für den Zugang ausreichenden [X.] des zuständigen Gerichts, so dass für eine einzuhaltende Frist auf den Zugang des Schriftstücks bei der gemeinsamen [X.] abzustellen ist ([X.], Beschluss vom 21. Juni 2004 - [X.], [X.], 1480, unter [X.]). Entsprechendes gilt schließlich, wenn das bei einer gemeinsamen [X.] eingegangene Schriftstück überhaupt nicht adressiert ist. In diesem Fall besteht für das Personal der gemeinsamen [X.] von vornherein Anlass zu der Prüfung, welchem der angeschlossenen Gerichte das Schriftstück zugeordnet werden soll. Den für einen Zugang erfor-derlichen [X.] erlangt hier sogleich das Gericht, für das das Schriftstück nach dem Ergebnis der vorzunehmenden Prüfung aufgrund seines Inhalts ersichtlich bestimmt ist ([X.], Beschluss vom 18. Februar 1997 - [X.], NJW-RR 1997, 892, unter [X.] 1; vgl. ferner Beschluss vom 28. Januar 1992 - [X.], [X.], 1047, unter [X.]). b) Der letztgenannten Fallgestaltung steht der hier zu beurteilende Fall gleich. Nach seiner Adressierung war der [X.] für keines der an die [X.] angeschlossenen Gerichte bestimmt. Es war deshalb bei Eingang zu prüfen, ob der Schriftsatz an eines der angeschlosse-7 - 6 - nen Gerichte auszufolgen oder an das Amtsgericht [X.] weiterzuleiten war. Bei dieser Prüfung war wiederum sofort zu erkennen, dass es inhaltlich um die Verlängerung einer Frist in einem laufenden Berufungsverfahren ging, wo-bei in dem beigefügten Schreiben das [X.] und das Aktenzeichen des Berufungsverfahrens angegeben waren. Es war mithin sofort erkennbar, dass das bei der gemeinsamen [X.] eingegangene Schrift-stück dem [X.] als Empfänger zuzuordnen war, so dass dieses mit dem Eingang den für eine wirksame Schriftsatzeinreichung erforderlichen Alleinge-wahrsam an dem [X.] erlangt hat. 2. Der [X.] hat dadurch, dass sein [X.] [X.] vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist an das hierüber zur Entschei-dung berufene [X.] gelangt ist, die Fristverlängerung rechtzeitig beantragt. [X.] ist, dass im Antrag selbst fälschlich von einer [X.] die Rede ist. Denn die Auslegung von [X.], die freier revisionsrechtlicher Nachprüfung unterliegt, hat sich an dem Grundsatz zu orientieren, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstan-denen Interesse entspricht (Senatsbeschluss vom 10. Juni 2003, aaO m.w.[X.]). Danach kann es keinem Zweifel unterliegen, dass es dem [X.]n nur um eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gegangen ist. 8 Bei dieser Sachlage hätte das [X.] die Berufung nur dann wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verwerfen dürfen, wenn der Antrag des [X.]n auf Verlängerung dieser Frist durch den [X.] abgelehnt worden wäre ([X.], Beschluss vom 5. April 2001 - V[X.] ZB 37/00, NJW-RR 2001, 931, unter [X.]; Beschluss vom 3. Februar 1988 - [X.], NJW-RR 1988, 581, unter [X.]). Die Entschei-dung über diesen Antrag steht aber noch aus. Dem entsprechend stellt sich die Frage einer Fristversäumung und damit des Erfordernisses einer [X.] - 7 - zung in den vorigen Stand erst, wenn die rechtzeitig beantragte Fristverlänge-rung abgelehnt werden sollte ([X.], Beschlüsse vom 5. April 2001 und vom 3. Februar 1988, aaO). Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: AG Berlin-[X.], Entscheidung vom 05.02.2008 - 8 [X.]/07 - [X.], Entscheidung vom 17.07.2008 - 48 S 33/08 -

Meta

VIII ZB 66/08

17.03.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2009, Az. VIII ZB 66/08 (REWIS RS 2009, 4485)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4485

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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