Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.11.2014, Az. 1 StR 394/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 1588

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sexueller Missbrauch Widerstandsunfähiger: Begriff der Widerstandsunfähigkeit; eigene Würdigung des Tatrichters; Auslagenerstattungsanspruch der Nebenklägerin gegen den Staat bei Freispruch des Angeklagten


Tenor

1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin gegen das Urteil des [X.] vom 20. März 2014 werden verworfen.

2. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft sowie die dem Angeklagten dadurch und durch die Revision der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Die Nebenklägerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und die Nebenklägerin je zur Hälfte.

3. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung in dem vorbezeichneten Urteil über die Entschädigung des Angeklagten für die erlittene Untersuchungshaft wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Staatskasse zu tragen.

4. [X.] des vorbezeichneten Urteils wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten von dem Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person in Tateinheit mit Vergewaltigung zu Lasten der Nebenklägerin aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wenden sich sowohl die Staatsanwaltschaft mit ihrer - vom [X.] nicht vertretenen - Revision als auch die Nebenklägerin mit ihrem Rechtsmittel. Die Staatsanwaltschaft hat zudem sofortige Beschwerde gegen die im Urteil getroffene Entscheidung eingelegt, den Angeklagten für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen. Die Nebenklägerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die sie betreffende Auslagenentscheidung des Urteils, dass sie die ihr entstandenen Auslagen selbst zu tragen hat.

2

Die Rechtsmittel bleiben jeweils ohne Erfolg.

A.

3

Dem Angeklagten war mit der zugelassenen Anklage vorgeworfen worden, am Tattag die erheblich alkoholisierte und ermüdete Nebenklägerin in das von ihm bewohnte Zimmer in [X.]verbracht zu haben. Nachdem er erkannt hatte, dass die Nebenklägerin wegen ihres körperlichen Zustands nicht mehr in der Lage war, einen eigenen Willen zu bilden bzw. einen solchen zu artikulieren, nutzte der Angeklagte diesen Zustand bewusst aus. Er entkleidete die Nebenklägerin, legte sie auf den Rücken und führte seinen erigierten Penis in deren Vagina ein und übte für einen nicht näher bestimmbaren Zeitraum den Geschlechtsverkehr mit der von ihm als widerstandsunfähig erkannten Nebenklägerin durch. Als diese während dieses Vorgangs erwachte, den Angeklagten anschrie und ihn erfolglos von sich weg zu schieben versuchte, fixierte er die Nebenklägerin weiterhin mit seinem Körpergewicht und führte mit den Worten „Noch kurz, noch kurz, noch ein bisschen!" weiterhin den Geschlechtsverkehr aus.

4

Der Angeklagte hat einen einvernehmlichen und von der Nebenklägerin initiativ ausgehenden, ungeschützten Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss eingeräumt.

5

Das [X.] hat festgestellt, dass es am Tattag zwischen 13.04 Uhr und 15.20 Uhr in [X.] des Angeklagten zum Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin gekommen ist. Zur Begründung des Freispruchs hat es darauf abgestellt, es habe sich weder eine gewaltsame Durchführung dieses Geschlechtsverkehrs noch eine [X.] der Nebenklägerin in dem vorgenannten Zeitraum zweifelsfrei feststellen lassen. Für das eigentliche Tatgeschehen stünden lediglich die Angaben der Nebenklägerin zur Verfügung. Von der Zuverlässigkeit ihrer Aussagen hat sich das [X.] ungeachtet von Widersprüchlichkeiten auch in den Einlassungen des Angeklagten nicht überzeugen können. Es verblieben daher erhebliche Zweifel darüber, unter welchen Umständen der Geschlechtsverkehr zwischen beiden ausgeübt worden sei.

B.

6

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin bleiben ohne Erfolg. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand. Die von der Nebenklägerin erhobene Verfahrensbeanstandung der Verletzung der Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 [X.]) dringt ebenfalls nicht durch.

[X.] Revision der Staatsanwaltschaft

7

1. Entgegen der Bewertung der Staatsanwaltschaft genügt das angefochtene Urteil den aus § 267 Abs. 5 Satz 1 [X.] resultierenden Darstellungsanforderungen.

8

a) Wird der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, so müssen nach der Mitteilung des Anklagevorwurfs im Urteil zunächst diejenigen Tatsachen festgestellt werden, die das Tatgericht für erwiesen erachtet. Erst auf dieser Grundlage ist in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die zur Verurteilung notwendigen Feststellungen nicht getroffen werden konnten ([X.], Urteile vom 21. Oktober 2003 - 1 [X.], [X.]R [X.] § 267 Abs. 5 Freispruch 13 mwN; vom 17. März 2009 - 1 [X.], [X.], 512, 513; vom 3. März 2010 - 2 StR 427/09, [X.], 182; vom 18. Dezember 2012 - 1 StR 415/12 Rn. 25 [insoweit in [X.]St 58, 72 nicht abgedruckt]; vom 8. Mai 2014 - 1 StR 722/13, [X.], 220). Nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht ([X.], Urteile vom 8. Mai 2014 - 1 StR 722/13, [X.], 220; vom 5. Februar 2013 - 1 [X.], NJW 2013, 1106; vom 18. Dezember 2012 - 1 StR 415/12 Rn. 25 [insoweit in [X.]St 58, 72 nicht abgedruckt]; vom 27. Oktober 2011 - 5 [X.]; vom 17. Mai 1990 - 4 [X.], [X.]R [X.] § 267 Abs. 5 Freispruch 4; vom 26. September 1989 - 1 [X.], [X.]R [X.] § 267 Abs. 5 Freispruch 2).

9

b) Dem entspricht das Urteil. Das [X.] hat der Wiedergabe des Inhalts der Anklageschrift diejenigen Feststellungen folgen lassen, die es vor allem zu dem Vorgeschehen der Abläufe in [X.] des Angeklagten sowie zu dem Geschehen ab etwa 15.20 Uhr, nachdem die Nebenklägerin die Wohnung des Angeklagten verlassen hatte, hat treffen können. Diese Feststellungen umfassen insbesondere die zeitliche Phase, in der die Nebenklägerin kurz nach 12.00 Uhr des [X.] das letzte von ihr besuchte Lokal verlassen und sich in ein Taxi gesetzt hatte, um die Heimfahrt anzutreten. Weiterhin hat es den Zustand, in dem sich die Nebenklägerin bei dem Besteigen des Taxis sowie während der Fahrt befand, näher dargelegt. Ebenso ist ausgeführt, dass sich der Angeklagte zu der Nebenklägerin in das Taxi setzte und wie er sich in dem Fahrzeug bis zum Verlassen an seiner Wohnanschrift in [X.]verhielt. Das angefochtene Urteil grenzt darüber hinaus zeitlich den Aufenthalt der Nebenklägerin in [X.] des Angeklagten aufgrund der zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen anhand der Zeitpunkte von [X.] und Telefonaten ein, die sie mit ihrem Mobiltelefon versendet bzw. geführt hat. Auch ihr körperlicher Zustand bei der ärztlichen Untersuchung am frühen Abend des [X.] sowie die Erkenntnisse über die der Nebenklägerin bei dieser Gelegenheit entnommenen [X.]ut- und Urinproben werden dargestellt. Wie der [X.] in seiner Antragsschrift vom 30. Juli 2014 zutreffend aufzeigt, ergibt sich aus der Beweiswürdigung des [X.]s, warum es keine weiteren, für die Beurteilung der Schuldfrage bedeutsamen Feststellungen hat treffen können.

Soweit die Revision eine Darstellung zu den näheren Umständen des Kennenlernens der Nebenklägerin und des Angeklagten vermisst, ergibt sich bereits aus den von ihr selbst wiedergegebenen Passagen des Urteils, dass die Aussage der Nebenklägerin und die Einlassung bzw. die Einlassungen des Angeklagten lediglich in Teilen [X.] über das Zusammentreffen beider vor der Taxifahrt nach [X.]enthalten. Schon deshalb war es rechtlich nicht durch § 267 Abs. 5 Satz 1 [X.] geboten, Einzelheiten des Zusammentreffens beider in verschiedenen [X.] Lokalitäten als vom Tatgericht festgestellt in das Urteil aufzunehmen.

Das Urteil ist auch nicht in sich widersprüchlich. Die von der Staatsanwaltschaft beanstandete Passage, das [X.] habe ausgedrückt, sichere Feststellungen zur Vorgeschichte und zu dem dem Geschlechtsverkehr nachfolgenden Geschehen treffen zu können ([X.], bezieht sich ersichtlich auf diejenigen Feststellungen [X.] - 7. Dass nicht weitere Einzelheiten des der Taxifahrt vorausgehenden Geschehensablaufs haben festgestellt werden können, steht dazu weder sprachlich noch sachlich in Widerspruch.

2. Die Beweiswürdigung des [X.]s enthält keine revisiblen Rechtsfehler.

a) Das Revisionsgericht hat es grundsätzlich hinzunehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an dessen [X.]chaft nicht zu überwinden vermag. Die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlichrechtlicher Hinsicht etwa der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. [X.] ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die [X.]chaft sprechenden Umstände vorzunehmen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt zudem, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 27. April 2010 - 1 [X.], [X.], 108, 109; vom 1. Februar 2011 - 1 StR 408/10 Rn. 15, vom 7. Juni 2011 - 5 StR 26/11 Rn. 9 und vom 7. November 2012 - 5 [X.] Rn. 10; vom 18. Dezember 2012 - 1 StR 415/12 Rn. 28 [insoweit in [X.] 58, 72 nicht abgedruckt).

b) Nach diesen Maßstäben enthält die durch die Strafkammer vorgenommene Beweiswürdigung weder in Bezug auf den Tatvorwurf des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen noch den der Vergewaltigung Rechtsfehler.

aa) Wie bereits der [X.] in seiner Antragsschrift ausgeführt hat, legt das [X.] beweiswürdigend ausführlich dar, warum es sich keine Überzeugung von der [X.] der Nebenklägerin während des feststehenden Zeitraums ihres Aufenthalts in [X.] des Angeklagten hat bilden können. Das [X.] hat dabei seiner Beweiswürdigung im Hinblick auf die Feststellung der [X.] den zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt zugrunde gelegt. Nach der Rechtsprechung des [X.] kann Opfer einer Tat nach § 179 StGB nur sein, wer aufgrund einzelner, im Tatbestand des Absatzes 1 näher beschriebener Gegebenheiten unfähig ist, einen ausreichenden Widerstandswillen gegen das sexuelle Ansinnen des [X.] zu bilden, zu äußern oder durchzusetzen ([X.], Urteil vom 15. März 1989 - 2 [X.], [X.]St 36, 145, 147; Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - 3 [X.], [X.], 324, 325; vom 18. August 2011 - 4 StR 338/11, [X.], 150 f.). Die Feststellung der [X.] ist eine normative Entscheidung ([X.], Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 2 [X.], [X.], 14, 15); sie erfordert die Überzeugung des Tatrichters, dass das Opfer zum Widerstand gänzlich unfähig war (vgl. [X.], Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - 3 [X.], [X.], 324, 325; vom 10. August 2011 - 4 StR 338/11, [X.], 150 f.).

Von diesen Anforderungen aus hat das [X.] gewürdigt, ob sich die Voraussetzungen der [X.] entweder aufgrund des durch die Nebenklägerin genossenen Alkohols in Verbindung mit dem langen Zeitraum des Besuchs unterschiedlicher Lokalitäten oder aufgrund der Verabreichung sog. K.O.-Tropfen feststellen lassen. Dabei hat es in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise eine Gesamtwürdigung aller dazu erhobenen Beweise vorgenommen (vor allem [X.]). Das Urteil setzt sich insbesondere umfassend mit den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen         [X.]     sowohl zu [X.] als auch zu durch K.O.-Tropfen verursachter gänzlicher [X.] auseinander. Das Urteil gibt die wesentlichen Anknüpfungspunkte und Darlegungen des Sachverständigen in einer Weise wieder, die das Verständnis des Gutachtens und die Beurteilung seiner Schlüssigkeit ermöglicht (vgl. zu diesen Anforderungen [X.], Urteile vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, [X.]St 34, 29, 31 und vom 15. Januar 2003 - 5 [X.], [X.], 307; Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 3 [X.], [X.], 39; vom 24. Mai 2012 - 5 StR 52/12, [X.], 650 f.).

Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] sich nicht hat davon überzeugen können, dass der Nebenklägerin in dem Lokal „        P.  " K.O.-Tropfen verabreicht worden sind, die zu einer [X.] im Zeitraum des Aufenthalts in [X.] des Angeklagten geführt haben. Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung hat es berücksichtigt, dass die von der Nebenklägerin beschriebenen Symptome sich als typische Begleiterscheinungen der Einwirkung von [X.] erweisen können. Das [X.] hat aber ohne Rechtsfehler - gestützt auf Ausführungen des Sachverständigen - erhebliche Zweifel daran gehabt, ob in der allein in Frage kommenden Situation der Verabreichung der K.O.-Tropfen eine ausreichende Flüssigkeitsmenge mit dem vorhandenen Getränk und dem von der Nebenklägerin lediglich beschriebenen „[X.]" daran stattgefunden haben kann.

Im Hinblick auf die erforderliche gänzliche [X.] ist es sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] im Rahmen einer Gesamtschau der erhobenen Beweise eine alkoholbedingte [X.] angesichts der belegten Restleistungsfähigkeit der Nebenklägerin in Gestalt des [X.] einer [X.] an den [X.]           keine Überzeugung von der [X.] gewinnen konnte. Im Übrigen erweist sich die vom [X.] vorgenommene Gesamtwürdigung weder als lückenhaft noch als widersprüchlich. Die Angriffe der Staatsanwaltschaft erschöpfen sich insoweit darin, die eigene (mögliche) Beweiswürdigung an die Stelle der Beweiswürdigung durch das Tatgericht zu setzen.

bb) Gleiches gilt auch für die den Vorwurf der Vergewaltigung betreffende Beweiswürdigung.

I[X.] Revision der Nebenklägerin

Das Rechtsmittel der Nebenklägerin bleibt ebenfalls erfolglos.

1. Die erhobene Rüge der Verletzung von § 244 Abs. 2 [X.], mit der die unterbliebene weitere Aufklärung eines 2004 gegen den Angeklagten geführten Ermittlungsverfahrens u.a. durch Vernehmung der (damaligen) Zeugin [X.] beanstandet wird, dringt aus den in der Antragsschrift des [X.]s dargelegten Gründen nicht durch.

2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht hält das angefochtene Urteil aus den bereits zu der Revision der Staatsanwaltschaft ausgeführten Gründen rechtlicher Prüfung stand. Insbesondere ist - wie dargelegt - nicht zu beanstanden, dass das [X.] sich nicht die Überzeugung von einer [X.] im Sinne von § 179 Abs. 1 StGB hat verschaffen können. Das [X.] hat seine Überzeugungsbildung zutreffend darauf bezogen, ob sich feststellen lässt, dass die Nebenklägerin zum Widerstand gänzlich unfähig war (vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - 3 [X.], [X.], 324, 325; vom 10. August 2011 - 4 StR 338/11, [X.], 150 f.). Soweit die Revision einen davon abweichenden rechtlichen Ausgangspunkt einnimmt und eine eingeschränkte [X.] ausreichen lassen will, kann sie damit angesichts der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Anforderungen der [X.] keinen Erfolg erzielen.

Das [X.] hat von diesem rechtlichen Maßstab aus ohne Rechtsfehler in der Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der dafür relevanten Umstände auch keine durch Alkoholeinwirkung in Kombination mit Übermüdung hervorgerufene gänzliche [X.] festgestellt. Entgegen dem Vorbringen der Revision hat es dabei auch psychodiagnostische Kriterien mit einbezogen, indem es etwa eine Restleistungsfähigkeit der Nebenklägerin angesichts der während des Aufenthalts in [X.] des Angeklagten versendeten [X.] angenommen hat.

C.

Die jeweils zulässigen sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des [X.]s, den Angeklagten für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen, sowie diejenige der Nebenklägerin gegen die sie betreffende Auslagenentscheidung im angefochtenen Urteil bleiben in der Sache erfolglos.

[X.]

Die Entschädigung des freigesprochenen Angeklagten entspricht der Sach- und Rechtslage (§ 2 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StrEG). Gründe für einen Ausschluss (§ 5 StrEG) oder eine Versagung der Entschädigung (§ 6 StrEG) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

II

Die die Nebenklägerin betreffende Auslagenentscheidung des [X.]s entspricht ebenfalls der Rechtslage. Im Umkehrschluss aus § 472 Abs. 1 Satz 2 [X.] ergibt sich, dass ein Anspruch des [X.] auf Auslagenerstattung bei Freispruch des Angeklagten auch gegen den Staat nicht besteht (vgl. [X.], Beschluss vom 11. April 2013 - 5 StR 261/12 Rn. 2; siehe auch [X.] in Löwe/[X.], [X.], 26. Aufl., § 472 Rn. 4; siehe auch [X.]/[X.], 57. Aufl., § 472 Rn. 3).

Dem steht nicht entgegen, dass angesichts der Beiordnung von Rechtsanwältin [X.].        als Nebenklägervertreterin gemäß § 397a Abs. 1 Nr. 4 [X.] durch Beschluss des [X.]s vom 5. März 2014 ([X.]. 721/722 der Sachakten) dem beigeordneten Rechtsanwalt ein Gebührenanspruch aus § 53 Abs. 2 [X.] gegen die Staatskasse zusteht und die Nebenklägerin von dem Beistand nicht auf die Gebührenforderung in Anspruch genommen werden kann (vgl. [X.] in [X.]/Schluckebier/[X.], [X.], § 397a Rn. 14). Aus der Auslagenentscheidung des [X.]s in dem angefochtenen Urteil folgt lediglich, dass die Nebenklägerin ihrerseits - wie angesprochen – keinen Anspruch auf (sonstige) Auslagenerstattung gegen die Staatskasse geltend machen kann.

D.

Die Kostenentscheidungen zu den Revisions- und Beschwerdeverfahren folgen aus § 473 Abs. 1 Satz 1 [X.].

Rothfuß                           Graf                                 Jäger

                    Radtke                        [X.]

Meta

1 StR 394/14

05.11.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München II, 20. März 2014, Az: 1 KLs 52 Js 23628/13

§ 177 StGB, § 179 Abs 1 StGB, § 397a StPO, § 472 Abs 1 S 2 StPO, § 53 Abs 2 RVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.11.2014, Az. 1 StR 394/14 (REWIS RS 2014, 1588)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1588

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 394/14 (Bundesgerichtshof)


2 StR 79/17 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Konkludente Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft; gefährliche Körperverletzung …


5 StR 521/14 (Bundesgerichtshof)

Revision im Strafverfahren wegen schwerer Vergewaltigung: Revisionsgerichtliche Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung bei Freispruch


2 StR 79/17 (Bundesgerichtshof)


3 StR 318/11 (Bundesgerichtshof)

Sexueller Missbrauch im Behandlungsverhältnis: Tatbestandsmäßigkeit trotz fehlender Abhängigkeit des Opfers


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.