Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.02.2021, Az. 2 C 29/20

2. Senat | REWIS RS 2021, 8958

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Gegenstand

Klagebefugnis gegen Zurückstellung von Dienstleistungen


Leitsatz

1. Hat die Bundeswehr die Zurückstellung von Dienstleistungen auf der Grundlage von § 67 Abs. 5 SG mit der Begründung verfügt, die Heranziehung des Betroffenen würde das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden, so steht dem Betroffenen für die hiergegen erhobene Anfechtungsklage die Klagebefugnis zu.

2. Das Tatbestandsmerkmal der ernstlichen Gefährdung des Ansehens der Bundeswehr i.S.v. § 67 Abs. 5 SG unterliegt der vollen Kontrolle der Verwaltungsgerichte.

Tenor

Das Urteil des [X.] vom 26. Mai 2020 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihn die [X.] bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres von Dienstleistungen zurückgestellt hat.

2

Der 1970 geborene Kläger leistete von Oktober 1990 bis Ende März 1996 Wehrdienst als Soldat auf Zeit und in der Folgezeit noch mehrfach Dienstleistungen (sog. Wehrübungen). Im Oktober 2014 wurde er zum Oberstleutnant der Reserve ernannt. Der Kläger ist Geschäftsführer einer in [X.] ansässigen Firma, die im Bereich der militärischen Ausrüstung und Ausbildung tätig ist. Am 24. und 25. August 2017 traf sich der Kläger mit Vertretern des [X.] [X.]s und des [X.]. Unter dem 25. August 2017 verfasste er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer seiner Firma ein Schreiben an den [X.] Verteidigungsminister. In diesem Brief warb der Kläger für seine Firma, die militärische Unterstützung, Ausbildung und Ausrüstung biete und mit dem [X.] [X.] zusammenarbeite. Er bot dem [X.] Verteidigungsminister die Hilfe seiner Firma bei der Abwicklung eines Hilfsprogramms des [X.] [X.] in Höhe von 100 Mio. € an. Aufgrund ihres militärischen Hintergrunds und ihrer Verbindungen sei seine Firma die einzige [X.] Firma, die diese Dienste leisten könne.

3

In einem Schreiben vom 18. Mai 2018 wies das [X.] die Firma des [X.] darauf hin, dass der im Schreiben vom 25. August 2017 geschilderte Sachverhalt jeglicher Grundlage entbehre. Es habe zu keinem Zeitpunkt offizielle oder geschäftliche Verbindungen zwischen dem [X.] und dem Unternehmen des [X.] gegeben. Die [X.] Seite sei vom [X.] über den tatsächlichen Sachverhalt informiert worden. Die Firma werde aufgefordert, in allen zukünftigen Geschäftsbeziehungen auf die Referenz einer angeblichen Verbindung zum [X.] zu verzichten. Bei einer etwaigen Zuwiderhandlung behalte sich das [X.] rechtliche Schritte vor.

4

Ohne vorherige Anhörung stellte das [X.] den Kläger mit Schreiben vom 13. Juni 2018 bis einschließlich 31. März 2035 von Dienstleistungen zurück. Das Verhalten des [X.] gegenüber seinen Geschäftspartnern mit Bezug auf Verbindungen zur [X.] schade dem Ansehen der [X.] und lasse damit eine Heranziehung zu Dienstleistungen nach den Vorschriften des [X.]es nicht mehr zu. Aus dem anschließenden Schriftverkehr wird deutlich, dass Grund für die Zurückstellung das Schreiben des [X.] an den [X.] Verteidigungsminister ist.

5

Die auf Aufhebung der Zurückstellung des [X.] von Dienstleistungen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Der Kläger verfüge nicht über die erforderliche Klagebefugnis. Die streitgegenständliche Zurückstellung von Dienstleistungen habe keine belastende, sondern ausschließlich begünstigende Wirkung. In bewusster Anlehnung an die Regelungen des Wehrpflichtgesetzes sei die Dienstleistungspflicht im [X.] als Verpflichtung ausgestaltet. Die Zurückstellung befreie den Kläger von dieser Verpflichtung. Unerheblich sei, dass der Kläger die Heranziehung zu Dienstleistungen subjektiv als Begünstigung empfinde. Auch das Vorbringen des [X.], er werde durch den Bescheid verleumdet, führe nicht zur Klagebefugnis. Der objektive Tatbestand der Verleumdung setze die Behauptung einer unwahren Tatsache in Bezug auf einen anderen voraus und erfordere deshalb eine Konstellation mit drei Personen. Der Bescheid sei aber lediglich gegenüber dem Kläger bekannt gegeben worden. Das Vorbringen des [X.], der Verwaltungsakt sei unverhältnismäßig und willkürlich, begründe nicht die Klagebefugnis. Denn bei der Frage der Verhältnismäßigkeit handele es sich bereits um eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit. Unerheblich sei auch, dass der Kläger nicht zuvor angehört worden sei. Denn die Verpflichtung zur Anhörung bestehe nur bei belastenden Verwaltungsakten, nicht jedoch bei einem hier vorliegenden rein begünstigenden Verwaltungsakt. Die Klage sei auch deshalb unzulässig, weil der Kläger vor Erhebung der Anfechtungsklage kein Vorverfahren durchgeführt habe.

7

Hiergegen richtet sich die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision des [X.], mit der er beantragt,

das Urteil des [X.] vom 26. Mai 2020 und den Bescheid des [X.] Nürnberg vom 13. Juni 2018 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des [X.] aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Die [X.]eklagte hat die Zurückstellung des [X.] auf § 67 Abs. 5 des Soldatengesetzes in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 30. Mai 2005 ([X.]) gestützt, wonach ein Dienstleistungspflichtiger von Dienstleistungen u.a. dann zurückgestellt werden kann, wenn seine Heranziehung das Ansehen der [X.] ernstlich gefährden würde. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen erhobene Klage als unzulässig angesehen. Mit seinen jeweils entscheidungstragenden Überlegungen zum Fehlen der Klagebefugnis (1.) und zum Erfordernis des Vorverfahrens (2.) verletzt das Urteil des [X.] [X.]undesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Ob das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat aufgrund der fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Hintergrund der von der [X.] verfügten dauerhaften Zurückstellung des [X.] von Dienstleistungen nicht entscheiden (3.).

1. Für seine Anfechtungsklage gegen das Schreiben des [X.] vom 13. Juni 2018 besitzt der Kläger die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. Denn er kann geltend machen, dass ihn die auf die Annahme der ernstlichen Gefährdung des Ansehens der [X.] gestützte Zurückstellung von Dienstleistungen in seinen Rechten verletzt.

Die [X.] hat auch in der Revisionsverhandlung ihre Rechtsauffassung deutlich gemacht, eine auf die ernstliche Gefährdung des Ansehens der [X.] gestützte Zurückstellung eines [X.] nach § 67 Abs. 5 [X.] berühre diesen nicht in seinen Rechten. Es handele sich um einen den [X.]etroffenen ausschließlich begünstigenden Verwaltungsakt, sodass es keiner vorherigen Anhörung bedürfe, der [X.]escheid nicht nach § 70 Abs. 3 [X.] zuzustellen und auch keine Rechtsbehelfsbelehrung geboten sei. Diese Ansicht ist mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar und steht zudem nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des [X.] zur Frage der Klagebefugnis in Konstellationen, in denen die Zurückstellung des [X.]etroffenen mit dessen persönlichem Verhalten begründet wird.

Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des [X.], dass die Entscheidung über die Heranziehung zum Wehrdienst allein dem öffentlichen Interesse an einer optimalen Deckung des Personalbedarfs der [X.] dient und nicht zugleich auch den privaten Interessen der [X.]etroffenen ([X.]VerwG, Urteile vom 22. Februar 1985 - 8 C 25.84 - [X.] 448.0 § 21 [X.] Nr. 36 S. 12 <14 f.> m.w.[X.], vom 26. Februar 1993 - 8 C 20.92 - [X.]VerwGE 92, 153 <157>, vom 22. Februar 2003 - 6 C 18.02 - [X.] 448.0 § 48 [X.] Nr. 3 S. 2 f., vom 17. September 2003 - 6 C 4.03 - [X.] 448.0 § 48 [X.] Nr. 4 S. 8 und vom 28. Oktober 2015 - 2 C 23.14 - [X.] 449 § 59 [X.] Nr. 1 Rn. 12 ff., 19 ). Dieser Grundgedanke ist aber nicht maßgeblich, wenn die konkrete Maßnahme der [X.], wie hier, ihre Grundlage gerade in dem persönlichen Verhalten des [X.]etroffenen hat. Aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgt, dass der [X.]etroffene die Möglichkeit haben muss, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme der [X.] gerichtlich überprüfen zu lassen, wenn die dauerhafte Zurückstellung mit seinem persönlichen Verhalten begründet wird.

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG schreibt vor, dass sofern jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, ihm der Rechtsweg offensteht. Erfasst werden vom Gebot des effektiven Rechtsschutzes sämtliche Akte der Exekutive, zu der auch die [X.] zählt. Ferner setzt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG voraus, dass der [X.]etroffene die Verletzung von eigenen Rechten geltend macht. Zu dem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht gehört auch die persönliche Ehre eines Menschen. Die für die Anwendung von § 67 Abs. 5 [X.] vorausgesetzte Annahme der ernstlichen Gefährdung des Ansehens der [X.] im Falle der weiteren Heranziehung des [X.]etroffenen zu Dienstleistungen ist geeignet, diesen in seinem gesellschaftlichen Ansehen herabzusetzen. Dementsprechend folgt aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch der Anspruch, nachteilige [X.]ewertungen des eigenen Verhaltens durch die Exekutive, die sogar zum Erlass von Verwaltungsakten führen, nur dann hinnehmen zu müssen, wenn zumindest die tatsächliche Grundlage der Schlussfolgerung der [X.]ehörde zutrifft und die [X.]ehörde ferner bei ihrer [X.]ewertung allgemein anerkannte Maßstäbe beachtet hat. Damit muss einem [X.], gegenüber dem sich die [X.] bei der Zurückstellung auf die Gefahr der ernstlichen Gefährdung ihres Ansehens beruft, die Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung der [X.] eröffnet sein.

Zudem ist nach der Rechtsprechung des [X.] die Klagebefugnis gegeben, wenn die Verwaltungsentscheidung der [X.] auf besonderen Umständen beruht, die die Frage nach den äußersten Grenzen des gerichtlich nicht überprüfbaren Auswahl- und Organisationsermessens der [X.] aufwerfen. Die Klagebefugnis setzt hier voraus, dass diese Grenzen unter Verletzung von subjektiven Rechten des Dienstpflichtigen überschritten sein könnten. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn sich die jeweilige Verwaltungsentscheidung auf besondere personenbezogene Gründe stützt, die über die gewöhnlichen Aspekte der Personalplanung der [X.] hinausgehen ([X.]VerwG, Urteile vom 22. Januar 2003 - 6 C 18.02 - [X.] 448.0 § 48 [X.] Nr. 3 S. 3 und vom 17. September 2003 - 6 C 4.03 - [X.] 448.0 § 48 [X.] Nr. 4 S. 8 sowie [X.]eschluss vom 4. August 2017 - 6 [X.] 34.17 - Rn. 7).

Wenn danach eine Rechtsverletzung in den Fällen als möglich angesehen wird, in denen die tatbestandlichen Voraussetzungen der gesetzlichen Grundlage, auf die sich die [X.]ehörde bei ihrer Entscheidung stützt, als solche nicht an ein persönliches Verhalten des Pflichtigen anknüpfen, und die behördliche Entscheidung nur im konkreten Einzelfall auf Gründen beruht, die mit der Person des [X.]etroffenen verbunden sind, so muss einem Kläger die Geltendmachung der Verletzung eigener Rechte erst recht dann möglich sein, wenn bereits die gesetzliche Grundlage - hier § 67 Abs. 5 [X.] - für diese Entscheidung - Zurückstellung von Dienstleistungen - Umstände voraussetzt, die in der Person des betreffenden Dienstpflichtigen liegen (vgl. [X.], Urteil vom 16. August 2019 - 14 K 265/18 - [X.]; [X.], in: Eichen/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl. 2021, § 67 Rn. 39; a.A. VG Münster, Urteil vom 17. Juni 2019 - 5 K 6567/17 - Rn. 36).

2. Der Zulässigkeit der Anfechtungsklage steht auch nicht entgegen, dass hier entgegen § 83 Abs. 1 [X.] kein Vorverfahren durchgeführt worden ist.

In der Rechtsprechung des [X.] ist allgemein anerkannt, dass es keines Vorverfahrens bedarf, wenn dessen Zweck bereits Rechnung getragen ist oder der Zweck des Vorverfahrens ohnehin nicht mehr erreicht werden kann, weil von vornherein feststeht, dass die [X.]ehörde das Ersuchen des [X.] ablehnt. In diesem Fall erweist sich die Forderung nach Durchführung eines Vorverfahrens als sachlich nicht zu rechtfertigender Formalismus. Unerheblich ist es auch, wenn die [X.]ehörde im Klageverfahren das Fehlen des Vorverfahrens rügt und sich nur hilfsweise auf die Sache einlässt ([X.]VerwG, Urteile vom 15. September 2010 - 8 C 21.09 - [X.]VerwGE 138, 1 Rn. 24 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - [X.]VerwGE 148, 217 Rn. 34 ff.).

Nach diesen Grundsätzen ist hier das Fehlen des Vorverfahrens ohne [X.]edeutung, weil die [X.]eklagte während des gesamten Verfahrens durchgängig geltend gemacht hat, der Kläger könne gegen seine Zurückstellung mangels Klagebefugnis nicht vorgehen. Zudem hat die [X.]eklagte in der Revisionserwiderung ihre Einschätzung zum Ausdruck gebracht, dass auf das Vorverfahren aus Gründen der [X.] ausnahmsweise verzichtet werden könne.

3. Mangels tatsächlicher Feststellungen des [X.] kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das klageabweisende Urteil des [X.] aus anderen Gründen nach Maßgabe von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO).

a) Zwar ist der Kläger vor Übersendung des Schreibens vom 13. Juli 2018 nicht angehört worden. Der Verstoß gegen § 28 VwVfG ist hier auch nicht durch ein Vorverfahren geheilt worden, weil ein solches nicht durchgeführt worden ist. Allerdings ist der Zweck der Anhörung durch den Austausch von E-Mails im [X.] an das Schreiben des [X.] vom 13. Juni 2018 erfüllt worden (§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG).

b) [X.]eim Tatbestandsmerkmal der ernstlichen Gefährdung des Ansehens der [X.] handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Voraussetzungen für die Annahme eines [X.]eurteilungsspielraums liegen nicht vor. Insoweit kann auf die vergleichbare Vorschrift des § 55 Abs. 5 [X.] verwiesen werden, bei deren Anwendung das Merkmal der ernstlichen Gefährdung des Ansehens der [X.] ebenfalls der uneingeschränkten Kontrolle des Gerichts unterliegt ([X.]VerwG, Urteil vom 26. September 1963 - 8 C 123.63 - [X.]VerwGE 17, 5 <6 ff.>; [X.], [X.]eschluss vom 1. März 2006 - 1 [X.] 1843/05 - [X.], 171 <172> und [X.], Urteil vom 16. August 2019 - 14 K 265/18 - [X.]). Zum einen hängt die Antwort auf die Frage nach den Auswirkungen des Verhaltens des [X.]etroffenen auf das Ansehen der [X.] nicht wie z.[X.]. die Entscheidung über die Eignung eines [X.]eamten auf Probe von einem persönlichkeitsbedingten Werturteil ab, das nicht durch ein Gerichtsurteil ersetzt werden darf. Zum anderen ist die Frage der Schädigung des Ansehens der [X.] nicht nach nur den [X.]ehörden der [X.] zugänglichen, sondern nach allgemein gültigen objektiven Maßstäben zu beurteilen.

c) Unter dem Merkmal "Ansehen der [X.]" ist der "gute Ruf" der [X.] oder auch einzelner Truppenteile bei außenstehenden Personen oder der Öffentlichkeit zu verstehen. Ob das Ansehen der [X.] ernstlich gefährdet ist, ist nicht aus der Sicht der [X.], sondern aus der Sicht eines den betreffenden Lebensverhältnissen gegenüber aufgeschlossenen und objektiv wertenden [X.]eobachters zu beurteilen. Maßgeblich ist, wie ein vernünftiger [X.]etrachter die Heranziehung des betreffenden Leistungspflichtigen zu Dienstleistungen im Hinblick auf das Ansehen der [X.] bewerten würde.

Insoweit weist der Senat darauf hin, dass es das [X.]estreben der [X.]eklagten sein kann, auf der Grundlage von § 67 Abs. 5 [X.] solche Personen von Dienstleistungen für die [X.] auszuschließen, die sich gegenüber Außenstehenden besonders guter [X.]eziehungen zum [X.]undesministerium der Verteidigung berühmt und damit im Interesse ihres eigenen wirtschaftlichen Vorteils einen sachlich unzutreffenden Eindruck erweckt oder gar gegen Geheimhaltungsvorschriften verstoßen haben.

Das Verwaltungsgericht wird im erneuten Gerichtsverfahren aufzuklären haben, ob die Firma des [X.] mit dem [X.]undesministerium der Verteidigung etwa bei der Umsetzung von militärischen Unterstützungsprojekten des [X.] anderer [X.] zusammengearbeitet hat und ob und ggf. wie nachhaltig das Verhältnis der [X.]eklagten zum [X.] auf dem Gebiet der militärischen Zusammenarbeit durch das Schreiben des [X.] vom 25. August 2017 belastet worden ist.

d) Ist festgestellt, dass das Merkmal der ernstlichen Gefährdung des Ansehens der [X.] im Falle der zukünftigen Heranziehung des [X.] zu Dienstleistungen erfüllt ist, ist zu beachten, dass § 67 Abs. 5 [X.] der zuständigen [X.]ehörde Ermessen eröffnet, das diese entsprechend den Vorgaben des § 40 VwVfG auszuüben hat. Zu den gesetzlichen Grenzen des Ermessens gehört auch der bei jeder hoheitlichen Maßnahme zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im Schriftwechsel im [X.] an das streitgegenständliche Schreiben vom 13. Juni 2018 angedeutet hat, sein Verhalten zukünftig ändern zu wollen. Zudem stellt sich die Frage, ob eine bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs reichende Zurückstellung von Dienstleistungen, mithin hier für einen Zeitraum von 17 Jahren, im Hinblick auf das konkrete Verhalten des [X.] noch angemessen ist.

Meta

2 C 29/20

03.02.2021

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Würzburg, 26. Mai 2020, Az: W 1 K 19.675, Urteil

Art 2 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 67 Abs 5 SG, § 42 Abs 2 VwGO, § 68 VwGO, § 28 VwVfG, § 40 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.02.2021, Az. 2 C 29/20 (REWIS RS 2021, 8958)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8958

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