Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2010, Az. I ZR 170/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4506

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[X.] DES VOLKES URTEIL I ZR 170/07 Verkündet am: 22. Juli 2010 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22. Juli 2010 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 14. September 2007 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] erkannt worden i[X.] Auf die Berufung der [X.] wird das Urteil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 22. September 2006 abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Die Klägerin organisiert und veranstaltet Lotterie- und Glücksspiele in [X.], unter anderem seit 1999 die Sportwette [X.]. 2 Die Beklagte zu 1, ein Unternehmen mit Sitz in [X.], ist Inhaberin der [X.]seite "[X.]", auf der auch in [X.] [X.] gegen Einsatz angeboten werden. Zur Eröffnung eines [X.] muss sich der Spieler registrieren. Unter den zur Auswahl stehenden Ländern befin-det sich auch [X.]. Die Beklagte verfügt über keine Erlaubnis [X.] - 3 -Behörden für die Veranstaltung von Sportwetten. Die [X.] zu 2 und 3 sind Vorstände der [X.] zu 1. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die [X.] begingen einen [X.]verstoß nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG [X.]. § 284 StGB, weil es sich bei ihrem Angebot um in [X.] unerlaubte Glücksspiele handele, für die sie über keine behördliche Genehmigung verfügten. Auf die Genehmigung durch ausländische Behörden komme es nicht an. 3 Mit ihrer im Juni 2005 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, 4 1. die [X.] zu verurteilen, es unter Androhung von [X.] zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] wie nachfolgend wiedergegeben in der [X.]esrepublik [X.] Sportwetten zu bewerben und/oder anzubieten:
- 4 - - 5 - 2. festzustellen, dass die [X.] als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziffer 1 be-schriebenen Handlungen seit dem 1. November 2004 in [X.] entstanden ist oder künftig noch entstehen wird; 3. die [X.] zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die [X.], die seit dem 1. November 2004 mit oder aufgrund von Handlungen nach Ziffer 1 in [X.] erzielt wurden. Die [X.] sind der Klage entgegengetreten. Sie haben geltend ge-macht, die Glücksspiele unter der [X.]adresse www.[X.] [X.] nicht von der [X.] zu 1, sondern von deren Tochtergesellschaft an-geboten, die über eine [X.] Konzession verfüge; daneben bedürfe es keiner Genehmigung einer [X.] Behörde. Das st[X.]tliche Glücksspielmo-nopol verstieße zudem gegen die höherrangige unionsrechtliche Dienstleis-tungsfreiheit. 5 Das [X.] hat die [X.] nach Maßgabe der Klageanträge mit einer zeitlichen Einschränkung der Folgeanträge verurteilt. Das Berufungsge-richt hat die Klage abgewiesen, soweit sie auf Auskunft und Feststellung der 6 - 6 -Schadensersatzpflicht gerichtet war. Die weitergehende Berufung hat es zu-rückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung die Klägerin beantragt, verfolgen die [X.] ihr auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter. 7 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsan-spruch bejaht. Dazu hat es ausgeführt: 8 Die Beklagte zu 1 hafte neben den Anbietern der Sportwetten als Störe-rin, weil sie ihre [X.]seite [X.] für die Bewerbung der [X.] zur Verfügung stelle. 9 Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 UWG [X.]. § 284 Abs. 1 und 4 StGB, § 1 [X.] NW. Da die im [X.] angebotenen Glücksspiele in [X.] ohne die nach § 1 Sport-wettenG NW erforderliche Erlaubnis veranstaltet würden, sei § 284 StGB an-wendbar. Eine in [X.] erteilte Genehmigung entfalte im Inland keine Wirkung. 10 11 Zwar habe das [X.] in dem st[X.]tlichen Wettmono-pol in [X.] einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht der [X.] gesehen. Diese Entscheidung sei auf die Rechtslage in [X.] übertragbar. In der vom [X.] eingeräumten Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 dürfe jedoch die Durchführung von Sportwetten durch private Unternehmen weiterhin untersagt werden, sofern ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleiden- - 7 -schaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Aus-übung des Monopols andererseits hergestellt werde. [X.] Gründe stünden einer Anwendung des objektiven Tat-bestands des § 284 StGB nicht entgegen. Dabei könne offenbleiben, ob ent-sprechende Bedenken ohnehin nur in einem Verfahren auf behördliche [X.] geltend gemacht werden könnten. Beschränkungen der Grundfrei-heiten aus Art. 43 und 49 [X.] (jetzt Art. 49 und 56 AEUV) könnten jedenfalls durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Dies sei der Fall, wenn die fraglichen Bestimmungen dem Ziel dienten, die sittlich und finanziell schädlichen Folgen der [X.] einzudämmen, und nicht vor-rangig darauf abzielten, dem St[X.]t Einnahmen zu sichern. 12 Es könne nicht festgestellt werden, dass die in [X.] gel-tenden Regelungen und ihre praktische Umsetzung während der Übergangszeit nicht den vom [X.] und vom [X.]esverfas-sungsgericht aufgestellten Anforderungen genügten. Hierfür sei es nicht erfor-derlich, die Eindämmung der Spielsucht gesetzlich zu verankern. Es sei Sache der [X.], Gründe dafür vorzutragen, dass § 284 StGB nicht zur Anwen-dung komme. Dies hätten die [X.] nicht getan. Es bestehe keine Vermu-tung dafür, dass die verfassungs- und unionsrechtswidrigen Zustände nach der Entscheidung des [X.]s fortbestanden hätten. [X.] habe vielmehr in erheblichem Umfang Maßnahmen zur Bekämpfung der Spielsucht ergriffen, wie sich unter anderem aus Feststellungen in einem Beschluss des [X.] ergebe. 13 Nicht maßgeblich sei, ob nicht nur im Bereich der Sportwetten, sondern im gesamten Glücksspielbereich die Spielsucht hinreichend bekämpft werde. Dieses Erfordernis könne nicht daraus abgeleitet werden, dass nach der Recht-sprechung des Gerichtshofs der [X.] die st[X.]tlichen Maßnah-14 - 8 -men "kohärent und systematisch" zur Begrenzung der [X.] beitragen müssten. Die geltend gemachten Schadensersatz- und Auskunftsansprüche stün-den der Klägerin hingegen weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht zu, da ein ersatzfähiger Schaden nicht ersichtlich sei. 15 I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist, und zur vollständigen Abweisung der Klage. Der Klägerin steht ge-gen die [X.] kein Anspruch auf Unterlassung des Anbietens und Bewer-bens von Sportwetten nach § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG [X.]. § 284 Abs. 1 und 4 StGB zu. 16 1. Die Frage, ob die Klägerin die begehrte Unterlassung beanspruchen kann, ist nach dem zum [X.]punkt der Entscheidung geltenden Recht zu beur-teilen ([X.], 329, 336 - Tele-Info-CD; 175, 238 Rn. 14 - [X.], mwN), also nach den Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der 2008 geänderten Fassung [X.]. § 284 StGB und den Vorschriften für das Angebot und die Durchführung von Sportwetten in der gegenwärtig gelten-den Fassung. Soweit der Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr ge-stützt ist, besteht er allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zur [X.] seiner Begehung wettbewerbswidrig war ([X.] Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 20. Januar 2005 - [X.], [X.], 442 = [X.], 474 - Direkt ab Werk; Urteil vom 28. Juni 2007 - [X.], [X.], 186 Rn. 17 = [X.], 220 - Telefonaktion). Nichts anderes gilt für den Fall der Erstbegehungsgefahr, wenn sie auf einem Verhalten unter der Geltung früheren Rechts beruht (vgl. [X.]Z 173, 188 Rn. 18 - Jugendgefährdende Medien bei [X.]). Im Streitfall ist insofern auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbe-werb in der bis 2008 geltenden Fassung sowie auf die für Sportwetten geltende 17 - 9 -Rechtslage im [X.]punkt der Vornahme der Verletzungshandlungen abzustel-len. Die für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG hat durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken keine Änderung erfahren. Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass diese Richtlinie, die die vollständige Harmonisierung der verbraucher-schützenden Vorschriften der Mitgliedst[X.]ten über unlautere Geschäftsprakti-ken bezweckt, keinen vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Denn sie lässt - vorbehaltlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht - nationale [X.] unberührt, die sich auf Glücksspiele beziehen (Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2005/29/[X.]; vgl. [X.] in [X.]/[X.], UWG, 28. Aufl., § 4 Rn. 11.6c). Hinsichtlich der die Durchführung von Sportwetten regelnden [X.] ist eine etwaige Änderung der Rechtslage durch das Sportwetten-Urteil des [X.]s vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01, [X.] 115, 276 = [X.], 688 = [X.], 562) und das Inkrafttreten des [X.] am 1. Januar 2008 zu beachten. 18 19 2. Im Streitfall kommt es auch auf die Rechtslage während der [X.] an. Die Klägerin wendet sich gegen eine nach dem 28. März 2006 fortgesetzte Dauerhandlung der [X.], so dass es sich nicht um einen [X.] Altfall handelt. Die Klägerin hat als konkrete Verletzungshandlung das Angebot von Sportwetten unter der [X.]adresse www.[X.] vorgetragen. Der entsprechende [X.]auftritt ist Gegenstand des Klageantrags. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin nur den [X.]auftritt zu einem bestimmten [X.]-punkt angreift. 20 - 10 -Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision nichts anderes für den [X.]raum der beanstandeten [X.] ([X.]auftritt), der für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr maßgeblich i[X.] Der Tatbestand des Berufungsurteils nimmt auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug. Dieser stellt für den [X.]punkt des Schlus-ses der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 1. Juni 2006 fest, dass unter der [X.]adresse www.[X.] Sportwetten in [X.] angeboten und beworben werden. Schon danach wurde das beanstandete [X.]angebot während der Übergangszeit fortgesetzt. Nimmt das Berufungs-gericht darauf uneingeschränkt Bezug, so liegt darin zudem die Feststellung, dass die Dauerhandlung des [X.]auftritts jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, hier dem 1. Juni 2007, fortgesetzt wurde. 21 22 [X.] bilden einen einheitlichen Klagegrund, so dass auch die fortgesetzten [X.] zum Streitgegenstand gehören (vgl. [X.], [X.], 1009, 1013). 23 3. Es kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht die Beklagte zu 1 zu Recht als Störer behandelt hat oder ob es aufgrund seiner Feststellungen viel-mehr eine Beteiligung als Mittäter oder Gehilfe hätte prüfen müssen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt das Sportwettenangebot auf der [X.]seite der [X.] schon keine unlautere [X.]handlung dar. Soweit die fraglichen Angebote in der [X.] vor dem 28. März 2006 erfolgten, verstießen die in [X.] geltenden Regelungen über die [X.], Durchführung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen gegen nationales Verfassungsrecht und gegen Unionsrecht (nachfolgend a). Aber auch Wettangebote in der Übergangszeit nach dem 28. März 2006 waren we-der nach § 284 StGB strafbar noch unlautere [X.]handlungen (nach-folgend b). - 11 -a) Die Beklagte zu 1 hat durch die beanstandete Verletzungshandlung in der [X.] vor dem 28. März 2006 keinen [X.]verstoß [X.]. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG [X.]. § 284 StGB begangen. 24 [X.]) Das [X.] hat mit seinem Sportwetten-Urteil vom 28. März 2006 ([X.] 115, 276) für die Rechtslage in [X.] entschie-den, dass das dort errichtete st[X.]tliche Wettmonopol in seiner damaligen ge-setzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung und die dadurch begründete Be-schränkung der Vermittlung von Sportwetten einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellten und deshalb mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu ver-einbaren sind. Zugleich lag darin eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 49 und 56 AEUV. Diese verfassungsrechtliche Beurteilung trifft, wie das [X.]es-verfassungsgericht im [X.] an sein Urteil vom 28. März 2006 entschieden hat, auf die Rechtslage in [X.] gleichermaßen zu (Kammerbe-schluss vom 2. August 2006 - 1 BvR 2677/04, [X.], 1646 Rn. 16; [X.] vom 29. August 2006 - 1 BvR 2772/04, [X.], 1930 Rn. 17). Danach ist die Ausgestaltung des st[X.]tlichen [X.]s in [X.] vor dem 28. März 2006 als mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar anzusehen, weil das [X.] Recht keine konsequente und [X.] Ausrichtung des zulässigen Sportwettenangebots am Ziel der Begrenzung der [X.] und Bekämpfung der Wettsucht materiell und strukturell gewährleistete ([X.], [X.], 1646 Rn. 17). 25 [X.]) Die Beklagte zu 1 hat daher mit ihrem Angebot von Sportwetten in der [X.] vor dem 28. März 2006 auch nicht unlauter [X.]. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG [X.]. § 284 StGB gehandelt (vgl. für die Rechtslage in [X.] [X.]Z 175, 238 Rn. 15 ff. - [X.]; für [X.] [X.], Urteil vom 2. Dezember 2009 - [X.] Rn. 14). Der Streitfall gibt keinen Anlass zu einer abweichen-den Beurteilung dieser sogenannten "Altfälle". Auf besondere Umstände, die 26 - 12 -das Angebot oder die Durchführung von Sportwetten seitens der [X.] zu 1 aus anderen Gründen als unlauter erscheinen ließen, wie Irreführung oder un-angemessene unsachliche Einflussnahme, hat sich die Klägerin nicht berufen. b) Auch soweit sich die Klägerin gegen den [X.]auftritt der [X.] während der Übergangszeit ab dem 28. März 2006 wendet, liegt kein Wettbe-werbsverstoß der [X.] zu 1 vor. 27 [X.]) Für die [X.] nach der Entscheidung vom 28. März 2006 hat das [X.] gemäß § 35 [X.]G bestimmt, die damals geltenden Regelungen des [X.] St[X.]tslotteriegesetzes dürften übergangsweise, längstens aber bis zum 31. Dezember 2007, angewandt werden, sofern der Freist[X.]t [X.] unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der [X.] und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des st[X.]tlichen Monopols anderer-seits herstelle. Das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von privat veranstalteten Wetten könnten weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden ([X.] 115, 276 Rn. 157 f.). Für die einschlägigen Regelungen des nord-rhein-westfälischen Landesrechts galten während der Übergangszeit dieselben Grundsätze (vgl. [X.], [X.] vom 7. Dezember 2006 - 2 BvR 2428/06, NJW 2007, 1521 Rn. 26). 28 [X.]) Es kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht im Streitfall verfah-rensfehlerhaft zu der Feststellung gelangt ist, die vom [X.] formulierten Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des [X.] während der Übergangszeit seien in [X.] erfüllt. [X.] kann das angegriffene Angebot von Glücksspielen durch die [X.] im [X.] während der Übergangszeit nicht als unlauter [X.]. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG 2004 [X.]. § 284 Abs. 1 und 4 StGB angesehen werden. 29 - 13 -Im Hinblick auf nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergan-gene Entscheidungen des Gerichtshofs der [X.] bestehen ge-wichtige Zweifel, ob die Erfüllung der Bedingungen der Weitergeltungsanord-nung des [X.]s durch die Klägerin in [X.] für die unionsrechtliche Beurteilung von Beschränkungen im Glücks-spielsektor erheblich i[X.] Der Gerichtshof hat entschieden, dass aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts ein nationales [X.] auch für eine Übergangszeit nicht weiter angewandt werden darf, wenn es nach den [X.] verbunden ist, die mit der Niederlassungsfreiheit und dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbar sind, weil sie nicht dazu beitragen, die [X.] in kohärenter und syste-matischer Weise zu begrenzen ([X.], Urteil vom 8. September 2010 - [X.], [X.] 2010, 720 Rn. 69 = [X.] 2010, 442 - Winner Wetten GmbH). Berechtigten Anlass, auf eine fehlende kohärente und systematische Begrenzung schließen zu können, hat das nationale Gericht bei einem st[X.]tli-chen Monopol für Sportwetten und Lotterien, das bezweckt, der Spielsucht und Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entgegenzuwirken, wenn 30 - andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern mit Erlaubnis betrieben werden dürfen und - in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Mono-pol fallen und zudem ein höheres Suchtpotential als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine Politik der Angebotserweiterung betreiben, um insbesondere die aus diesen [X.] fließenden Einnahmen zu maximieren ([X.], Urteil vom 8. September 2010 - [X.]/08, [X.] 2010, 719 Rn. 71 = [X.] 2010, 448 - [X.]). Für eine unionsrechtliche Inkohärenz spricht auch, dass [X.] des Monopolinhabers für andere von ihm angebotene Arten von [X.] - 14 -spielen nicht darauf begrenzt sind, Verbraucher zu seinem Angebot hinzulen-ken, sondern darauf abzielen, sie zwecks Einnahmenmaximierung zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren (vgl. [X.], Urteil vom 8. September 2010 - [X.]/07 u.a., [X.], 1338 Rn. 106 f. - [X.] u.a.). Das Berufungsgericht ist von einem abweichenden Verständnis der uni-onsrechtlichen Forderung nach einer "kohärenten und systematischen" Begren-zung der [X.] ausgegangen, indem es seine Prüfung auf das Rege-lungssystem für Sportwetten begrenzt und die Vorschriften für andere Glücks-spiele sowie ihre tatsächliche Handhabung von vornherein außer Betracht ge-lassen hat. Infolgedessen hat es keine Feststellungen getroffen, die dem Senat eine Beurteilung auf der Grundlage der inzwischen ergangenen Rechtspre-chung des Gerichtshofs der [X.] ermöglichen. 32 33 Diese Feststellungen waren auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Gesetzgeber in [X.] keine Gesetzgebungskompetenz für alle Glücksspielarten hat. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedst[X.]ts kann ihn nicht davon entbinden, seinen unionsrechtlichen [X.] nachzukommen. Vielmehr haben [X.] und Länder gemeinsam ihre Pflichten zu erfüllen (vgl. [X.], [X.] 2010, 719 Rn. 69 f. - [X.]). [X.]) Gleichwohl bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Das Anbieten von Sportwetten im [X.] durch die [X.] während der Übergangszeit kann schon nach nationalem Recht nicht als unlau-ter [X.]. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG 2004 [X.]. § 284 Abs. 1 und 4 StGB angesehen werden. 34 (1) Die Unlauterkeit eines [X.]verhaltens kann nur dann mit ei-nem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift begründet werden, wenn die 35 - 15 -Vorschrift für den Handelnden verbindlich ist (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 4 Rn. 11.24). Handelt es sich um eine Norm des Strafrechts, hängt ihre Verbindlichkeit unter anderem davon ab, ob sie dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG entspricht. Danach ist der [X.] verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschrei-ben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. [X.] 78, 374 ff.; 381; 75, 329 ff., 340; 25, 269 ff., [X.] Rspr.). (2) Für die Übergangszeit vom 28. März 2006 bis zum 31. Dezember 2007 genügt § 284 StGB diesen Anforderungen nicht (ebenso [X.], Urteil vom 11. Juli 2008 - 1 Ss 24/08; KG, ZfWG 2010, 94; vgl. auch [X.], Beschluss vom 30. September 2008 - 1 [X.]/07, juris). Zwar mag die Norm des § 284 StGB als solche das Bestimmtheitsgebot erfüllen. Während der Übergangszeit bestand aber aufgrund des [X.] des [X.]es-verfassungsgerichts eine besondere Situation. Die bisherige Rechtslage blieb auch aus ordnungsrechtlicher Sicht nur mit der Maßgabe anwendbar, dass un-verzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der [X.] und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tat-sächlichen Ausübung des st[X.]tlichen Monopols andererseits hergestellt wurde. 36 Danach durfte der St[X.]t während der Übergangszeit insbesondere das Angebot st[X.]tlicher [X.] nicht erweitern und keine Werbung betreiben, die über eine sachliche Information zur Art und Weise der [X.] hinausgehend gezielt zum Wetten auffordert; zudem war umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären (vgl. [X.] 115, 276 Rn. 157, 160). Die vom [X.] für einen ordnungsrechtli-chen Eingriff formulierten Anforderungen stellten zugleich schon wegen der er-heblich höheren Eingriffsintensität für den Betroffenen jedenfalls die [X.] auch für eine Strafbarkeit nach § 284 StGB dar. Damit würde 37 - 16 -aber die Strafbarkeit nach § 284 StGB von der tatsächlichen Umsetzung der Vorgaben des [X.]s durch die zuständigen [X.] abhängen. Das ist indes mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren. Danach darf der Gesetzgeber es nicht den Organen der vollziehenden Gewalt überlassen, die Voraussetzungen der Strafbarkeit zu bestimmen (vgl. [X.] 47, 109 ff., 120). Nicht in Rede steht hier ein Fall auch im Strafrecht [X.] Verwendung von wertausfüllungsbedürftigen Begriffen oder [X.], bei denen keine überspannten Anforderungen an die Bestimmtheit gestellt werden dürfen (vgl. Eser/[X.] in [X.]/[X.], Strafgesetzbuch, 28. Aufl., § 1 Rn. 16 ff.). (3) Zudem ist bei der Auslegung des Begriffs der Unlauterkeit auf die ver-fassungsrechtlichen Grundentscheidungen Rücksicht zu nehmen. Die Ausle-gung muss insbesondere die Tragweite der Grundrechte berücksichtigen und darf im Ergebnis nicht zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung grundrecht-licher Freiheiten führen (vgl. [X.], [X.] vom 1. August 2001 - 1 BvR 1188/92, [X.], 1058 = WRP 2001, 1160). Die wettbewerbs-rechtliche Unterlassungspflicht stellt zwar keinen vergleichbar schwerwiegen-den Eingriff in die Grundfreiheiten dar wie eine Kriminalstrafe. Die Lauterkeit des [X.] verlangt, dass ein Gewerbetreibender nicht ohne weiteres auf Kosten seiner Mitbewerber das Risiko rechtswidrigen Handelns eingeht (vgl. [X.], Urteil vom 11. Oktober 2001 - [X.], [X.], 269, 270 = [X.], 323 - Sportwetten-Genehmigung). Er muss sich über die Entwicklung der rechtlichen Grundlagen seiner Tätigkeit auf dem Laufenden halten. Vorausset-zung dafür ist aber, dass ihm dies mit zumutbarem Aufwand möglich ist (vgl. [X.], [X.] vom 13. Juli 1992 - 1 BvR 310/90 u. 1 BvR 238/92, [X.], 751 - Großmarkt-Werbung I; [X.] vom 4. Juni 1998 - 1 BvR 2652/95, [X.], 247, 249 - Metro). Gerichtliche [X.] sind damit an dem Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit zu mes-sen. 38 - 17 -Steht fest, dass die Ausgestaltung des st[X.]tlichen [X.] bis zu einem bestimmten [X.]punkt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Be-rufsausübungsfreiheit privater Wettanbieter bedeutete, kann von den [X.] Unternehmern nicht verlangt werden, dass sie in der Folgezeit schon aus Gründen der Vorsicht ihr Angebot einstellen. Daran ändert auch nichts, dass zu erwarten gewesen sein mag, die Länder würden bestrebt sein, den Vorgaben des [X.]s möglichst schnell Rechnung zu tragen. Denn auch eine solche Erwartung konnte nicht die Unsicherheit darüber beseitigen, ob und wann welches [X.]esland tatsächlich ausreichende Maßnahmen um-gesetzt hatte. Die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse konnten die [X.] nicht mit zumutbarem Aufwand verfolgen. Die [X.] bieten ihre Sportwetten über das [X.] bundesweit und darüber hinaus in vielen anderen St[X.]ten an. Sie hätten in allen 16 [X.]esländern beobachten müssen, ob und wann den Anforderungen des [X.]s jeweils Rechnung getragen wurde, um dann gegebenenfalls mit geeigneten Maßnahmen ihr [X.] räumlich einzugrenzen. Dies geht über die zumutbaren Sorgfaltsanforde-rungen hinaus, die an einen Unternehmer gestellt werden können. 39 40 (4) Unter diesen Umständen konnte der angegriffene [X.]auftritt auch während der Übergangszeit nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG [X.]. § 284 StGB verstoßen. Vergeblich wendet die Klägerin dagegen ein, nach dem Kammerbe-schluss des [X.]s vom 7. Dezember 2006 (NJW 2007, 1521) stehe mit Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 [X.]G) die Fortgeltung des § 284 StGB und des Lotteriest[X.]tsvertrags für [X.] fe[X.] Bei der Ent-scheidung vom 7. Dezember 2006 handelt es sich um einen Sportwetten betref-fenden Nichtannahmebeschluss, der keine Sachentscheidung i[X.] Er entfaltet keine materielle Rechtskraft und stellt keine Entscheidung [X.]. § 31 Abs. 1 [X.]G dar. Erst recht kommt diesem Beschluss keine Gesetzeskraft nach Absatz 2 dieser Vorschrift zu, die nur bestimmten der von Absatz 1 erfassten Entscheidungen innewohnt (vgl. [X.] in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/[X.]/ - 18 -[X.], [X.]sgesetz, Stand 2009, § 31 Rn. 49, 84). Zwar hat das [X.] in seinem Nichtannahmebeschluss vom 7. Dezember 2006 die Auffassung des [X.] unbe-anstandet gelassen, das Land [X.] habe bereits entsprechend den Vorgaben des [X.] ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der [X.] einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols andererseits hergestellt. Das konnte für sich allein aber weder zur Einhaltung des [X.] (Art. 103 Abs. 2 GG) durch § 284 StGB noch zur künftigen Zumutbarkeit verbotsgemäßen Verhaltens für die Beklagte zu 1 führen. [X.]) Die verfassungsrechtliche Beurteilung hängt nicht davon ab, ob sich die Beklagte zu 1 als Gesellschaft [X.]n Rechts auf das Grundrecht aus Art. 12 GG berufen kann. Denn die aus der Entscheidung des [X.]esverfas-sungsgerichts folgende Verfassungswidrigkeit des [X.]s ist der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung generell zu Grunde zu legen, unabhängig da-von, ob sich der Unterlassungsanspruch gegen eine [X.] oder eine aus-ländische Gesellschaft richtet ([X.]Z 175, 238 Rn. 23 - [X.]). 41 42 c) Da es schon an einem die Wiederholungsgefahr begründenden Wett-bewerbsverstoß fehlt, bedarf keiner Entscheidung, ob das Verhalten der [X.] nach heutiger Rechtslage verboten wäre. Mit dem Inkrafttreten des Glücksspielst[X.]tsvertrags am 1. Januar 2008 ist das st[X.]tliche Sportwettenmo-nopol auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt worden. Handlungen der [X.] nach diesem [X.]punkt konnte die Klägerin naturgemäß vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz am 1. Juni 2007 nicht vortra-gen. Aus der die Frage des Wegfalls der Wiederholungsgefahr nach einer Ge-setzesänderung betreffenden Entscheidung des II[X.] Zivilsenats des [X.]esge-richtshofs vom 3. Dezember 2009 ([X.], [X.], 173 Rn. 11 f.), die - 19 -sich der Rechtsprechung des erkennenden Senats ausdrücklich anschließt, kann die Klägerin in diesem Zusammenhang nichts für sich ableiten. II[X.] Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben, soweit zum Nachteil der [X.] erkannt worden i[X.] Die Klage ist in vollem Umfang abzuweisen. 43 Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. 44 [X.] Pokrant

Büscher

Schaffert [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 81 O 163/05 - O[X.], Entscheidung vom 14.09.2007 - 6 U 200/06 -

Meta

I ZR 170/07

22.07.2010

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2010, Az. I ZR 170/07 (REWIS RS 2010, 4506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4506

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I ZR 170/07

1 BvR 1054/01

6 U 200/06

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