Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.02.2020, Az. 1 ABR 38/18

1. Senat | REWIS RS 2020, 338

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Gegenstand

Durchführungsanspruch - Sozialplan


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 22. August 2018 - 18 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten über die Auslegung eines Sozialplans.

2

Anlässlich einer unternehmensweiten Umstrukturierung und der Schließung mehrerer Standorte schloss die Arbeitgeberin mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat am 17. Februar 2017 eine „Gesamtbetriebsvereinbarung zum Sozialplan“ ([X.]). Diese lautet auszugsweise:

        

[X.].    

        

Leistungen zum Ausgleich der Nachteile

        

…       

        

III. Leistungen bei Ausscheiden            

        

1. Abfindung

        

(1) Jeder anspruchsberechtigte Arbeitnehmer erhält eine Abfindungszahlung nach den nachfolgenden Vorschriften.

        

(2) Die Abfindungszahlung wird nach folgender Formel berechnet:

                 

[X.]etriebszugehörigkeit x [X.]ruttomonatsentgelt

                 

x Lebensalter / 41

        

(3) Die zu Grunde zu legende [X.]etriebszugehörigkeit ist der Zeitraum zwischen …

        

(4) Das zu Grunde zu legende [X.]ruttomonatsgehalt berechnet sich wie folgt:

                 

…       

        

(5) Das zu Grunde zu legende Lebensalter wird zum 31. März 2017 berechnet. …

                 
                 
        

(6) Die Abfindung beträgt mindestens [X.] 10.000,-- brutto, maximal [X.] 300.000,-- brutto. Voraussetzung für den Mindestbetrag ist das [X.]estehen von Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.

        

(7) Die Abfindung erhöht sich für jedes zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung/des Aufhebungsvertrags auf der [X.] eingetragene unterhaltsberechtigte Kind um [X.] 4.500,-- (Kinderzuschlag). Soweit auf der [X.] ein ‚halbes Kind‘ eingetragen ist, erfolgt die Abfindungserhöhung in voller Höhe, es sei denn, beide Elternteile befinden sich in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber und beide Elternteile sind abfindungsberechtigt. Im letztgenannten Falle erfolgt die Abfindungserhöhung anteilig. …

        

(8) Für schwerbehinderte Menschen im Sinne des SG[X.] IX und Gleichgestellten erhöht sich die Abfindung um [X.] 200,-- brutto je Grad der [X.]ehinderung ([X.]).

        

(9) Die insgesamt nach den vorstehenden Absätzen zu zahlende Abfindung beträgt maximal 100 % der Gesamt-[X.]ruttobezüge inkl. 100 % der variablen Vergütung, die dem Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt der [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum frühestmöglichen [X.]ezug ungeminderter gesetzlicher Altersrente zu zahlen gewesen wäre. … Die insgesamt nach den vorstehenden Absätzen zu zahlende Abfindung für befristet beschäftigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor Ablauf der [X.]efristung aufgrund arbeitgeberseitiger betriebsbedingter Kündigung endet, ist begrenzt auf die [X.]ruttovergütung, die zwischen dem Zeitpunkt der vorzeitigen [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Zeitpunkt des Endes der [X.]efristung ansonsten zu zahlen gewesen wäre.

        

(10) Der Abfindungsanspruch wird … mit der rechtlichen [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Der Abfindungsanspruch entsteht bei dem jeweiligen Arbeitnehmer jedoch bereits mit Zugang der Kündigung … Der Abfindungsanspruch ist bereits vor Fälligkeit vererblich.

        

(11) Der Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, gegen den Abfindungsanspruch aufzurechnen oder diesbezüglich ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen.

        

…       

                 
                 
        

7. Vorzeitige [X.]eendigung

        

(1) Der Arbeitnehmer erhält die Möglichkeit, sein Arbeitsverhältnis durch einseitige Erklärung unter Einhaltung einer zweiwöchigen Ankündigungsfrist zum Monatsende vorzeitig zu beenden.

        

(2) [X.]ei einer vorzeitigen [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses werden dem Arbeitnehmer 75 Prozent der noch ausstehenden Zahlungen bis zum Ablauf der jeweiligen individuellen Kündigungsfrist … als zusätzliche Abfindung ausgezahlt. Für diese Abfindungserhöhung gelten die [X.]egrenzungen nach Ziff. 2 Abs. 6 und Abs. 10 nicht.

        

…“    

3

Die Arbeitgeberin hat in den Höchstbetrag nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 6 [X.] auch den Kinder- oder [X.] nach Abs. 7 und Abs. 8 der Norm einbezogen und die Abfindungen entsprechend berechnet. Dagegen erhoben mehrere Arbeitnehmer Klage, mit der sie die Zahlung einer den [X.]etrag von 300.000,00 Euro brutto übersteigenden Abfindung verlangen. Die Klageverfahren sind bei den Gerichten für Arbeitssachen anhängig und - im Hinblick auf das vorliegende Verfahren - überwiegend ausgesetzt.

4

Der Gesamtbetriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe die [X.] so durchzuführen, dass bei der [X.]erechnung der Abfindungen der Kinder- und der [X.] im Rahmen der in Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 6 [X.] festgelegten Höchstgrenze unberücksichtigt bleibe. Die [X.]egrenzung auf 300.000,00 Euro brutto gelte nur für den sich nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 2 bis Abs. 5 [X.] ergebenden [X.]etrag.

5

Der Gesamtbetriebsrat hat zuletzt sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Gesamtbetriebsvereinbarung zum Sozialplan vom 17. Februar 2017 in der Weise durchzuführen, dass sich die [X.]egrenzung der Abfindung auf 300.000,00 Euro brutto gemäß Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 6 G[X.]V [X.] ausschließlich auf den nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 2 bis Abs. 5 G[X.]V [X.] zu berechnenden [X.] bezieht.

6

Die Arbeitgeberin hat [X.] begehrt und geltend gemacht, die Abfindung nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 [X.] werde durch dessen Abs. 6 für jeden Arbeitnehmer auf maximal 300.000,00 Euro brutto begrenzt. Dies sei Grundlage der Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat gewesen. Ein höheres [X.]udget habe nicht zur Verfügung gestanden.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Gesamtbetriebsrats stattgegeben. Das [X.] hat die [X.]eschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag weiter.

8

[X.]. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Das [X.] hat ihre [X.]eschwerde gegen den antragstattgebenden [X.]eschluss des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die von der Arbeitgeberin erstmals in der Rechtsbeschwerde erhobene Rüge, es handele sich nicht um eine „Streitigkeit im [X.]eschlussverfahren“ greift schon deshalb nicht durch, weil der Senat nach § 93 Abs. 2 iVm. § 65 ArbGG die Verfahrensart nicht zu überprüfen hat. Ungeachtet dessen übersieht die Arbeitgeberin, dass der Gesamtbetriebsrat ein Urteilsverfahren mangels Parteifähigkeit gar nicht betreiben könnte. Nur im [X.]eschlussverfahren ist er nach § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG beteiligtenfähig.

II. Der zulässige Antrag des Gesamtbetriebsrats ist begründet. Ihm steht gegen die Arbeitgeberin ein Anspruch auf Durchführung der [X.] und damit auf [X.]erechnung der Abfindung nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 [X.] in der von ihm begehrten Art und Weise zu.

1. Der Antrag ist zulässig.

a) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor.

aa) Gegenstand des Antrags ist die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Der Gesamtbetriebsrat möchte klären lassen, wie die Arbeitgeberin die den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 [X.] zu zahlenden Abfindungen zu berechnen und damit die zwischen den [X.]eteiligten geschlossene [X.] durchzuführen hat. Diese Frage betrifft den Inhalt einer Verpflichtung der Arbeitgeberin aus einem zwischen den [X.]eteiligten bestehenden Rechtsverhältnis.

bb) Der Gesamtbetriebsrat verfügt über das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Interesse an der begehrten Feststellung.

(1) Die Arbeitgeberin bestreitet die vom Gesamtbetriebsrat für richtig gehaltene [X.]erechnungsweise der den Arbeitnehmern nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 [X.] zu gewährenden Abfindung. Ein Streit der [X.]etriebsparteien über die Frage, mit welchem Inhalt eine [X.]etriebsvereinbarung durchzuführen ist, kann im Rahmen eines Feststellungsantrags geklärt werden (vgl. [X.]AG 30. Oktober 2012 - 1 A[X.]R 61/11 - Rn. 18 mwN).

(2) Das [X.]egehren des Gesamtbetriebsrats ist nicht auf die Feststellung eines ausschließlich vergangenheitsbezogenen Rechtsverhältnisses gerichtet. Sollte die Arbeitgeberin bereits allen betroffenen Arbeitnehmern Abfindungen gezahlt haben, ist damit die Durchführung der [X.] nicht insgesamt abgeschlossen. [X.]ei Erfolg des Antrags wäre sie gehalten, ihre bisherigen Abrechnungen zu überprüfen und etwaige Nachzahlungen zu erbringen. Darüber hinaus sind derzeit mehrere Klagen abfindungsberechtigter Arbeitnehmer auf Zahlung eines Kinder- oder [X.]s neben der Höchstabfindung vor den Gerichten für Arbeitssachen anhängig.

b) Der Gesamtbetriebsrat ist [X.]. Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde liegt keine „unzulässige Prozessstandschaft“ vor. Der Gesamtbetriebsrat verfolgt offenkundig nicht Individualansprüche einzelner Arbeitnehmer, sondern begehrt die Feststellung, um einen eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Durchführungsanspruch nach § 77 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG geltend zu machen (vgl. auch [X.]AG 18. Mai 2010 - 1 A[X.]R 6/09 - Rn. 14, [X.]AGE 134, 249). Unerheblich ist, dass sich der Ausgang des Verfahrens nur zugunsten einer begrenzten Anzahl von Arbeitnehmern auswirkt. Auch kommt es nicht darauf an, dass sich die vom Gesamtbetriebsrat begehrte Art und Weise der Durchführung der [X.] auf den Inhalt normativ begründeter Ansprüche von Arbeitnehmern bezieht. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass [X.]etriebsvereinbarungen und Sozialpläne (vgl. § 112 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG) unmittelbare und zwingende Wirkung haben und damit typischerweise Ansprüche von Arbeitnehmern gegen ihren Arbeitgeber begründen.

2. Der Antrag ist begründet. Die Arbeitgeberin ist verpflichtet, die [X.] in der vom Gesamtbetriebsrat geltend gemachten Art und Weise durchzuführen.

a) Der Gesamtbetriebsrat ist als Partei der [X.] zur Durchsetzung des auf diese bezogenen Durchführungsanspruchs aktivlegitimiert (vgl. zur Aktivlegitimation der die [X.]etriebsvereinbarung schließenden Arbeitnehmervertretung [X.]AG 18. Mai 2010 - 1 A[X.]R 6/09 - Rn. 17, [X.]AGE 134, 249). Das [X.] hat nicht festgestellt, dass er die [X.] aufgrund einer [X.]eauftragung durch die örtlichen [X.]etriebsräte nach § 50 Abs. 2 [X.]etrVG geschlossen hat. Den Vortrag des Gesamtbetriebsrats, er sei selbst Partei der [X.], hat die Arbeitgeberin nicht in Abrede gestellt. Ob die Annahme des [X.]s, der Gesamtbetriebsrat sei für den Abschluss der [X.] nach § 50 Abs. 1 [X.]etrVG originär zuständig gewesen, zutreffend ist, kann dahinstehen. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, handelte es sich bei der [X.] um einen freiwillig zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat vereinbarten Sozialplan (§ 88 [X.]etrVG), dessen Durchführung der Gesamtbetriebsrat - als Partei desselben - verlangen kann.

b) Die Arbeitgeberin muss die den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 1 [X.] zu zahlende Abfindung so berechnen, dass sich die Höchstgrenze nach Abs. 6 der Norm ausschließlich auf den nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 2 bis Abs. 5 [X.] zu ermittelnden [X.]etrag der Abfindung - ohne [X.]erücksichtigung eines etwaigen Kinder- oder [X.]s (Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 7 und Abs. 8 [X.]) - bezieht. Wie die Auslegung der [X.] zeigt (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen [X.]AG 15. Mai 2018 - 1 [X.] - Rn. 15 mwN), hat die von der Arbeitgeberin angenommene [X.]egrenzung der Abfindung für alle Arbeitnehmer auf maximal 300.000,00 Euro brutto in der [X.] keinen hinreichenden Niederschlag gefunden. Ob sich durch dieses Verhandlungsergebnis das von der Arbeitgeberin ursprünglich zur Verfügung gestellte Sozialplanvolumen erhöht, ist unerheblich.

aa) [X.]ereits der Wortlaut von Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 [X.] liefert einen Anhaltspunkt dafür, dass die [X.]egrenzung auf 300.000,00 Euro brutto in Abs. 6 der [X.]estimmung lediglich auf den nach den Absätzen 2 bis 5 [X.] zu berechnenden [X.]etrag anzuwenden ist. Zwar lässt die Verwendung der beiden [X.]egriffe „Abfindungszahlung“ in Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] einerseits und „Abfindung“ in den Absätzen 6 bis 9 der Norm andererseits noch keinen Schluss darauf zu, worauf sich die Höchstgrenze in Abs. 6 bezieht. Jedoch spricht die Mindest- und Höchstbetragsregelung in Abs. 6 von der „Abfindung“, die sich nach den ausdrücklichen Formulierungen in Abs. 7 Satz 1 und Abs. 8 der Norm durch die dort geregelten Zuschläge „erhöht“. Auch in Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 7 Satz 2 [X.] wird die Gewährung eines - ggf. anteiligen - Kinderzuschlags als „[X.]“ bezeichnet. Damit unterscheiden die Regelungen schon sprachlich zwischen einer „Abfindung“ - für die die [X.] in Abs. 6 der Norm gelten sollen - und deren Erhöhung durch Zuschläge.

bb) Der [X.] spricht ebenfalls für ein solches Verständnis. Nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 9 Satz 1 und Satz 3 [X.] unterliegt die „insgesamt nach den vorstehenden Absätzen zu zahlende Abfindung“ einer sich nach individuellen Kriterien bemessenden - relativen - Höchstgrenze. Die Verwendung des [X.]egriffs „insgesamt“ verdeutlicht, dass sich die letztlich an die Arbeitnehmer zu zahlende Abfindung aus mehreren, gesondert zu berechnenden [X.]estandteilen zusammensetzen kann und dass erst auf den derart ermittelten Gesamtbetrag die individuelle (relative) Höchstgrenze nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 9 [X.] anzuwenden ist. Eine vergleichbare Formulierung enthält die Regelung über die absolute Höchstgrenze in Abs. 6 der Norm nicht.

cc) Auch der systematische Aufbau der einzelnen Absätze in Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 [X.] bestätigt diese Auslegung. Abs. 1 der Norm legt die Pflicht der Arbeitgeberin zur Zahlung einer Abfindung an abfindungsberechtigte Arbeitnehmer dem Grunde nach fest. Die Absätze 2 bis 9 geben deren Höhe und den hierfür maßgebenden [X.]erechnungsweg vor. Dabei bestimmen die Absätze 2 bis 5 zunächst die Höhe des gleichermaßen für alle Arbeitnehmer nach einer bestimmten Formel zu berechnenden [X.]s. Dieser [X.]etrag muss - so der nachfolgende Abs. 6 - eine bestimmte Mindesthöhe erreichen und darf eine Maximalhöhe nicht überschreiten. Die sich hieraus ergebende Summe ist in einem nächsten Schritt ggf. noch um die in den folgenden Absätzen 7 und 8 festgelegten Zuschläge zu erhöhen. Der sich danach ergebende [X.]etrag ist in Abs. 9 abschließend gedeckelt auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern bis zum frühestmöglichen [X.]ezug einer ungeminderten gesetzlichen Altersrente entstehen können. Die Absätze 10 und 11 enthalten im [X.] daran nur noch allgemeine Vorgaben zum Entstehen, zur Fälligkeit und Vererblichkeit des ermittelten Anspruchs sowie zur Zulässigkeit einer Aufrechnung und der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts. Hätten die [X.]etriebsparteien auch die absolute Höchstgrenze in Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 6 [X.] auf den „insgesamt zu zahlenden“ [X.] beziehen wollen, hätte es nahegelegen, diese Regelung zusammen mit der flexiblen Höchstgrenze in Abs. 9 der Norm aufzunehmen.

dd) Die Regelung in Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 7 Abs. 2 [X.] steht diesem Verständnis nicht entgegen. Danach ist den Arbeitnehmern bei vorzeitiger [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses eine „zusätzliche Abfindung“ zu gewähren. Die [X.]estimmung ordnet ausdrücklich an, dass für „diese [X.]“ die „[X.]egrenzungen nach Ziff. 2 Abs. 6 und Abs. 10“ nicht gelten. Damit nimmt die Norm inhaltlich auf die lediglich fehlerhaft - entsprechend einem früheren Entwurf des Sozialplans - bezeichneten [X.]egrenzungen in Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 6 und Abs. 9 [X.] [X.]ezug. Der Umstand, dass Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 7 und Abs. 8 [X.] für den Kinder- und den [X.] eine solche Vorgabe nicht enthalten, lässt nicht den (Umkehr-)Schluss darauf zu, für die durch diese Zuschläge bewirkte [X.] gelte die in Abs. 6 der Norm vorgesehene absolute Deckelung. [X.]ei der zusätzlichen Abfindung iSv. Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 7 Abs. 2 [X.] handelt es sich um einen [X.]etrag, der außerhalb des in Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 [X.] geregelten Systems zur [X.]erechnung der allen abfindungsberechtigten Arbeitnehmern zu gewährenden Entlassungsentschädigung steht. Die dort normierte Erhöhung hängt ausschließlich vom Willen des Arbeitnehmers ab, von seinem Recht auf vorzeitige [X.]eendigung des erst später endenden Arbeitsverhältnisses nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 7 Abs. 1 [X.] Gebrauch zu machen. Aus diesem Grund bedurfte es dort - anders als bei den Zuschlägen nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 7 und Abs. 8 [X.] - einer ausdrücklichen Klarstellung, dass auf diesen [X.]etrag die in der [X.] enthaltenen Obergrenzen keine Anwendung finden.

ee) Sinn und Zweck der in Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 7 und Abs. 8 [X.] vorgesehenen Zuschläge sprechen ebenfalls gegen die Annahme, diese seien bei der für alle Arbeitnehmer gleichermaßen geltenden absoluten Höchstgrenze zu berücksichtigen. Die Zuschläge sollen erkennbar die besonderen Nachteile ausgleichen, die zum Unterhalt von Kindern verpflichtete oder schwerbehinderte Arbeitnehmer durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes erleiden. Dieses Ziel würde nur unvollständig oder überhaupt nicht erreicht, wenn die Zuschläge bei der absoluten Höchstgrenze in Ansatz zu bringen wären und damit ggf. infolge der Deckelung nicht zur Auszahlung gelangen könnten. Die den Zuschlägen zugrunde liegende Absicht, insoweit die individuelle Situation der Arbeitnehmer bei der Gewährung eines Nachteilsausgleichs noch einmal zusätzlich in den [X.]lick zu nehmen, wäre bei höheren [X.] nicht realisierbar. Soweit mit der in Abs. 6 der Norm vorgesehenen Deckelung eine Kostenbegrenzung beabsichtigt ist, läuft deren Zweck auch bei dem vorliegenden Verständnis nicht leer. Denn die absolute Höchstgrenze erfasst zumindest die nach Abschn. [X.] Ziff. III Nr. 1 Abs. 2 bis Abs. 5 [X.] für alle Arbeitnehmer gleichermaßen zu berechnenden Abfindungsbeträge.

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    [X.]    

        

    [X.]    

                 

Meta

1 ABR 38/18

25.02.2020

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 2. Februar 2018, Az: 14 BV 1/17, Beschluss

§ 77 Abs 1 S 1 BetrVG, § 112 Abs 1 S 3 BetrVG, § 256 Abs 1 ZPO, § 65 ArbGG, § 93 Abs 2 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.02.2020, Az. 1 ABR 38/18 (REWIS RS 2020, 338)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 338

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