Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2008, Az. V ZB 151/07

V. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2759

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.] 151/07 vom 17. Juli 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 519 Abs. 2 Nr. 2 Der für eine wirksame Berufungseinlegung notwendige Wille, das erstinstanzliche Urteil einer Nachprüfung durch das höhere Gericht zu unterstellen, kommt auch dann zweifelsfrei zum Ausdruck, wenn die beschwerte [X.], statt unmittelbar Berufung einzulegen, versehentlich deren Zulassung beantragt. [X.], [X.]. v. 17. Juli 2008 - [X.] 151/07 - OLG [X.] [X.]

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 17. Juli 2008 durch den [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der [X.]uss des 4. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 27. November 2007 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht [X.]. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 20.000 •. Gründe: [X.] Die Beklagte wurde durch ein ihr am 16. August 2007 zugestelltes Urteil des [X.] verurteilt, eine Baulast zugunsten des Klägers zu übernehmen. Hiergegen ging sie mit einem am 17. September 2007 (Montag) bei dem Oberlan-desgericht eingegangenen —Antrag auf Zulassung der [X.] vor. Mit [X.] vom 15. Oktober 2007 begründete die Beklagte —die–eingelegte [X.]. 1

- 3 -Das [X.] hat die Berufung als unzulässig verworfen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, möchte die [X.] die Aufhebung des [X.] erreichen. 2 I[X.] Das Berufungsgericht meint, innerhalb der am 17. September 2007 abge-laufenen Berufungsfrist sei keine Berufungsschrift eingegangen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung sei unzulässig, weil eine Zulassungsberufung nur unter den - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO möglich sei. Er könne auch nicht in eine Berufung im Sinne des § 519 ZPO umgedeutet wer-den. Eine Berufungsschrift müsse zweifelsfrei die Absicht erkennen lassen, das erstinstanzliche Urteil einer Nachprüfung durch die höhere Instanz zu unterstellen. Daran fehle es. Der Antrag auf Zulassung eines Rechtsmittels sei kein Rechtsmit-tel im engeren Sinne. Bei dem nächsthöheren Gericht falle nur die verfahrens-rechtliche Vorfrage an, ob der Rechtsmittelzug eröffnet sei. Zudem habe der [X.] auf Zulassung eines Rechtsmittels andere Voraussetzungen und andere Ziele als das Rechtsmittel selbst. 3 II[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 4 1. Die bereits von Gesetzes wegen statthafte Rechtsbeschwerde (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist zulässig. 5 a) Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass das Berufungsgericht die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und wegen grundsätzlicher [X.] zugelassen hat. Die Zulassung einer [X.] Gesetzes statthaften 6

- 4 -Rechtsbeschwerde durch das Berufungs- oder Beschwerdegericht entbehrt einer gesetzlichen Grundlage und löst daher keine Bindungswirkung im Sinne des § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO aus (Senat, [X.]. v. 20. Februar 2003, [X.] 59/02, NJW-RR 2003, 784, 785; [X.], [X.]. v. 7. April 2004, [X.], [X.], 1074). b) Die Rechtsbeschwerde ist jedoch zulässig, weil die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] er-fordert (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der angefochtene [X.]uss verletzt die [X.] in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip), weil das [X.] den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingerichteten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise er-schwert hat (vgl. [X.] 69, 381, 385; [X.] NJW 1991, 3140). 7 2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Beklagte hat durch den Schriftsatz vom 17. September 2007 wirksam Berufung gegen das sie beschwe-rende Urteil des [X.] eingelegt. 8 Das Berufungsgericht geht im Ausgangspunkt zwar zutreffend davon aus, dass eine Berufungsschrift zweifelsfrei die Absicht erkennen lassen muss, das erstinstanzliche Urteil einer Überprüfung durch die höhere Instanz zu unterstellen ([X.], [X.]. 19. November 1997, [X.] 157/97, NJW-RR 1998, 507; [X.]. v. 25. November 1986, [X.], NJW 1987, 1204). Es nimmt aber zu Unrecht an, dass das hier nicht der Fall ist. Die Beklagte befand sich zwar in einem Irrtum darüber, dass die Berufung keiner Zulassung durch das Berufungsgericht bedurf-te, sondern ohne weiteres eröffnet war. Dieser Irrtum änderte aber nichts an ihrer erkennbaren Absicht, das erstinstanzliche Urteil von dem [X.] nachprüfen und ändern zu lassen. 9

- 5 -Auf die von dem Berufungsgericht hervorgehobenen Unterschiede zwi-schen einem Rechtsmittel und dem Antrag, mit dem die Zulassung eines Rechts-mittels erst erreicht werden soll, kommt es nicht an. Es kann nämlich für den [X.] unterstellt werden, dass eine [X.], die die Zulassung eines Rechtsmittels erstrebt, auch beabsichtigt, es durchzuführen. Eine andere Beurteilung kommt nur ausnahmsweise und nur dann in Betracht, wenn die [X.] erkennen lässt, dass sie zunächst nur die (vermeintlich notwendige) Zulassung des Rechtsmittels er-strebt und sich die Entscheidung, das Rechtsmittel im Fall seiner Zulassung durchzuführen, noch vorbehält. Solche Umstände sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hat durch die Bezeichnung der [X.]en als —Berufungsklägerinfi und —Be-rufungsbeklagterfi - im Gegenteil - zu erkennen gegeben, dass sie entschlossen ist, die Berufung durchzuführen. 10 Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels ist unschädlich. Da eine wirk-same Berufungsschrift nicht von dem Gebrauch des Wortes —[X.] abhängt, ([X.], [X.]. v. 25. November 1986, [X.], NJW 1987, 1204), hindert um-gekehrt auch eine unzutreffende Bezeichnung nicht die Annahme, eine Berufung sei wirksam eingelegten worden (vgl. [X.], ZPO, 21. Aufl., § 518 Rdn. 16; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 519 Rdn. 11). 11 Die von dem Berufungsgericht angeführte Rechtsprechung des Bundes-verwaltungsgerichts und des [X.] zur Unzulässigkeit der Umdeu-tung einer Berufung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung bzw. eine Nicht-zulassungsbeschwerde (BVerwG NVwZ 1999, 641; BSG NVwZ 1997, 832) sowie einer Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde und umgekehrt (BVerwG NVwZ 1998, 1297 und aaO.) ist nicht einschlägig. Abgesehen davon, dass sie Verfahrensordnungen betrifft, die Rechtsmittelbelehrungen vorsehen, stellt sich die Frage der Umdeutung einer Berufungsschrift nicht, wenn der Wille, das Urteil durch das Berufungsgericht inhaltlich überprüfen zu lassen - wie hier - zweifelsfrei 12

- 6 -zum Ausdruck gekommen, die Berufungsschrift also wirksam ist (so zutreffend [X.], aaO, [X.]). [X.][X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 10.08.2007 - 11 O 443/06 - OLG [X.], Entscheidung vom 27.11.2007 - 4 U 164/07 -

Meta

V ZB 151/07

17.07.2008

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2008, Az. V ZB 151/07 (REWIS RS 2008, 2759)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2759

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