Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2014, Az. VIII ZR 135/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8492

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
VIII [X.]/13

vom

22. Januar 2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 22.
Januar 2014 durch den Vorsitzenden [X.],
[X.]
Frellesen, die Richterin Dr.
Hessel sowie [X.]
[X.] und Dr.
Schneider

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt,
die zugelassene Revision
durch einstim-migen Beschluss nach §
552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
552a Satz
1, §
543 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1, Nr.
2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung erforderlich.
Der Senat hat zur Reichweite der dem Mangelbeseitigungsanspruch des Mieters (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) entgegenstehenden Einrede aus § 275 Abs.
2 BGB bereits entschieden, dass die Verpflichtung des Vermieters zur Be-seitigung eines Mangels dort endet, wo der dazu erforderliche Aufwand die "[X.]"
überschreitet. Unter welchen Umständen diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, muss unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteres-sen wertend ermittelt werden. Besteht etwa ein krasses Missverhältnis zwi-schen dem Mangelbeseitigungsaufwand einerseits und dem Nutzen der [X.] für den Mieter andererseits,
ist das Überschreiten der [X.] indiziert. Im Extremfall kann dieses
Indiz so stark sein, dass es 1
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schwer vorstellbar erscheint, welche weiteren Umstände zu einer anderen Ab-wägung sollten führen können (vgl. Senatsurteile
vom 21. April 2010
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VIII ZR 131/09, NJW 2010, 2050 Rn.
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ff.; vom 20. Juli
2005 -
VIII ZR 342/03, NJW 2005, 3284 unter II 2).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Einzel-fall ist Sache des Tatrichters.
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
a) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ließ die Kläge-rin/Vermieterin in den Jahren 2010/2011 auf dem [X.] in [X.] ein mehrstöckiges Wohnhaus errichten, das mit einer Au-ßenwand
unmittelbar an die Giebelseite des Anwesens [X.]alvinstraße
21 an-grenzt, in der sich die Fenster von Küche und Bad der an die Beklagte vermie-teten Wohnung befinden.
b) Den auf Herstellung eines Mindestabstands von drei Metern zwischen den beiden Gebäuden gerichteten Widerklageantrag der Beklagten -
der allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist -
hat das Berufungsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin dem [X.] der Beklagten mit Erfolg den Einwand aus § 275 Abs. 2 BGB entgegen-setzen könne. Zwar sei zugunsten der Beklagten eine vorsätzlich mietvertrags-widrige Errichtung
des Neubaus zu unterstellen. Der Erfolg der erstrebten [X.] stehe jedoch in keinem Verhältnis zum Aufwand der Mangelbe-seitigung, der sich wegen des dafür erforderlich werdenden Teilabrisses des neu errichteten Gebäudes zumindest auf einen namhaften sechsstelligen Be-trag belaufe. Zwischen dem Mangelbeseitigungsaufwand und dem [X.] bestehe daher ein krasses Missverhältnis, zumal von den [X.] nicht zentrale Wohnräume, sondern allein Funktionsräume betroffen seien. In die wertende Gesamtbetrachtung sei einzubeziehen, dass 3
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die Beklagte den Baufortschritt hingenommen habe, ohne die Klägerin auf Un-terlassung in Anspruch zu nehmen.

c) Diese Wertung des Berufungsgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Revision führt es nicht zum Verlust der [X.] aus §
275 Abs.
2 BGB, dass die Klägerin den zum Mangel der Mietsache führenden Umstand
(Errichtung des Neubaus direkt an der Grundstücksgrenze) vorsätzlich herbeigeführt hat.
Nach dem Gesetz ist bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumu-tenden Anstrengungen auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das [X.] zu vertreten hat (§ 275 Abs. 2 Satz 2
BGB). Die Vorschrift des §
275 Abs. 2 BGB schließt es mithin nicht aus, dass es Umstände geben kann, unter denen sich auch ein Schuldner, der das Leistungshindernis vorsätzlich herbeigeführt
hat, mit Erfolg auf die Einrede berufen kann.
Auch der von der Revision zitierten Rechtsprechung des V. Zivilsenats des [X.] lässt sich nicht entnehmen, dass einem vorsätzlich handelnden Schuldner die Berufung auf die Einrede in jedem Fall verwehrt [X.]. Der V. Zivilsenat hat lediglich ausgeführt, dass die nach § 275 Abs. 2 BGB gebotene Abwägung bei einem Anspruch auf Beseitigung eines grob fahrlässig (und erst recht eines vorsätzlich) errichteten Überbaus in der Regel dazu führen wird, dass die Einrede zu versagen ist ([X.], Urteil vom 18. Juli 2008 -
V [X.], [X.], 3123
Rn. 23).
Es obliegt mithin auch bei einem vorsätzlich herbeigeführten
Leistungs-hindernis der wertenden Gesamtbetrachtung des Tatrichters, ob er angesichts der von ihm zu berücksichtigenden Gesamtumstände des Einzelfalls die Einre-6
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de für begründet erachtet. Rechtsfehler der tatrichterlichen Würdigung werden im Streitfall von der Revision nicht aufgezeigt. Insbesondere legt die Revision nicht dar, dass das Berufungsgericht weitere für eine Gesamtbewertung maß-gebliche Umstände bei seiner Beurteilung außer Acht gelassen hätte.
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
[X.]
Dr. Frellesen
Dr. Hessel

Dr. [X.]
Dr. Schneider
Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.

Vorinstanzen:
AG [X.]-Tiergarten, Entscheidung vom 17.07.2012 -
606 [X.] 598/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.05.2013 -
63 [X.] -

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Meta

VIII ZR 135/13

22.01.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2014, Az. VIII ZR 135/13 (REWIS RS 2014, 8492)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8492

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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