Bundessozialgericht, Urteil vom 26.02.2019, Az. B 12 KR 12/18 R

12. Senat | REWIS RS 2019, 9938

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Kranken- und Pflegeversicherung - Versorgungsbezug - Beitragspflicht bzw -freiheit - Direktversicherung - Auszahlung an ein im Todesfall bezugsberechtigtes Kind - Vollendung des 27. Lebensjahres


Leitsatz

Einnahmen aus einer vom früheren Arbeitgeber begründeten betrieblichen Altersversorgung in Form der Direktversicherung sind in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung jedenfalls dann keine beitragspflichtige Hinterbliebenenversorgung, wenn die Leistung nach dem Tod des Arbeitnehmers an ein im Todesfall bezugsberechtigtes Kind ausgezahlt wird, das im Zeitpunkt des Versicherungsfalls bereits das 27. Lebensjahr vollendet hatte.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des [X.] vom 15. März 2018 und des [X.] vom 27. April 2016 sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. Juni 2013 und 20. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2014 aufgehoben.

Von den notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen [X.] trägt die Beklagte zu 1. 9/10 und die Beklagte zu 2. 1/10.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) und [X.] Pflegeversicherung ([X.]).

2

Die 1978 geborene Klägerin war bis zum 30.4.2014 bei der beklagten Kranken- und Pflegekasse pflichtversichert. Nach dem Tod ihres [X.] erhielt sie im Alter von 34 Jahren am 16.4.2013 von der [X.] [X.] eine Kapitalleistung in Höhe von insgesamt 133 328,10 Euro ausbezahlt, davon entfielen 82 548,64 Euro auf betriebliche Altersvorsorge. Der Auszahlung lag ein Lebensversicherungsvertrag zugrunde, den der ehemalige Arbeitgeber des [X.] der Klägerin als Versicherungsnehmer zum 1.7.1989 zugunsten des [X.] der Klägerin als versicherte Person als Direktversicherung abgeschlossen hatte. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand zum [X.] führte der Vater der Klägerin den Vertrag privat fort. Das Bezugsrecht im Todesfall lautete auf die Klägerin. Sie war auch Alleinerbin.

3

Die Beklagte zu 1. zog auch im Namen der Beklagten zu 2. die Kapitalleistung für einen Zeitraum von zehn Jahren zur Beitragspflicht in der [X.] und [X.] ab [X.] heran (Bescheid vom 13.6.2013). Die - ua auch gegen einen später ergangenen Bescheid der Beklagten zu 1. vom 20.12.2013 - gerichteten Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte zu 1. - auch im Namen der Beklagten zu 2. - zurück (Widerspruchsbescheid vom 24.6.2014).

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.4.2016). Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Die streitigen Einnahmen seien Versorgungsbezüge, weil die Klägerin sie als Hinterbliebene erhalten habe. Hierfür sei nicht Voraussetzung, dass ihr gleichzeitig ein Anspruch auf Waisenrente nach § 48 [X.] zugestanden habe. Auch das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs zu Lebzeiten des [X.] sei nicht Voraussetzung. Mit einer Erbin könne die Klägerin nicht gleichgestellt werden.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 226 Abs 1 S 1 [X.], § 229 Abs 1 SGB V. Bei Abschluss des [X.] habe eine spätere Beitragspflicht bei Auszahlung nicht bestanden. Die Vorschriften würden eine (unechte) Rückwirkung entfalten und seien daher aus verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls eng auszulegen. Nur soweit eine betriebliche Altersvorsorge den Charakter der Ersetzung oder Ergänzung einer gesetzlichen beitragspflichtigen Versorgungsrente habe, sei eine Vergleichbarkeit gegeben. Bei Zufluss der Kapitalleistung habe bei ihr kein Versorgungsbedarf bestanden, weil sie volljährig und erwerbstätig gewesen sei. Demzufolge habe für ihren Vater auch keine Unterhaltspflicht bestanden. Die Situation volljähriger erwerbstätiger Kinder unterscheide sich von der [X.] Ehepartner. Es dürfe zudem keinen Unterschied machen, ob ihr die Kapitalleistung aufgrund einer (fakultativen) Einräumung eines Bezugsrechts zugeflossen oder ihr als Alleinerbin zugefallen sei.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des [X.] vom 15. März 2018 und des [X.] vom 27. April 2016 sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. Juni 2013 und 20. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2014 aufzuheben.

7

Unter Verteidigung der angefochtenen Urteile beantragen die Beklagten zu 1. und 2.,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das [X.] hat zu Unrecht ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zurückgewiesen. Ihre Anfechtungsklage ist begründet, weil die angefochtenen Bescheide der beklagten Kranken- und Pflegekasse rechtswidrig sind und sie in ihren Rechten verletzen. Die der Klägerin am 16.4.2013 ausgezahlte Kapitalleistung ist keine zur Hinterbliebenenversorgung erzielte, der Rente vergleichbare beitragspflichtige Einnahme. Einnahmen aus einer vom früheren Arbeitnehmer begründeten betrieblichen Altersversorgung in Form der Direktversicherung sind jedenfalls dann keine beitragspflichtigen der gesetzlichen Rente vergleichbaren Versorgungsbezüge, wenn die Leistung nach dem Tod des Arbeitnehmers an ein im Todesfall bezugsberechtigtes Kind ausgezahlt wird, das im Zeitpunkt des Versicherungsfalls bereits das 27. Lebensjahr vollendet hatte.

9

1. Die Beklagte stützt ihre Beitragsforderung in den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht auf die § 223 Abs 2 [X.], § 226 Abs 1 [X.] [X.], § 229 Abs 1 [X.] [X.] [X.]B V. Nach diesen Vorschriften werden bei versicherungspflichtig Beschäftigten ua der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Bemessung der Beiträge zugrunde gelegt (§ 226 Abs 1 [X.] [X.] [X.]B V). Als derartige Versorgungsbezüge gelten auch Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie - wie § 229 Abs 1 [X.] [X.]B V formuliert - wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden (§ 229 Abs 1 [X.] [X.] 5 [X.]B V). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach § 229 Abs 1 S 3 [X.]B V in der ab dem 1.1.2004 anzuwendenden Fassung durch Art 1 [X.] des [X.] der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.] <[X.]>) vom 14.11.2003 ([X.] 2190, vgl Art 37 Abs 1 [X.]) ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für [X.] Monate.

Die Beitragspflichtigkeit von Versorgungsbezügen - einschließlich der Bezüge aus betrieblicher Altersversorgung - begegnet im Grundsatz keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl ua B[X.] Urteil vom 23.7.2014 - B 12 KR 28/12 R - B[X.]E 116, 241 = [X.]-2500 § 229 [X.], Rd[X.] ff mwN; [X.] Beschluss vom 6.12.1988 - 2 BvL 18/84 - [X.]E 79, 223 = [X.] 2200 § 180 [X.] ). Der [X.] hat entschieden, dass dies für eine ab dem [X.] fällig werdende, nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung aus einer im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung (iS des § 1b Abs 2 [X.] [X.]) auch dann gilt, wenn der Lebensversicherungsvertrag bereits vor 2004 abgeschlossen wurde (B[X.] Urteil vom 13.9.2006 - B 12 KR 5/06 R - [X.]-2500 § 229 [X.] Rd[X.] 14 ff; zur Verfassungsmäßigkeit vgl [X.] Nichtannahmebeschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - [X.]-2500 § 229 [X.] Rd[X.] 9 ff).

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der oben genannten Rechtsgrundlagen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Zwar handelt es sich bei der der Klägerin zugeflossenen Kapitalleistung dem Grunde nach um eine beitragspflichtige Direktversicherung, soweit sie auf erbrachten Leistungen beruht, in denen der Arbeitgeber Versicherungsnehmer war (dazu a). Die Kapitalleistung wurde jedoch von der Klägerin nicht wie von § 229 Abs 1 [X.] [X.]B V vorausgesetzt "zur Hinterbliebenenversorgung" erzielt (dazu b).

a) Leistungen aus betrieblichen Direktversicherungen iS von § 1b Abs 2 [X.] sind grundsätzlich Versorgungsbezüge nach § 229 Abs 1 [X.] [X.] 5 [X.]B V und damit der Beitragspflicht unterworfen. Die hier zu beurteilende Lebensversicherung ist eine solche Direktversicherung, denn sie wurde nach den nicht angegriffenen und damit den [X.] bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) vom Arbeitgeber des [X.] der Klägerin für diesen abgeschlossen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.]s und des [X.] hat die Beklagte zu 1. dabei den Teil der Kapitalleistung bei der Beitragserhebung unberücksichtigt gelassen, der auf Prämienzahlungen beruht, die der Vater der Klägerin geleistet hat, nachdem er anstelle seines Arbeitgebers mit seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben in die Stellung des Versicherungsnehmers eingerückt war.

b) Dass der Direktversicherungsvertrag (abstrakt) eine Hinterbliebenenversorgung vorsah und die Klägerin auch über ein eigenes Bezugsrecht im Todesfall verfügte, rechtfertigt noch nicht die Annahme eines auf die Hinterbliebenenversorgung gerichteten [X.]s als Voraussetzung der Beitragspflichtigkeit. Denn nach dem Wortlaut von § 229 Abs 1 [X.] [X.]B V muss die Leistung vom (potentiell) Beitragspflichtigen "zur Hinterbliebenenversorgung erzielt" worden sein. Nur unter dieser Voraussetzung definiert die Vorschrift andere Einnahmen als der Rente vergleichbare Einnahmen und damit als Versorgungsbezüge (dazu [X.]). Vor diesem Hintergrund sind Einnahmen aus einer vom früheren Arbeitnehmer begründeten betrieblichen Altersversorgung in Form der Direktversicherung jedenfalls dann keine beitragspflichtigen der gesetzlichen Rente vergleichbaren Hinterbliebenenversorgungsbezüge, wenn die Leistung nach dem Tod des Arbeitnehmers an ein im Todesfall bezugsberechtigtes Kind ausgezahlt wird, das im Zeitpunkt des Versicherungsfalls bereits das 27. Lebensjahr vollendet hatte (dazu [X.]). Anders als in Fällen einer Leistung an hinterbliebene Ehepartner (dazu [X.]) fehlt es in diesen Fällen am erforderlichen [X.].

[X.]) Das Erfordernis eines [X.]s ergibt sich aus dem Wortlaut der Regelung, wonach die Leistung ua "zur Hinterbliebenenversorgung erzielt" worden sein muss. Zweck von § 229 Abs 1 [X.] [X.] 5 [X.]B V ist es, Bezieher gesetzlicher und betrieblicher Renten gleichzustellen (vgl Gesetzentwurf über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982 - BT-Drucks 9/458 S 29, 34 f zu Art 2 [X.] 2 § 180 Abs 8).

[X.]) Ein [X.] liegt bei Leistungen an ein Kind der versicherten Person jedenfalls dann nicht vor, wenn die Leistung zu einem Zeitpunkt zufließt, in dem typischerweise kein Anspruch auf eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 48 [X.]B VI mehr in Betracht kommt. Ansonsten wäre es mit der oben genannten Zielsetzung der Beitragspflichtigkeit von Versorgungsbezügen im Sinn einer Gleichbehandlung von Beziehern gesetzlicher und betrieblicher Renten nicht vereinbar, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an Waisen der Beitragspflicht zu unterwerfen, die diesen zu einem Zeitpunkt zufließen, zu dem ein Anspruch auf Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von vornherein ausscheidet. Die Grenze ist bei typisierender Betrachtung mit Vollendung des 27. Lebensjahres zu ziehen, so dass dem Vater der im Zeitpunkt der Auszahlung 34-jährigen Klägerin kein Versorgungsinteresse iS einer Unterhaltsersatzfunktion mehr unterstellt werden kann.

Kinder haben nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres (nur dann) einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern, wenn sie bedürftig und ihre Eltern leistungsfähig sind (§ 1602 Abs 1, § 1603 Abs 1 BGB). Die Eltern sind verpflichtet, angemessenen Unterhalt zu gewähren (§ 1610 BGB). Der Unterhalt umfasst dabei den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung. Der Unterhaltsanspruch auch eines volljährigen Kindes ist grundsätzlich nicht befristet, regelmäßig aber nur auf Ausbildungsunterhalt gerichtet, da anderenfalls nach § 1603 Abs 1 BGB eine Erwerbsobliegenheit besteht. Der den Unterhalt ersetzende Anspruch auf Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist entsprechend in § 48 Abs 4 [X.] [X.] 1 [X.]B VI grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres begrenzt. Ab Vollendung des 18. Lebensjahres besteht ein Anspruch auf Waisenrente nur dann, wenn sich die Waise in der Schul- oder Berufsausbildung, ggf in einer ausbildungsfreien Übergangszeit befindet, ein freiwilliges soziales bzw freiwilliges ökologisches Jahr oder Bundesfreiwilligendienst leistet oder sich auf Grund einer Behinderung nicht selbst unterhalten kann (§ 48 Abs 4 [X.] [X.] 2 [X.]B VI). Unter diesen abschließend aufgeführten Voraussetzungen erhöht sich die Altersbegrenzung - vorbehaltlich einer weiteren Verschiebung, um die sich die Schul- oder Berufsausbildung aus den in § 48 Abs 5 [X.] [X.]B VI genannten Gründen (Wehr-, Zivil- oder gleichgestellter Dienst) verzögert hat - bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Diese regelmäßige Altersgrenze ist auch bei der Beurteilung des [X.]s im Rahmen von § 229 Abs 1 [X.] [X.]B V heranzuziehen, denn sie bietet ein leicht zu handhabendes Kriterium. Der Gesetzgeber geht - verfassungsrechtlich unbedenklich - typisierend davon aus, dass der durch den Ausfall väterlicher oder mütterlicher Unterhaltsleistungen entstehende Bedarf mit einem bestimmten Lebensalter endet (vgl [X.] Beschluss vom 18.6.1975 - 1 BvL 4/74 - [X.]E 40, 121 = [X.] 2400 § 44 [X.] 1; B[X.] Urteil vom [X.] [X.]/01 R - [X.] 3-2600 § 48 [X.] 7, [X.] 3-2600 § 304 [X.] 1 Rd[X.]7).

Der [X.] setzt sich insoweit nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.], soweit es entschieden hat, dass die Anerkennung der Hinterbliebeneneigenschaft (nur) voraussetzt, dass dem Arbeitnehmer bezogen auf die begünstigte Person bei typisierender Betrachtung ein Versorgungsinteresse unterstellt werden kann ([X.] Urteil vom 18.11.2008 - 3 [X.], 294, Juris Rd[X.]4). Das B[X.] hat seit jeher den Begriff der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Beitragsrechts der [X.] sowohl unter Geltung der [X.] (§ 180 Abs 8 S 2 [X.] 5 [X.]) als auch unter Geltung des [X.]B V (§ 229 Abs 1 [X.] [X.] 5 [X.]B V) als eigenständigen Begriff verstanden und ohne Bindung an die Legaldefinition in § 1 Abs 1 [X.] [X.] ausgelegt (stRspr - vgl zuletzt B[X.] Urteil vom [X.] - B 12 KR 12/15 R - B[X.]E 124, 20 = [X.]-2500 § 229 [X.] 21 Rd[X.] 13 mwN).

Offenbleiben kann, wie zu verfahren ist, wenn ein Kind das 27. Lebensjahr erst während des Bezugs einer Rente aus der betrieblichen Altersversorgung bzw während des Zeitraums von zehn Jahren nach der Auszahlung einer Kapitalleistung vollendet, ob sich also der Versorgungscharakter während des Bezugs ändern kann. Für betriebliche Ruhegelder, deren Zahlung weit vor dem maßgebenden Renteneintrittsalter der gesetzlichen Rentenversicherung beginnt, aber über den Eintritt in den Ruhestand hinaus andauert, hat der [X.] entschieden, dass Leistungen, die nicht schon institutionell vom Betriebsrentenrecht umfasst sind, einen Doppelcharakter aufweisen können. Ihnen kann zunächst eine Überbrückungsfunktion beizumessen sein, womit kein Versorgungsbezug vorliegt. Dieser Charakter kann sich zu einer betrieblichen Altersversorgung und damit zu einem Versorgungsbezug wandeln, wenn die Leistung über den Renteneintritt oder über die Regelaltersgrenze hinaus gezahlt wird (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 12 KR 12/15 R - B[X.]E 124, 20 = [X.]-2500 § 229 [X.] 21). Inwieweit dies auf den Fall einer Überschreitung der Altersgrenze im laufenden Bezug bzw während des [X.] übertragen werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

[X.]) Die Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des [X.]s zur Beitragspflicht von Leistungen betrieblicher Altersvorsorge an Hinterbliebene, soweit er darin den [X.] daraus abgeleitet hat, dass die Versicherungsleistung auch im Todesfall fällig war und damit eine unterhaltsichernde Funktion erfüllte. In diesen Fällen flossen die jeweiligen Kapitalleistungen den hinterbliebenen Ehepartnern (Witwen) der jeweiligen Arbeitnehmer zu (B[X.] Urteil vom 5.3.2014 - B 12 KR 22/12 R - [X.]-2500 § 229 [X.] 17 Rd[X.]0; B[X.] Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 19/10 R - [X.]-2500 § 229 [X.] 15 Rd[X.] 20). Der [X.] iS einer Unterhaltsersatzfunktion war bei typisierender Betrachtung nicht zweifelhaft. In den vom [X.] entschiedenen Fällen hatten die betroffenen Witwen das 47. Lebensjahr vollendet und erfüllten damit eine grundsätzliche Voraussetzung für eine große Witwen- und Witwerrente (§ 46 Abs 2 [X.] [X.] 2 [X.]B VI), die im Gegensatz zur kleinen Witwen- und Witwerrente für unter 47-jährige hinterbliebene Ehepartner zeitlich unbefristet ist.

3. Die ausgeführten Erwägungen gelten für die durch die Beklagte zu 1. für die Beklagte zu 2. festgesetzten Beiträge zur [X.] entsprechend (§ 57 Abs 1 [X.] [X.]B XI).

4. Mit der Aufhebung der rechtswidrigen Beitragsbescheide entfällt auch die Grundlage für die festgesetzten Säumniszuschläge und Mahngebühren.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193, 194 [X.] [X.]G iVm § 100 Abs 2 ZPO.

Meta

B 12 KR 12/18 R

26.02.2019

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Augsburg, 27. April 2016, Az: S 10 KR 289/14, Urteil

§ 223 Abs 2 S 1 SGB 5, § 226 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5, § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5, § 229 Abs 1 S 3 SGB 5, § 48 SGB 6, § 57 Abs 1 S 1 SGB 11, § 1b Abs 2 BetrAVG, § 1602 Abs 1 BGB, § 1603 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 26.02.2019, Az. B 12 KR 12/18 R (REWIS RS 2019, 9938)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9938

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 12 KR 22/18 R (Bundessozialgericht)

Kranken- und Pflegeversicherung - Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus einer Direktversicherung an Hinterbliebene - Todesfallleistung - …


B 12 KR 19/10 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Beitragspflicht von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (Direktversicherung) an einen Hinterbliebenen auch bei durchgehend …


B 12 KR 26/10 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Beitragspflicht - Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Versicherungsfalles - Abfindung einer unverfallbaren …


B 12 KR 1/19 R (Bundessozialgericht)

Kranken- und Pflegeversicherung - Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung - betriebliche …


L 4 KR 257/16 (LSG München)

Verbeitragung einer Lebensversicherung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 739/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.