Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2005, Az. I ZB 2/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4805

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[X.] vom 24. Februar 2005 in der [X.] betreffend die Marke Nr. 397 17 463

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 9 Abs. 1 Nr. 2

[X.]/[X.] [X.]

Es gibt keinen Erfahrungssatz, daß sich der Verkehr bei erkennbar aus Vor- und Nachnamen gebildeten Marken allein oder vorrangig am Nachnamen orien-tiert. Liegen besondere Umstände vor, kann bei der Beurteilung der Verwechs-lungsgefahr dem Nachnamen in der [X.] eine prägende Wir-kung zugemessen werden. Solche Umstände können in der [X.] gesteigerten Kennzeichnungskraft der nur aus dem Nachnamen gebildeten [X.] Marke liegen.

[X.], [X.]. v. 24. Februar 2005 - [X.] - [X.]

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 24. Februar 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß des 27. Senats ([X.]) des [X.]s vom 30. Sep-tember 2003 wird auf Kosten der Markeninhaberin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 • festgesetzt.

Gründe:

[X.] Gegen die am 18. April 1997 angemeldete und am 14. Juli 1997 für die Waren "Bekleidungsstücke für [X.], Schuhwaren, Kopfbedeckungen" einge-tragene Wort-/Bildmarke Nr. 397 17 463

- 3 - hat die Widersprechende aus ihrer am 29. Mai 1987 für "Gestrickte und gewirk-te Leibwäsche" eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 1 106 784

Widerspruch eingelegt.
Die zuständige Markenstelle des [X.] hat den Widerspruch zurückgewiesen, weil es an einer Verwechslungsgefahr zwi-schen den Marken fehle.
Auf die hiergegen erhobene Beschwerde hat das [X.] die Löschung der angegriffenen Marke für "Bekleidungsstücke für [X.]" [X.].
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Widersprechende beantragt, wendet sich die Markeninhaberin gegen die teil-weise Löschung der angegriffenen Marke.
I[X.] Das [X.] hat für den Bereich der [X.] die Gefahr einer Verwechslung zwischen der Widerspruchsmarke und der angegrif-fenen Marke bejaht, weil diese gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Hierzu hat es ausgeführt:
Die angegriffene Marke beanspruche hinsichtlich der "gestrickten und gewirkten Leibwäsche" Schutz für Waren, die von den Waren "Bekleidungs-stücke für [X.]" identisch umfaßt seien. - 4 -
Die der Widerspruchsmarke möglicherweise aufgrund ihrer gewissen Farblosigkeit von Hause aus anhaftende geringfügige Kennzeichnungsschwä-che sei zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke durch [X.] und starke Benutzung - zugleich als wesentlicher Bestandteil des Firmen-namens der Widersprechenden - überwunden gewesen. Insoweit sei, da der für eine Verwechslungsgefahr in Betracht kommende Kreis der angesprochenen Verbraucher in [X.] wesentlich größer sei als in [X.], im Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke von einem etwa an die 40 % rei-chenden Bekanntheitsgrad und damit von einer zwar nicht starken, aber doch deutlich gesteigerten Kennzeichnungskraft und einem entsprechend erweiterten Schutzumfang der Widerspruchsmarke auszugehen.
Die Markenstelle habe zwar zutreffend angenommen, daß der die ange-griffene Marke allein kennzeichnende Name "[X.] [X.]" nicht von dem Bestand-teil "[X.]" geprägt werde. Damit könne zwar nicht ohne weiteres eine Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der Marken (im engeren Sinne) angenommen, wegen der durch umfangreiche Benutzung erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht jedoch ausgeschlossen werden, daß ein noch be-achtlicher Teil des Verkehrs die angegriffene Marke aufgrund ihres Bestandteils "[X.]" mit der Widerspruchsmarke gedanklich in Verbindung bringe. Bei einer solchen gesteigerten Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die zugleich das Firmenkennzeichen des Inhabers der älteren Marke bilde, sei nicht [X.], daß ein beachtlicher Teil des Verkehrs bei der Begegnung mit der jüngeren [X.] annehme, der Träger des bekannten [X.] Familiennamens oder ein Mitglied seiner Familie habe gerade den in der [X.] enthaltenen Vornamen. - 5 - Diese Voraussetzungen seien vorliegend jedenfalls im mündlichen Ge-schäftsverkehr erfüllt. Der Verkehr könne, wenn er der angegriffenen Marke beispielsweise bei Verkaufsgesprächen oder bei mündlichen Empfehlungen, Nachfragen oder Auskünften begegne, irrtümlich annehmen, er habe die um den Vornamen "[X.]" ergänzte bekannte ältere Marke vor sich. Eine solche fal-sche Zuordnung liege gerade im Bekleidungs- und Modebereich nahe. Denn dort werde zur Warenkennzeichnung eine beachtliche Zahl von Designernamen sowohl in Form der vollständigen Kombination von Vor- und Nachname als auch nur als Familienname und zudem teilweise allein der Vorname verwendet; des weiteren begegne der Verkehr dort Vornamen auch als Kennzeichen einer besonderen Produktlinie des Trägers des Nachnamens. Angesichts dieser ver-schiedenen Formen von Namenskennzeichnungen im [X.] auch vorliegend die wie "[X.] Mey" klingende jüngere Marke bei noch be-achtlichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise die Vorstellung hervorru-fen, es handele sich - etwa zur Bezeichnung einer besonderen Wäscheserie für [X.] - um ein um den Vornamen "[X.]" ergänztes Kennzeichen des Wäsche-herstellers "[X.]".
II[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde der Mar-keninhaberin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Bundespa-tentgericht hat das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr jedenfalls in [X.] Hinsicht (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) ohne Rechtsfehler bejaht.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist die Frage einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] - ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] - unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der [X.] 6 - stungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. zu § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] [X.], [X.]. v. 16.3.2000 - I ZB 43/97, [X.], 886 f. = WRP 2001, 37 - [X.]/[X.], m.w.N.; [X.]. [X.] - [X.], [X.], 1031 = [X.], 1155 - [X.]; zu § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vgl. zuletzt [X.], Urt. v. [X.] - I ZR 204/01, [X.], 865, 866 = [X.], 1281 - [X.], m.w.N.). Von diesen Grundsätzen ist das [X.] zutreffend und von der Rechtsbeschwerde auch [X.] ausgegangen.
2. Das [X.] hat angenommen, daß der mit der jüngeren Marke beanspruchte Schutz für "Bekleidungsstücke für [X.]" die Waren "ge-strickte und gewirkte Leibwäsche" umfaßt, für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das [X.] die Löschung der angegriffenen Marke rechtsfehlerfrei für die Wa-ren —Bekleidungsstücke für [X.]fi angeordnet und nicht auf —gestrickte und gewirkte Leibwäsche für [X.]fi beschränkt. Liegen die Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr hinsichtlich eines Teils der unter einen weiten Oberbegriff fallenden Waren vor, ist die angegriffene Marke hinsichtlich der übergreifend formulierten Ware zu löschen. Die mit der Entscheidung über den Widerspruch befaßten Instanzen sind nicht berechtigt, von sich aus eine Beschränkung des [X.] auf einen Teil der Waren aus dem Oberbegriff vorzuneh-men (vgl. [X.], [X.]. v. 13.10.2004 - I ZB 4/02, [X.], 341, 343 - il Patrone/[X.], m.w.N.). Es ist allein Sache des Markeninhabers, das [X.] dadurch umzuformulieren, daß er den Oberbegriff durch eine - 7 - - gegebenenfalls hilfsweise - Teilverzichtserklärung einschränkt. Das [X.] konnte daher bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von [X.] ausgehen.
3. Das [X.] hat von der Rechtsbeschwerde unbeanstan-det und ohne Rechtsfehler einen Erfahrungssatz verneint, wonach der Verkehr bei erkennbar aus Vor- und Nachnamen gebildeten Marken sich allein oder vor-rangig an dem Nachnamen orientiere (vgl. [X.] 139, 340, 351 Œ Lions; [X.], [X.]. [X.] - [X.], [X.], 233, 234 = [X.], 173 - [X.]/[X.] RAUCH; [X.]. [X.] - [X.], [X.], 1031, 1032 = [X.], 1155 - [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 981). [X.] hat das [X.] deshalb angenommen, daß innerhalb der erkennbar aus Vorname und Nachname gebildeten Marke "[X.] [X.]" dem Nachnamen nur bei Vorliegen besonderer Umstände eine die Gesamtbezeich-nung prägende Bedeutung zugemessen werden kann. Solche Umstände hat es im Streitfall indessen entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde zutreffend in der durch die festgestellte hohe Verkehrsbekanntheit gesteigerten Kennzeich-nungskraft der Widerspruchsmarke —[X.]fi gesehen.
4. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist die Kennzeichnungs-kraft des prioritätsälteren Zeichens ein wesentlicher Faktor, sei es als Kenn-zeichnungskraft von Haus aus, sei es als eine [X.] gewonnene Stärke (vgl. [X.], Urt. v. 11.11.1997 - [X.]. [X.]/95, Slg. 1997, [X.] = GRUR 1998, 387, 390 [X.]. 24 = [X.], 39 - Sabèl/[X.]; [X.], Urt. v. 19.2.2004 - I ZR 172/01, [X.], 594, 597 = [X.], 909 - [X.]). Besteht das Widerspruchszeichen nur aus dem (hier klanglich) überein-stimmenden Teil, ist dessen [X.] im Kollisionszeitpunkt gesteigerte Kennzeichnungskraft auch bei der Beurteilung zu berücksichtigen, ob dieser - 8 - Bestandteil das angegriffene Zeichen prägt (vgl. [X.], Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 122/00, [X.], 880, 881 = [X.], 1228 - City Plus).
Das [X.] hat eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Wi-derspruchsmarke [X.] angenommen und hierzu darauf abgestellt, daß diese im Kollisionszeitpunkt im [X.] bei 34 % und in den alten Bundesländern sogar bei 40 % der angesprochenen Verbraucher bekannt gewesen sei. Entgegen der Rechtsbeschwerde erweist sich dies als rechtsfeh-lerfrei. Das [X.] hat nicht aus einer nur regional beschränkten Verkehrsbekanntheit eine für das gesamte [X.] wirkende erhöhte Kennzeichnungskraft der Marke zugesprochen, sondern aus den vorliegenden Marktzahlen, die einen Durchschnittswert für das gesamte [X.] [X.], auf eine entsprechende Stärkung der Marke geschlossen. Es ist dabei verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, wenn als Beleg für die besondere Bekanntheit der im gesamten Wirtschaftsraum vertriebenen Markenware auch Zahlen herangezogen werden, die nur für einen Teil der [X.] gelten.
5. Die Rechtsbeschwerde zeigt in ihren weiteren Erwägungen, mit denen sie die vom [X.] festgestellte klangliche Verwechslungsgefahr der so geprägten angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke in Zweifel zieht, keinen die Rechtsbeschwerde begründenden Fehler der Entscheidung des [X.]s auf. - 9 - IV. Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Markeninhaberin (§ 90 Abs. 2 [X.]) zurückzuweisen.

[X.] [X.]

[X.]

Meta

I ZB 2/04

24.02.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2005, Az. I ZB 2/04 (REWIS RS 2005, 4805)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4805

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