Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.10.2023, Az. 3 StR 328/23

3. Strafsenat | REWIS RS 2023, 8094

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. Mai 2023

a) dahin geändert, dass statt der Einziehung sichergestellten Geldes in Höhe von 6.000 € die erweiterte Einziehung von [X.] in dieser Höhe angeordnet wird;

b) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von [X.] in Höhe von 5.000 € aufgehoben; diese entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen sowie Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und vier Monaten verurteilt. Ferner hat es sichergestelltes Geld in Höhe von 6.000 € eingezogen sowie die Einziehung des Wertes von [X.] in Höhe von 5.000 € angeordnet. Gegen das Urteil wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die [X.] der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und damit unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

3

2. Die auf die nicht ausgeführte allgemeine Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Abschöpfung sichergestellten Bargelds in Höhe von 6.000 € hält im Ergebnis der [X.] stand; allerdings ist sie als erweiterte Einziehung, nicht als Einziehung von [X.] anzuordnen, weshalb diese Entscheidung zu ändern ist. Die Einziehung des Wertes von [X.] erweist sich als durchgreifend rechtsfehlerhaft; sie hat zu entfallen.

4

a) Hinsichtlich der Einziehung des Bargelds gilt Folgendes:

5

aa) Bei der Durchsuchung einer vom Angeklagten für seine umfangreichen Betäubungsmittelgeschäfte genutzten Wohnung sind - neben zum Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln und Utensilien zum Handeltreiben - 14.250 € aufgefunden worden. In Höhe von 8.250 € hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung auf eine Rückgabe verzichtet. Die [X.] hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass es sich bei dem sichergestellten Bargeld nicht nur - wie vom Angeklagten eingeräumt - in Höhe des [X.], sondern insgesamt um Erlöse aus [X.] des Angeklagten handelte. Soweit das [X.] allerdings darüber hinaus im Rahmen der Begründung der Einziehungsentscheidung ausgeführt hat, er habe das Bargeld gerade durch die urteilsgegenständlichen Betäubungsmitteltaten erlangt, fehlt hierfür ein Beleg. Die in den Urteilsgründen dargestellte Beweiswürdigung trägt diese Annahme nicht. Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte aus den abgeurteilten Betäubungsmitteldelikten ausweislich der vom [X.] getroffenen Feststellungen insgesamt allein 11.000 € erlöste und die Taten zum Teil mehrere Monate vor der Wohnungsdurchsuchung begangen wurden.

6

bb) Die Einziehung des sichergestellten Bargelds abzüglich der Verzichtssumme kann mithin - anders als von der [X.] angenommen - nicht auf § 73 Abs. 1 StGB gestützt werden. Denn eine Einziehung von [X.] nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass es sich um Erträge aus gerade den urteilsgegenständlichen Taten handelt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 27. Juli 2023 - 3 [X.], juris Rn. 9; vom 30. Juni 2021 - 3 [X.], juris Rn. 8; vom 19. August 2020 - 3 StR 219/20, juris Rn. 6; vom 16. Juli 2019 - 2 [X.], [X.]R StGB § 73a Abs. 1 Einziehung 2 Rn. 7).

7

cc) Allerdings hat die Abschöpfung sichergestellten Bargelds in Höhe von 6.000 € im Ergebnis Bestand, und zwar als erweiterte Einziehung von [X.] gemäß § 73a Abs. 1 StGB. Denn die [X.] hat - insofern belegt durch eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung - die Überzeugung gewonnen, dass die bei der Wohnungsdurchsuchung aufgefundenen Barmittel insoweit ebenfalls aus Betäubungsmitteldelikten des Angeklagten stammten. Eine erweiterte Einziehung von [X.] kommt auch in Betracht, wenn nicht feststellbar ist, ob es sich bei sichergestelltem Geld um Erlöse aus urteilsgegenständlichen oder aus anderen, nicht näher aufklärbaren Taten des Angeklagten handelt (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Juli 2023 - 3 [X.], juris Rn. 11; Urteil vom 22. September 2022 - 3 StR 238/21, [X.], 121 Rn. 8; Beschlüsse vom 31. Mai 2022 - 3 [X.], juris Rn. 23; vom 21. September 2021 - 3 StR 158/21, [X.], 83 Rn. 6; vom 19. August 2020 - 3 StR 219/20, juris Rn. 6 f.). Dies ist hier der Fall. Zudem ist das von Teilen der Rechtsprechung nicht nur für die erweiterte Einziehung des Wertes von [X.] gemäß § 73a Abs. 1 i.V.m. § 73c Satz 1 StGB, sondern auch für eine erweiterte Einziehung von [X.] nach § 73a Abs. 1 StGB aufgestellte Erfordernis erfüllt, dass das Erlangte zum Zeitpunkt der Begehung einer urteilsgegenständlichen Tat ([X.]) im Vermögen des Angeklagten gegenständlich oder in Gestalt eines Surrogats vorhanden war (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2022 - 4 StR 221/22, [X.], 209 Rn. 6; s. zudem - nicht tragend - [X.], Urteil vom 8. August 2022 - 5 [X.], NJW 2023, 460 Rn. 36; Beschluss vom 4. März 2021 - 5 [X.], [X.]R StGB § 73c nF Anwendungsbereich 1 Rn. 8 ff.; hierzu kritisch [X.], Beschluss vom 27. Juli 2023 - 3 [X.], juris Rn. 14). Der [X.] fasst daher den Ausspruch über die Einziehung von 6.000 € Bargeld neu; § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen.

8

b) Die Einziehung des Wertes von [X.] in Höhe von 5.000 € ist zu Unrecht angeordnet worden; sie hat zu entfallen.

9

aa) Nach den von der [X.] insofern getroffenen Feststellungen erhielt der Angeklagte für seine Mithilfe bei der Errichtung einer Cannabisplantage, weswegen er der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen worden ist (Fall 1 der Urteilsgründe), eine Entlohnung in Höhe von 3.000 €. Zudem erzielte er in einem Fall eigenen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 3 der Urteilsgründe) 8.000 € Verkaufserlös, wovon die [X.] - zu Gunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft (vgl. § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB; s. hierzu [X.], StGB, 70. Aufl., § 73d Rn. 5) - seine finanziellen Aufwendungen für den Erwerb der betreffenden Betäubungsmittel in Höhe von 6.000 € in Abzug gebracht hat.

Mithin erlangte der Angeklagte die hier in Rede stehenden 5.000 € als [X.] aus seinen urteilsgegenständlichen Taten. Um eine unzulässige doppelte Abschöpfung auszuschließen, ist jedoch zu Gunsten des Angeklagten anzunehmen, dass diese [X.] Teil des bei der Wohnungsdurchsuchung sichergestellten Bargelds in Höhe von 14.250 € waren. Denn wie ausgeführt, hat nicht festgestellt werden können, ob es sich - und wenn ja, in welcher Höhe - bei einem Teil dieses Bargelds um Erlöse aus den abgeurteilten Taten handelte. Die 5.000 € sind mithin bereits von der Verzichtserklärung des Angeklagten beziehungsweise der (erweiterten) Einziehung des über den Verzicht hinausgehenden sichergestellten Bargelds in Höhe von 6.000 € erfasst (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13. Dezember 2022 - 3 StR 419/22, juris Rn. 3; vom 31. Mai 2022 - 3 [X.], juris Rn. 24; vom 19. August 2020 - 3 StR 219/20, juris Rn. 8; Urteil vom 17. Juli 2019 - 5 StR 130/19, juris Rn. 11; Beschluss vom 21. August 2018 - 2 [X.], [X.], 20 Rn. 15).

bb) Der [X.] lässt daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Einziehung des Wertes von [X.] in Höhe von 5.000 € entfallen; § 265 Abs. 1 StPO steht auch dem nicht entgegen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.

Berg     

      

Hohoff     

      

Anstötz

      

Kreicker     

      

Munk     

      

Meta

3 StR 328/23

04.10.2023

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mönchengladbach, 16. Mai 2023, Az: 21 KLs 4/23

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.10.2023, Az. 3 StR 328/23 (REWIS RS 2023, 8094)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8094

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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