Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.05.2010, Az. 3 B 29/10

3. Senat | REWIS RS 2010, 6271

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Gegenstand

Restitutionsprozess; behördliche Feststellung der Berechtigung; Anfechtungsbefugnis des Beigeladenen


Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 17. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen [X.]escheid des [X.] und offene Vermögensfragen, mit dem ihr Antrag auf Feststellung selbstständigen Gebäudeeigentums nach Art. 233 § 8 EG[X.]G[X.] abgelehnt wurde. Das betroffene Schulgebäude wurde in den Jahren 1984 bis 1986 auf einem volkseigenen Grundstück, dessen hier maßgebliche Teilfläche zwischenzeitlich der Klägerin zugeordnet wurde, und einem mittlerweile im Eigentum der [X.]eigeladenen stehenden Privatgrundstück errichtet. Der Antrag der Klägerin wurde abgelehnt, weil ein Überbau vom ehemals volkseigenen Grundstück auf das private Nachbargrundstück vorliege und daher das Eigentum an dem Überbau der Klägerin als Eigentümerin des [X.]s zustehe; die Entstehung von volkseigenem Gebäudeeigentum nach § 459 Abs. 1 Satz 1 ZG[X.] sei daher nicht möglich gewesen.

2

Die gegen diesen [X.]escheid gerichtete Klage der Klägerin, mit der sie ihr [X.]egehren auf Feststellung selbstständigen Gebäudeeigentums fortführt, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen, weil es keine vertragliche Grundlage für die Nutzung des nicht in Volkseigentum umgeschriebenen Grundstücks gegeben habe und deshalb selbstständiges Gebäudeeigentum nicht entstanden sei. Der mithin bestehende Überbau sei lediglich Grundstücksbestandteil und kein selbstständig zuordnungsfähiger Vermögenswert. Den neben ihrem Klageabweisungsantrag gestellten weiteren Antrag der [X.]eigeladenen festzustellen, dass der [X.] der [X.]eklagten nicht zu ihren Lasten feststelle, dass das ehemals volkseigene Grundstück [X.] sei und sich das Schulgebäude als wesentlicher [X.]estandteil auf diesem [X.] befinde, hat das Verwaltungsgericht als "nicht tenorierungsbedürftig" beurteilt, weil er gegenstandslos sei. Eine rechtliche Möglichkeit für die [X.]eigeladene, unabhängig vom Willen der Klägerin auf den [X.] Einfluss zu nehmen, bestehe nicht. Sie habe daher keine Möglichkeit, über den von der Klägerin bestimmten Streitgegenstand hinausgehende Anträge zu stellen. Mithin könne sie nur beantragen, dass die Klage, die im Ergebnis auf Zuordnung von selbstständigem Gebäudeeigentum an der Schule gerichtet gewesen sei, abgewiesen werde.

II

3

Die [X.]eschwerde der [X.]eigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg.

4

1. Die [X.]eschwerde ist überwiegend, nämlich soweit sie die mit dem Urteil ausgesprochene Klageabweisung und die hierfür gegebene [X.]egründung betrifft (S. 6 bis 27 der [X.]eschwerdebegründungsschrift), unzulässig, weil die [X.]eigeladene dadurch nicht in ihren subjektiven Rechten betroffen wird. Eine solche für die Rechtsmittelbefugnis eines [X.]eigeladenen notwendige materielle [X.]eschwer (stRspr; vgl. Urteile vom 30. Mai 1984 - [X.]VerwG 4 [X.] 58.81 - [X.]VerwGE 69, 256 <258> = [X.] 442.40 § 9 LuftVG Nr. 3 S. 3 f., vom 12. März 1987 - [X.]VerwG 3 [X.] 2.86 - [X.]VerwGE 77, 102 <105> = [X.] 418.711 [X.] Nr. 15 S. 14 f. und vom 18. April 1997 - [X.]VerwG 3 [X.] 3.95 - [X.]VerwGE 104, 289 <292 f.> = [X.] 451.513 Sonst. [X.] Nr. 2 S. 16 f.; [X.]eschluss vom 5. März 1998 - [X.]VerwG 4 [X.] 153.97 - [X.] 310 § 66 VwGO Nr. 8 sowie - zuletzt - [X.]eschluss vom 16. Dezember 2009 - [X.]VerwG 3 [X.] 24.09 - RdL 2010, 110) ergibt sich für die [X.]eigeladene nicht daraus, dass in den Gründen des ablehnenden [X.]es ausgeführt wird, dass das Schulgebäude [X.]estandteil des ehemals volkseigenen Grundstücks sei. Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht in dem hier betroffenen Urteil (anders als in dem am selben Tage entschiedenen Parallelverfahren) offengelassen hat, welchem der benachbarten Grundstücke das Gebäude eigentumsrechtlich zuzuordnen ist, äußern die Ausführungen dazu keinerlei [X.]indungswirkung für die zivilrechtliche [X.]eurteilung der [X.]. Aus diesem Grunde hat auch das Verwaltungsgericht die von der [X.]eigeladenen selbst erhobene Klage gegen den ablehnenden [X.] als unzulässig abgewiesen ([X.] 1409/06); die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit einem ebenfalls am heutigen Tage ergangenen [X.]eschluss zurückgewiesen ([X.]VerwG 3 [X.] 28.10). Auf die dortigen Ausführungen wird ergänzend verwiesen.

5

2. Soweit die [X.]eigeladene die [X.]ehandlung ihres eigenen Sachantrages zum Gegenstand ihrer [X.]eschwerde macht (S. 27 bis 33 der [X.]eschwerdebegründung), ist ihr Rechtsbehelf demgegenüber zulässig; denn hier geht es um ihre Rechtsstellung als [X.]eigeladene und somit um eigene Rechtspositionen. Auch insoweit bleibt der [X.]eschwerde jedoch der Erfolg versagt.

6

a) Die [X.]eigeladene sieht eine Verletzung der §§ 88, 107 und 117 Abs. 2 VwGO darin, dass das Verwaltungsgericht ihren neben dem Klageabweisungsantrag gestellten Sachantrag als gegenstandslos betrachtet und nicht über ihn im Tenor des Urteils entschieden habe.

7

Diese Verfahrensrüge greift im Ergebnis nicht durch. Zwar trifft es zu, dass das Verwaltungsgericht über alle gestellten [X.] der [X.]eteiligten zu befinden hat. Dies ist hier jedoch geschehen, und zwar auch hinsichtlich des Antrages der [X.]eigeladenen, obwohl das Gericht ihn als gegenstandslos bezeichnet und deshalb insoweit von einer Tenorierung seiner Entscheidung abgesehen hat. Die Urteilsgründe verdeutlichen, dass das Gericht den Antrag keineswegs als überholt oder aus anderen Gründen erledigt und daher nicht zur Entscheidung stehend betrachtet hat. Es hat vielmehr die [X.]eigeladene nicht für berechtigt gehalten, einen solchen, nach Auffassung des [X.] über den Streitgegenstand hinausgehenden Antrag zu stellen, und damit den Antrag zweifelsfrei als unzulässig beurteilt. Mit "gegenstandslos" wollte das Verwaltungsgericht offenbar nichts anderes ausdrücken, als dass der Antrag keiner Sachentscheidung zugänglich sei. Da das Gericht somit in Wahrheit über den Antrag entschieden und ihn sinngemäß als unzulässig zurückgewiesen hat, hätte es diese Entscheidung folgerichtig auch in die Urteilsformel nach § 117 Abs. 2 Nr. 3 VwGO aufnehmen müssen. Dieser Verfahrensmangel verhilft der Rüge der [X.]eigeladenen allerdings nicht zum Erfolg, weil die angegriffene Entscheidung - hier die Zurückweisung des Antrages der [X.]eigeladenen - nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf der unterlassenen Tenorierung beruhen kann.

8

b) Ebenfalls unbegründet ist die in diesem Zusammenhang erhobene Divergenzrüge.

9

Die [X.]eigeladene ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht weiche mit dem von ihm aufgestellten Rechtssatz, wonach ein [X.]eigeladener keine [X.] stellen dürfe, die von dem vom Kläger bestimmten Streitgegenstand abwichen, von den Urteilen des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 16. April 1998 - [X.]VerwG 7 [X.] 32.97 - ([X.]VerwGE 106, 310 = [X.] 428 § 30 VermG Nr. 9) und vom 16. Juli 1998 - [X.]VerwG 7 [X.] 39.97 - ([X.] 428 § 1 VermG Nr. 159) sowie dem [X.]eschluss vom 19. Mai 2008 - [X.]VerwG 8 [X.] 112.07 - ([X.] 428 § 2 VermG Nr. 90) ab. Dort sei der Rechtssatz aufgestellt worden, dass ein im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO notwendig [X.]eigeladener abweichende [X.] stellen dürfe.

Die gerügte Divergenz besteht nicht. Das Verwaltungsgericht hat nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass die [X.]eigeladene keine abweichenden [X.] stellen dürfe - dies erlaubt § 66 Satz 2 VwGO dem notwendig [X.]eigeladenen ausdrücklich -, sondern dass ihm über den Streitgegenstand hinausgehende Anträge nicht erlaubt seien. Ausgehend von dieser Klarstellung ergibt sich kein Widerspruch zu den herangezogenen Divergenzentscheidungen, die ausnahmslos in vermögensrechtlichen Streitigkeiten ergangen sind. Dort hat das [X.]undesverwaltungsgericht dem beigeladenen Drittbetroffenen in einem Prozess auf Rückübertragung des Vermögenswerts erlaubt, eine vom Kläger naturgemäß nicht angefochtene [X.]erechtigtenfeststellung, die Grundlage seines Rückübertragungsbegehrens war, im Nachhinein anzugreifen und zum Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung zu machen. Damit hat das [X.]undesverwaltungsgericht aber noch nicht entschieden, dass der notwendig [X.]eigeladene mit seinen [X.]n generell über den Streitgegenstand hinausgehen dürfe. Es hat lediglich für diese besondere Situation des vermögensrechtlichen Rückübertragungsverfahrens dargelegt, dass der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz des Drittbetroffenen gebiete, ihm diese "einem Anschlussrechtsmittel vergleichbare [X.]efugnis" einzuräumen (Urteil vom 16. Juli 1998 a.a.[X.] sowie [X.]eschluss vom 19. Mai 2008 a.a.[X.]). Der beigefügte Klammerzusatz "(vgl. § 66 Satz 2 VwGO)" soll darauf hinweisen, dass diese Konstellation der eines abweichenden Sachantrages nach dieser Vorschrift vergleichbar ist (so ausdrücklich [X.]eschluss vom 19. Mai 2008 a.a.[X.] Rn. 8).

c) Die somit nach wie vor unentschiedene und von der [X.]eigeladenen darüber hinaus als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein notwendig [X.]eigeladener nach § 66 Satz 2 VwGO [X.] stellen darf, die über den Streitgegenstand der Klage hinausgehen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung des Rechtsmittels, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht beantwortet werden müsste.

Es liegt auf der Hand, dass der angegriffene [X.]escheid keine der im Sachantrag der [X.]eigeladenen genannten Feststellungen zu ihren Lasten trifft, sondern es sich lediglich um Ausführungen zur [X.]egründung der negativen Zuordnungsentscheidung handelt, die weder privatrechtsgestaltend noch in sonstiger Weise in die Rechtsstellung der [X.]eigeladenen eingreifen. Das ist bereits Gegenstand des ebenfalls am heutigen Tage im Parallelverfahren ergangenen [X.]eschlusses des Senats, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.]eigeladenen gegen die Abweisung ihrer eigenen Klage gegen den ablehnenden [X.] zurückgewiesen worden ist ([X.]VerwG 3 [X.] 28.10). Auch die [X.] selbst hat in ihrem [X.]escheid darauf hingewiesen, dass sachenrechtliche Ansprüche im Zivilrechtsweg zu klären seien und ihren zivilrechtlichen Erwägungen keine präjudizierenden Wirkungen zukämen. Da es der [X.]eigeladenen daher offenbar an dem notwendigen Feststellungsinteresse fehlt, bestünde in einem Revisionsverfahren kein [X.]edürfnis zu klären, ob sie wegen ihrer besonderen prozessualen Stellung überhaupt berechtigt wäre, einen solchen Sachantrag zu stellen.

Von einer weiteren [X.]egründung seines [X.]eschlusses sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und Abs. 3 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht erhoben. Wegen des [X.] wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 [X.] hingewiesen.

Meta

3 B 29/10

31.05.2010

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Potsdam, 17. Dezember 2009, Az: 1 K 1331/06, Urteil

Art 233 § 8 BGBEG, § 459 Abs 1 S 1 ZGB DDR, § 65 Abs 2 VwGO, § 66 S 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.05.2010, Az. 3 B 29/10 (REWIS RS 2010, 6271)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6271

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