Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.12.2018, Az. 2 StR 421/18

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 947

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Gegenstand

Untreue: Voraussetzungen einer Vermögensbetreuungspflicht


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. Mai 2018 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den [X.], II.12 und II.15 der Urteilsgründe wegen Untreue in drei Fällen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Betrugs in 18 Fällen, Untreue in fünf Fällen und veruntreuender Unterschlagung verurteilt ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels, die durch den [X.] entstandenen besonderen Kosten sowie die dem Adhäsionskläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betrugs in 18 Fällen, Untreue in acht Fällen und veruntreuender Unterschlagung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung sechs Monate dieser Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.

2

1. Der [X.] hat das Verfahren auf Antrag des [X.] und nach Anhörung des Angeklagten aus verfahrensökonomischen Gründen eingestellt, soweit der Angeklagte in den [X.], [X.] und II.15 der Urteilsgründe wegen Untreue in drei Fällen verurteilt worden ist. Die Feststellungen des [X.]s tragen den Schuldspruch wegen Untreue nicht. Das [X.] hat die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht in allen drei Fällen aus der Forderung bzw. der Entgegennahme einer Anzahlung für eine verbindliche Bestellung eines Wohnmobilkäufers bei der [X.] und dessen unterlassener Trennung dieser Anzahlung von anderen Firmengeldern angenommen, da die vom Angeklagten vertretene Gesellschaft nicht jederzeit willens und in der Lage gewesen sei, die Anzahlung an die Besteller bei nicht Zustandekommen des Kaufvertrages zurückzuzahlen.

3

Eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter gegenüber dem (potentiell) Geschädigten eine inhaltlich besonders herausgehobene, nicht nur beiläufige Pflicht zur Wahrnehmung von dessen Vermögensinteressen innehat, die über die für jedermann geltenden Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten und die allgemeine Pflicht, auf die Vermögensinteressen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, hinausgeht (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 7. September 2017 – 2 StR 24/16, juris Rn. 49 ff. [X.]; [X.], Beschluss vom 16. August 2016 – 4 [X.], [X.]R StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 54; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, [X.]St 61, 48, 62 f.; Urteil vom 11. Dezember 2014 – 3 [X.], [X.]St 60, 94, 104 f. jew. [X.]). Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, insbesondere aus Austauschverhältnissen, reichen nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn sich hieraus Rücksicht- oder Sorgfaltspflichten ergeben ([X.], Urteil vom 24. April 2018 – [X.], juris Rn. 15). Kaufverträge begründen, wenn sie nicht aufgrund einer – hier nicht festgestellten – besonderen Vertragsgestaltung zugleich Elemente der Geschäftsbesorgung enthalten, keine Treuepflichten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Dezember 1986 – 1 [X.], [X.]R StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 6; Urteil vom 4. November 1988 – 1 [X.], [X.]R StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 11; [X.]/[X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 26).

4

Die Rechtsprechung, nach der sich ein Rechtsanwalt, der Gelder für einen Mandanten in Empfang nimmt und nicht einem Anderkonto zuführt, sondern anderweitig verwendet, der Untreue strafbar macht (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 1 StR 526/13, juris Rn. 7 [X.]), ist, da dort die Pflicht zur Zuführung auf ein Anderkonto aus dem [X.] und der damit einhergehenden Pflicht die Vermögensinteressen des Mandanten wahrzunehmen hergeleitet wird (vgl. [X.], Urteil vom 3. Oktober 1986 – 2 StR 256/86; [X.]R StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 3), mit dem hier festgestellten Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages mit [X.] nicht vergleichbar.

5

2. Im Übrigen hat die umfassende materiellrechtliche Prüfung des Urteils zum Schuld- und Strafausspruch keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben. Der [X.] bleibt vom Wegfall der Einzelstrafen für die [X.], [X.] und II.15 der Urteilsgründe unberührt. Der [X.] kann im Hinblick auf die verbleibenden 24 [X.] (zweimal ein Jahr und zwei Monaten, dreimal ein Jahr, zweimal zehn Monaten, fünfmal neun Monaten, neunmal acht Monaten, zweimal sieben Monaten und einmal sechs Monaten) ausschließen, dass das [X.] ohne die in den drei eingestellten Fällen verhängten Einzelstrafen (60 Tagessätze sowie zweimal sechs Monate Freiheitsstrafe) eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe gebildet hätte.

[X.]     

      

Eschelbach     

      

Meyberg

      

Grube     

      

[X.]     

      

Meta

2 StR 421/18

04.12.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kassel, 4. Mai 2018, Az: 7640 Js 9059/09 - 11 KLs

§ 266 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.12.2018, Az. 2 StR 421/18 (REWIS RS 2018, 947)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 947

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Strafbarkeit der Nichtrückgabe von Unterlagen


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Zitiert

2 StR 24/16

4 StR 163/16

3 StR 17/15

3 StR 265/14

VI ZR 250/17

1 StR 526/13

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