Bundespatentgericht, Urteil vom 20.04.2021, Az. 5 Ni 18/19 (EP)

5. Senat | REWIS RS 2021, 6787

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Spritzgussflusssteuerungsvorrichtung und -verfahren" – zur Frage der erfinderischen Tätigkeit – zur Frage der Klarheit von Patentansprüchen mit sich widersprechenden Merkmalen


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 2 620 266

([X.] 2011 014 509)

hat der 5.Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.April 2021 durch [X.], [X.]in [X.] sowie [X.] Dr.-Ing. [X.], [X.] und Dipl.-Ing. Maierbacher

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 2620266wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] im Umfang der Patentansprüche 1, 4 bis 8 sowie 15 bis 19 teilweise für nichtig erklärt.

I[X.] Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] in der [X.] erteilten [X.]n Patents 2620266 (Streitpatent), das am 23. November 2011 angemeldet worden ist und die Priorität von zwei [X.] Anmeldungen vom 14.April2011 und vom 23.November2010 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent trägt die Bezeichnung: „[X.]“ (Spritzgussflusssteuerungsvorrichtung und -verfahren) und wird beim [X.] unter dem Aktenzeichen DE602011014509.6 geführt. Es umfasst 19Patentansprüche, von denen die Klägerin mit der Nichtigkeitsklage die Patentansprüche 1, 4 bis 8 und 15 bis 19 angreift.

2

Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 18 lauten nach der Streitpatentschrift ([X.]) wie folgt:

3

1. An apparatus (10) for controlling the rate of flow of a fluid mold material (18, 100b) from an injection molding machine to a mold cavity (30), the apparatus (10) comprising:

4

a manifold (40) receiving the injected fluid mold material, [X.] (44, 46) that delivers the fluid mold material to a gate (34, 36) to the mold cavity (30);

5

an actuator interconnected to a valve pin (1041, 1042) having a tip end (1142, 1155), [X.] (1041) continuously upstream along a path of travel ([X.], [X.]2, [X.]3) between a downstream gate closed position ([X.]) and an intermediate [X.] ([X.], [X.]2, [X.]3), [X.] ([X.]) being a position wherein the tip end (1142, 1155) of the valve [X.] (34, 36) to prevent fluid material (18, 100b) from flowing into the mold cavity (30), the intermediate [X.] ([X.], [X.]2, [X.]3) being a predetermined position between [X.] ([X.]) and a fully open, [X.] ([X.]) upstream of the intermediate [X.] ([X.], [X.]2, [X.]3) at which the fluid mold material flows at a maximum rate through the gate;

6

a controller (16) [X.] in part according to instructions that instruct the actuator to move the valve pin (1041, 1042) continuously [X.] velocities over the course of travel ([X.], [X.]2, [X.]3) of the valve pin from [X.] ([X.]) to the intermediate [X.] ([X.], [X.]2, [X.]3)

7

characterized in that the apparatus further comprises a sensor (951, 952, 132, 100) that generates one or more signals indicative of the position of the valve pin (1041, 1042), [X.] (16) carrying out instructions to cause the valve pin to move continuously upstream at the one or more selected intermediate velocities and to adjust upstream velocity of the valve pin based on one or more of the signals generated by the sensor, wherein the instructions cause velocity of the valve pin to be adjusted to a selected higher velocity in response to a signal generated by the sensor having detected and indicating the valve pin has reached the intermediate [X.] and that [X.] (16) further controls movement of the actuator continuously upstream from the intermediate [X.] ([X.], [X.]2, [X.]3) [X.], [X.] ([X.]) at one or more velocities that are higher than the one or more selected intermediate velocities.

8

18. A method of performing an injection molding cycle in an injection molding apparatus (10) comprising:

9

an [X.] (40) that receives an [X.] (18, 100b) from the injection molding machine, [X.] (40) having a delivery channel (44, 46) that delivers the mold material under an injection pressure to a first gate (34, 36) of a mold cavity (30),

an actuator interconnected to a valve pin (1041, 1042) driving the valve pin from a first position ([X.]) where the tip end of the valve [X.] (34, 36) to prevent the injection fluid material (18, 100b) from flowing into the cavity (30), [X.] (1041, 1042) [X.] ([X.]) [X.] ([X.]) through one or more intermediate positions ([X.], [X.]2, [X.]3) [X.] ([X.]) and the second position ([X.]) wherein the tip end (1142, 1155) of the valve pin (1041, 1042) restricts flow (1153) of the injection fluid to one or more rates less than the maximum rate,

a drive system for controllably driving the actuator and the valve pin (1041, 1042) [X.] velocities and at one or more high velocities that are higher than the intermediate velocities,

the method comprising:

beginning an injection cycle with the tip end (1142, 1155) of the valve pin (1041, 1042) in the first position ([X.]),

adjusting the drive system to drive the actuator at the one or more intermediate velocities to drive the valve pin (1041, 1042) continuously upstream through one or more of the intermediate positions ([X.], [X.]2, [X.]3),

the method being characterized in that the method further comprises: [X.], and

adjusting the drive system to adjust upstream velocity of the valve pin from the one or more intermediate velocities to the one or more high velocities upon sensing of the valve pin at a selected intermediate position downstream of the second position ([X.]).

In der [X.] Übersetzung nach der Streitpatentschrift lauten sie:

1. Gerät (10) zur Steuerung der Fließrate eines Spritzgießfluidmaterials (18, 100b) von einer Spritzgießmaschine in eine Spritzgießkavität (30), wobei das Gerät (10) umfasst:

einen Verteiler (40), welcher das eingespritzte [X.] aufnimmt, wobei der Verteiler einen [X.] (44, 46) aufweist, der das [X.] einem Eingang (34, 36) in die Spritzgießkavität (30) zuführt;

einen Stellantrieb, der mit einem [X.] (1041, 1042) mit einem abgeschnittenen Ende (1142, 1155) verbunden ist, wobei der Stellantrieb den [X.] (1041) kontinuierlich aufwärts bewegt entlang eines Bewegungsweges ([X.], [X.]2, [X.]3) zwischen einer unteren Position, bei der der Eingang geschlossen ist, ([X.]) und einer mittleren oberen Position, bei der der Eingang offen ist, ([X.], [X.]2, [X.]3) wobei die untere Position, bei der der Eingang geschlossen ist, ([X.]) eine Position ist, bei der das abgeschnittene Ende (1142, 1155) des [X.]s den Eingang (34, 36) versperrt, um zu verhindern, dass Fluidmaterial (18, 100b) in die Spritzgießkavität (30) fließt, wobei die mittlere obere Position, bei der der Eingang offen ist, ([X.], [X.]2, [X.]3) eine vorher bestimmte Position zwischen der unteren Position, bei der der Eingang geschlossen ist, ([X.]) und einer vollständig offenen Hubende-Position ([X.]) oberhalb der mittleren oberen Position, bei der der Eingang offen ist, ([X.], [X.]2, [X.]3) bei welcher das [X.] mit einer maximalen Rate durch den Eingang fließt, ist;

eine Steuerungsvorrichtung (16), die mit dem Stellantrieb verbunden ist und die die Bewegung des Stellantriebs zumindest teilweise gemäß Anweisungen steuert, die den Stellantrieb anweisen, den [X.] (1041, 1042) kontinuierlich nach oben mit einer oder mehreren ausgewählten mittleren Geschwindigkeiten im Verlauf der Bewegung ([X.], [X.]2, [X.]3) des [X.]s von der unteren Position, bei der der Eingang geschlossen ist, ([X.]) zu der mittleren oberen Position, bei der der Eingang offen ist, ([X.], [X.]2, [X.]3) zu bewegen;

dadurch gekennzeichnet, dass das Gerät ferner eine [X.] (951, 952, 132, 100) umfasst, die ein oder mehrere Signale erzeugt, die die Position des [X.]s (1041, 1042) anzeigen, wobei die Steuerungsvorrichtung (16) Anweisungen durchführt, durch die verursacht wird, dass der [X.] kontinuierlich nach oben mit der einen oder den mehreren ausgewählten mittleren Geschwindigkeiten bewegt wird und auf eine Aufwärtsgeschwindigkeit des [X.]s basierend auf einem oder mehreren der Signale, die durch die [X.] erzeugt werden, eingestellt wird, wobei die Anweisungen verursachen, dass die Geschwindigkeit des [X.]s auf eine ausgewählte höhere Geschwindigkeit eingestellt wird in Antwort auf ein Signal, welches durch die [X.] erzeugt wird, das nachgewiesen hat und anzeigt, dass der [X.] die mittlere obere Position, bei der der Eingang offen ist, erreicht hat, und dass

die Steuerungsvorrichtung (16) ferner die Bewegung des Stellantriebs kontinuierlich nach oben von der mittleren oberen Position, bei der der Eingang offen ist, ([X.], [X.]2, [X.]3) zur vollständig offenen Hubende-Position ([X.]) mit einer oder mehreren Geschwindigkeiten, die höher als die eine oder mehrere ausgewählten mittleren Geschwindigkeiten sind, steuert.

18. Verfahren zum Durchführen eines Spritzgießzyklus in einem Spritzgießgerät (10), umfassend:

eine Spritzgießmaschine und einen Verteiler (40), der ein Spritzgießmaterial (18, 100b) von der Spritzgießmaschine aufnimmt, wobei der Verteiler (40) einen [X.] (44, 46) aufweist, der das Spritzgießmaterial unter einem Einspritzdruck einem ersten Eingang (34, 36) einer Spritzgießkavität (30) zuführt,

einen Stellantrieb, der mit einem [X.] (1041, 1042) verbunden ist und den [X.] antreibt von einer ersten Position ([X.]), wo das abgeschnittene Ende des [X.]s den Eingang (34, 36) versperrt, um zu verhindern, dass das Einspritzfluidmaterial (18, 100b) in die Kavität (30) fließt, wobei der Stellantrieb den [X.] (1041, 1042) ferner nach oben antreibt zu einer zweiten Position ([X.]) oberhalb des Eingangs, wo das [X.] mit einer maximalen Rate durch den Eingang fließt, und kontinuierlich aufwärts von der ersten Position ([X.]) über eine oder mehrere mittlere Positionen ([X.], [X.]2, [X.]3) zwischen der ersten Position ([X.]) und der zweiten Position ([X.]), wobei das abgeschnittene Ende (1142, 1155) des [X.]s (1041, 1042) den Fluss (1153) des Einspritzfluids auf eine oder mehrere Raten, die niedriger als die maximale Rate sind, einschränkt,

ein Antriebssystem zum steuerbaren Antreiben des Stellantriebs und des [X.] (1041, 1042) nach oben mit einer oder mehreren ausgewählten mittleren Geschwindigkeiten und mit einer oder mehreren hohen Geschwindigkeiten, die höher als die mittleren Geschwindigkeiten sind,

wobei das Verfahren umfasst:

Beginnen eines Einspritzzyklus mit dem abgeschnittenen Ende (1142, 1155) des [X.]s (1041, 1042) in der ersten Position ([X.]),

Einstellen des Antriebssystems, um den Stellantrieb mit der einen oder den mehreren mittleren Geschwindigkeiten anzutreiben, um den [X.] (1041, 1042) kontinuierlich nach oben über eine oder mehrere der mittleren Positionen ([X.], [X.]2, [X.]3) anzutreiben,

wobei das Verfahren dadurch gekennzeichnet ist, dass das Verfahren ferner umfasst:

Messen der Position des Stifts, und Einstellen des Antriebssystems, um die Aufwärtsgeschwindigkeit des [X.]s von der einen oder den mehreren mittleren Geschwindigkeiten auf die eine oder mehreren hohen Geschwindigkeiten einzustellen, über Messen des [X.]s bei einer ausgewählten mittleren Position unterhalb der zweiten Position ([X.]).

Wegen der angegriffenen [X.] wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

Mit ihrer Nichtigkeitsklage vom 9.August2019 macht die Klägerin geltend, das Streitpatent sei im angegriffenen Umfang mangels Patentfähigkeit (Art. 138 Abs.1(a) EPÜ i.V.m. Art. II § 6 Absatz (1) Nr. 1 IntPatÜG) für nichtig zu erklären. Insoweit sei die streitpatentgemäße Lehre nicht neu und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ihren Vortrag zur fehlenden Patentfähigkeit stützt die Klägerin u.a. auf folgende Dokumente:

[X.]:JP H6-64002 A

[X.]a:Figur 1 der [X.] mit Hervorhebungen

[X.]en:[X.] Übersetzung der [X.]

NK10:US 2008/0014296 A1

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 2 620 266 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] im Umfang der Patentansprüche 1, 4 - 8 und 15 - 19 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise nach Maßgabe eines der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht als Anlagen zum Schriftsatz vom 5. Februar 2021.

Patentanspruch 1 der Fassung nach [X.] unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass am Ende folgende Merkmale hinzugefügt werden:

„wherein the tip end of the valve pin and the gate are adapted to cooperate with each other to restrict and continuously increase rate of flow of the fluid material through the gate over the course of the continuous upstream travel of the valve pin from [X.] to the intermediate [X.], and

wherein at the intermediate [X.], [X.] rate.”

Der dem Patentanspruch 18 gemäß Hauptantrag entnommene Patentanspruch 16 nach Hilfsantrag 1 enthält am Ende folgende zwei neue Merkmale:

„and in that over the course of the continuous upstream travel of the valve pin from the first position to the one or more intermediate positions, [X.], and

wherein at the one or more intermediate positions, [X.] rate.“

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von der erteilten Fassung durch das am Ende ergänzte Merkmal:

„wherein the intermediate [X.] is located between 1 and 8 mm upstream of [X.] ([X.]).“

Patentanspruch 18 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber der erteilten Fassung am Ende um das folgende Merkmal ergänzt:

„wherein the selected intermediate position is located between 1 and 8 mm upstream of the first position ([X.]).“

Patentanspruch 1 der Fassung nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von der erteilten Fassung durch das folgende am Ende ergänzte Merkmal:

„wherein the one or more selected intermediate velocities are less than about 75% of the higher velocities.“

Der nebengeordnete Patentanspruch 17 der Fassung nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von der erteilten Fassung durch das folgende am Ende ergänzte Merkmal:

„wherein the one or more intermediate velocities are less than about 75% of the high velocities.“

Die Klägerin hält die Nichtigkeitsklage auch gegenüber der Verteidigung des Streitpatents mit den [X.] aufrecht, die sie als unzulässig und nicht patentfähig ansieht.

Die Beklagte, die in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, die nebengeordneten Patentansprüche jeweils selbständig zu verteidigen, tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Der Gegenstand des Streitpatents sei - sofern er mit der Nichtigkeitsklage angegriffen wird - bereits in der erteilten Fassung bestandsfähig. Jedenfalls gelte dies für die hilfsweise verteidigten Fassungen. Die Beklagte reicht ferner noch eine beglaubigte Teilübersetzung der [X.] ins [X.] als HL[X.]de ein.

Der Senat hat die Parteien mit einem Hinweis nach §83 Abs.1 [X.] vom 30.November2020 auf die Gesichtspunkte hingewiesen, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sind.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf deren Schriftsätze mit sämtlichen Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist zulässig und begründet, da das Streitpatent in der erteilten Fassung mangels Patentfähigkeit im angegriffenen Umfang für nichtig zu erklären ist. Das Streitpatent kann auch in keiner der Fassungen der Hilfsanträge Bestand haben, denn seine jeweiligen Gegenstände sind nicht zulässig (Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1) oder nahegelegt, so dass sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Anspruch 16 gemäß Hilfsantrag 1 sowie die unabhängigen Ansprüche der [X.] und 3).

I.

1.Das Streitpatent betrifft Spritzgießsysteme, bei denen die Einspritzung in eine Kavität über die Bewegung der [X.]e gesteuert wird und somit diese Systeme über eine Durchflussregelung verfügen (Absatz [0001] der [X.]chrift EP 2 620 266 [X.]). Als Ausgangspunkt der Überlegungen des [X.] ist die Druckschrift [X.] 2010/225025 [X.] genannt, die ein Kaskaden-Einspritzsystem offenbart ([0002]).

Als [X.] wird dabei ein sequentielles Spritzen mit mehreren Nadelverschlussdüsen bezeichnet, das bevorzugt bei hochwertigen, größeren Bauteilen eingesetzt wird, insbesondere, wenn relativ kleine Wanddicken der Bauteile das konventionelle Spritzgießen erschweren. Die Einspritzung erfolgt dabei entsprechend der fortschreitenden Schmelzefront und ermöglicht so eine Kontrolle bzw. Optimierung des Schmelzeflusses in der Kavität. Als Vorteile sind dabei insbesondere der geringere notwendige Einspritzdruck sowie das Vermeiden von sogenannten Bindenähten bzw. Fließfrontmarkierungen (flow front markings) anzusehen.

Wie im Streitpatent beschrieben offenbart das Kaskaden-Spritzgießsystem der [X.]2010/225025 [X.] mehrere Düsen, deren Ventilstangen jeweils von einer hydraulisch betriebenen Kolben-Zylindereinheit gesteuert werden. Durch die Steuerung der Drosselung des Druckmittelaustritts aus dem Kolbenzylinder zu unterschiedlichen [X.]en werden somit die Einspritzzeit und die Einspritzgeschwindigkeit der Schmelze an den jeweiligen Einspeiseöffnungen der Nadelverschlussdüsen der Formkavität realisiert ([0003]).

Gemäß dem Gegenstand nach Anspruch 1 ist es das Ziel des [X.] in der [X.], „an apparatus (10) for controlling the [X.] (18, 100b)…“ bereitzustellen.

2. Als Fachmann ist vorliegend ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau bzw. Kunststofftechnik mit Fachhochschul-Abschluss oder mit entsprechendem Abschluss anzusehen, der mehrere Jahre Berufserfahrung in der Konstruktion von Spritzgießmaschinen bzw. -werkzeugen aufweist. Er kennt sich auch in der Steuerungstechnik entsprechender Maschinenelemente und Werkzeuge aus, zieht jedoch zusätzlich einen Fachmann für Mess- und Regelungstechnik hinzu.

[X.] Zur erteilten Fassung (Hauptantrag)

1. Der übersetzte Patentanspruch 1 schlägt in der erteilten Fassung nach Merkmalen gegliedert Folgendes vor:

1. Gerät zur Steuerung der Fließrate eines [X.]s von einer Spritzgießmaschine in eine Spritzgießkavität, wobei das Gerät umfasst:

1.1 einen Verteiler, welcher das eingespritzte [X.] aufnimmt,

1.1.1 wobei der Verteiler einen Zuführkanal aufweist, der das [X.] einem Eingang in die Spritzgießkavität zuführt;

1.2 einen Stellantrieb, der mit einem [X.] mit einem Kopfende verbunden ist,

1.2.1 wobei der Stellantrieb den [X.] kontinuierlich stromaufwärts bewegt entlang eines Bewegungsweges ([X.], [X.]2, [X.]3) zwischen einer stromabwärtigen Position, bei der der Eingang geschlossen ist ([X.]) und einer mittleren stromaufwärtigen Position, bei der der Eingang offen ist ([X.], [X.]2, [X.]3),

1.2.2 wobei die stromabwärtige Position, bei der der Eingang geschlossen ist ([X.]), eine Position ist, bei der das Kopfende des [X.]s den Eingang versperrt, um zu verhindern, dass Fluidmaterial in die Spritzgießkavität fließt,

1.2.3 wobei die mittlere stromaufwärtige Position, bei der der Eingang offen ist ([X.], [X.]2, [X.]3), eine vorher bestimmte Position zwischen der stromabwärtigen Position, bei der der Eingang geschlossen ist ([X.]), und einer vollständig offenen [X.] ([X.]) stromaufwärts der mittleren stromaufwärtigen Position, bei der der Eingang offen ist ([X.], [X.]2, [X.]3), bei welcher das [X.] mit einer maximalen Rate durch den Eingang fließt, ist;

1.3 eine Steuerungsvorrichtung, die mit dem Stellantrieb verbunden ist und die die Bewegung des Stellantriebs zumindest teilweise gemäß Anweisungen steuert,

1.3.1 die den Stellantrieb anweisen, den [X.] kontinuierlich stromaufwärts mit einer oder mehreren ausgewählten mittleren Geschwindigkeiten im Verlauf der Bewegung ([X.], [X.]2, [X.]3) des [X.]s von der stromabwärtigen Position, bei der der Eingang geschlossen ist ([X.]), zu der mittleren stromaufwärtigen Position, bei der der Eingang offen ist ([X.], [X.]2, [X.]3), zu bewegen;

1.4 wobei das Gerät ferner eine [X.] umfasst, die ein oder mehrere Signale erzeugt, die die Position des [X.]s anzeigen,

1.5 wobei die Steuerungsvorrichtung Anweisungen durchführt, durch die verursacht wird,

1.5.1 dass der [X.] kontinuierlich stromaufwärts mit der einen oder den mehreren ausgewählten mittleren Geschwindigkeiten bewegt wird

1.5.2und auf eine stromaufwärts gerichtete Geschwindigkeit des [X.]s basierend auf einem oder mehreren der Signale, die durch die [X.] erzeugt werden, eingestellt wird,

1.6 wobei die Anweisungen verursachen,

1.6.1 dass die Geschwindigkeit des [X.]s auf eine ausgewählte höhere Geschwindigkeit eingestellt wird in Antwort auf ein Signal, welches durch die [X.] erzeugt wird, das nachgewiesen hat und anzeigt, dass der [X.] die mittlere stromaufwärtige Position, bei der der Eingang offen ist, erreicht hat, und

1.6.2 dass die Steuerungsvorrichtung ferner die Bewegung des Stellantriebs kontinuierlich stromaufwärts von der mittleren stromaufwärtigen Position, bei der der Eingang offen ist ([X.], [X.]2, [X.]3), zur vollständig offenen [X.] ([X.]) mit einer oder mehreren Geschwindigkeiten, die höher als die eine oder mehrere ausgewählten mittleren Geschwindigkeiten sind, steuert.

In der vorstehenden Gliederung ist die in der [X.]chrift vorliegende Übersetzung in einigen Punkten abgeändert worden:

- valve pin - [X.] (anstatt [X.])

- tip end - Kopfende (alternativ: Spitzenende, anstatt abgeschnittenes Ende)

- upstream - stromaufwärts (anstatt oben bzw. nach oben)

- downstream - stromabwärts (anstatt unten)

- upstream position - stromaufwärtige Position (anstatt obere Position)

- downstream position - stromabwärtige Position (anstatt untere Position)

- upstream velocity - stromaufwärts gerichtete Geschwindigkeit (anstatt Aufwärtsgeschwindigkeit)

Der übersetzte Patentanspruch 18 in der erteilten Fassung lautet in einer gegliederten Form sowie mit entsprechend angepasster Korrektur:

18. Verfahren zum Durchführen eines Spritzgießzyklus in einem Spritzgießgerät, umfassend: eine Spritzgießmaschine und

18.1 einen Verteiler, der ein Spritzgießmaterial von der Spritzgießmaschine aufnimmt,

18.1.1 wobei der Verteiler einen Zuführkanal aufweist, der das Spritzgießmaterial unter einem Einspritzdruck einem ersten Eingang einer Spritzgießkavität zuführt,

18.2 einen Stellantrieb, der mit einem [X.] verbunden ist und den [X.] antreibt

18.2.1 von einer ersten Position ([X.]), wo das Kopfende des [X.]s den Eingang versperrt, um zu verhindern, dass das Einspritzfluidmaterial in die Kavität fließt,

18.2.2 wobei der Stellantrieb den [X.] ferner stromaufwärts antreibt zu einer zweiten Position ([X.]) stromaufwärts des Eingangs, wo das Spritzgießmaterial mit einer maximalen Rate durch den Eingang fließt,

18.2.3 und kontinuierlich stromaufwärts von der ersten Position ([X.]) über eine oder mehrere mittlere Positionen ([X.], [X.]2, [X.]3) zwischen der ersten Position ([X.]) und der zweiten Position ([X.]),

18.2.4 wobei das Kopfende des [X.]s den Fluss des [X.] auf eine oder mehrere Raten, die niedriger als die maximale Rate sind, einschränkt,

18.3 ein Antriebssystem zum steuerbaren Antreiben des Stellantriebs und des [X.]s stromaufwärts

18.3.1 mit einer oder mehreren ausgewählten mittleren Geschwindigkeiten

18.3.2 und mit einer oder mehreren hohen Geschwindigkeiten, die höher als die mittleren Geschwindigkeiten sind,

18.4 wobei das Verfahren umfasst: Beginnen eines Einspritzzyklus‘ mit dem Kopfende des [X.]s in der ersten Position ([X.]),

18.5 Einstellen des Antriebssystems, um den Stellantrieb mit der einen oder den mehreren mittleren Geschwindigkeiten anzutreiben, um den [X.] kontinuierlich stromaufwärts über eine oder mehrere der mittleren Positionen ([X.], [X.]2, [X.]3) anzutreiben,

18.6 Messen der Position des Stifts, und

18.7 Einstellen des Antriebssystems, um die stromaufwärts gerichtete Geschwindigkeit des [X.]s von der einen oder den mehreren mittleren Geschwindigkeiten auf die eine oder mehreren hohen Geschwindigkeiten einzustellen, durch Messen des [X.]s bei einer ausgewählten mittleren Position stromabwärts der zweiten Position ([X.]).

2. Der Senat legt den Patentansprüchen 1 und 18 folgendes Verständnis zugrunde:

Patentanspruch 1:

Aufgrund der Beschränkung im [X.] Prüfungsverfahren sind eine Vielzahl von Ausführungen eines Geräts zur Steuerung der Fließrate eines [X.]s von einer Spritzgießmaschine in eine Spritzgießkavität nicht mehr Teil der beanspruchten Erfindung („…not part of the invention…“). Dies betrifft jeweils die in den Absätzen [0004], [0014], [0032], [0041] und [0049] beginnend beschriebenen Ausführungsvarianten.

Mit „[X.]“ in Merkmal 1. ist eine Fließrate eines [X.]s gemeint, wie es in der [X.] Übersetzung zu Recht heißt. Eine „Fließ- oder Durchflussrate“ stellt dabei die zeitliche Ableitung einer Durchflussmenge und damit einen Volumenstrom oder Massestrom dar (Volumen bzw. Masse pro [X.]einheit). Eine (absolute) „Durchflussmenge“ ist entgegen dem Vortrag der Klägerin in der Klageschrift damit nicht gemeint.

Der in dem Patentanspruch mehrfach verwendete Begriff „valve pin“ (Merkmal 1.2ff.) stellt einen [X.] des entsprechenden (Nadel-) Ventils dar und kann in Verbindung mit dem Stellantrieb (actuator) als Stellglied des Steuer- bzw. Regelkreises bezeichnet werden. Der Begriff „[X.]“ erscheint insofern eher missverständlich zu sein. Der Begriff „tip end“ in Bezug auf den [X.] des (Nadel-) Ventils ist lediglich das dem Stellantrieb gegenüberliegende Ende des [X.]s, das als Kopfende (oder Spitzenende) bezeichnet werden kann. Es stellt jedenfalls das mit dem Ventilkörper in Wechselwirkung tretende Ende des [X.]s dar, das den Durchfluss in die Spritzgießkavität verschließt oder öffnet.

Die Begriffe „upstream“ und „downstream“ sind mit „oben/unten“ bzw. „aufwärts/abwärts“ ebenfalls nicht im Sinne des [X.] übersetzt. Sie stellen keine absoluten (örtlichen) Lagebezeichnungen dar, sondern sind auf die jeweilige Strömungsrichtung des [X.]s zu beziehen (stromaufwärts/stromabwärts). Die Ventilanordnungen sind nicht auf die [X.] in den gezeigten Figuren beschränkt, sondern sind universell zu sehen und demgemäß auf die Strömungsrichtung der [X.] zu beziehen. Entsprechendes gilt für die relativen „stromaufwärtigen“ bzw. „stromabwärtigen“ Positionen des [X.]es.

Abbildung

Ausführungsbeispiel des [X.] mit den mittleren Positionen des [X.]s ([X.], [X.]2) sowie der geschlossenen Position ([X.]) und der [X.] ([X.])

Gemäß Merkmal 1.2.3 sind mehrere Positionen des [X.]s definiert. Neben einer stromabwärtigen, geschlossenen Position ([X.]) gibt es hierzu stromaufwärts liegend eine oder mehrere mittlere Positionen ([X.], [X.]2, [X.]3), bei welcher der Eingang in die Kavität bereits derart „offen“ ist, dass das [X.] bereits mit einer maximalen Rate (Geschwindigkeit) durch den Eingang fließt, sowie einer vollständig offenen „[X.]“ ([X.]). Bei mehreren mittleren Positionen stellt sich der Fachmann allerdings die Frage, bei welcher von diesen bereits eine derartige „Öffnung“ vorliegt, bei der die maximale Geschwindigkeit des [X.] und damit der maximale Volumenstrom realisiert ist. Gemäß den Ausführungen der Ausführungsbeispiele in den Figuren 3A und [X.] sowie [X.] und [X.] beginnt dieser Bereich („[X.]“ [X.]) stromaufwärts der [X.]-Position, so dass offensichtlich von der mittleren Position an, die in den Figuren „[X.]“ genannt ist, die maximale Fließrate des einzuspritzenden Materials vorliegt. Die Figuren [X.] und 1E sagen im Übrigen nichts Anderes - entgegen der in dieser Hinsicht abweichenden Auslegung des [X.]. Aus fachlichem Verständnis - bei qualitativer Betrachtung dieser Figuren - wird die maximale Durchflussrate des [X.] dementsprechend maßgeblich durch den kleinsten Querschnitt am [X.] in die Kavität (Düsenquerschnitt) bestimmt.

Diese „[X.]“ ([X.]) wird einerseits als Bereich dargestellt (in den o.g. Figuren), andererseits als eine Position, die erreicht wird („[X.]... continues to increase… to a maximum flow rate when [X.] reaches a position [X.] ([X.])…“, [0071]). Darüber hinaus sind in den Diagrammen mit exemplarischen Geschwindigkeitsprofilen der Figuren 5A und 5B ebenfalls „punktuelle“ Positionen (4 mm) mit „[X.]“ markiert, ab denen offensichtlich das Ventil derart weit geöffnet ist, dass die maximale Fluidrate in die Kavität eingespritzt wird. Dies wird auch eindeutig in der [X.]chrift mit Bezug auf die Figuren [X.] und [X.] so formuliert, wonach bei Erreichen der Position [X.] die Durchflussrate des [X.] nicht mehr beschränkt wird („…the tip end 1142 has reached the changeover point [X.], [X.] 1041 (and its radial surface 1155) no longer restricts the rate of flow of fluid material 1153 through the gap 1154 because the gap 1154 has increased to a size that no longer restricts fluid flow 1153 below the maximum flow rate of material 1153“, [0072]). Die ansonsten gebrauchte Formulierung mit Bezug auf die mittleren stromaufwärtigen Positionen, bei der „…der Eingang offen ist…“ (Merkmale 1.2.1, 1.2.3, 1.3.1, 1.6.1, 1.6.2), quantifiziert die Durchflussrate des [X.] nicht und sagt lediglich aus, dass der Eingang nicht geschlossen ist.

Da in Merkmal 1.2.3 die mittlere stromaufwärtige Position eine Position sein soll, bei welcher das [X.] mit einer maximalen Rate durch den Eingang fließt, trifft dies gemäß den Ausführungsbeispielen nur für die mittleren Positionen [X.] und [X.]3 zu (Figuren [X.] und [X.]), da dort bereits die „[X.]“ ([X.]) erreicht ist. Für die mittlere Position [X.]2 trifft das nicht zu, dort ist die maximale Durchflussrate noch nicht erreicht, diese Position liegt noch in dem Bereich der beschränkten Durchflussmenge (restricted flow path [X.]2). Insofern ist die mittlere Position [X.]2 nicht vom Umfang des Gegenstands nach Anspruch 1 umfasst.

Insgesamt folgt daraus, dass zwischen der mittleren Position ([X.]) und der [X.] ([X.]) offensichtlich keine weitere Erhöhung der Durchflussrate erzielt werden kann. Da in Merkmal 1.6.2 formuliert ist, dass die Bewegung des Stellantriebs des [X.]es von der (oder den) mittleren Position(en) bis zur vollständigen [X.] ([X.]) mit einer oder mehreren Geschwindigkeiten gefahren werden, die höher als die eine oder mehrere ausgewählten mittleren Geschwindigkeiten sind, ergeben sich zumindest zwei unterschiedliche Geschwindigkeits-Niveaus des [X.]s beim Öffnen dieses [X.]. Die eine oder gar mehrere Geschwindigkeitserhöhungen des [X.]s stromaufwärts der mittleren Positionen [X.] oder [X.]3, bei denen bereits die maximale Durchflussrate des [X.] erreicht ist, führt damit zu keiner weiteren Erhöhung der Einspritzrate und dient dabei dem Zweck, die Zyklendauer des Einspritzvorgangs zu reduzieren („[X.], Ende Absatz [0064]). Mit den zumindest zwei Öffnungsgeschwindigkeiten des [X.]s findet somit die Öffnungsbewegung des [X.]s auch „kontinuierlich“, d.h. ohne zeitweisen Stillstand statt, wie dies mehrfach in der [X.] genannt ist.

Die Beklagte hat jedenfalls nicht Recht, wenn sie das Erreichen der maximalen Durchflussrate des [X.] durch die [X.] erst in der Stellung des Ventilkopfes in der [X.] ([X.]) sieht. Zwar lässt die Formulierung des Merkmals 1.2.3 gegebenenfalls einen Interpretationsspielraum offen, ob sich der letzte Relativsatz hinsichtlich der maximalen Rate auf die [X.] oder die mittlere Position bezieht, bei der der Eingang offen ist - wobei bereits formal der Rückbezug sich auf das zuletzt genannte Nomen und somit auf den offenen Eingang der mittleren Position bezieht. Auch eine Betrachtung der [X.] Originalfassung führt zu keinem anderen Ergebnis. Aber jedenfalls ergibt sich aus der Beschreibung der Ausführungsbeispiele zweifelsfrei - insbesondere gemäß den Absätzen [0070] bis [0073] - dass die maximale Rate des [X.]s jeweils in Bezug zu den mittleren Positionen formuliert ist und nicht in Bezug auf die [X.] ([X.]). Dass auch dort eine potentiell maximale Durchflussrate gegebenenfalls noch anliegt, sofern noch genügend Material in die Spritzgussform einfließen kann, steht außer Frage.

Die Steuerungsvorrichtung (controller 16) steuert die Bewegung des Stellantriebs wenigstens teilweise (Merkmal 1.3), wobei hierzu die in Merkmal 1.4 genannte [X.] (sensor 951, 952, 132, 100) herangezogen wird, die ein oder mehrere Signale erzeugt, die die Position des [X.]s anzeigen. Das Merkmal1.6.1 führt hierzu weiter aus, dass das (zumindest eine) Signal durch die [X.] das Erreichen der (einen) mittleren Position des [X.]s nachweist und anzeigt, so dass die Geschwindigkeit des [X.]s dort auf einen höheren ausgewählten Wert eingestellt wird.

Hinsichtlich der Auslegung der [X.] sieht der Senat - ebenso wie das Verletzungsgericht - einen Servomotor mit einem Encoder (oder auch Resolver) als mit umfasst an, der mittels optischem oder induktivem Sensor bei einer positionsgeregelten Betriebsweise die Positionsbestimmung an einer Bewegungsrichtung ausreichend genau vornimmt und bei Erreichen einer Position entsprechende Signale zur zugehörigen Rechnereinheit als Rückkopplung in einem Regelkreis senden kann.

Patentanspruch 18:

In wesentlichen Teilen entsprechen die Merkmale des Anspruchs 18 inhaltlich - in Anpassung an den Charakter eines Verfahrensanspruchs - denjenigen des Vorrichtungsanspruchs 1, in einigen Teilen unterscheiden sich beide Gegenstände geringfügig und in einem Punkt maßgeblich voneinander.

Die geschlossene Ventil-Position (gate closed [X.]) wird nun als erste Position, die [X.] ([X.]) als zweite Position bezeichnet. Die mittlere Position ([X.], [X.]2, [X.]3) ist nicht explizit definiert als eine solche Position, „bei der der Eingang offen ist“, allerdings ist implizit eine beliebige nicht-verschlossene Öffnung anzunehmen, wobei diese Position damit einer nicht näher definierten „offenen“ Position gemäß Merkmal 1.2.1 entspricht. Insbesondere ist jedoch in Anspruch 18 nicht formuliert, dass die mittlere Position (bzw. die mittleren Positionen [X.], [X.]2, [X.]3) eine Position darstellt, „…bei welcher das [X.] mit einer maximalen Rate durch den Eingang fließt“ (entsprechend Merkmal 1.2.3). Die mittleren Positionen ([X.], [X.]2, [X.]3) nehmen gemäß dem Merkmal 18.2.4 (i.V.m. Merkmal 18.2.3) demgegenüber eine Position ein, bei der der „…Fluss des [X.] auf eine oder mehrere Raten, die niedriger als die maximale Rate sind,…“ eingeschränkt wird. Der Rückbezug des Merkmals 18.2.4 bezieht sich dabei eindeutig auf die zuvor genannten mittleren Positionen, gleichermaßen in der [X.] Originalfassung. Insofern stellen die mittleren Positionen nun eine Position dar, bei der gerade noch nicht die maximale Durchflussrate des [X.]s erreicht ist. Dies betrifft in den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren [X.] und [X.] somit lediglich die Position [X.]2, während - entgegengesetzt zur Auslegung des Anspruchs 1 - die mittleren Positionen [X.] und [X.]3 vom Verfahren nach Anspruch 18 nicht umfasst sind.

Gemäß der Merkmalsgruppe 18.3 ist nun formal noch ein (zwingend notwendiges) Antriebssystem beschrieben, das zum steuerbaren Antreiben des Stellantriebs dient. Nach Merkmal 18.7 wird das Antriebssystem derart eingestellt, dass die Geschwindigkeit des stromaufwärts bewegten [X.]s an zumindest einer mittleren Position, bei der der Durchfluss des [X.]s gemäß Merkmal 18.2.4 noch nicht maximal ist, auf zumindest eine höhere Geschwindigkeit angehoben wird.

3. Patentfähigkeit

Die [X.] und 18 der erteilten Fassung erweisen sich als nicht patentfähig. Zwar sind deren Gegenstände nicht durch den Stand der Technik neuheitsschädlich getroffen, jedoch hat die jeweilige Lehre dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt des [X.] nahegelegen, so dass die Patentansprüche 1 und 18 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Art.56 EPÜ).

3.1 Patentanspruch 1

Das Dokument [X.] ([X.] 2008/0014296 [X.]) stellt den geeigneten Ausgangspunkt der Überlegungen des Fachmanns dar, da diese Druckschrift nicht nur die Merkmale des Oberbegriffs, sondern noch eine Reihe weiterer Merkmale des Gegenstands nach Anspruch 1 des [X.] umfasst.

Die Druckschrift [X.] offenbart eine Ventilschiebereinrichtung zur Steuerung des Einspritzvorgangs in die Kavität eines Formwerkzeugs („… a valve gate assembly for regulating a flow of molten material into a cavity of a mold“, Absatz [0002]). Das Ausführungsbeispiel der Figur 1 zeigt im Querschnitt eine Verteilereinrichtung (manifold flow passage 22), welche das eingespritzte [X.] aus dem [X.] ([X.] 28) aufnimmt. Dieser [X.] führt das geschmolzene Spritzgießmaterial in zwei Zuführkanäle mit einem jeweiligen Eingang in die [X.]. Figur 1 zeigt ferner zwei Stellantriebe (actuating systems 36 bzw. [X.]), die jeweils mit einem [X.] (pin 32) sowie mit dem jeweiligen entgegengesetzten Kopfende des [X.]s (end 34 of the pin 32) verbunden sind, wobei die Ventilschiebereinrichtung Positionen zwischen der geschlossenen und der vollständig geöffneten Position - und damit auch [X.] - einnehmen kann („…movable valve that can move between a fully closed position and a fully open position …“, [0009]; Merkmale 1 bis 1.2.2).

Darüber hinaus ist zumindest implizit offenbart, dass die Ventilstellung eine beliebige (mittlere) Position aufweist, bei der die Einspritzöffnung derart offen ist, dass das [X.] eine maximale Rate aufweist und damit die Einspritzöffnung der Düse den wirksamen, engsten Querschnitt darstellt, der die Durchflussrate bestimmt (Merkmal 1.2.3). Dies ist den Figuren zu entnehmen, da die Länge des [X.] des [X.]s ein Vielfaches seines Durchmessers beträgt, so dass sich die Position des [X.] (34) des [X.]s (32) bereits weit im zylindrischen Bereich der Düse (24) befindet (Figur 1, rechte Düse). Damit wird bereits deutlich vor dieser dargestellten End- oder Zwischenposition eine maximale Durchflussrate erzielt, da der [X.] auf jeden Fall eine wesentlich größere freie Querschnittsfläche (Ringspaltfläche) als der Öffnungsquerschnitt der Düse aufweist.

Die [X.] weist auch eine Steuerungs- bzw. [X.] auf, die mit dem Stellantrieb verbunden ist und die Bewegung des Stellantriebs steuert bzw. regelt (insbesondere Figur 12 sowie Beschreibung in den Absätzen [0059] bis [0061]; Merkmal 1.3). Das Stellantriebssystem weist zudem auch eine Messeinrichtung in Form eines Encoders (encoder 54) auf, die eine [X.] (sensing device 56) beinhaltet, die beispielsweise ein Fotodetektor (photodetector) sein kann. Damit können durch den Benutzer gewünschte Bewegungsprofile des [X.] durch ein Computerprogramm eingegeben werden und (beliebige) Bewegungsprofile realisiert werden („[X.] in [X.]; the user enters the instructions and motion profiles into a programmable motion controller…“, [0058]). In einer alternativen Ausführungsform kann die tatsächliche Bewegung des Stellantriebs auch in einem geschlossenen Regelkreis überwacht werden („[X.], the actual movement of the actuator output shaft can be monitored to assure that the actuator produces the exact motion desired. In such a situation, a closed loop feed back control can be used in an alternate embodiment”, Ende Absatz [0059]). Eine Positionierung des [X.]s ist dabei stufenlos zwischen der geschlossenen und der vollständig geöffneten Position möglich („…the actuator 38 can infinitely position the pin 32 anywhere between the fully closed and fully open positions…“, [0040]). Damit sind auch die Merkmale 1.3 bis 1.5.2 aus [X.] bekannt.

Nicht explizit offenbart ist lediglich der Teil aus den Merkmalen 1.6.1 und 1.6.2, der zumindest eine konkrete Änderung der Ventilschiebergeschwindigkeit, insbesondere von einer mittleren Geschwindigkeit der bereits offenen mittleren Position - bei der das [X.] mit maximaler Rate durch den Eingang fließt - bis zu der vollständigen offenen [X.] mit einer oder mehreren höheren Geschwindigkeiten fordert.

Die Vorrichtung der [X.] weist zur Regelung der Bewegung des [X.]es einen Geschwindigkeits-/Positions-Sensor (velocity/position feedback sensor 248) auf, der zu jeder [X.] Informationen über Geschwindigkeit und Position des [X.]es der Regeleinrichtung zukommen lässt („[X.] assembly's 36d output shaft 164 at all times“, [0061]). Damit erhält die Regeleinrichtung auch bei Erreichen einer beliebigen mittleren Position, bei der eine maximale Rate an [X.] durch die Einspritzöffnung der entsprechenden [X.] strömt, ein Signal von der Messeinrichtung ([X.] 1.6.1).

Darüber hinaus kann der Bediener der Vorrichtung der [X.] von sich aus - wie bereits vorstehend erwähnt - jedes Bewegungs- bzw. Geschwindigkeitsprofil über eine Programmierung erzeugen, das er realisiert haben möchte ([0058]). Dabei ist auch offenbart, dass eine derartige Bewegung des Stellantriebs und damit des [X.]es stufenlos erfolgen kann („In one embodiment, the entire range of movement (i.e., stroke) of the pin 32 between the fully closed and fully open positions is approximately one inch. [X.]“; oder: „…the positioning or movement of the pin 32 becomes infinite”, jeweils [0033]).

Damit ist jedoch eine stufenlos und stetig zunehmende Geschwindigkeitserhöhung beim Kaskadenspritzen aus mehreren Düsen für den Fachmann nahegelegt, denn dort ist es gerade das Ziel, zur Optimierung des Schmelzeflusses und zur Vermeidung von Fließfrontmarkierungen zuerst langsam einzuspritzen, wobei anschließend der Spritzzyklus auch möglichst schnell beendet werden soll, damit in der Kavität der Spritzgießform im noch nicht ausgehärteten Zustand des Kunststoffs der maximale Druck möglichst schnell anliegt. Insofern ergibt sich deshalb bereits grundsätzlich ein zuerst „langsames Öffnen“ des Ventils, verbunden mit einer sich daran anschließenden Zunahme der Öffnungsgeschwindigkeit. Dies war bereits bekannter Ausgangspunkt der Überlegungen in dem in der [X.]chrift zitierten Dokument [X.] 2010/0225025 [X.], wonach die später öffnenden Düsen nicht schlagartig, sondern langsam geöffnet werden.

Mit einer beginnend langsamen und folgend stufenlos zunehmenden Öffnung der dem [X.] nebengeordneten „später“ öffnenden Ventile ergibt sich somit auch zumindest eine Geschwindigkeitserhöhung im Bereich einer mittleren Position, bei der der freie Wirkungsquerschnitt ([X.]) zwischen [X.] und Ventilkörper derart groß ist, dass der bestimmende kleinste Querschnitt der [X.] wird, bei der somit bereits die maximale Volumenstromrate des [X.] anliegt (Merkmale 1.6.1 und 1.6.2). Insofern war nach Ansicht des Senats dem Fachmann der Gegenstand nach Anspruch 1 bereits aus der [X.] in Verbindung mit seinem Fachwissen nahegelegt.

Zumindest jedoch mit der Heranziehung des Dokuments [X.] (bzw. [X.]en und HL[X.]de sowie der [X.]a) zur Druckschrift [X.] ergibt sich die Vorrichtung nach Anspruch 1 in naheliegender Weise.

Die [X.] mit ihren beiden (Teil-) Übersetzungen [X.]en und HL[X.]de ist in der mündlichen Verhandlung seitens der Parteien zuletzt insbesondere in ihrer [X.] Fassung erörtert worden. Diese Druckschrift offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Einspritzen eines [X.] in ein Formwerkzeug einer Spritzgießmaschine (Patentansprüche 1 und 2 und Figur 1). Die [X.] (A) wird gemäß dem Ausführungsbeispiel über einen Heißkanal (5) in drei Zweigzuführkanäle (11) verteilt, die jeweils zu einem Eingang in die [X.] ([X.] 8) münden (Merkmale 1.1 und 1.1.1). Die Stellantriebe ([X.]) der neben der zentralen Einspritzeinheit ([X.]-Einspritzteil 3a) liegenden [X.]e (Kolbenstangen 14a) der zweiten [X.]-Einspritzteile (3b) sind mit dem die Abdichtung vornehmenden Kopfenden dieser [X.]e verbunden (Merkmal 1.2) und treiben die entsprechenden [X.]e allmählich zunehmend (gradually increases, [0031] [X.]en) von einer geschlossenen Position ([0026]) über eine (beliebige) mittlere Positionsstellung zu einer Endstellung ([X.], 3b sind voll geöffnet, [0033]) an (Merkmal1.2.2). Ob dabei bereits in einem Zwischenstadium (mittlere Position) das Spritzgießmaterial in einer maximalen Rate durch die [X.] fließt, ist in der [X.]/[X.]en/HL[X.]de nicht explizit beschrieben.

Die [X.] mit ihren Übersetzungen offenbart auch eine in den Figuren nicht gezeigte Steuerungs- bzw. Regelungsvorrichtung, die die Bewegungen des Stellantriebs zumindest teilweise steuert bzw. regelt (Steuereinheit, [0028] und [0030]; Merkmal 1.3). Dabei wird der [X.] der jeweiligen außermittigen Einspritzventile (12) durch graduelle Zunahme des Ausstoßes des [X.] aus der Kammer (16) allmählich erhöht, so dass damit auch die Geschwindigkeit des [X.]s stromaufwärts bis zu einer mittleren Position erhöht wird, bei der dann auch eine maximale Durchflussrate des [X.] in die Kavität erzielt wird ([0030]; Merkmale 1.3.1, 1.5 und 1.5.1). Dies ist beispielsweise mit einem einfachen Integral-Regler ([X.]) zu realisieren.

Auch das seitens der Beklagten neu eingereichte Dokument einer beglaubigten Teilübersetzung ins [X.] der [X.] (HL[X.]de) führt - entgegen der Auffassung der Beklagten - zu keiner anderen Bewertung als die seitens der Klägerin eingereichte [X.] Übersetzung ([X.]en). In Absatz [0030] der HL[X.]de heißt es: „Zu diesem [X.]punkt erhöht das Stromeinstellventil (25) durch Ansteuern der nicht abgebildeten Steuereinheit allmählich die Menge der aus den Ölkammern (16) der einzelnen Hydraulikzylinder (14) abgelassenen Hydraulikflüssigkeit“. Damit ist fachlich jedoch eindeutig eine Zunahme der Menge pro [X.]einheit gemeint (allmählich zunehmend, gradually increases), und somit ein Volumen- bzw. Masse- und Mengenstrom - und nicht eine absolute Menge an Hydraulikflüssigkeit. Dies wird insbesondere in den Absätzen [0031] und [0032] deutlich, wonach dort von einer „allmählich abnehmenden Menge“ bzw. „schlagartig verminderten Menge“ die Rede ist. Dies kann - zwingend - jeweils nur auf einen reduzierten Mengenstrom (Volumenstrom) bezogen sein und nicht auf einen reduzierten absoluten Wert („rückwärts gerichteter Fluss“).

Mit der nun kontinuierlichen (allmählichen, stufenlos steigenden) Zunahme an geschmolzenem [X.] in die [X.]-Einspritzteile (3b) und die entsprechende allmähliche Abnahme an [X.] im zentralen [X.]-Einspritzteil (3a) ergibt sich somit zwingend auch eine Geschwindigkeitszunahme im Bereich der [X.] an einer mittleren Position eines [X.]-Einspritzteils (3b), bei dem eine maximale Rate an [X.] durch den Eingang fließt. Der Fachmann wird dieses ihm logisch erscheinende Geschwindigkeitsprofil der [X.]/[X.]en/HL[X.]de für die Betriebsweise der Vorrichtung gemäß der [X.] übertragen. Die grundsätzliche Abkehr von einer pneumatischen bzw. hydraulischen Steuerung der Ventile gemäß der Zielsetzung in der [X.] hindert den Fachmann nicht, ein derartiges, ihm sinnvoll erscheinendes Bewegungsprofil heranzuziehen und in sein System mit elektrischem Antrieb zu integrieren. Die Vorrichtung nach Anspruch 1 gemäß Streitpatent war somit zumindest unter Heranziehung der [X.]/[X.]en/HL[X.]de zur [X.] nahegelegt.

3.2 Patentanspruch 18

Das Verfahren nach Anspruch 18 unterscheidet sich in sachlicher Hinsicht im Wesentlichen lediglich dadurch vom Vorrichtungsanspruch 1, dass die zumindest eine Erhöhung der Geschwindigkeit des [X.]s nun bei einer oder mehreren mittleren Position(en) erfolgt, bei der der [X.] den Fluss des [X.] auf eine Rate einschränkt, die niedriger als die maximale Rate ist. Gemäß dem Ausführungsbeispiel gemäß der Figur [X.] entspricht dies der Position [X.]2.

Die Zunahme der Geschwindigkeit des [X.]s an einer (oder mehreren) beliebigen mittleren Position(en) - unterhalb einer maximalen Durchflussrate des [X.]s - auf zumindest eine höhere Geschwindigkeit des [X.]s ist ebenfalls für den Fachmann nahegelegt, da bei einer beginnend langsamen und folgend stufenlos zunehmenden Öffnungsgeschwindigkeit der dem [X.] nebengeordneten „später“ öffnenden Ventile gemäß der [X.] auch bereits zu diesem [X.]punkt der Anstieg der Geschwindigkeit realisiert ist. Insbesondere unter Hinzuziehung der [X.]/[X.]en/HL[X.]de, die ausdrücklich eine stetig zunehmende Geschwindigkeit des [X.]s offenbart, ergibt sich auch bei einer Position unterhalb einer mittleren Position, bei der die maximale Rate des [X.]s noch nicht erreicht ist, zumindest eine, gegenüber der mittleren Geschwindigkeit erhöhte Geschwindigkeit der Öffnungsbewegung des [X.]s. Alle weiteren Verfahrensmerkmale sind zudem - wie vorstehend zum Vorrichtungsanspruch ausgeführt - in Anpassung an den Charakter des Verfahrensanspruchs aus der [X.] bekannt. Somit ist auch das Verfahren nach Anspruch 18 in der erteilten Fassung für einen Fachmann nahegelegt.

I[X.] Zu den Fassungen nach den Hilfsanträgen 1 bis 3

Der Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist unzulässig. Der Gegenstand des Anspruchs 16 gemäß Hilfsantrag 1 sowie die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 18 bzw. 1 und 17 der [X.] und 3 erweisen sich als nicht patentfähig, da ihre Lehre für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt des [X.] durch den Stand der Technik nahegelegt war.

1. Hilfsantrag 1

1.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 umfasst folgende zwei, an den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sich anschließende Merkmale:

1.7 wherein the tip end of the valve pin and the gate are adapted to cooperate with each other to restrict and continuously increase rate of flow of the fluid material through the gate over the course of the continuous upstream travel of the valve pin from the downstream gate closed position to the intermediate [X.], and

1.7.1 wherein at the intermediate [X.], [X.] the rate of flow of the fluid material through the gate to less than the maximum rate.

Gemäß Merkmal 1.7.1 weist die mittlere Position nun eine maximale Durchströmrate an [X.] auf, die kleiner als die maximale sein soll. Damit steht das Merkmal 1.7.1 im Widerspruch zu Merkmal 1.2.3.

1.2 Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist gemäß Artikel 84 EPÜ unzulässig, da sein Inhalt einen Widerspruch enthält. Während nach Merkmal 1.2.3 die mittleren Positionen als solche definiert sind, bei welchen das Spritzgießfluidmaterial mit einer maximalen Rate durch den Eingang fließt, fordert das Merkmal 1.7.1 eine mittlere Position mit einer Rate für das Fluidmaterial unterhalb der maximalen Rate. Damit erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht das Erfordernis gemäß Artikel 84 EPÜ. Dieser bedingt insbesondere auch die Klarheit der Patentansprüche.

1.3 Der Gegenstand des Anspruchs 16 nach Hilfsantrag 1 umfasst die [X.] bis 18.7 des Anspruchs 18 gemäß Hauptantrag sowie die zwei sich anschließenden Merkmale:

18.8 and in that over the course of the continuous upstream travel of the valve pin from the first position to the one or more intermediate positions, [X.] and continuously increase the rate of flow of the fluid material through the gate, and

18.9 wherein at the one or more intermediate positions, [X.] the rate of flow of the fluid material through the gate to less than the maximum rate.

Der Inhalt der beiden zusätzlichen Merkmale ist in allen Punkten bereits in den Merkmalen 18.2.3 und 18.2.4 enthalten. Insbesondere der wesentliche Aspekt der Beschränkung, wonach die zumindest eine Erhöhung der mittleren Geschwindigkeit auf eine höhere Geschwindigkeit bei einer oder mehreren mittleren Position(en) stattfindet, bei der die maximale Fluidrate noch nicht erreicht ist, ist bereits im Verfahren nach Anspruch 18 gemäß Hauptantrag enthalten (s. Auslegung zu Patentanspruch 18 unter [X.] 2.).

1.4 Da folglich der Gegenstand nach Anspruch 16 gemäß Hilfsantrag 1 keine Änderung gegenüber dem Inhalt der Fassung nach dem Hauptantrag enthält, ist er zur Selbstbeschränkung des [X.] nicht geeignet und bleibt daher unberücksichtigt.

2. Hilfsantrag 2

2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 umfasst folgendes zusätzliche, an den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sich anschließende Merkmal:

1.8 wherein the intermediate [X.] is located between1 and 8 mm upstream of the downstream gate closed position ([X.]).

2.2 Das Intervall von 1 bis 8 mm ist in Absatz [0073] der ursprünglichen [X.] [X.] 2012/074879 [X.]) beschrieben, da dort explizit dieser Bereich für den Bewegungsweg [X.] angegeben ist („[X.] can be about 1-8 mm in length…“). Mit dem Intervall eines entsprechenden [X.]-Wertes ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - damit auch zwingend der dazugehörige Positionswert [X.] einer „mittleren stromaufwärtigen Position“ definiert. Insbesondere in Absatz [0059] ist der Zusammenhang der beiden Größen miteinander in Bezug gesetzt, wonach sowohl der [X.]-Wert als auch der [X.]2-Wert als Endwert des Bereichs mit begrenzter Durchflussrate [X.] bzw. [X.]2 bezeichnet wird („…the end point [X.], [X.]2, [X.]. [X.], [X.] of a restricted flow path [X.], [X.]2“). Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist somit zulässig.

Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Hinsichtlich der mit dem Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag übereinstimmenden Merkmale 1 bis 1.6.2 wird auf die Ausführungen unter [X.] 3.1 verwiesen. Eine Patentfähigkeit des nun beschränkten Gegenstands kann auch mit dem hinzugefügten Merkmal 1.8 nicht erwachsen, da eine „mittlere Position“, bei der die maximale Rate des [X.]s erreicht wird, im Wesentlichen vom [X.] und von der allgemeinen [X.]sgeometrie des Gehäuses sowie der entsprechenden Düsennadelgeometrie im Bereich der [X.] abhängt. Eine Formulierung einer speziellen Düsengeometrie oder gar ein [X.] ist im Übrigen mit diesem [X.] nicht verbunden, die sich gegebenenfalls von üblichen Düsengeometrien aus dem Stand der Technik abgrenzen könnte. Eine [X.] und eine dazugehörige Düsennadelgeometrie, bei der die maximale Durchflussrate bei einer mittleren Position unterhalb eines Abstandes von der Schließposition von 8 mm liegt, befindet sich damit - insbesondere bei [X.] mit sehr kleinen Durchmessern - weit innerhalb eines Bereichs, den ein hier angesprochener Fachmann erwartet.

2.3 Der Gegenstand des Anspruchs 18 nach Hilfsantrag 2 umfasst folgendes zusätzliche, an den Anspruch 18 gemäß Hauptantrag sich anschließende Merkmal:

18.10 wherein the selected intermediate position is located between 1 and 8 mm upstream of the first position ([X.]).

2.4 Hinsichtlich der Zulässigkeit des Merkmals wird auf die vorstehenden Ausführungen unter I[X.] 2.2 verwiesen, die sich auch auf eine mittlere Position [X.]2 beziehen, bei der die maximale Durchflussrate des [X.] noch nicht erreicht ist.

Das zusätzliche Merkmal kann jedoch die Patentfähigkeit des Verfahrens nach Anspruch 18 gemäß Hilfsantrag 2 nicht erbringen, da dieses Intervall 1 bis 8 mm für einen Zustand gilt, bei dem die maximale Durchflussrate noch nicht erreicht ist. Damit müsste bei jeder der hier angesprochenen Düsen eine maximale Rate des [X.]s bereits unterhalb von 1 mm [X.] erreicht sein, was in einer Vielzahl von Ausführungsvarianten, die der Fachmann kennt, nicht der Fall ist. Insbesondere bei größeren [X.]durchmessern ist diese Bedingung bereits grundsätzlich nicht zu erfüllen, da ein Spalt von 1 mm Höhe mit dem dazugehörigen Umfang nicht größer als die [X.]sfläche werden kann. In Bezug auf die erfinderische Tätigkeit der übrigen Merkmale des Anspruchs 18 gemäß [X.] wird auf die Ausführungen unter [X.] 3.2 verwiesen.

3. Hilfsantrag 3

3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 umfasst folgendes zusätzliches, dem erteilten und ebenfalls angegriffenen Patentanspruch 7 entnommene und an den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sich anschließende Merkmal:

1.9 wherein the one or more selected intermediate velocities are less than about 75% of the higher velocities.

3.2 Auch aus diesem zusätzlichen Merkmal ergibt sich keine erfinderische Tätigkeit der Vorrichtung nach Anspruch 1. Die Ventilsteuerungs-Vorrichtung der [X.] ist bereits geeignet, jedes vom Benutzer gewünschte Geschwindigkeitsprofil zu realisieren. Da der Fachmann, wie vorstehend zum Gegenstand nach [X.] gemäß Hauptantrag unter [X.] 3.1 ausgeführt, Veranlassung hatte, die beim Kaskaden-Spritzgießen übliche langsame Einspeisung des Spritzgießfluids der weiteren, nebengeordneten Einspritzöffnungen vorzunehmen, sieht er gemäß der [X.] in Verbindung mit seinem Fachwissen oder unter Hinzuziehung der [X.]/[X.]en/HL[X.]de vor, einen stufenlosen, kontinuierlichen Anstieg dieser weiteren Einspritzungen vorzunehmen. Dabei hängt die auf die Maximalgeschwindigkeit bezogene relative Geschwindigkeit zum [X.]punkt des Erreichens einer mittleren Position, bei der die Rate des Spritzgießfluidmaterials gerade maximal wird, lediglich von der Lage dieser Position zwischen der vollständig geschlossenen ([X.]) und der vollständig geöffneten [X.] ab. Gemäß einem Ausführungsbeispiel der [X.] beträgt die axiale Verschiebung des [X.]s mit etwa einem Zoll (25,4 mm; [0033]) ein Vielfaches des Stiftdurchmessers (pin 32, Figur 2), so dass der Fachmann - entsprechend dem Streitpatent - hier eine mittlere Position mit maximaler Rate für das Spritzgießfluidmaterial erwartet, die bereits weit stromabwärts der maximalen [X.] liegt. Somit liegt bei diesem Ausführungsbeispiel und einem stufenlos ansteigenden Geschwindigkeitsprofil die zu erwartende Geschwindigkeit, bei der entsprechend definierten mittleren Position weit unterhalb von 75% der Maximalgeschwindigkeit.

3.3 Der Gegenstand des Anspruchs 17 nach Hilfsantrag 3 umfasst folgendes zusätzliche, an den Anspruch 18 gemäß Hauptantrag sich anschließende Merkmal:

18.11 wherein the one or more intermediate velocities are less than about 75% of the high velocities.

3.4 Das Verfahren nach Anspruch 17 gemäß Hilfsantrag 3 ist nahegelegt, da das in Anspruch genommene Geschwindigkeitsintervall des Merkmals 18.11 bei einer mittleren Position, bei der die maximale Durchflussrate noch nicht erreicht ist - also jede beliebige Position nach Beginn der Ventilöffnung - beim verlangsamten Anfahren des [X.]es mit stetig zunehmender Öffnungsgeschwindigkeit offensichtlich realisiert ist. In Bezug auf die übrigen Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 17 wird auf die Ausführungen unter [X.] 3.2 verwiesen.

IV.

Im Ergebnis hat daher das Streitpatent - soweit es mit der Nichtigkeitsklage angegriffen ist - mangels Zulässigkeit bzw. Patentfähigkeit, ausgehend von der Druckschrift [X.], in keiner der Fassungen, mit denen die Beklagte es verteidigt, Bestand.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf §84 Abs.2 [X.]. §91 [X.], die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §99 Abs.1 [X.]. §709 ZPO.

Meta

5 Ni 18/19 (EP)

20.04.2021

Bundespatentgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Art II § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜbkG, Art 138 Abs 1 Buchst a EuPatÜbk, Art 56 EuPatÜbk, Art 84 EuPatÜbk

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 20.04.2021, Az. 5 Ni 18/19 (EP) (REWIS RS 2021, 6787)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6787

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