Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2017, Az. IV ZR 353/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 731

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[X.]:[X.]:BGH:2017:131217UIVZR353.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 353/15

Verkündet am:

13. Dezember 2017

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterinnen Dr. Brockmöller und
Dr. Bußmann
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2017

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin
wird
das Urteil der 1. Zi-vilkammer des [X.] vom 1. Juli 2015
aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert
für das Revisionsverfahren
wird
auf

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem
Beklagten, einem Versicherungs-verein auf Gegenseitigkeit,
die Rückzahlung von [X.].

Sie beantragte am 21. Juli 2009 bei dem
Beklagten den Abschluss einer Rentenversicherung. Der Beklagte nahm den Antrag an und über-1
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sandte der Klägerin mit Schreiben vom 24. Juli 2009 den [X.] mit weiteren Informationen zur Versicherung. Im
Policenbegleit-schreiben
befand sich eine fettgedruckte Widerrufsbelehrung. Die Kläge-rin zahlte fortan die Versicherungsbeiträge.

Mit Schreiben vom 19. März 2013 erklärte sie den "Widerspruch/Rücktritt/Widerruf", hilfsweise die Kündigung des Vertrages. Der [X.] zahlte daraufhin 7.552,12

Mit der Klage verlangt die Klägerin, soweit für das [X.] noch von Interesse, die Rückzahlung aller auf den Vertrag geleis-teten Beiträge nebst Zinsen abzüglich der erhaltenen Zahlung, insgesamt

In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit der [X.] verfolgt die Klägerin das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Der von der Klägerin er-klärte Widerruf sei nicht fristgerecht erfolgt. Die Widerrufsbelehrung sei inhaltlich
und drucktechnisch
nicht zu beanstanden. Es sei ausreichend, wenn sie zusammen mit dem Versicherungsschein übersandt werde, da 3
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zu diesem Zeitpunkt der Vertrag geschlossen werde. In diesem Moment müsse dem Versicherungsnehmer klar sein, dass er sich durch Widerruf nunmehr noch innerhalb der Widerrufsfrist vom Vertrag lösen könne.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Mit der gegebenen Begründung durfte das Berufungsgericht
die Klage nicht abweisen.

1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass der Widerruf der Klägerin verfristet war.

a) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 28.
Juni 2017 ([X.], [X.], 997, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen) entschieden und im Einzelnen begründet hat, beginnt die Widerrufsfrist gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch dann mit dem Zu-gang der Widerrufsbelehrung und der weiteren dort genannten Unterla-gen, wenn der Versicherer entgegen § 7 Abs.
1 Satz 1 [X.] dem [X.] nicht vor Abgabe von dessen Vertragserklärung seine Vertragsbestimmungen und die weiteren Informationen mitgeteilt hat (aaO Rn. 30 ff.).

b) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin mit dem Versicherungsschein ei-ne inhaltlich und drucktechnisch ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erhalten. Die Revision stellt auch nicht in Frage, dass neben der Wider-rufsbelehrung die weiteren in § 8 Abs. 2 Satz
1 Nr. 1 [X.] genannten [X.] mit dem Versicherungsschein zugegangen sind.

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2. Jedoch
hat sich das Berufungsgericht bislang nicht damit [X.], ob der
Klägerin
aufgrund der verspäteten Mitteilung der in § 7 Abs.
1, 2 [X.] genannten Vertragsbestimmungen und Informationen
ge-gebenenfalls ein auf Vertragsaufhebung gerichteter Schadensersatzan-spruch
aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB zustehen könnte. Die
Klägerin
hat
jedenfalls
die erst nach Abgabe ihrer
Vertrags-erklärung erfolgte
Mitteilung
der Allgemeinen Versicherungsbedingungen
auch
als schadensersatzbegründende Pflichtverletzung geltend gemacht.

a) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 28.
Juni 2017 ([X.], [X.], 997) entschieden und im [X.] begründet hat, kann eine Verletzung der Rechtspflicht aus § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] einen Schadensersatzanspruch auf Vertragsaufhe-bung auslösen, ohne dass die [X.] der §§ 8, 9 [X.]
eine Sperrwirkung
dagegen
entfalten (vgl. aaO Rn. 35 f.). Diese Pflicht hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts objektiv verletzt, da er der Klägerin die Vertragsbedingungen und weiteren [X.] erst mit dem Versicherungsschein übersandt hat. Das gemäß §
280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutete Verschulden des Versicherers hätte der Beklagte zu widerlegen. Da das Berufungsgericht einen Schadenser-satzanspruch unter dem Gesichtspunkt einer verspäteten Information nicht in Erwägung gezogen hat, hatte er bisher keinen Anlass, dazu vor-zutragen.

b) Der
auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verlet-zung von Informationspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch setzt außerdem einen Vermögensschaden voraus; hierfür genügt jeder wirt-schaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Pflicht-verletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist (aaO Rn. 37 m.w.[X.]). 12
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Ein solcher Nachteil lässt sich dem Vortrag der Klägerin bisher nicht ent-nehmen, doch wird ihr insoweit noch Gelegenheit zur Stellungnahme ge-geben werden müssen.

c) Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer die [X.] und Informationen erst nach Abgabe seiner Vertragserklä-rung erhalten hat, muss ursächlich für den geltend gemachten Schaden gewesen sein. Grundsätzlich muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass er den [X.] nicht geschlossen hätte (aaO Rn. 38
m.w.[X.]). Ob er sich dabei auf die Vermutung aufklärungsge-rechten Verhaltens berufen kann, hängt vom Inhalt der verspätet mitge-teilten Vertragsbedingung oder Information ab, auf die der [X.] einen Schadensersatzanspruch stützen will (aaO).

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II[X.]
Das Berufungsgericht
wird
daher
nach Zurückverweisung der Sache
die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs zu prüfen
haben; hierzu wird es
den Parteien Gelegenheit zur ergänzenden Stel-lungnahme zu geben
haben.

[X.] Dr.
Karczewski

[X.]

Dr. Brockmöller Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.12.2014 -
2 C 253/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 01.07.2015 -
1 S 10/15 -

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Meta

IV ZR 353/15

13.12.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2017, Az. IV ZR 353/15 (REWIS RS 2017, 731)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 731

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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20 U 342/22 (Oberlandesgericht Hamm)


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