Bundessozialgericht, Urteil vom 16.08.2021, Az. B 1 KR 11/21 R

1. Senat | REWIS RS 2021, 3282

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Kodierung - OPS 2016 Nr 8-98f ("Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung") - Betrieb einer Blutbank - kein Erfordernis einer transfusionsmedizinischen Expertise


Leitsatz

Der 2016 geltende Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) verlangte für den Betrieb einer Blutbank als eine der Voraussetzungen des OPS-Kodes "Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung" keine transfusionsmedizinische Expertise.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 6. August 2019 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5742,06 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenhausträgerin (nachfolgend: Krankenhaus) behandelte einen bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) Versicherten intensivmedizinisch vom 18.2. bis 2.3.2016. Das Krankenhaus berechnete der [X.] hierfür 17 537,45 Euro (Fallpauschale [X.] unter Kodierung des 2016 geltenden [X.] <[X.]> 8-98f.11 ). Streitig blieben 5742,06 Euro. Die [X.] zahlte zunächst auch diesen Betrag und verrechnete ihn dann mit unstreitigen anderen Vergütungsforderungen. Das Krankenhaus habe nur Anspruch auf die um diesen Betrag geringer vergütete [X.] A13H. [X.] (2016) 8-98f.11 sei nicht zu kodieren. Das Krankenhaus erfülle die [X.] "Blutbank" weder im eigenen Haus noch durch Dritte. Das [X.] hat die [X.] zur Zahlung von 5742,06 Euro nebst Zinsen hierauf verurteilt. Das L[X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen und zur Begründung - auch unter Bezugnahme auf die Gründe des [X.]-Urteils - ausgeführt: Der Begriff der Blutbank sei weder im [X.] noch anderenorts definiert. Er bestimme sich dann grundsätzlich nach dem medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch. Eine eindeutige medizinisch-wissenschaftliche Definition existiere nicht. Dem hier deshalb maßgeblichen allgemeinen Sprachgebrauch sei nur zu entnehmen, dass es sich bei einer Blutbank um eine Einrichtung zum Vorhalten von Blutkonserven handele. Das Krankenhaus verfüge nicht nur über eine solche Blutbank, sondern erfülle auch die Voraussetzungen des Blutdepots im Sinne des Transfusionsgesetzes (Urteil vom [X.]).

2

Die [X.] rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 109 Abs 4 Satz 3 [X.]B V, § 17b Abs 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz ([X.]), § 7 Abs 1 [X.], § 8 Abs 2 Satz 1 iVm den Regelungen von § 9 Abs 1 [X.] und 3 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie der Fallpauschalenvereinbarung ([X.]) 2016 einschließlich Anlagen, § 301 Abs 1 Satz 1 [X.], Abs 2 Satz 2 [X.]B V sowie [X.] 8-98f. Das Strukturmerkmal der Blutbank sei nur erfüllt, wenn transfusionsmedizinische Expertise vorhanden sei.

3

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 6. August 2019 und des [X.] vom 5. April 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

4

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

5

Die zulässige Revision der beklagten [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Zu Recht hat das [X.] der Klage des Krankenhauses stattgegeben und das [X.] die Berufung der [X.] zurückgewiesen.

6

Die vom Krankenhaus erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden [X.] zulässig (stRspr; vgl zB B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] KN 1/07 KR R - [X.] 102, 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], RdNr 9 mwN) und begründet. Die [X.] hat die eingeklagte unstreitige Forderung von 5742,06 Euro nebst Zinsen für andere Behandlungen nicht durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch in derselben Höhe erfüllt (vgl stRspr zur Zugrundelegung von Vergütungsansprüchen bei unstrittiger Berechnungsweise; zB B[X.] vom 26.5.2020 - [X.] KR 26/18 R - juris Rd[X.]1 mwN; vgl zur Aufrechnung B[X.] vom 25.10.2016 - [X.] KR 9/16 R - [X.]-5562 § 11 [X.]; B[X.] vom 25.10.2016 - [X.] KR 7/16 R - [X.]-7610 § 366 [X.]). Denn das Krankenhaus hatte Anspruch auf die hier letztlich streitige, von der [X.] zunächst gezahlte Vergütung (Fallpauschale [X.], 17 537,45 Euro). Ein Erstattungsanspruch der [X.] ergibt sich aus dieser Zahlung nicht. Dem Krankenhaus steht diese Fallpauschalenvergütung nach § 109 Abs 4 Satz 3 [X.] iVm § 17b [X.], § 7 Abs 1 Satz 1, Abs 2 und § 9 Abs 1 KHEntgG und der [X.] zu (vgl stRspr zu den Grundvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs; zB B[X.] vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - [X.] 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.], 15 mwN; B[X.] vom 19.3.2020 - [X.] KR 22/18 R - juris Rd[X.]1 mwN). Die Berechnung der Vergütung für die [X.] ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Voraussetzungen des [X.], der die höher vergütete [X.] ansteuert, liegen vor (hier in der Version 2016; zum rechtlichen Rahmen der Fallpauschalenvergütung, insbesondere des Groupierungsvorgangs und zur Rechtsqualität des [X.] vgl B[X.] vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - [X.] 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]5 ff; B[X.] vom 19.6.2018 - [X.] KR 39/17 R - [X.]-5562 § 9 [X.]0 Rd[X.], 17). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] erfüllte das Krankenhaus alle von dem [X.] (2016) 8-98f.11 geforderten Voraussetzungen. Die [X.] macht zu Unrecht lediglich geltend, dass das Krankenhaus über keine Blutbank im Sinne von [X.] (2016) 8-98f verfügt habe. Das Krankenhaus erfüllte mit seiner internen Einrichtung die Voraussetzungen der Blutbank im Sinne von [X.] (2016) 8-98f. Bei dem Begriff der Blutbank handelt es sich um einen weit gefassten Oberbegriff, der sowohl krankenhausinterne als auch krankenhausexterne Einrichtungen erfasst. Die krankenhausinterne Einrichtung muss nicht über eine eigene transfusionsmedizinische Expertise verfügen (dazu 1.). Das Krankenhaus verstieß mit dem Betrieb einer eigenen Blutbank auch nicht gegen das Gesetz zur Regelung des [X.] ([X.] - [X.] - vom [X.]; [X.] 2169, idF durch Art 12 Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, [X.] 1990; dazu 2.).

7

1. Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl B[X.] vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - [X.] 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]7; B[X.] vom 16.7.2020 - [X.] KR 16/19 R - [X.]-5562 § 9 [X.]6 Rd[X.]7, jeweils mwN). Der [X.] kann Begriffe entweder ausdrücklich definieren oder deren spezifische Bedeutung kann sich ergänzend aus der Systematik der Regelung ergeben (vgl zu Letzterem B[X.] vom 27.10.2020 - [X.] KR 25/19 R - juris Rd[X.]8, zur multimodalen Schmerztherapie). Ferner kann der Wortlaut ausdrücklich oder implizit ein an anderer Stelle normativ determiniertes Begriffsverständnis in Bezug nehmen. Fehlt es an solchen normativen definitorischen Vorgaben, gilt der Grundsatz, dass medizinische Begriffe im Sinne eines faktisch bestehenden, einheitlichen wissenschaftlich-medizinischen Sprachgebrauchs zu verstehen sind (vgl B[X.] vom 19.7.2012 - [X.] KR 65/11 B - [X.]-1500 § 160a [X.] Rd[X.]8; B[X.] vom 23.6.2015 - [X.] KR 21/14 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]8). Ergeben sich danach keine eindeutigen Ergebnisse, ist der allgemeinsprachliche Begriffskern maßgeblich (vgl B[X.] vom 17.12.2020 - [X.] KR 21/20 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]6). Letzteres ist hier der Fall.

8

a) [X.] (2016) 8-98f verwendet den Begriff der Blutbank, ohne ihn zu definieren. Sein Inhalt kann auch nicht durch eine ergänzende systematische Auslegung abgeleitet werden.

9

b) Im hier maßgeblichen Abrechnungszeitraum 2016 (aber auch in den anderen Jahren, in denen das Strukturmerkmal der Blutbank in [X.] 8-98f galt) gab es keine anderweitige normative Festlegung des Begriffs der Blutbank. [X.] (2016) 8-98f konnte deshalb auf eine an anderer Stelle erfolgte normative Festlegung des Begriffs der Blutbank weder ausdrücklich noch inzident Bezug nehmen.

Dies gilt auch im Hinblick auf einen in anderem Zusammenhang später ergangenen Beschluss des [X.] ([X.]) über Maßnahmen zur Qualitätssicherung: [X.] Stammzelltransplantation bei [X.] Myelom vom 19.1.2017 ([X.] [X.]). Dort heißt es in der Anlage [X.] Abs 3: "Im selben Gebäudekomplex mit der [X.] muss eine Blutbank oder ein Blutdepot mit ständiger Verfügbarkeit von einer ausreichenden Anzahl an Blutprodukten (…) vorgehalten werden." Ein Exklusivitätsverhältnis in dem Sinne, dass eine Blutbank nie ein Blutdepot sein kann, ergibt sich daraus nicht. Denn auch Anlage [X.] Abs 3 definiert den Begriff der Blutbank nicht. Im Übrigen konnte der schon im [X.] festgelegte [X.] (2016) 8-98f (vgl Bekanntmachung des [X.] gemäß §§ 295 und 301 [X.] zur Anwendung des [X.] vom 6.11.2015, [X.] [X.]) auch nicht implizit den später ergangenen Beschluss des [X.] aus dem Jahre 2017 in Bezug nehmen.

c) Es kann auch kein einheitlicher [X.] Sprachgebrauch ermittelt werden. Der vom [X.] ([X.]) herausgegebene [X.] ist dadurch charakterisiert, dass er Operationen und Prozeduren unter Verwendung medizinischer Begriffe definiert und strukturiert. Die Inkorporierung dieser Klassifikation in die Vergütungsvorschriften bedeutet, dass den medizinischen Begriffen des [X.] der Sinnge-halt zukommt, der ihnen im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch beigemessen wird. Anderes gilt nur, soweit die Vertragsparteien etwas anderes ausdrücklich bestimmen, was - wie ausgeführt - hier nicht erfolgt ist. Dieser den Regelungsgehalt determinierende Sprachgebrauch kann wie eine Tatsache als Vorfrage für die Auslegung im gerichtlichen Verfahren durch Beweiserhebung ermittelt werden (vgl B[X.] vom 19.7.2012 - [X.] KR 65/11 B - [X.]-1500 § 160a [X.] Rd[X.]8; B[X.] vom 23.6.2015 - [X.] KR 21/14 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]8; B[X.] vom 17.12.2020 - [X.] KR 21/20 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]3).

Eine klare medizinisch-wissenschaftliche Übereinkunft darüber, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine sich mit Blutprodukten befassende Organisationsstruktur als Blutbank bezeichnet werden kann, existiert nach den Feststellungen des [X.] nicht. Die Verwendung des Begriffs, insbesondere in den von der [X.] angeführten Nachweisen und Internetauftritten von anderen Krankenhäusern, sei uneinheitlich. Soweit die [X.] sich mit ihrer Revision gegen diese Beweiswürdigung wendet, indem sie - wie schon vorinstanzlich - auf die Selbstbezeichnung einiger Einrichtungen als "Blutbank" hinweist, hat sie damit eine Verfahrensrüge nicht zulässig erhoben (§ 164 Abs 2 Satz 3 [X.]G). Die Revision hat keine Gründe aufgezeigt, aus denen eine Überschreitung der gesetzlichen Grenzen der freien Beweiswürdigung durch das [X.] zu entnehmen wäre. Die [X.] rügt im [X.] eine vermeintlich unzutreffende Beweiswürdigung des [X.]. [X.] sich ein Revisionskläger - wie hier die [X.] - damit, anhand verschiedener Unterlagen die seiner Ansicht nach vorliegenden Beweismittel (selbst) zu würdigen und das so gefundene Ergebnis dem vom [X.] für richtig gehaltenen Ergebnis der Beweisaufnahme als zutreffend gegenüberzustellen, mangelt es bereits an einer schlüssigen Darlegung iS von § 164 Abs 2 Satz 3 [X.]G (vgl B[X.] vom 8.9.2005 - [X.]3 RJ 10/04 R - [X.] 95, 112 = [X.]-2600 § 101 [X.], Rd[X.]). Nichts anderes gilt, soweit die [X.] sich auf das von ihr schon im [X.] vorgelegte Schreiben des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ([X.]) vom [X.] und auf den [X.] ([X.]) bezieht.

Sofern der Senat wegen des Vorliegens einer generellen Tatsache nicht an die Feststellungen des [X.] gebunden sein sollte, teilt er jedenfalls dessen Auffassung. Für einen einheitlichen Sprachgebrauch ist nichts ersichtlich. Dies belegen gerade die Bezugnahmen der [X.] auf den [X.] und den [X.] , die nicht die Behauptung eines bestehenden medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauchs betreffen, sondern die mit [X.] (2016) 8-98f angeblich verfolgte [X.] zu begründen versuchen.

Der [X.] berichtete in seinem Schreiben vom [X.] über seine Anfrage und die Antwort des [X.]. Wörtlich führte dort der [X.] aus: "Aufgrund der unklaren Begrifflichkeit hatte der [X.] (…) [X.] (…) angefragt, was im Zusammenhang mit dem [X.] unter einer 'Blutbank' zu verstehen ist." [X.] habe nach Rücksprache mit der [X.] ([X.]), die an der Implementierung des [X.] 8-98f mitgewirkt habe, zusammen mit ihr die Auffassung vertreten, dass der Begriff der Blutbank auch eine transfusionsmedizinische Expertise, gegebenenfalls in Rufbereitschaft, beinhalte. Der Hinweis auf den [X.] betrifft die folgende vom [X.] in Bezug genommene Stellungnahme dieses Verbandes und der [X.] ([X.]) zur Auslegung des [X.] 8-98f (wiedergegeben von [X.] und [X.] Straeter in [X.]ktuell, [X.]nfo, [X.], [X.] 2017; [X.] f). Dort wird ausgeführt: "Im Rahmen der Strukturprüfungen zum [X.] 8-98f treten ebenfalls gehäuft Probleme bei der Definition des Begriffes Blutbank auf. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass heute selbst an vielen Häusern der Maximalversorgung / Unikliniken aufgrund regionaler Lösungen keine eigenen Blutbanken, sondern nur noch Blutdepots vorgehalten werden. Insofern ist der in der [X.]-Definition gewählte Begriff unstimmig, denn das [X.] unterscheidet einerseits zwischen einer 'Spendeeinrichtung' (Einrichtung für Spendenentnahme, Testung, Verarbeitung, Lagerung und Inverkehrbringung) und einem 'Blutdepot' (einrichtungsinterne Lagerung und Abgabe). Bei der Implementierung des [X.]-Kodes für die hochaufwändige Intensivtherapie war es nun keinesfalls intendiert, tatsächlich eine 'Spendeeinrichtung' zu fordern. Vielmehr wurde mit dem Begriff 'Blutbank' versucht, die hämostaseologische und transfusionsmedizinische Expertise bei besonderen Krankheitsbildern zu fordern."

Aus diesen fachmedizinischen Äußerungen geht hervor, dass der Begriff der Blutbank losgelöst von seiner Verwendung in dem [X.] (2016) 8-98f nicht schon für sich genommen das Vorhandensein einer transfusionsmedizinischen Expertise voraussetzt. Ihnen ist vielmehr zu entnehmen, dass ein einheitlicher medizinisch-wissenschaftlicher Sprachgebrauch jedenfalls für die Dauer der Verwendung des Begriffs der Blutbank im [X.] 8-98f nicht existierte.

d) Äußerungen des [X.] und medizinischer Fachgesellschaften zur Entstehungsgeschichte sind für die gerichtliche Auslegung von Begriffen im [X.] nicht einzubeziehen. Der Senat hat mit Urteil vom 16.7.2020 entschieden, dass auch die Entstehungsgeschichte (normvertraglicher) Regelungen der [X.] unter Heranziehung der Leitsätze des [X.] zur Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das [X.] (Fallpauschalenverordnung 2004 - K[X.] 2004) keine Bedeutung für die Auslegung der Reglung hat (vgl B[X.] vom 16.7.2020 - [X.] KR 22/19 R - [X.]-5562 § 9 [X.]7 Rd[X.]7). Erst recht gilt dies für Äußerungen von an der Entstehung des [X.] Beteiligten, die - wie hier - nicht auf Dokumenten beruhen, in denen die Urheber der [X.]-Bestimmungen diese in der [X.] ihrer Entstehung selbst erläutert haben (zu diesem Ansatz vgl nur B[X.] vom 11.2.2015 - B 6 KA 15/14 R - [X.]-2500 § 106a [X.] Rd[X.]1 mwN). Angesichts dessen, dass Entstehung und Änderung klassifikatorischer Regelungen im Bereich von [X.] und [X.] bislang ein hohes Maß an Intransparenz sowohl hinsichtlich der [X.] und seiner Beteiligten als auch der behördlichen Dokumentation aufweisen, schließt der Senat auch weiterhin die allgemeine Berücksichtigung entstehungsgeschichtlicher Umstände aus. Ob sich etwas anderes für die Zukunft aus § 301 Abs 2 Satz 7 [X.] iVm der "Verfahrensordnung für die Festlegung der [X.], German Modification ([X.]) und des [X.] ([X.])" des [X.] ([X.]) mit Stand vom [X.] ergeben könnte, bedarf hier keiner Klärung. Es kann hier auch offenbleiben, welche Rechtsfolgen sich aus rückwirkenden Klarstellungen und Änderungen des [X.] nach § 301 Abs 2 Satz 6 [X.] ergeben.

e) In einer solchen Konstellation ist es vornehmlich Aufgabe des [X.], bzw jetzt des [X.], Klassifikationen, die funktionsbedingt einen hohen fachsprachlichen Grad aufweisen müssen, so präzise zu formulieren, dass ihre Bedeutung für den jeweiligen Fachkreis ohne Weiteres ersichtlich ist. Daneben bleibt es den Vertragsparteien unbenommen, auch jenseits des § 19 [X.] Auslegungsprobleme vertraglich verbindlich zu regeln, wenn der Klassifikationsgeber diesen Anforderungen nicht entsprochen hat. Solange es daran aber fehlt und sich - wie hier - kein eindeutiges fachliches Verständnis des verwendeten Wortes ermitteln lässt, ist der Begriffskern des Wortes maßgeblich, wie er sich nach allgemeinem Sprachgebrauch ergibt. Dies gebietet der Vorrang der engen Wortlautauslegung.

f) [X.] (2016) 8-98f bestimmt als eine der strukturellen Voraussetzungen für [X.] (2016) 8-98f.0 bis 8-98f.f: "Innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus verfügbare Leistungen von: (…), Blutbank." Diese Regelung wurde zusammen mit der erstmaligen Geltung des [X.] (2013) 8-98f und letztmalig im [X.] (2017) 8-98f formuliert.

Eine Blutbank ist nach dem maßgeblichen allgemeinsprachlichen Begriffskern entweder eine interne Einrichtung des Krankenhauses, die Blutprodukte bevorratet und auf fachliche Anforderung im Bedarfsfall intern ausgibt, oder die Einrichtung eines externen [X.], der dem Krankenhaus binnen 30 Minuten Blutprodukte verbindlich zur Verfügung zu stellen hat und dies auch kann. Dies war hier nach den insoweit [X.], den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 [X.]G) des [X.] der Fall. Soweit die [X.] vorinstanzlich vorgebracht hat, dass [X.] (2016) 8-98f nur für Maximalversorger [X.] sein solle, findet sich dafür im Wortlaut des [X.] (2016) 8-98f kein Anhaltspunkt.

2. Das Krankenhaus verstieß mit dem Betrieb einer eigenen Blutbank auch nicht gegen das [X.]. Die Blutbank eines Krankenhauses, das - wie hier - ausschließlich für interne Zwecke einschließlich der Anwendung Blutprodukte lagert und abgibt, ist ein Blutdepot iS des § 11a [X.]. Nach dem Gesamtzusammenhang der [X.], den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 [X.]G) des [X.] hat das Krankenhaus in Übereinstimmung mit §§ 11a, 18 [X.] iVm der Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Richtlinie Hämotherapie) seine Blutbank betrieben. Es kann deshalb offenbleiben, ob das [X.]-Strukturmerkmal "Blutbank" nur dann vergütungswirksam erfüllt ist, wenn das Krankenhaus seine Blutbank unter Beachtung des [X.] betreibt.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 11/21 R

16.08.2021

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Ulm, 5. April 2018, Az: S 13 KR 1185/17, Urteil

§ 109 Abs 4 S 3 SGB 5, § 301 Abs 2 S 2 SGB 5, § 17b Abs 2 KHG, § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG, § 9 Abs 1 Nr 1 KHEntgG, § 11a TFG, Nr 8-98f OPS 2016, Anl 1 Teil a Nr A13F FPVBG 2016

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 16.08.2021, Az. B 1 KR 11/21 R (REWIS RS 2021, 3282)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3282

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