Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2017, Az. XII ZB 576/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 13213

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:290317BXII[X.]576.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 576/16
vom

29. März 2017

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 117 Abs. 1; ZPO § 520 Abs. 2 Satz 2
Die Verlängerung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels durch den [X.] ist nicht wirksam, wenn im Zeitpunkt des Eingangs des [X.] die Frist zur Rechtsmittelbegründung be-reits abgelaufen war (im [X.] an Senatsbeschluss vom 9. November 2005 -
XII
[X.]
140/05 -
FamRZ 2006, 190 und vom 24.
Januar 1996 -
XII
[X.]
184/95 -
FamRZ 1996, 543; [X.], 377 = NJW 1992, 842 und [X.] Beschluss vom 12.
Februar 2009 -
VII
[X.]
76/07 -
NJW 2009, 1149).

[X.], Beschluss vom 29. März 2017 -
XII [X.] 576/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 29. März 2017
durch den
Vorsitzenden Richter Dose
und [X.] Klinkhammer, Schilling, Dr.
Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des 7.
Zivilsenats
-
Familiensenat
-
des [X.]s [X.] vom 23.
August 2016 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.
Wert: bis 95.000

Gründe:
I.
Die Ehe der Beteiligten wurde im Dezember 2003 rechtskräftig geschie-den. Eine Hausratsteilung fand weder bei Trennung noch bei Scheidung statt. Im Jahre 2013 hat der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Herausgabe verschiedener Gegenstände des früheren gemeinsamen Hausstands
begehrt, deren Gesamtwert er

hat. Für den Fall der Unmöglichkeit der
Herausgabe hat er Auskunft über den Verbleib der Gegenstände und Scha-densersatz
verlangt.
Das Amtsgericht hat die Anträge
abgewiesen. Gegen diesen ihm am 6.
Mai 2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller fristgerecht Beschwer-de eingelegt. Mit beim [X.] am 6.
Juli 2016 (einem Mittwoch) ein-gegangenem Schreiben hat die
Rechtsfachwirtin G. für den Antragsteller
gebe-ten, die Begründungsfrist für die Beschwerde bis zum 27.
Juli 2016 zu verlän-1
2
-
3
-

gern. Der Senatsvorsitzende des [X.]s
hat dem Verfahrensbe-vollmächtigten des Antragstellers unter dem 7.
Juli 2016 mitgeteilt, das Fristver-längerungsgesuch sei unwirksam, weil es nicht von einem Rechtsanwalt einge-reicht worden sei und auch insoweit Anwaltszwang bestehe.
Am 8. Juli 2016 ist beim [X.] ein vom [X.] unterzeichneter Antrag auf Fristverlängerung eingegangen. Mit Verfügung vom 11. Juli 2016 hat der stellvertretende Senatsvorsitzende die "Fristverlängerung antragsgemäß bis 27.07.2016 genehmigt". Auf einen weiteren Fristverlänge-rungsantrag des [X.]s vom 25.
Juli 2016, die Begründungsfrist nochmals bis 10.
August 2016 zu verlängern, hat das [X.] darauf hingewiesen, dass die [X.] nicht eingehalten worden sei. Mit Beschluss vom 23.
August 2016 hat es die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbe-schwerde.

II.
Die gemäß
§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO
statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des [X.] geklärt und der Antragsteller vermag auch nicht aufzuzeigen, dass eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung erforderlich wäre.
1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

3
4
5
-
4
-

Die Frist zur Begründung der Beschwerde habe am 6. Juli 2016 geendet, weil das an diesem Tag eingegangene Gesuch auf Fristverlängerung nicht von einem Rechtsanwalt unterschrieben gewesen und das von einem Rechtsanwalt unterschriebene Gesuch erst am 8. Juli 2016 und damit nach Fristablauf beim [X.] eingegangen sei. Dass die Fristverlängerung mit Verfügung vom 11. Juli 2016 gleichwohl gewährt worden sei, bleibe rechtlich ohne Bedeu-tung, weil eine abgelaufene Frist grundsätzlich nicht verlängert werden könne. Die gewährte Fristverlängerung sei deswegen unwirksam. Ein Antrag auf [X.] sei trotz der gerichtlichen Hinweise nicht gestellt worden.
2. Die Ausführungen des [X.]s halten sich im Rahmen der Rechtsprechung des [X.].
Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Frist zur Begründung der Beschwerde am 6. Juli 2016 endete und durch die Verfügung vom 11.
Juli 2016 nicht wirksam verlän-gert
wurde, weil der maßgebliche Verlängerungsantrag erst nach Fristablauf eingegangen ist.
a) Nach gefestigter
Rechtsprechung des [X.] ist bei der Prüfung, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam ist, in erster Linie auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit verfahrensfehlerhafter gerichtlicher Entscheidungen sowie insbesondere auf den Gesichtspunkt des [X.] abzustellen. Danach darf der Verfahrensbeteiligte, dem
eine beantrag-te Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist gewährt worden ist, grund-sätzlich darauf vertrauen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist.
Grenzen ergeben sich allerdings aus dem Gebot der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit
(vgl. [X.] Beschluss vom 19. Juli 2016 -
II
[X.]
3/16 -
NJW-RR 2016, 1529 Rn.
14
[X.]).
Verlängert der Vorsitzende die [X.] aufgrund eines vor deren Ablauf gestellten Antrags, ist seine Verfügung auch dann wirksam, wenn der Verlängerungsantrag verfahrensrecht-6
7
8
-
5
-

lich
nicht wirksam gestellt worden ist
(vgl. etwa [X.] Beschlüsse
vom 18.
November 2003 -
VIII
[X.]
37/03 -
NJW 2004, 1460
f. [X.] und vom 8.
Oktober 1998 -
VII
[X.] 21/98 -
NJW-RR 1999, 286, 287; [X.] 2015, 2553 Rn.
17 [X.]).
Demgegenüber ist die Verlängerung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels durch den Vorsitzenden des Rechtsmittelgerichts nicht wirksam, wenn im Zeitpunkt des Eingangs des [X.] die Frist zur Rechtsmittelbegründung bereits abgelaufen war (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. November 2005 -
XII
[X.]
140/05 -
FamRZ 2006, 190, 191 und vom 24.
Januar 1996 -
XII
[X.]
184/95 -
FamRZ 1996, 543, 544; [X.], 377
= NJW 1992, 842 und [X.] Beschluss vom 12.
Februar 2009 -
VII
[X.]
76/07
-
NJW 2009, 1149 Rn.
13; [X.]/[X.] FamFG 19.
Aufl. §
117 Rn.
36).
b) Nach diesen Grundsätzen war die dem Antragsteller gewährte Frist-verlängerung nicht wirksam, weil sie erst
auf den nach Fristablauf eingegange-nen, entsprechend §
114 Abs.
1 FamFG vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers unterzeichneten Antrag hin erfolgt ist. Auf den am
6. Juli 2016, dem letzten [X.],
beim [X.] eingegangenen, von der nicht postulationsfähigen Rechtsfachwirtin unterschriebenen
Verlängerungsan-trag ist die [X.] hingegen nicht verlängert worden. Vielmehr hat das [X.] den Antragsteller ausdrücklich auf die Un-wirksamkeit dieses Gesuchs
hingewiesen
und die Fristverlängerung
erst auf den -
verspäteten -
Antrag des Rechtsanwalts gewährt.
Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung kommt es nicht darauf an, wann der [X.] Kenntnis von dem Hinweis erhalten hat. Denn die verstrichene [X.] war [X.] keiner Verlängerung zugänglich. Bedeutung könnten solche
allenfalls im Rahmen einer Wiedereinsetzung erlangen, die der Antragsteller aber nicht beantragt hat und deren amtswegige Gewährung schon 9
10
-
6
-

mangels Nachholung der versäumten Verfahrenshandlung nicht in Betracht kam (§§
112 Nr.
3, 117 Abs.
1 Satz
1 und 2 FamFG, §
236 Abs.
2 Satz
2 Halb-satz
2 ZPO). Aus dem Schriftsatz des [X.]s vom 28. Juli 2016
an das [X.]
ergibt sich zudem, dass ihm die Verfügung des [X.] vom 7. Juli 2016 bei der eigenhändigen Unterzeichnung des [X.] vom 8. Juli 2016 bekannt war.

3. Im Übrigen gibt die erfolgte Beschwerdeverwerfung auch unabhängig davon, ob die hierfür gegebene Begründung des [X.]s zutrifft, keinen Anlass zu rechtlichen Bedenken. Die Rechtsbeschwerde macht zwar geltend, durch die Verfügung vom 11.
Juli 2016 sei die [X.] verlängert worden und das [X.] hätte auch
dem weiteren Fristverlängerungsantrag bis zum 10.
August 2016 stattgeben müssen. Selbst wenn dies aber zutreffend wäre, hat der Antragsteller weder binnen dieser erbe-tenen Frist noch bis zur knapp zwei Wochen später ergangenen Entscheidung des [X.]s seine Beschwerde begründet, so dass sein Rechtsmit-

11
-
7
-

tel jedenfalls mangels Beschwerdebegründung gemäß §
117 Abs.
1 FamFG iVm §
522 Abs.
1 Satz
2 ZPO zu verwerfen war.
Dose
Klinkhammer
Schilling

Nedden-Boeger
Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.05.2016 -
1 [X.]/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 23.08.2016 -
7 UF 136/16 -

Meta

XII ZB 576/16

29.03.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2017, Az. XII ZB 576/16 (REWIS RS 2017, 13213)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13213

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 576/16

7 UF 136/16

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