Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. IX ZR 185/10

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4517

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX ZR 185/10

Verkündet am:

21. Juli 2011

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

EuInsVO Art. 3, 4; [X.] § 39 Abs. 1 Nr. 5 a.F., § 135 a.F.; GmbHG § 32a a.F.
Die Regelungen über die Nachrangigkeit kapitalersetzender [X.]erdarlehen nach §
32a [X.], §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F. finden auf Kapitalgesellschaf-ten, über deren Vermögen in [X.] das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet worden ist, auch dann Anwendung, wenn diese in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] gegründet worden sind.

[X.], Urteil vom 21. Juli 2011 -
IX ZR 185/10 -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
21.
Juli 2011 durch [X.]
Dr.
Kayser,
den
Richter [X.], die Richterin [X.],
die Richter [X.] und Dr. Pape

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 28.
September 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt im Insolvenzverfahren über das Vermögen der P.

AG

(im Folgenden: Schuldnerin) die
Feststellung der von ihr zur Insolvenztabelle angemeldeten Darlehens-
und daraus abgeleiteten Zinsforde-rungen in Höhe von insgesamt 81.449.048,97

Der Beklagte ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 25.
Januar 2008 am 3.
März 2008 vom [X.] eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin.
Er bestritt sämtliche Darlehens-
und Zinsforderun-gen der Klägerin, weil er sie als nachrangige Forderungen auf Rückgewähr ei-genkapitalersetzender Darlehen im Sinne des §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F. an-sieht.

1
2
-
3
-

Die Klägerin ist Gründungsgesellschafterin der Schuldnerin, einer im Jahre 2005 in der Rechtsform der société anonyme mit satzungsmäßigem Sitz in [X.] gegründeten Holdinggesellschaft. Seit dem 21.
Juli 2007 hält die Klägerin mit 63,7
v.H. die Mehrheit der Geschäftsanteile der Schuldnerin, deren [X.]skapital 28.657.082,50

Die Schuldnerin ist an einer Vielzahl von [X.]en in [X.] beteiligt, die Post-
und Logistikdienstleistungen erbringen. Im November 2007
beschloss
die Bundesregierung, im Briefzustellbereich einen gesetzlichen Min-destlohn einzuführen. Ein von der Schuldnerin daraufhin Anfang Dezember 2007 bei einer [X.] in Auftrag gegebenes
Gut-achten kam zu dem Ergebnis, dass eine erfolgversprechende Fortführung des Unternehmens weitere Investitionen von 320
Mio.

nicht bereit, diese Mittel aufzubringen, was den damaligen delegierten [X.] der Schuldnerin zum Rücktritt veranlasste. Die [X.]er der Schuldnerin bestellten daraufhin zwei neue delegierte Verwaltungsräte und übertrugen diesen die Geschäftsführung, welche sodann von [X.] aus ausge-übt wurde.

Die Klägerin gewährte der Schuldnerin zwischen März 2007 und [X.] 2007 Darlehen in Höhe von insgesamt 79.020.000

über 15
Mio.

zum 31.
De-zember 2007 befristet. Am 28.
Dezember 2007/9.
Januar 2008 vereinbarten die Klägerin und die Schuldnerin die Stundung der Rückzahlung bis zum 15.
Ja-nuar 2008 mit der Abrede, dass die Stundung ende, falls die Schuldnerin vor dem 15.
Januar 2008 Insolvenzantrag stelle. Mit Vereinbarung vom 15.
Januar 2008 wurde die Stundung mit einem entsprechenden
Vorbehalt bis zum 31.
Januar
2008 verlängert.
3
4
5
-
4
-

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihre [X.] nicht nachrangig seien, weil auf die Schuldnerin als [X.] die [X.] Regelungen über das Kapitalersatzrecht keine Anwendung fänden. Die Darlehen hätten auch keinen eigenkapitalerset-zenden Charakter gehabt, weil die Schuldnerin zu keinem [X.]punkt kreditun-würdig
gewesen sei.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den von ihr geltend gemachten [X.] in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision bleibt ohne Erfolg. Die Vordergerichte haben richtig ent-schieden.

I.

Das Berufungsgericht ([X.], 2016) meint, die Klage sei unbegrün-det, weil die [X.] der Schuldnerin nachrangig seien. Die Nachrangigkeit ergebe sich aus §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F., §
32a [X.]

Das für die Schuldnerin maßgebliche [X.] sei gemäß Art.
4 EuInsVO das [X.] Recht, weil über das Vermögen der Schuldnerin das 6
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5
-
Insolvenzverfahren vor einem [X.] Gericht eröffnet worden sei. Die No-vellenregelungen über die Nachrangigkeit kapitalersetzender [X.]erdar-lehen
nach §§
32a, 32b GmbHG seien schon vor Inkrafttreten des hier noch nicht anwendbaren Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur
Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.
Oktober 2008 ([X.] S.
2026; fortan [X.]) dem Insolvenzrecht zuzurechnen gewesen. Diese Regelungen seien rechtsformunabhängig anwendbar und verstießen nicht gegen die Niederlas-sungsfreiheit
(Art.
49 AEUV).

Die der Schuldnerin von der Klägerin zur Verfügung gestellten Darlehen erfüllten jedenfalls ab 1.
Januar 2008 die Voraussetzungen der §
32a [X.], §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F. Zu diesem [X.]punkt seien alle Darlehen fällig gewesen oder hätten durch Kündigung fällig gestellt werden können. Die Schuldnerin sei zu diesem [X.]punkt nicht mehr in der Lage gewesen, die [X.] zurückzuführen. Über eigenes liquides Vermögen dieser Größenordnung habe sie nicht mehr verfügt. Es könne als ausgeschlossen angesehen werden, dass
die Schuldnerin in der Lage gewesen sei, sich das zur Rückzahlung der Darlehen erforderliche Kapital zu marktüblichen Konditionen auf dem Kapital-markt zu beschaffen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin könne auch nicht davon [X.] werden, dass die [X.] deshalb keine Anwendung fänden, weil es sich bei dem Stehenlassen der Darlehen Anfang 2008 lediglich um eine kurzfristige Überbrückungsfinanzierung gehandelt habe. Eine derartige Zurverfügungstellung des Kapitals für nicht länger als drei Wochen, bei der ob-jektiv mit einer Rückzahlung gerechnet werden könne, habe nicht vorgelegen.

11
12
-
6
-

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung stand.
Die von der Klägerin zur Tabelle angemeldeten Darlehens-
und die dar-aus abgeleiteten
Zinsforderungen sind nachrangige Insolvenzforderungen, die nicht gemäß §
179 Abs.
1, §
183 Abs.
1 [X.] zur Tabelle festgestellt werden können, weil eine gesonderte Aufforderung zur Anmeldung nachrangiger [X.] nach §
174 Abs.
3 [X.] nicht ergangen ist.

1. Auf die von der Klägerin angemeldeten Forderungen ist gemäß Art.
4 EuInsVO das [X.] Insolvenzrecht anwendbar, weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin in [X.] eröffnet worden ist.

a) Das Hauptinsolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin ist vom
[X.] am 3.
März 2008 eröffnet worden. Auf die von der Revi-sion im Einzelnen erörterte Frage, an welchem Ort die Schuldnerin zur [X.] der Verfahrenseröffnung gemäß Art.
3 Abs.
1 EuInsVO den Mittelpunkt ihres haupt-sächlichen Interesses hatte und
ob die Voraussetzungen der Verfahrenseröff-nung in [X.] vorlagen, kommt es nicht mehr an. Nach der Eröffnung ist gemäß Art.
4 Abs.
1 EuInsVO für das Insolvenzverfahren
und seine Wirkungen das Insolvenzrecht des [X.] maßgeblich.

b) Die Frage, welche Regelungen des nationalen Rechts des Eröff-nungsstaates als anwendbares Insolvenzrecht zu qualifizieren sind, richtet sich in erster Linie nach dem autonom auszulegenden Gemeinschaftsrecht. Wegen der unmittelbaren Geltung der EuInsVO (Art.
288 Abs.
2 AEUV; zuvor Art.
249 Abs.
2 [X.]) und des
Anwendungsvorrangs
des Gemeinschaftsrechts sind Re-gelungen, die von Art.
4 EuInsVO als anwendbares Insolvenzrecht qualifiziert 13
14
15
16
-
7
-
werden, nicht deshalb unanwendbar, weil sie nach nationalem Recht einem anderen Rechtsgebiet zuzuordnen sind ([X.], [X.] 2006, 95, 98; [X.], [X.] 2010, 230, 231; [X.] in [X.]er Schrift zur Insolvenzord-nung, 3.
Aufl. Kap.
47 Rn.
87; ders. [X.], 1004; [X.], NJW 2004, 1201, 1207; [X.]/[X.], EWiR 2011, 19, 20). Insoweit liegt allenfalls eine Konkurrenz zwischen nationalem internationalem Privatrecht und [X.]parecht vor, innerhalb derer
das [X.]parecht Vorrang hat (vgl. [X.]/[X.], GmbHR
2008, 867, 869).

Nach dem Erwägungsgrund 23 zur EuInsVO sollten die Regelungen der Verordnung einheitliche Kollisionsnormen schaffen, welche
die Vorschriften des internationalen Privatrechts der einzelnen [X.] ersetzen. Soweit nicht in der Verordnung selbst etwas anderes bestimmt ist, soll das Recht des Staats der Verfahrenseröffnung (lex concursus) Anwendung finden. Abweichende Rege-lungen finden sich etwa
in Art.
5 bis 15, 39 bis 42 EuInsVO (vgl. dazu [X.] in [X.]er Schrift, aaO
Rn.
72), nicht aber zum Rang von Insolvenzforde-rungen.

c) In welcher Weise der Begriff des Insolvenzrechts in Art.
4 Abs.
1 EuInsVO europarechtlich auszulegen ist, wird in Art.
4 Abs.
2 EuInsVO für [X.] Bereiche näher konkretisiert. Danach sind jedenfalls die dort angeführ-ten nationalen Regelungen des Eröffnungsstaats europarechtlich als anwend-bares Insolvenzrecht qualifiziert, also insbesondere die Bestimmungen, die
regeln, welche Forderungen als Insolvenzforderungen anzumelden sind ([X.].
g) und welchen Rang diese
Forderungen haben ([X.].
i;
vgl. [X.], [X.], 187 Rn.
25 -
Probud).
Davon abweichende europarechtliche Rege-lungen, die eine Qualifizierung der
[X.] des [X.] Rechts als [X.]srecht vornehmen,
sind nicht vorhanden. Insbesondere 17
18
-
8
-
bestehen keine Richtlinien, die derartige Regelungen europarechtlich verbind-lich vorschreiben und dem [X.]srecht zuordnen.

Danach steht europarechtlich fest, dass die nationalen Regelungen des [X.] Rechts, die den Rang der Forderungen im Insolvenzverfahren be-stimmen, in einem in [X.] nach Art.
3 EuInsVO eröffneten Insolvenzver-fahren anwendbar sind. Die nach [X.]m internationalem Privatrecht vorzu-nehmende Einordnung ist demgegenüber unerheblich.

d) Der Rang der von der Klägerin angemeldeten Forderungen ergibt sich aus §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F., §
32a [X.] Beide Vorschriften sind hier gemäß Art.
103d Satz
1 EG[X.] noch anzuwenden, weil das Insolvenzverfah-ren vor dem 1.
November 2008, nämlich dem 3.
März 2008 eröffnet worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Januar 2009 -
II
ZR
260/07, [X.]Z 179, 249 Rn.
15
ff).

2.
§
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.]
und
§
32a GmbHG in der bis zum 31.
Oktober 2008 geltenden Fassung sind überdies auch dann anwendbar, wenn man für die Einordnung dieser Vorschriften
das [X.] internationale Privatrecht
zu-grunde legte.

a) Das [X.] der Schuldnerin richtet sich, wie das [X.] zutreffend festgestellt hat, nach dem [X.], also nach [X.]n Recht. Nach den Entscheidungen des [X.]n Ge-richtshofs
in den Sachen [X.] ([X.] 1999, 438), Überseering ([X.]
2002, 2037) und [X.] ([X.]
2003, 1885) ist es allgemeine Auffassung geworden, dass sich das [X.] solcher [X.]en, die in einem [X.] der europäischen Gemeinschaft gegründet worden
sind, nicht nach dem
19
20
21
22
-
9
-
Verwaltungssitz, sondern nach dem Gründungsort richten, weil nur so die euro-parechtlich verbürgte
Niederlassungsfreiheit gewährt werden kann ([X.], Urteil vom 13.
März 2003 -
VII
ZR 370/98, [X.]Z 154, 185, 188
ff; vom 14.
März
2005 -
II
ZR 5/03, [X.], 805
f; vom 19.
September 2005 -
II
ZR 372/03, [X.]Z 164, 148, 151; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 19.
Aufl., Einlei-tung Rn.
60; [X.], GmbHG, 2.
Aufl., Systematische Darstellung,
Teil 2 Rn.
36
ff; [X.]/[X.],
BGB,
70.
Aufl.,
Anh. zu Art.
12
EGBGB Rn.
6
ff). Das steht auch zwischen den Parteien nicht in Streit.

b) Die Frage, wie §
32a GmbHG, §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] in der bis 31.
Oktober 2008 geltenden Fassung nach [X.]m internationalen Privat-recht
zu qualifizieren sind, ist umstritten.

aa) Nach einer Auffassung, der sich die Revision anschließt, handele
es sich beim [X.] insgesamt um [X.]srecht,
weil Grundlage die sich aus der [X.]erstellung ergebene Finanzie-rungs(folgen)verantwortung sei. Eine Differenzierung zwischen
den [X.] und dem [X.] wird nicht vorgenommen
(vgl. z.B. [X.] in [X.]/[X.]/Winter, GmbHG,
Einleitung B
Rn.
B
86
f; Münch-Komm-[X.]/[X.], 2.
Aufl. Art.
4 EuInsVO Rn.
6; [X.]/[X.], GmbHG, 10.
Aufl. §§
32a, 32b Rn.
8; [X.] in [X.]/[X.], [X.],
Be-arb. März 2009, Art.
4 EuInsVO,
Rn.
45; Haß/Herwig in
Haß/[X.]/[X.]/
[X.], EuInsVO, Art.
4 Rn.
41;
FK-[X.]/[X.]/[X.], 6.
Aufl., Art.
4 EuInsVO Rn.
21;
Geyrhalter/Gänßler, [X.] 2003, 409, 411
f; [X.], GmbHR 2004, 88, 92; [X.], [X.] 2005, 457, 468; [X.],
[X.] 2004, 636, 639;
Paefgen,
[X.], 2253, 2261; [X.], GmbHR 2004, 345, 349; [X.], [X.] 2010, 230, 231; [X.], [X.] 2003, 414, 417; [X.], NJW 2003, 3585, 3589).
23
24
-
10
-

bb)
Nach anderer Auffassung wird eine Differenzierung ebenfalls [X.], aber
mit der Folge, dass das gesamte [X.], auch die Rechtsprechungsregeln, als materielles Insolvenzrecht angesehen werden (vgl. z.B. [X.], [X.], 457, 466).

cc)
Nach einer dritten Auffassung muss zwischen den [X.] und den [X.] differenziert werden. Bei den Regeln über die Nachrangigkeit kapitalersetzender [X.]erdarlehen in der Insolvenz [X.] es sich danach um Insolvenzrecht, das
auch auf Auslandsgesellschaften anwendbar ist, weil die [X.] erst und ausschließlich in der Insolvenz Bedeutung erlangen (Pannen/[X.], [X.],
Art.
4 Rn.
91
ff, 93; [X.] in [X.], [X.] Auslandsgesellschaften in [X.], S.
131, 140
ff; [X.], [X.], 1004; [X.]/[X.], GWR
2010, 532; [X.], NJW 2004, 1201, 1207; M.
Fischer,
[X.], 1477, 1480; [X.], [X.] 2004, 291, 299; Schilling,
Insolvenz einer [X.] Limited mit Verwaltungssitz in [X.], 2006 S.
194
ff; wohl auch Röhricht, [X.], 505, 512).

[X.]) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend.

(1) [X.] unterstellte die [X.] seit dem Jahre 1960 den [X.] der §§
30, 31 [X.]
Dadurch wurde das [X.]erdarlehen in der Krise der [X.] wie haftendes Eigenkapital und nicht als rückzahlbares Darlehen behandelt. Daraus folgte
für die Dauer
der [X.]skrise das Verbot, die Darlehen an die Ge-sellschafter zurückzuzahlen (§
30 GmbH a.F.). Gleichwohl erfolgte Darlehens-tilgungen hatte
der [X.]er zu erstatten (§
31 [X.]).
25
26
27
28
-
11
-

Im Jahre 1980 wurden mit den §§
32a, 32b GmbHG, §
32a KO (der [X.] weitgehend inhaltsgleich in §
135 [X.] übernommen wurde) die sogenann-ten [X.] eingeführt. Diese Regelungen waren ausschließlich auf den Fall des eröffneten Insolvenzverfahrens zugeschnitten. Sie sollten einen auch
die Rechtsprechungsregeln umfassenden Gläubigerschutz entfalten, blieben aber hinter diesen
zurück, weshalb der [X.] zur Vermeidung von Schutzlücken die [X.] für weiter anwendbar erklärte (zur Entstehungsgeschichte vgl.
[X.],
BB 2011, 3
ff).

(2) Durch das [X.] wurden die §§
32a, 32b GmbHG gestrichen und die vormaligen Rechtsprechungsregeln durch eine klarstellende Regelung in §
30 Abs.
1 Satz
3 GmbHG aufgehoben. Die Neuregelung erfolgte ausschließ-lich im Insolvenzrecht, nämlich in §
39 Abs.
1 Nr.
5, Abs.
4, 5, §
135 [X.]. Das bedeutet zum einen der Sache nach die Rückkehr zu den [X.] (vgl. die Gesetzesbegründung der Bundesregierung zum [X.], BT-Drucks.
16/6140 S.
26, 42; [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl.,
§
135 Rn.
4; [X.], aaO S.
5).
Zum anderen ist die Neuregelung ein Instrumentarium rein insolvenz-rechtlicher Natur ([X.]/[X.],
GmbHG, 2.
Aufl.,
Anh.
II zu §
32a, 32b Rn.
9
f; [X.]/[X.], [X.], 532; [X.] in [X.]/[X.]/Winter, GmbHG,
Ergänzungsband [X.], Einleitung A
II 1 Rn.
24
§
30 Rn. 29
ff; [X.],
aaO S.
5, 7). Der Gesetzgeber
hat
die Aufhebung der §§
32a, 32b GmbHG damit begründet,
dass die Regelungen zu den [X.]erdarlehen in das Insolvenzrecht
verlagert
würden, wo sie systematisch hingehörten (BT-Drucks. 16/6140 S.
42 zu Nr.
22). Nach der
amtlichen
Begründung des [X.] sind diese neuen Regelungen nach Art.
3 Abs.
1 in Verbindung mit
Art.
4 Abs.
1 EuInsVO auch auf Auslandsgesellschaften anwendbar (BT-Drucks. 16/6140 S.
57).
29
30
-
12
-

(3) Nichts anderes gilt für das entsprechende
[X.]
vor Inkrafttreten des [X.].
Der [X.] mag die Rechtsprechungsre-geln dem [X.]srecht
zugeordnet haben,
wie die Revision annimmt ([X.], Urteil vom 25.
Juni 2001 -
II
ZR 38/99, [X.]Z 148, 167, 168). Das bedarf hier keiner näheren Untersuchung.
Für die [X.]
in
§§
32a, 32b [X.], §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F.
ergibt sich daraus jedenfalls nichts (vgl. [X.], [X.], 541, 546).
Jedenfalls diese sind dem Insolvenzrecht zu-zuordnen, weil sie nach ihrem materiellen Gehalt insolvenzrechtliche Regelun-gen darstellen.

Die [X.] sind
zwar auf das [X.]srecht
bezogen, weil durch sie eigenkapitalersatzrechtliche Bindungen von [X.]erdarlehen anerkannt werden. Die Rechtsfolgen sind
jedoch insolvenzrechtlicher Natur. Der Anspruch auf Rückgewähr der Darlehen konnte im Konkursverfahren nicht (§
32a GmbHG in der Fassung vom 4.
Juli 1980) und kann im Insolvenzverfah-ren nur als nachrangige Insolvenzforderung
gemäß §
39 Abs.
1 Nr.
5
[X.] a.F.
geltend gemacht werden. Ein bereits zurückgezahltes [X.]erdarlehen war nach §
32a Satz
2 KO, §
135 Nr.
2 [X.] a.F.
nach insolvenzrechtlichem
Anfechtungsrecht zurückzugewähren. Die Regelung mag damit zwar in ihrem
Ausgangspunkt
gesellschaftsrechtlich anknüpfen, regelt
Rechtsfolgen aber ausschließlich für das eröffnete Insolvenzverfahren. Deshalb war nach diesen Vorschriften auch die Rückgewähr eines [X.]erdarlehens trotz Eintritts
der Insolvenzreife zulässig, solange noch kein Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eröffnet worden war ([X.]/[X.], GmbHG, 16.
Aufl.,
§§
32a, b Rn.
13; M.
Fischer, [X.], 1477, 1480; [X.], aaO S.
4).

31
32
-
13
-

Der Rangrücktritt nach §
32a [X.], §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F.
blieb also außerhalb des Insolvenzverfahrens ohne jede Auswirkung. Auch die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung nach §
32a KO, §
135 [X.]
a.F.
bei be-reits zurückbezahlten Darlehen zeigt den insolvenzrechtlichen Charakter
der Regelung, weil eine solche Anfechtung nur im eröffneten Insolvenzverfahren möglich ist. [X.] gehen unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervor und stehen mit diesem in unlösbarem [X.]. Deshalb hat der [X.] Gerichtshof für derartige Klagen gemäß Art.
3 Abs.
1 EuInsVO die Zuständigkeit der Gerichte des [X.] auch gegen [X.] bejaht, die ihren satzungsmäßigen Sitz in ei-nem anderen Mitgliedsstaat haben ([X.], [X.], 427 Rn.
21, 28
-
Deko Marty
Belgium).

Dass die Regelung in
§§
32a, 32b GmbHG in das Gesetz betreffend die [X.]en mit beschränkter Haftung eingestellt war, ist demgegenüber un-beachtlich; es zählt allein die materielle Zuordnung, nicht der zufällig gewählte Standort der Bestimmung. Das hat
schon das Berufungsgericht zutreffend [X.]. Im Übrigen bestand der Schwerpunkt der Novellenregelung in der seit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung geltenden Fassung ohnehin in den [X.] der §
39 Abs.
1 Nr.
5, §
135 [X.] a.F., die auch ihrem formalen Standort nach Insolvenzrecht darstellten. §§
32a, 32b GmbHG hatten
lediglich noch ergänzenden Charakter (vgl. Schilling,
aaO S.
193).

Die Novellenregelungen können schließlich nicht als mittelbare Folge der gesellschaftsrechtlichen Finanzierungsverantwortung der [X.]er [X.] werden. Solange das Insolvenzverfahren nicht eröffnet
worden ist, hin-dern sie eine Rückzahlung der Darlehen nicht und eröffnen auch nicht die Mög-lichkeit der insolvenzrechtlichen Rückforderung (vgl. aber §
3b [X.]). Sie 33
34
35
-
14
-
sollen unabhängig von der Finanzierungsverantwortung der [X.]er und der Erhaltung des [X.] die Fortführung eines sanierungsreifen [X.] verhindern. Eine Nachschusspflicht wird durch sie nicht angeord-net. Die Rechtsfolgen treten unabhängig von dem zur Wiederherstellung der Stammkapitalziffer erforderlichen Betrag
ein und gehen über den
zur Abde-ckung der Unterbilanz und der Überschuldung erforderlichen Betrag
hinaus ([X.], [X.], 1004; Schilling, aaO S.
193
f; [X.], aaO S.
3
f).

Der "kapitalersetzende" Charakter eines Darlehens im Sinne des §
39 Abs.
1 Nr.
5, §
135 [X.] a.F. bezog sich also keineswegs auf das Stammkapital der GmbH, sondern bildete als Fremdkapital den Gegensatz zum
Eigenkapital der [X.] ([X.] in [X.], aaO S.
131, 176
f; Schilling, aaO S.
193
f; [X.], [X.], 1004).
Die [X.] setzen bei der Diskrepanz zwischen Kapitalbedarf und der Möglichkeit der Kapitalbeschaffung auf dem Kapitalmarkt an,
wie sich vor allem aus der Anknüpfung an den
Begriff der Krise ergibt, die eine Vorstufe zur späteren Insolvenz darstellt. Auch dies zeigt den insolvenzrechtlichen Charakter der Novellenregelung.

3. Die Anwendung des §
32a [X.], §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] ver-stößt nicht gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 AEUV (zuvor: Art.
43, 48 [X.]).

a) Nach der Rechtsprechung des [X.]n Gerichtshofs
ist aner-kannt, dass zwingende Gründe des Gemeinwohls, wie der Schutz des Interes-ses der Gläubiger, unter bestimmten Umständen und unter Beachtung [X.]r Voraussetzungen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit durch das nationale Recht rechtfertigen können
([X.], [X.], 2037 Rn.
92
-
Überseering; [X.] 2003, 1885 Rn.
132
f -
[X.]). Dazu sind vier Voraus-36
37
38
-
15
-
setzungen zu erfüllen: Die Beschränkungen müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, zur Erreichung der verfolgten Ziele geeignet sein und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist ([X.], [X.] 2003, 1885 Rn.
133 -
[X.]; [X.], Urteil vom 14.
März 2005
-
II
ZR 5/03, [X.], 805, 806).

b) Ob diese Voraussetzungen bei §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.], §
32a [X.] vorliegen, kann dahinstehen. Die
Anwendbarkeit
der genannten Vorschrif-ten
beruht auf ihrer Qualifizierung als Insolvenzrecht durch Art.
4 Abs.
2
EuInsVO. Dass diese Vorschrift des sekundären Gemeinschaftsrechts, die Be-sonderheiten des eröffneten Insolvenzverfahrens regelt, gegen das primäre Gemeinschaftsrecht in der Form der Niederlassungsfreiheit für Kapitalgesell-schaften verstößt, ist nicht erkennbar und wird -
soweit ersichtlich
-
nirgends vertreten (vgl. [X.], [X.] 2004, 291, 295
f; [X.]/[X.], GmbHR 2008, 867, 870). Auch von der Revision wird dies nicht geltend gemacht.

Im Übrigen läge es auch dann, wenn die Anwendbarkeit der [X.] nicht auf [X.]parecht, sondern auf [X.]m internationalem Privatrecht beruhte, fern, einen Verstoß
gegen die Niederlassungsfreiheit anzunehmen (vgl. [X.]
in [X.], aaO S.
186
ff). Das bedarf hier jedoch keiner abschließen-den Entscheidung.

c) Eine primärrechtskonforme Auslegung von Art.
4 Eu[X.] zwingt
ent-gegen der Auffassung der Revisionsklägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht dazu, die [X.] für nicht anwendbar anzusehen.

39
40
41
-
16
-

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] legt Art.
4 Abs.
1 EuInsVO das anwendbare Recht sowohl für das [X.] wie für das Sekundärinsolvenzverfahren fest, nämlich jeweils das Recht des Staates der Verfahrenseröffnung. Art.
4 Abs.
2 EuInsVO enthält dazu eine nicht erschöpfende Aufzählung der verschiedenen Punkte des Verfahrens, die nach dem Recht des [X.] geregelt werden ([X.], [X.], 187 Rn.
25 -
Probud). Dazu gehört nach [X.]. i der Rang der Forderungen.

Entgegen der Auffassung der Revision ist der Verfahrensbegriff des Art.
4 EuInsVO nicht eng auszulegen. Wie die Aufzählung in Art.
4 Abs.
2
EuInsVO zeigt, haben die dort genannten Regelungen Auswirkungen auf das materielle Recht, etwa hinsichtlich der Frage, welche Vermögensgegenstände zur Masse gehören ([X.].
b), welches die Voraussetzungen für die [X.] einer Aufrechnung sind ([X.].
d), wie die Auswirkungen des [X.] auf laufende Verträge sind ([X.].
e) und wie sich die Rechte der Gläubiger gestalten, die nach Eröffnung des Verfahrens aufgrund dinglichen Rechts oder infolge Aufrechnung teilweise befriedigt wurden ([X.].
i).

[X.].
i regelt in diesem verfahrensrechtlichen Sinne, dass sich der Rang einer Forderung nach dem Recht
des [X.] richtet. Dies
wird durch das jeweilige nationale Recht, das den Rang von Forderungen regelt, näher ausgefüllt. Zu den nationalen Rangregelungen, auch
solchen mit
gesell-schaftsrechtlichem
Bezug, macht Art.
4 Abs.
2 EuInsVO dagegen keine inhaltli-chen Vorgaben. Dass die Anwendung des nationalen Insolvenzrechts, hier der [X.], auf [X.] [X.]en europarechtlich bedenklich sei, wird nicht geltend gemacht. Die Anwendung auch auf [X.]en aus ande-ren Mitgliedsstaaten, über deren Vermögen in [X.] das Insolvenzver-42
43
44
-
17
-
fahren eröffnet wurde, ordnet
Art.
4 EuInsVO aus insolvenzrechtlichen Gründen an.

Die Niederlassungsfreiheit der [X.]en wird durch die [X.], europarechtliche Anordnung des Art.
4 EuInsVO nicht tangiert. Hier werden lediglich Besonderheiten des Insolvenzverfahrens geregelt. Die Vor-schrift zieht
lediglich insolvenzrechtlich
die Konsequenz daraus, dass das Insol-venzverfahren über die [X.] gemäß Art.
3 EuInsVO in einem [X.] eröffnet worden ist, in den die [X.]
den Mittelpunkt ihrer haupt-sächlichen Interessen verlagert und sich damit mittelbar im Umfang des Art.
4 EuInsVO dem dortigen Insolvenzrecht unterstellt hat.

d) Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der [X.] nach Art.
267 Abs.
3 AEUV ist nicht geboten, weil sich im Streitfall keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen des Unionsrechts stellen, die eine Vorlage erfordern. Hinsichtlich der Auslegung des insolvenzrechtlichen Begriffs des Rangs in Art.
4 Abs.
2 [X.].
i EuInsVO bestehen keine vernünfti-gen Zweifel (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom
6.
Oktober 1982 -
283/81, [X.]. 1982, 3415 =
NJW 1983, 1257 Rn.
16
-
C.I.L.F.I.T.; vom 15.
September 2005
C
-
495/03, [X.]. 2005 I 8151 Rn.
33
-
Intermodal Transports).

4. Der Klägerin bleibt
unbenommen, die von ihr geltend gemachten [X.] in dem in [X.] eröffneten Sekundärinsolvenzverfahren gemäß Art.
32 Abs.
1 EuInsVO in vollem Umfang in dem dort gemäß Art.
28 EuInsVO nach [X.]n Recht vorgesehenen Rang anzumelden.

5. Die Vorschriften
der §
32a
[X.], §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] sind auf die Schuldnerin anzuwenden, obwohl diese keine [X.] mit be-45
46
47
48
-
18
-
schränkter Haftung [X.] Rechts, sondern eine société anonyme luxem-burgischen Rechts ist. Die [X.] gelten, soweit [X.]s Recht an-wendbar ist, rechtsformunabhängig.

a) Die Neuregelung nach dem [X.] gilt rechtsformunabhängig, was sich dort unmittelbar aus dem Wortlaut des §
39 Abs.
1 Nr.
5, §
39 Abs.
4 [X.] ergibt (vgl. dazu auch die Begründung der Bundesregierung zum
Entwurf des
[X.], BT-Drucks. 16/6140 S.
56
zu Nr.
5 [X.].
b
-
Anfügung von §
39 Abs.
4 [X.]).
Für das hier anzuwendende frühere Recht gilt nichts anderes. Auch §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F. stellte nicht auf eine bestimmte [X.]s-form ab. Die Regelungen in §§
32a, 32b [X.] waren gemäß den
mit der Novellenregelung eingeführten §
129a HGB a.F. und §
172a HGB a.F. auch auf offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften entsprechend an-zuwenden, bei denen kein [X.]er
eine natürliche Person oder eine OHG oder KG war, bei der
ein persönlich haftender [X.]er eine natürli-che Person war.

Der [X.] hat diese Regeln auch auf Finanzierungshilfen eines Aktionärs erstreckt, wenn dieser mehr als 25
v.H.
der Aktien der Gesell-schaft hält oder -
bei geringerer, aber nicht unbeträchtlicher Beteiligung
-
ver-bunden mit weiteren Umständen über
gesellschaftsrechtlich fundierte Einfluss-möglichkeiten in der [X.] verfügt ([X.], Urteil vom 26.
März 1984
-
II
ZR 171/83, [X.]Z 90, 381, 387
ff; vom 9.
Mai 2005 -
II
ZR 66/03, [X.], 1316, 1317; Beschluss vom 26.
April 2010 -
II
ZR 60/09, [X.], 1443 Rn.
5
ff). Sie gelten außerdem für die [X.] (v.
[X.] in v.
[X.]/
[X.], Handbuch des [X.], 2.
Aufl. Rn.
10.8; Münch-Komm-[X.]/Ehricke, 2.
Aufl. §
39 Rn.
42; [X.] in [X.], aaO S.
173
ff, 178).

49
50
-
19
-

b) Anwendbar ist §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F. deshalb jedenfalls auf Kapi-talgesellschaften und solche Personengesellschaften, die keine
natürliche Per-son als
persönlich haftenden [X.]er haben
([X.], Urteil vom 26.
Januar 2009 -
II
ZR 213/07, [X.]Z 179, 279 Rn.
8
ff). Hierunter fällt die Schuldnerin. Dass §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] Auslandsgesellschaften nicht besonders erwähnt, hat vor allem historische Gründe, weil nach dem damaligen Stand des
deut-schen internationalen [X.]srechts nicht in nennenswertem Umfang mit [X.] von Auslandsgesellschaften zu rechnen war (vgl. [X.] in [X.], aaO S.
178
f).

6. [X.] nach §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] a.F. sind vom Berufungsgericht mit
Recht bejaht worden.

a) Die Klägerin war seit 21.
Juli 2007 mit 63,7
v.H.
der Geschäftsanteile an der Schuldnerin beteiligt; sie verfügte damit über gesellschaftsrechtlich fun-dierte Einflussmöglichkeiten
bei der Schuldnerin, wie sie der [X.] für die Anwendbarkeit des [X.]s bei Aktiengesellschaften voraussetzt ([X.], Urteil vom 9.
Mai 2005 -
II
ZR 66/03, [X.], 1316; vgl. auch [X.], Beschluss vom 26.
April 2010, aaO Rn.
5
ff).

b) Das
Berufungsgericht konnte dahingestellt sein lassen, ob die Darle-hen der Schuldnerin bereits in einer Krisensituation zur Verfügung gestellt [X.] sind. Die Darlehen waren zum Ende des Jahres 2007 fällig geworden oder hätten durch Kündigung fällig gestellt
werden können. Das Stehenlassen von früher gewährten [X.]erdarlehen nach Eintritt der [X.]skrise ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ausreichend, ohne dass es einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung für die Umqualifizierung [X.], weil auch solche Mittel das erforderliche Eigenkapital ersetzen, wenn 51
52
53
54
-
20
-
durch sie die sonst gebotene Liquidation der [X.] vermieden wird ([X.], Urteil vom 19.
September 1988 -
II
ZR 255/87, [X.]Z 105, 168, 185
f; vom 28.
November 1994 -
II
ZR 77/93, [X.] 1995, 23; [X.]
in [X.], GmbHG, 10.
Aufl.,
§
32a,
§
32b Rn.
47 mwN).

c) Kredite, die stehengelassen werden, sind kapitalersetzend, wenn die [X.] zu diesem [X.]punkt kreditunwürdig ist. Kredite, die nach Eintritt der
materiellen Insolvenz (Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit) stehenge-lassen werden, sind in jedem Fall eigenkapitalersetzend ([X.],
aaO Rn.
39 mwN). [X.] sind sie aber auch, wenn sie der Gesell-schaft im
Zustand der Kreditunwürdigkeit gegeben oder belassen werden, also zu einem [X.]punkt, in dem die [X.] von dritter Seite keinen Kredit zu marktüblichen Bedingungen mehr hätte erhalten können und ohne die [X.] von Eigenkapital oder von [X.]erdarlehen hätte liquidiert werden müssen ([X.]
in [X.], aaO §§
32a, 32b Rn.
38, 41 mwN).

Die Kreditunwürdigkeit ist nach objektiven Maßstäben festzustellen
([X.], Urteil vom 2.
Dezember 1996 -
II
ZR 243/95, NJW-RR 1997, 606 mwN).
Sie liegt vor, wenn kein vernünftig handelnder Dritter den Kredit ohne Inan-spruchnahme einer
[X.]ssicherheit gewähren würde (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Juni
1997 -
II
ZR 211/95, [X.] 1997, 1648, 1650
mwN; [X.] in [X.], aaO Rn.
41). Bei der Prüfung der Insolvenzreife der [X.] hat die bilanzielle Überschuldung nur eine indizielle Bedeutung und ist lediglich Ausgangspunkt für die weitere Ermittlung der wahren Werte des [X.]s-vermögens, weil durch stille Reserven die Überschuldung neutralisiert werden kann ([X.], Urteil vom 2.
April 2001 -
II
ZR 261/99, [X.] 2001, 839 mwN).

55
56
-
21
-

d) Das Berufungsgericht hat die Kreditunwürdigkeit der Schuldnerin zum 1.
Januar 2008 mit der Überschuldung der [X.] und damit begründet, dass diese nicht mehr in der Lage gewesen sei, das zur Rückzahlung der [X.] erforderliche Kapital zu marktüblichen Konditionen auf dem Kapitalmarkt zu beschaffen. Die hiergegen erhobenen Revisionsrügen greifen nicht durch.

aa) Das Berufungsgericht hat aus dem Bericht des Insolvenzverwalters für die Gläubigerversammlung vom 23.
Mai 2008 (Anlage K
26) zum Stichtag 3.
März 2008 einen Fortführungswert des Unternehmens in Höhe von 81
Mio.

bei Verbindlichkeiten gegen
Dritte in Höhe von 84
Mio.

und gegenüber den [X.]ern in Höhe von über 113
Mio.

entnommen und keinen Anhalts-punkt dafür gesehen, dass die wirtschaftliche Situation etwa
drei Monate vorher wesentlich anders gewesen
wäre. Es hat Überschuldung angenommen. Der Einwand der Revision, die Feststellung der Überschuldung sei nicht stichtags-bezogen zum 1.
Januar 2008 erfolgt, ist unzutreffend. Das Berufungsgericht hat auf das Ende des Jahres 2007 abgestellt und den Bericht als ausreichende
zeitnahe Grundlage
gewertet. Die Revision zeigt nicht auf, dass die Klägerin dargelegt hätte, zum 1.
Januar 2008, also gut zwei Monate vor dem Stichtag, wäre die Situation wesentlich anders gewesen. Die Würdigung des Berufungs-gericht hält sich im Rahmen einer zulässigen
Beweiswürdigung.

Für die Frage der Überschuldung kommt es im Rahmen des anwendba-ren [X.] [X.]s auf die Auslegung dieses Begriffs im [X.]
Recht an, also entgegen der Auffassung der Revision nicht auf das [X.] Recht. Dass die Klägerin vorgetragen hätte, der [X.] habe in seinem Bericht Unternehmenswerte, etwa stille Reserven, zu Unrecht außer Acht gelassen,
zeigt die Revision nicht auf. Der Bericht des In-57
58
59
-
22
-
solvenzverwalters legt nicht die handelsrechtlichen Buchwerte, sondern gut-achterliche Wertfeststellungen zugrunde.

bb) Jedenfalls war die Schuldnerin am 1.
Januar 2008
kreditunwürdig.
Die diesbezüglichen Feststellungen entbehren nicht der erforderlichen tatsäch-lichen Grundlage; sie lassen auch nicht das Vorbringen der Klägerin
außer Acht. Die Revision wendet sich vor allem in unzulässiger Weise gegen die Be-weiswürdigung.

(1) Es bedurfte keines
Sachverständigengutachtens
um festzustellen, dass die Schuldnerin erheblichen Kapitalbedarf hatte, der auf dem Kapitalmarkt allenfalls gegen -
bei der Schuldnerin nicht vorhandene
-
Sicherheiten zu be-schaffen gewesen wäre. Das Unternehmen der Schuldnerin befand sich noch im Aufbau, der durch die von der Bundesregierung beschlossene Einführung der Mindestlöhne im Briefzustellbereich erheblichen weiteren Risiken ausge-setzt wurde. Die von der Schuldnerin aus Anlass der Festsetzung der Mindest-löhne beauftragte [X.] kam im Dezember 2007 zu dem Ergebnis, dass eine erfolgversprechende Fortführung des [X.] weitere Investitionen von etwa 320
Mio. [X.] erforderte. Unter Einbezie-hung der streitgegenständlichen Darlehen bestand damit ein Kreditbedarf von
rund
400
Mio.
[X.], für den
die Schuldnerin nach den unangegriffenen [X.] keine Sicherheit leisten konnte. Die Klägerin war nicht bereit, diesen
Kapitalbedarf zu decken. Die Schuldnerin hatte bislang nur hohe Verluste erwirtschaftet. Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass die Schuldnerin im dargelegten Sinne kreditunwürdig war.

60
61
-
23
-

(2) Der Umstand, dass die der Schuldnerin gewährten Bankdarlehen un-gekündigt geblieben waren, ist für die Beurteilung der Kreditunwürdigkeit der Schuldnerin letztlich ohne entscheidende Bedeutung. Das Berufungsgericht hat maßgeblich auf die Finanzierung des zusätzlichen [X.] abgestellt. Zu einer weiteren Finanzierung waren die Banken nach dem Sachvortrag, auf den sich die Revision beruft, allenfalls bei einer
Mitfinanzierung durch die Gesell-schafter bereit, die dies jedoch ablehnten. Das Berufungsgericht hat ausdrück-lich festgestellt, dass die [X.] eine Finanzierung des erforderlichen wei-teren Kapitals von 320
Mio. [X.] nur durch Darlehen der Klägerin erwogen hat. Gegenteiligen einer Beweisaufnahme zugänglichen Vortrag zeigt die Revision nicht auf.

(3) Das Berufungsgericht durfte schließlich den Austausch der Ge-schäftsführung im Dezember 2007 und die Einsetzung von ausgewiesenen Sa-nierungs-
und Insolvenzrechtsexperten in die neue Geschäftsführung als Indiz berücksichtigen; die Wertung dieser Vorgänge als krisenhafte Zuspitzung der Situation ist unter Berücksichtigung aller Umstände im Rahmen der [X.] Beweiswürdigung nicht zu beanstanden. Das gilt zumal auch deshalb, weil die
Klägerin
und die Schuldnerin von der Möglichkeit
ausgingen, dass kurz-fristig Insolvenzantrag für die Schuldnerin gestellt werden musste, was aus den Stundungsvereinbarungen
hervor geht, die im Januar 2008 geschlossen [X.]. Zudem waren
schon in den Sitzungen des Verwaltungsrats der Schuldne-rin am 6. und 10.
Dezember 2007 das Insolvenzrisiko von verlustbringenden Tochtergesellschaften, die daraus folgenden Konsequenzen für die Schuldnerin und die bestehenden Liquidationsprobleme erörtert worden.

Aus den festgestellten Indizien konnte
das Berufungsgericht
rechtsfehler-frei den Schluss auf die Kreditunwürdigkeit der Schuldnerin ab Jahresbeginn 62
63
64
-
24
-
2008 ziehen. Entgegen der Ansicht der Revision hat es keine Beweislastent-scheidung getroffen.

e) Die im Falle des Stehenlassens erforderliche Kenntnis des Gesell-schafters von der Krisensituation oder zumindest die Möglichkeit, diese zu er-kennen, die
vermutet wird,
(vgl. [X.], Urteil vom 7.
November 1994 -
II
ZR 270/93, [X.]Z 127,
336, 346
f) ist hier angesichts der festgestellten Umstände ohne weiteres anzunehmen.

f) Schließlich ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu beanstan-den, dass es sich beim Stehenlassen des Darlehens Anfang 2008 um keine kurzfristige Überbrückungsfinanzierung handelte.

Von einer den Eigenkapitalersatzeinwand ausschließenden kurzfristigen Finanzierungshilfe kann nur ausgegangen werden, wenn im [X.]punkt der [X.] des Kredits aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens objektiv damit gerechnet werden kann, dass die [X.]
den Kredit in dem vorgesehenen kurzen [X.]raum werde ablösen können ([X.], Urteil vom 2.
Juni 1997 -
II
ZR 211/95, NJW 1997, 3171, 3172 mwN).
Dies scheidet hier aus. [X.] kurzfristige Finanzierungshilfen sind
nur in besonders gelagerten Aus-nahmefällen
anzunehmen, in denen die [X.] zwar für kurze [X.] drin-gend auf die Zufuhr von Geldmitteln angewiesen ist, aufgrund ihrer wirtschaftli-chen Lage aber mit der fristgerechten Rückzahlung objektiv gerechnet werden kann. Die zeitliche Grenze wird durch die in §
15a [X.] enthaltene Frist gesetzt und beträgt längstens drei Wochen ([X.], Beschluss vom 26.
April 2010
-
II
ZR 60/09, [X.], 1443 Rn.
17 mwN).

65
66
67
-
25
-

Schon die zeitliche Grenze wurde nicht eingehalten, weil die Stundung drei Wochen überschritt. Zudem konnte zu keinem [X.]punkt von einer fristge-rechten Rückzahlung ausgegangen werden.

Mit der Behauptung,
eine Kündigung der Darlehen hätte erstmals am 2.
Januar 2008 mit Wirkung vom 16.
Januar 2008 ausgesprochen werden [X.], setzt sich die Revision in Widerspruch zu ihrem eigenen Sachvortrag, wo-nach die Darlehen zum 31.
Dezember 2007 kündbar waren. Nach
dem vom Berufungsgericht festgestellten unstreitigen Sachverhalt waren mit Ausnahme des ersten Darlehens über 15
Mio.
[X.] ohnehin alle weiteren Darlehen bis zum 31.
Dezember 2007 befristet. Das erste Darlehen über 15
Mio.
[X.] hätte nach §
5 des Darlehensvertrages (Anlage K
6) jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen und damit zum Jahresende 2007 gekündigt werden können.

Kayser
[X.]
[X.]

Fischer
Pape

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 04.12.2009 -
87 [X.]/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom [X.] -
18 U 3/10 -

68
69

Meta

IX ZR 185/10

21.07.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. IX ZR 185/10 (REWIS RS 2011, 4517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4517

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 185/10

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