Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.07.2011, Az. 4 StR 139/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 4750

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Gegenstand

Strafverfahren: Gerichtsstand des Tatorts beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 12. August 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 [X.]).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend zum Verwerfungsantrag des [X.] bemerkt der Senat:

1. Die Verfahrensrüge, mit der nach § 338 Nr. 4 [X.] i.V.m. § 7 Abs. 1 [X.] die fehlende örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts geltend gemacht wird, greift nicht durch. Das [X.] war örtlich zuständig, weil nach der bei Eröffnung des Hauptverfahrens gegebenen Sachlage in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen war, dass jedenfalls die dem Angeklagten unter Nr. 4 der Anklage zur Last gelegte Tat auch in [X.] begangen wurde.

a) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ist ein Tätigkeits- und kein [X.]. Für die Frage, ob der Gerichtsstand des Tatorts gemäß § 7 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 9 Abs. 1 StGB begründet ist, ist deshalb allein auf den Handlungsort abzustellen ([X.], Beschlüsse vom 31. März 2011 – 3 [X.] Rn. 21; vom 17. Juli 2002 – 2 [X.], [X.], 269; vgl. auch Weber, BtMG, 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 83). Die Bestimmung des [X.] beurteilt sich dabei nach der Tatsachengrundlage, wie sie sich im Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens darstellt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 31. März 2011 – 3 [X.] Rn. 24; vom 31. März 2011 – 3 [X.]; [X.], [X.], 54. Aufl., § 338 Rn. 31; [X.] in [X.], [X.], § 338 Rn. 80).

b) Das Zusammenwirken von Veräußerer und Erwerber von Betäubungsmitteln stellt sich nach der Rechtsprechung des [X.] nicht als Mittäterschaft, sondern jeweils als selbständige Täterschaft dar, weil sich beide als Geschäftspartner gegenüberstehen und gegensätzliche Interessen verfolgen, so dass ihr gemeinsames Tätigwerden allein durch die Art der Deliktsverwirklichung vorgegeben ist ([X.], Beschluss vom 31. März 2011 – 3 [X.] Rn. 22; Urteil vom 9. Oktober 1996 – 3 [X.], [X.]St 42, 255, 259). Aus dem gleichen Grund führt das Zusammenwirken zwischen Veräußerer und Erwerber auch nicht zu einer Beteiligung des einen an der jeweiligen Tat des andern (vgl. [X.], Urteil vom 30. September 2008 – 5 [X.], [X.], 221; Beschluss vom 17. Juli 2002 – 2 [X.] aaO). Dass das vom Angeklagten im Fall II. 2 der Urteilsgründe erworbene Marihuana von dem Lieferanten des Angeklagten zuvor in [X.] gelagert worden war, vermag daher – entgegen der Auffassung der [X.] – keinen Handlungsort für die Tat des Angeklagten zu begründen.

c) Ein die örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts begründender Gerichtsstand nach § 7 Abs. 1 [X.] ergibt sich hier daraus, dass nach der Sachlage im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Angeklagte bei der ihm unter Nr. 4 der Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] vom 15. Juni 2009 angelasteten Tat auch in [X.] gehandelt hatte. Ausweislich der Angaben des [X.]    in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 2. Februar 2009 ([X.], 48 f.) war davon auszugehen, dass der Zeuge dem Angeklagten in einem aus [X.] geführten Telefonat ein Kilogramm Haschisch zum Kauf angeboten und der Angeklagte das Angebot sogleich angenommen hatte. Damit hat der Angeklagte auch im Bezirk des [X.] eine auf die Tatbestandsverwirklichung des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gerichtete Tätigkeit entfaltet. Denn die in der Annahme des Lieferangebots liegende Tathandlung des vollendeten Handeltreibens schließt den Zugang der Erklärung bei dem Adressaten mit [X.], aaO, § 29 Rn. 380, 364; Körner, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 331, 300; [X.] in [X.], § 29 BtMG Rn. 282) mit der Folge, dass ein Handlungsort im Sinne des § 9 Abs. 1 StGB auch an dem Ort gegeben ist, an dem die Annahmeerklärung den Adressaten erreicht (vgl. [X.] in [X.], 12. Aufl., § 9 Rn. 82).

2. Die Rüge, mit der sich die Revision gegen die Verwertung der Erkenntnisse aus der in dem Ermittlungsverfahren gegen den [X.]   durchgeführten Telekommunikationsüberwachung wendet, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]). In ihrem den Widerspruch der Verteidigung gegen die Verwertung zurückweisenden Beschluss hat sich die [X.] zur Darlegung der im Zeitpunkt der Anordnung der Telekommunikationsüberwachung gegebenen Verdachtslage u.a. auf die Ausführungen in der polizeilichen „Beantragung von Telekommunikationsmaßnahmen“ vom 10. August 2007 gestützt. Deren Inhalt wird von der Revision nicht mitgeteilt.

Ernemann                                         Roggenbuck                                      Cierniak

                            Bender                                                 [X.]

Meta

4 StR 139/11

14.07.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dortmund, 12. August 2010, Az: 35 KLs 150 Js 136/09 - 32/09, Urteil

§ 7 Abs 1 StPO, § 9 Abs 1 StGB, § 29 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.07.2011, Az. 4 StR 139/11 (REWIS RS 2011, 4750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4750

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