Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2014, Az. 5 StR 169/14

5. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4096

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 169/14
(alt: 5 StR 239/13)

vom
15. Juli 2014
in der Strafsache
gegen

wegen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 15. Juli 2014
beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. Dezember 2013 wird nach §
349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§
349 Abs.
4 StPO) als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte des Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig ist.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-gen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen zu einer [X.] von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, eine Einziehungsentscheidung getroffen und den Verfall von Wertersatz angeordnet. Die auf eine Verfahrens-rüge und die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu einer Schuldspruchänderung und zum Wegfall von elf Einzelstrafen; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensrüge, der Vorsitzende habe seiner Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht im gebotenen Maße entsprochen, hat kei-nen Erfolg.
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a) Dem liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen [X.]:
Am ersten Hauptverhandlungstag führte die [X.] während einer Verhandlungsunterbrechung mit dem [X.] der Staatsanwaltschaft und den beiden Verteih-und die Staatsanwaltschaft für den Fall eines glaubhaften Geständnisses je-weils konkretisierte Straferwartungen. Entsprechend den dienstlichen Stellung-nahmen der Berufsrichter und des [X.]s der Staatsanwaltschaft, die insoweit unwidersprochen geblieben sind, wurde anschließend von den [X.] vereinbart, dass die Verteidiger mit dem Angeklagten [X.] klären sollten, ob dieser sich überhaupt eine Verständigung vorstellen könne. Noch vor der Fortsetzung der Hauptverhandlung teilten die Verteidiger nach einer längeren Rücksprache mit dem Angeklagten mit, dass dieser grund-sätzlich nicht bereit sei, ein Geständnis abzulegen, und eine Verständigung generell ablehne. Nach dem Wiedereintritt in die Hauptverhandlung gab der Vorsitzende bekannt, dass sich in dem geführten Gespräch zwar nicht das [X.], wohl aber Staatsanwaltschaft und Verteidiger für den Fall einer Verurtei-e-äußert hätten, ohne diese genau zu benennen. Der Angeklagte machte weiter-hin von seinem Schweigerecht Gebrauch. Eine Verständigung nach § 257c StPO kam nicht zustande.
b) Die Mitteilung des Vorsitzenden entsprach zwar nicht den Anforderun-gen des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO. Danach hat der Vorsitzende über den we-sentlichen Inhalt erfolgter Erörterungen zu informieren. Insofern kann offen bleiben, ob hierzu auch gehört, von welcher Seite die Frage einer Verständi-3
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gung aufgeworfen und welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteil-nehmern vertreten wurden (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Oktober 2013

5 [X.], [X.], 722). Denn auch dann, wenn keine Verständigung zustande gekommen ist, sind jedenfalls der [X.] und die zu diesem abgegebenen Erklärungen der übrigen Verfahrensbeteiligten mitzu-teilen (vgl. [X.], Beschluss vom 9. April 2014

1 [X.]). Nichts anderes gilt aber, wenn wie in dem hier
geführten [X.] die [X.] ohne zugrundeliegenden gerichtlichen Vorschlag von sich aus konkrete [X.] äußern, um
gegebenenfalls
eine Verständigung herbeizuführen. Auch diese sind in der Hauptverhandlung bekannt
zu geben.
c) Der [X.] kann aber ausnahmsweise sicher ausschließen, dass das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht (vgl. [X.] 133, 168, 223 f.; [X.], Beschluss vom 29. November 2013

1 [X.], [X.], 221, 222 f.; siehe auch [X.], Beschluss
vom 15. April 2014

3 [X.]).
Der Angeklagte wurde durch die unzureichende Unterrichtung nach §
243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht in seinem [X.] beeinflusst; insbe-sondere wurde er nicht davon abgehalten, sich zur Sache einzulassen. Denn er hat nicht nur konstant von seinem Schweigerecht Gebrauch, sondern auf aus-drückliches Befragen noch vor der Mitteilung des Vorsitzenden deutlich ge-macht, dass bei ihm prinzipiell keine Verständigungsbereitschaft bestehe. Auf die Unterrichtung durch den Vorsitzenden kam es deshalb erkennbar nicht an (vgl. [X.], Beschluss vom 29. November 2013

1 [X.] aaO).
3. Die Sachrüge führt zu einer Änderung des Schuldspruchs.
a) Nach den Feststellungen des [X.]s verkaufte der Angeklagte von November 2011 bis Anfang Mai 2012 dem Zeugen L.

in zwölf Fällen 6
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jeweils 15 bis 25 g Heroin (Fälle 2 bis 13), davon in zwei Fällen (Fälle 12 und 13) ab April 2012 zusätzlich auch einmal fünf und einmal zehn Gramm Kokain. Wie vereinbart erhielt der Zeuge L.

das Heroin auf Kommissionsbasis zum Weiterverkauf, das heißt
er bezahlte den Kaufpreis erst bei dem darauf folgen-den Treffen, bei dem er neues Heroin bekam, aus den beim Weiterverkauf er-zielten Beträgen (vgl. [X.]); lediglich den Kaufpreis für das Kokain bezahlte er direkt bei der Übergabe. Zudem bewahrte er in der Anfangsphase für den Angeklagten 140 g Heroin auf, das dieser gewinnbringend veräußern wollte (Fall 1). Am 11. Mai 2012 wurde der Angeklagte auf der Rückfahrt von einer Beschaffungsfahrt aus [X.], bei der er von einer unbekannten [X.] 98 [X.] und insgesamt etwa 110 g Kokainhydrochloridge-misch unterschiedlichen [X.] erworben hatte, von der [X.]; die Betäubungsmittel wurden sichergestellt (Fall
14).
b) Die Annahme von 14 realkonkurrierenden Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält sachlich-rechtlicher Nach-prüfung nicht stand; vielmehr ist für die Betäubungsmittelverkäufe an den Zeu-gen L.

in den Fällen 2 bis 13 Tateinheit anzunehmen. Indem der Zeuge L.

das ihm vom Angeklagten jeweils auf Kommissionsbasis überlassene Heroin erst bei Übernahme der nächsten Lieferung bezahlte, überschnitten sich die unmittelbar aufeinanderfolgenden Umsätze der Fälle
2 bis 13 in der [X.] und der Übergabe der zuvor per Telefon oder [X.] bestellten (vgl. [X.]) neuen [X.], so dass die [X.] in einem Handlungsteil des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zusammentra-fen (vgl. [X.],
Beschluss vom 22. Januar 2010

2 [X.], [X.], 97; Urteil vom 25. April 2013

4 [X.], [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Der teilweise gleichzeitig erfolgte Verkauf von Kokain steht der Annahme von Tateinheit nicht entgegen. Der [X.] ändert den Schuldspruch 10
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entsprechend ab; § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
c) Die abweichende Bewertung der Konkurrenzen der Fälle 2 bis 13 ver-ringert deren Gesamtunrechtsgehalt nicht. Der [X.] setzt für die nunmehr eine
Tat eine Freiheitsstrafe von drei Jahren fest, wie sie das [X.] jeweils allein für die Fälle 2 und 8 bestimmt hatte. Angesichts der im Übrigen bestehen bleibenden [X.] von zwei Jahren und sechs Monaten (Fall 1) sowie von drei Jahren (Fall 14) kann der [X.] zudem ausschließen, dass das [X.] eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.

[X.][X.]

Schneider

Dölp König

11

Meta

5 StR 169/14

15.07.2014

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2014, Az. 5 StR 169/14 (REWIS RS 2014, 4096)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4096

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