Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.08.2020, Az. X ZR 38/19

10. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1102

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentanmeldung: Vorliegen einer widerrechtlichen Entnahme sowie Anspruch auf Einräumung einer Mitberechtigung - Mitralklappenprothese


Leitsatz

Mitralklappenprothese

Ob und gegebenenfalls inwieweit eine widerrechtliche Entnahme vorliegt, lässt sich in der dafür vorzunehmenden Gesamtschau zuverlässig nur auf der Grundlage festgestellter Übereinstimmungen zwischen der als entnommen geltend gemachten und der angemeldeten Lehre beurteilen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Oktober 2015 - X ZR 149/12, GRUR 2016, 265 Rn. 22 - Kfz-Stahlbauteil).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 21. März 2019 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten um die Rechte an der [X.] Patentanmeldung 2 566 416 ([X.]), die eine Mitralklappenprothese betrifft.

2

[X.]ie Klägerin ist ein in den [X.] ansässiges Unternehmen der Medizintechnik. Bis 2008 befasste sie sich vornehmlich mit der [X.]ntwicklung eines Systems zum [X.]rsatz der Aortenklappe. Im August 2008 nahm sie die [X.]ntwicklung einer katheterisierbaren Mitralklappenprothese auf. [X.]ine solche Prothese besteht aus einem Rahmen, in den eine Klappe eingenäht ist.

3

[X.]ie Muttergesellschaft der [X.], die [X.] (im Folgenden: [X.]), ist in [X.] ansässig und beschäftigt sich u.a. mit der Bereitstellung von biologischem Material für Klappenprothesen.

4

Im Juni 2009 kam es zur Aufnahme geschäftlicher Beziehungen zwischen der Klägerin und [X.]und zum Abschluss einer Geheimhaltungsvereinbarung. [X.]ie Klägerin betraute [X.]damit, von ihr entwickelte metallene Rahmen mit Klappen aus biologischem Material auszustatten. Hierzu übermittelte sie [X.]Konstruktionsunterlagen für mehrere von ihr entwickelte Prototypen von Rahmen für Mitralklappenprothesen, die als Revisionen (Rev.) B, [X.], [X.] und [X.] bezeichnet wurden. [X.]ie Zusammenarbeit endete im April 2010.

5

Im Mai, Oktober und November 2010 reichte [X.]drei [X.] ein. [X.]ie Priorität dieser Anmeldungen nahm sie für die internationale Patentanmeldung WO 2011/137531 vom 4. Mai 2011 (H[X.]1) in Anspruch. Aus dieser Anmeldung ist die am 13. März 2013 veröffentlichte [X.] hervorgegangen, die mit Wirkung zum 2. Oktober 2013 auf die Beklagte umgeschrieben wurde.

6

[X.]ie Klägerin hat die Beklagte auf Abtretung der [X.] und [X.]inwilligung in deren Umschreibung auf sich in Anspruch genommen, hilfsweise auf [X.]inräumung einer Mitberechtigung.

7

[X.]as [X.] hat die Beklagte nach dem Hilfsantrag verurteilt.

8

Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung der [X.] weiter.

Entscheidungsgründe

9

[X.]ie [X.]ision der Klägerin hat [X.]rfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. [X.]ie Streitanmeldung betrifft die Behandlung einer Herzklappeninsuffizienz, insbesondere einer Mitralklappeninsuffizienz, durch [X.]insatz einer Prothese.

1. [X.]ie Mitralklappe liegt zwischen linkem [X.] ([X.]) und linkem Ventrikel. Sie öffnet sich während der [X.]iastole, so dass sauerstoffreiches Blut aus dem linken [X.] in das [X.] strömt. Sie schließt sich bei der Systole, um zu gewährleisten, dass das Blut in die [X.] fließt, nicht jedoch zurück in den linken [X.]. [X.]ie Mitralklappe weist zwei [X.] auf, die als anteriores und posteriores Segel bezeichnet werden. [X.]ie [X.] sind an einem bindegeweblichen [X.] (Mitralklappenannulus) befestigt. An ihrem freien [X.]nde setzen sehr stabile chordae tendineae an, die verhindern, dass die Segel bei der Systole zu weit in den linken [X.] gedrückt werden.

[X.]ine [X.]ysfunktion der Mitralklappe kann u.a. durch Implantation einer Mitralklappenprothese behandelt werden. [X.]er Streitanmeldung zufolge war es im Stand der Technik bereits bekannt, solche Prothesen über einen Katheter in das Herz einzuführen. [X.]ie [X.]inführung der Prothesen sei jedoch zum Teil schwierig, ihre Herstellung sei kostspielig, auch seien sie nicht für jeden Patienten geeignet.

[X.]ie Veröffentlichung der internationalen Anmeldung WO 2008/103722 ([X.]) aus der die Figuren 1, 22 und 26[X.] unten wiedergegeben sind, offenbare eine über einen Katheter einsetzbare Mitralklappenprothese mit einem flexiblen und widerstandsfähigen Ring 106, einer Mehrzahl von daran befestigten Segeln 108 und einer Mehrzahl von am [X.]ewebe ansetzenden Positionierungselementen 120, die beweglich am Ring angebracht seien und an den anatomischen Strukturen des Klappenrings, der (natürlichen) [X.] oder der [X.] ansetzten. Weiter könnten Abschnitte (barb portions 2114) mit Widerhaken ([X.] 2150) vorgesehen sein, die in das [X.]ewebe einstechen, ferner eine am Ring befestigte Schürze (skirt 2206) zur Abdichtung des Umfangs der Prothese.

AbbildungAbbildung

Abbildung

[X.]ie Veröffentlichung der internationalen Anmeldung WO 2009/134701 ([X.]) beschreibe eine Prothese mit einem äußeren Stützrahmen, der sich nach oben - zum [X.] hin - erweitere und nach unten - zum Ventrikel hin - verjünge. [X.]ie Vorrichtung könne sich beim [X.]insetzen erweitern, um einen Presssitz am [X.] zu erzielen.

[X.]ie Figuren 1 und 4 der [X.] zeigen einen Rahmen und seine Lage nach dem [X.]insetzen:

AbbildungAbbildung

[X.]ie [X.] Patentanmeldung 2007/0016286 ([X.]), aus der Figur 6 wiedergegeben ist, zeige eine Vorrichtung, die mittels mindestens zweier Klammern (18) am umgebenden [X.] (32) befestigt werde.

Abbildung

2. [X.]ine Aufgabe ist in der Streitanmeldung nicht ausdrücklich genannt. Vor dem erläuterten Hintergrund kann das technische Problem dahin beschrieben werden, eine verbesserte Klappenprothese bereitzustellen, bei der insbesondere ein sicherer Sitz mit einer geringen Belastung des natürlichen [X.]ewebes und eine sichere Funktion der Klappe gewährleistet sind.

3. Zur Lösung dieses Problems stellt die Streitanmeldung Transkatheter-Mitralklappenprothesen sowie Verfahren und Systeme zu deren [X.]insatz bereit.

[X.]ie Prothese umfasst eine gewebeartige [X.]inweg-Ventil-Struktur mit einer Mehrzahl von Segeln, die in einem selbstexpandierenden oder expandierbaren Anker oder Rahmenabschnitt befestigt sind. [X.]ieser weist eine [X.]eometrie auf, die sich auffächert in eine atriale Schürzenregion mit niederem Profil, eine annulare Region, die so dimensioniert ist, dass sie im Wesentlichen mit dem natürlichen [X.] übereinstimmt, und eine ventrikuläre Schürzenregion, die die natürlichen Mitralklappensegel verschiebt.

In bevorzugten Ausführungsformen kann der Rahmenabschnitt in der Längsachse asymmetrisch sein, wobei der Bereich der atrialen Schürze, der annulare Bereich und/oder der Bereich der ventrikulären Schürze anterior und posterior verschieden gestaltet sein können, um eine gute Anpassung an die asymmetrischen Konturen und Merkmale einer typischen natürlichen Mitralklappe zu ermöglichen (Abs. 12).

In entfaltetem Zustand erstreckt sich der Bereich der atrialen Schürze im Wesentlichen radial nach außen, so dass er flach auf der atrialen Oberfläche des natürlichen [X.]s anliegt, diesen bedeckt und die Prothese zumindest gegen einen Teilbereich der angrenzenden atrialen Oberfläche des Herzens abstützt. [X.]abei ist das axiale Profil niedrig, erstreckt sich also nur wenig in den [X.], um thrombogene Turbulenzen im Blutfluss zu minimieren. In bevorzugten Ausführungsformen ist dieser Bereich mit biologischem oder synthetischem [X.]ewebe bedeckt, um ihn gegen die atriale Oberfläche abzudichten. In einigen Ausführungsformen kann der Bereich der atrialen Schürze Haken oder [X.]ornen aufweisen, um die Verankerung an der atrialen Oberfläche zu erleichtern (Abs. 16, Abs. 38).

[X.]er annulare Bereich der Prothese ist so dimensioniert, dass er im Wesentlichen dem natürlichen [X.] angepasst ist und sich nach der [X.]ntfaltung an diesem abstützen kann. Vorzugsweise weist der annulare Bereich im entfalteten Zustand eine [X.]-Form auf und ist mit biologischem oder synthetischem Material bedeckt, um eine Abdichtung gegenüber dem [X.] zu bewirken. [X.]ie Streben des Rahmens im annularen Bereich können [X.] aufweisen (Abs. 17, Abs. 39).

[X.]er Bereich der ventrikulären Schürze erstreckt sich nach der [X.]ntfaltung im Wesentlichen radial nach außen gegen die natürliche Mitralklappe, jedoch nicht so weit, dass er mit der ventrikulären Wand in Kontakt kommt oder der linke ventrikulare Abfluss behindert wird. Um sie gegen die verlagerten natürlichen [X.] abzustützen, ist die Prothese in entfaltetem Zustand etwas größer als die natürliche Klappe. Bevorzugt weist der Bereich der ventrikulären Schürze Haken oder [X.]ornen zur besseren Verankerung auf. Besonders bevorzugt weist der Rahmen im Bereich der ventrikulären Schürze eine asymmetrische Form auf und umfassen die Haken zwei Verankerungslaschen ([X.]), die im anterioren Bereich der Schürze angeordnet sind und dazu dienen, die Prothese gegen die fibrösen [X.] an beiden Seiten des natürlichen anterioren [X.]s abzustützen, ferner eine posteriore Verankerungslasche, die im posterioren Bereich der Schürze angeordnet ist und der Abstützung über dem posterioren Segel dient (Abs. 18, Abs. 40 f.). Auch der Bereich der ventrikulären Schürze kann mit biologischem oder synthetischem Material bedeckt sein, um eine Abdichtung gegen die verlagerten natürlichen Segel zu bewirken (Abs. 19).

[X.]iese kombinierte [X.]rei-Zonen-Verankerung gegen die atriale Oberfläche, den [X.] und die beiseitegeschobenen natürlichen Segel, die bei bevorzugten Ausführungsformen im Bereich des Ventrikels durch trigonale anteriore und [X.]n vervollständigt wird, die eine vierte Verankerungszone bilden, verhindert, dass sich die Prothese verschiebt, wenn [X.] oder Ventrikel sich zusammenziehen. Zudem ist jeweils ein geringerer Verankerungsdruck erforderlich, als wenn die Verankerung nur in einer Zone oder in einer Kombination zweier der drei bzw. vier genannten Zonen erfolgt. [X.]ie daraus folgende Verringerung der radialen Kräfte, die auf die natürlichen Strukturen in jeder Zone ausgeübt werden, senkt das Risiko einer Blockade der naheliegenden Aortenklappe oder eines Zusammenstoßes mit dieser oder der [X.]wurzel durch die Verlagerung des natürlichen Klappenapparats. [X.]ie Verankerung in drei oder vier Zonen erleichtert zudem das Positionieren der Prothese (Abs. 20 und Abs. 140).

Weist die Prothese die erwähnten Verankerungslaschen auf, wird bei der [X.]inführung mit Hilfe eines Katheters die Ummantelung zunächst nur so weit zurückgezogen, dass diese Laschen sich entfalten können, während die ventrikuläre Schürze im Übrigen noch ummantelt bleibt. [X.]ie [X.] wird auf die Mitte des posterioren Segels ausgerichtet, wo sich keine chordae tendineae befinden, und über das Segel geführt, so dass sie zwischen dem Segel und der ventrikulären Wand sitzt. [X.]ie zwei trigonalen Verankerungslaschen werden an beiden Seiten des anterioren Segels mit den Köpfen an den trigona fibrosa positioniert (Abs. 25).

Wird die Ummantelung weiter zurückgezogen, um die ventrikuläre Schürze freizugeben, verankern sich die trigonalen Laschen an den fibrösen [X.] und fangen das anteriore Segel zwischen sich und der anterioren Oberfläche der prothetischen Klappe ein. [X.]ie [X.] verankert sich zwischen der [X.] und der posterioren Oberfläche der prothetischen Klappe (s. auch Abs. 33). [X.]er restliche Teil der ventrikulären Schürze expandiert gegen die natürlichen Segel und die umgebende Anatomie. So wird ein versiegelter Tunnel zwischen den natürlichen Segeln geschaffen. [X.]iese werden verlagert, um eine Behinderung der Funktion der prothetischen Klappe zu vermeiden (Abs. 26).

Figur 7 (Abs. 86 f.) zeigt ein Beispiel eines Rahmens nach der Lehre der Streitanmeldung, mit atrialer Schürze 18, annularem Bereich 20 und ventrikulärer Schürze 22:

Abbildung

Figuren 8A und 8B (Abs. 88 ff.) zeigen eine weitere Ausführungsform mit einem asymmetrischen Rahmen von der Seite (8A) und von oben (8B):

Abbildung

Abbildung

Figur 8B zeigt die erwähnte [X.]-Form des Rahmens.

In Figur 8A sind der atriale Bereich 806, der annulare Bereich 808 und der ventrikuläre Bereich 810 des Rahmens zu erkennen. Im atrialen Bereich ist eine atriale Schürze 816 ausgebildet, die aus dreieckigen Fingern besteht, die radial nach außen gebogen sind. Im ventrikulären Bereich sind die [X.] 826 und eine der beiden trigonalen anterioren Laschen 824 zu sehen.

Figur 24 (Abs. 140) zeigt eine eingesetzte prothetische Klappe:

Abbildung

Zu erkennen ist einer der beiden anterioren trigonalen Fortsätze 2408, der hinter das natürliche anteriore Segel 2406 greift, ferner die [X.] 2405, die hinter das natürliche posteriore Segel 2404 greift. [X.]ie Segel sind damit jeweils zwischen der Lasche (dem Fortsatz) und der ventrikulären Schürze 2410 gefangen. [X.]er annulare Bereich 2416 dehnt sich radial nach außen und liegt am [X.] an. [X.]er atriale Bereich ist nach außen expandiert und bildet einen Kragen, der im Bereich der natürlichen Mitralklappe am [X.]gewebe anliegt. [X.]amit ist die Prothese an vier Stellen verankert.

II. [X.]as Berufungsgericht hat seine [X.]ntscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Nach dem Verständnis des zuständigen Fachmanns werde durch die in der Streitanmeldung beschriebene [X.]eometrie eine Transkatheter-Mitralklappenprothese definiert, die drei spezifisch ausgebildete Verankerungszonen aufweise, nämlich gegen die atriale Fläche, den nativen Klappenannulus und im ventrikulären Raum gegen die verlagerten nativen Segel verankert sei. [X.]er Fachmann entnehme der Streitanmeldung das Konzept einer Mitralklappenprothese, die darauf ausgelegt sei, in drei definierten Zonen unter Ausnutzung der bei der [X.]xpansion der Prothese auftretenden [X.] eine flächige Verankerung gegen das jeweilige native [X.]ewebe sicherzustellen. [X.]ie flächige Anpressung der Prothese werde dadurch erreicht, dass der Metallrahmen mit biologischem oder synthetischem [X.]ewebe bedeckt sei, die Prothese folglich mit ihrer gesamten Außenhaut in [X.] mit dem nativen [X.]ewebe stehen könne.

Bei bevorzugten Ausführungsformen werde der Aufbau um eine vierte Verankerungszone ergänzt. [X.]iese werde durch zwei anteriore [X.] und einen posterioren Verankerungsfortsatz gebildet, die an der ventrikulären Schürze angebracht seien. Bei der in der Streitanmeldung beschriebenen Vorgehensweise verankerten sich die anterioren Fortsätze an den fibrösen [X.] und fingen das native anteriore Segel zwischen den Fortsätzen und der anterioren Fläche der Prothese ein. [X.]er posteriore Fortsatz verankere sich zwischen der ventrikulären Wand und dem posterioren Segel, so dass dieses zwischen dem Fortsatz und der posterioren Fläche der Prothese eingefangen sei.

[X.]urch die Verankerung in drei oder vier Zonen werde der Verankerungsdruck gegenüber Prothesen reduziert, die an weniger Zonen verankert seien. [X.]amit würden die auf die natürlichen Strukturen auszuübende radiale Kraft und das Risiko einer Behinderung der Aortenklappe oder Aortenwurzel verringert.

[X.]ass die Klägerin zu dem so bestimmten [X.]egenstand der Streitanmeldung einen schöpferischen Beitrag geleistet habe, könne nicht festgestellt werden. [X.]in Hinweis auf eine dreizonale flächige Verankerung sei in der Korrespondenz mit der Beklagten nicht erfolgt. [X.]ieser [X.]edanke sei aber auch in den der Beklagten zur Verfügung gestellten Prototypen nicht verkörpert gewesen. [X.]er Prototyp gemäß [X.]. [X.] zeige mit zwei gegenläufig angeordneten Kränzen von jeweils zwölf gleich beabstandeten, mit ihren Spitzen zueinander weisenden Haken weder das Konzept einer Verankerung in drei spezifischen Zonen noch eigne er sich, um eine durch radiale Kräfte bewirkte flächige Verankerung in jeder der drei Zonen zu sichern. [X.]er obere [X.] könne nicht als atriale Schürze im Sinne der Streitanmeldung angesehen werden. [X.]a er ohne [X.]ewebeüberzug freiliege, fehle ihm die [X.]ignung, sich flächig an den nativen Mitralklappenannulus anzulegen, diesen zu bedecken und die Prothese zumindest an einem Abschnitt der angrenzenden atrialen Fläche zu verankern. [X.]ie [X.]. [X.] zeige auch keine ventrikuläre Schürze im Sinne der Streitanmeldung, mit der eine flächige Verankerung hergestellt werden könne. [X.]ie Verankerung werde vielmehr durch den unteren [X.] bewirkt, der das ventrikuläre [X.]nde des Annulus einschließlich der nativen Segel umgreife und zwischen sich und der ventrikulären Schürze einklemme. [X.]er untere [X.] könne auch nicht als [X.]ntsprechung der drei in der Streitanmeldung optional vorgesehenen [X.] angesehen werden, weil eine gezielte Ausrichtung auf bestimmte, konkret bezeichnete Positionen am nativen [X.] nicht ersichtlich sei. Schließlich sei nicht zu erkennen, dass die Prototypen der Klägerin gezielt [X.] nutzten, vielmehr würden sie in erster Linie durch axial wirkende Kräfte fixiert. [X.]anach könne offenbleiben, ob die Klägerin im [X.]rfindungsbesitz gewesen sei, wie die im Zuge der Zusammenarbeit an [X.]übermittelten Informationen im Verhältnis zum Stand der Technik einzuordnen seien und ob die Klägerin die Rechte der Miterfinder wirksam erworben habe.

III. [X.]iese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. [X.]in Anspruch auf [X.]inräumung einer Mitberechtigung an einer Patentanmeldung steht demjenigen zu, der einen schöpferischen Beitrag zum [X.]egenstand der angemeldeten [X.]rfindung geleistet hat. [X.] in diesem Sinne ist ein Beitrag, wenn er über eine bloße konstruktive Mithilfe bei der Realisierung der [X.]rfindung hinausgeht. Hierzu ist nicht erforderlich, dass der Beitrag als selbständige erfinderische Leistung zu bewerten ist. Nicht ausreichend sind nur solche Beiträge, die den [X.]esamterfolg nicht beeinflusst haben, also unwesentlich in Bezug auf die Lösung sind, sowie solche, die auf Weisung eines [X.]rfinders oder eines [X.] geschaffen wurden (vgl. nur B[X.]H, Urteil vom 17. Mai 2011 - [X.], [X.]RUR 2011, 903 Rn. 14 - Atemgasdrucksteuerung).

Zur Beantwortung der Frage, ob ein schöpferischer Beitrag vorliegt, ist es erforderlich, zunächst den [X.]egenstand der Streitanmeldung zu ermitteln, sodann zu prüfen, ob die geltend gemachte Leistung hierzu beigetragen hat, und schließlich das [X.]ewicht der Beiträge im Verhältnis zueinander und zur erfinderischen [X.]esamtleistung abzuwägen (B[X.]H, [X.]RUR 2011, 903 Rn. 16 - Atemgasdrucksteuerung).

Bei dem danach gebotenen prüfenden Vergleich der zum Patent angemeldeten Lehre mit derjenigen, deren widerrechtliche [X.]ntnahme geltend gemacht wird, ist in erster Linie zu untersuchen, inwieweit beide Lehren übereinstimmen. Ob und gegebenenfalls inwieweit eine widerrechtliche [X.]ntnahme vorliegt, lässt sich in der dafür vorzunehmenden [X.]esamtschau zuverlässig nur auf der [X.]rundlage festgestellter Übereinstimmungen zwischen der als entnommen geltend gemachten und der angemeldeten Lehre beurteilen (B[X.]H, Urteil vom 20. Oktober 2015 - [X.], [X.]RUR 2016, 265 Rn. 22 - Kfz-Stahlbauteil).

2. [X.]en sich hieraus ergebenden Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht.

a) [X.]ntgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der [X.]egenstand der Streitanmeldung nicht dadurch gekennzeichnet, dass der Metallrahmen mit biologischem oder synthetischem gewebeartigem Material bedeckt ist, um in jeder der drei Zonen eine flächige Verankerung der Prothese gegen das native [X.]ewebe zu gewährleisten und eine bessere Abdichtung zu erreichen.

aa) [X.]ie Streitanmeldung sieht eine Abdeckung der verschiedenen Bereiche des Rahmens mit [X.]ewebe jeweils nur optional vor.

Vor diesem Hintergrund kann ein schöpferischer Beitrag der Klägerin nicht schon deshalb verneint werden, weil die von dieser zur Verfügung gestellten Prototypen keinen Rahmen mit [X.]ewebeüberzug aufweisen.

bb) Unabhängig davon hat das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass einige der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Prototypen, wie sie etwa aus den nachfolgend wiedergegebenen Fotografien ersichtlich sind, eine Abdeckung des Rahmens mit [X.]ewebe aufweisen.

Abbildung

cc) Ob eine flächige Verankerung der Prothese [X.]egenstand der Korrespondenz zwischen der Klägerin und [X.]war, ist angesichts all dessen unerheblich.

Selbst wenn die Vertragsparteien diesen [X.]esichtspunkt nicht angesprochen hätten, stünde dies der Annahme eines eigenen schöpferischen Beitrags schon deshalb nicht entgegen, weil die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Prototypen für eine solche Verankerung zumindest geeignet sind.

b) [X.]arüber hinaus hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung wesentliche [X.]esichtspunkte unberücksichtigt gelassen, die für Übereinstimmungen zwischen der Lehre der Streitanmeldung und den Beiträgen der Klägerin und deshalb für einen schöpferischen Beitrag der Klägerin sprechen.

[X.]as Berufungsgericht hat gesehen, dass der ventrikuläre [X.] bei den Prototypen der Klägerin eine ähnliche Funktion hat wie die in der Streitanmeldung optional vorgesehene vierte Verankerungszone in [X.]estalt dreier Verankerungslaschen. [X.]s hat dies als nicht ausreichend angesehen, weil der bei den Prototypen vorgesehene [X.] eine gezielte Ausrichtung der Haken auf bestimmte Stellen des nativen [X.]ewebes, insbesondere auf die fibrösen [X.], nicht ermögliche.

[X.]iese [X.]rwägungen sind unzureichend, weil die Klägerin geltend gemacht hat, ein schöpferischer Beitrag sei schon darin zu sehen, dass die Prototypen nach [X.]. [X.] und [X.] überhaupt [X.] aufwiesen, die geeignet seien, durch die chordae tendineae hinter die nativen [X.] zu greifen, diese zu verlagern und sie zwischen dem Fortsatz und dem ventrikulären Bereich des Rahmens festzulegen.

[X.]as Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der aufgezeigte Vortrag der Klägerin zutrifft. In der [X.]isionsinstanz ist das Vorbringen deshalb zugunsten der Klägerin als zutreffend anzusehen.

Bei dieser Ausgangslage kann ein schöpferischer Beitrag der Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht deshalb verneint werden, weil die Streitanmeldung eine Befestigung der genannten Art nur in drei gezielt dafür ausgewählten Bereichen vorsieht. [X.]urch eine solche Ausgestaltung wird die nach dem Vorbringen der Klägerin von ihr vorgeschlagene [X.] zwar weiterentwickelt und verfeinert. [X.]ennoch stellt der Vorschlag, diese Methode überhaupt einzusetzen, einen Beitrag dar, der jedenfalls nicht ohne eingehende tatrichterliche Würdigung als gänzlich unbedeutend eingestuft werden kann.

[X.]er von der Klägerin geltend gemachte Beitrag kann auch nicht ohne weiteres deshalb als unwesentlich angesehen werden, weil [X.] der in Rede stehenden Art nach dem Vorbringen der Beklagten im Stand der Technik zum Beispiel aus der [X.]n Patentanmeldung 2008/0071366 ([X.]) bekannt waren. Wie bereits oben dargelegt wurde, kann ein Beitrag auch dann als schöpferisch anzusehen sein, wenn er nicht selbständig erfinderisch ist. [X.]ass sich der Beitrag in einem konstruktiven [X.]etail erschöpft, dessen Verwirklichung über eine bloße Mithilfe bei der Realisierung der [X.]rfindung nicht hinausgeht, ergibt sich aus den bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht.

3. [X.]er Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht den gebotenen prüfenden Vergleich der Lehre der Streitanmeldung mit derjenigen, deren widerrechtliche [X.]ntnahme geltend gemacht wird, unter Berücksichtigung der oben erörterten [X.]esichtspunkte erneut vorzunehmen haben.

Sollte das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangen, dass die Klägerin einen wesentlichen Beitrag zum [X.]egenstand der Streitanmeldung geleistet hat, wird es Feststellungen zu der Behauptung der Klägerin zu treffen haben, die [X.]rfinder der klägerischen Prototypen hätten ihre Rechte an der [X.]rfindung an sie abgetreten.

[X.]     

        

[X.]rabinski     

        

Richter am Bundesgerichtshof
Hoffmann kann wegen
urlaubsbedingter Abwesenheit
nicht unterschreiben.

                                   

[X.]

        

[X.]eichfuß     

        

Rombach     

        

Meta

X ZR 38/19

04.08.2020

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 21. März 2019, Az: 6 U 2408/17

§ 8 PatG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.08.2020, Az. X ZR 38/19 (REWIS RS 2020, 1102)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 1519 REWIS RS 2020, 1102


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 38/19

Bundesgerichtshof, X ZR 38/19, 04.08.2020.


Az. 6 U 2408/17

OLG München, 6 U 2408/17, 21.03.2019.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 U 2408/17 (OLG München)

Erfindung, Fachmann, Berufung, Prothese, Migration, Technik, Anspruch, Anmeldung, Frist, Anlage, Erfinder, Umfang, Rechtsmittel, Behandlung, Stand …


4 O 120/96 (Landgericht Düsseldorf)


6 Ni 51/20 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitssache - "Planungseinrichtung zum Vorbereiten von Steuerdaten für eine Behandlungsvorrichtung zur operativen Fehlsichtigkeitskorrektur, Behandlungsvorrichtung zur …


VI ZR 327/12 (Bundesgerichtshof)

Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union: Auslegung des Begriffs Produktfehler bei einem in den …


VI ZR 327/12 (Bundesgerichtshof)

Produkthaftung im Bereich der Medizintechnik: Fehlerhaftigkeit eines implantierbaren Cardioverter Defibrillators; Herstellerhaftung für die Kosten einer …


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.