Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2003, Az. 4 StR 239/03

4. Strafsenat | REWIS RS 2003, 583

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[X.] StR 239/03vom25. November 2003in der [X.] zu 1. wegen Betrugeszu 2. wegen Beihilfe zum [X.] 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 25. November 2003 gemäß § 349Abs. 2 und 4 StPO [X.] Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 31. Januar 2003 aufge-hoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußerenTatgeschehen aufrechterhalten.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen.3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen Betruges in16 Fällen und den Angeklagten [X.]. wegen Beihilfe hierzu schuldig ge-sprochen; es hat den Angeklagten [X.]zu einer zur Bewährung ausgesetz-ten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und den Ange-klagten [X.]. zu einer Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 70 verurteilt. Mit ihren Revisionen gegen dieses Urteil rügen die Angeklagten dieVerletzung materiellen Rechts; der Angeklagte [X.]. erhebt darüber hin-aus Verfahrensbeschwerden. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Be-schlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen sind die Revisionen un-- 3 -begründet (§ 349 Abs. 2 StPO); insoweit wird auf die [X.] des [X.] vom 21. Juli 2003 Bezug genommen.1. Nach den Feststellungen des [X.]s mußte sich der Angeklagte[X.]aufgrund seines Gesundheitszustandes seit 1996 vorwiegend [X.], d. h. unter Umgehung des [X.] zentralvenös ernähren. DieKosten der Infusionen der hochkalorischen Nahrung und der Hilfsmittel im [X.] [X.] 436,64 täglich trug die gesetzliche Krankenkasse ([X.]), beider der Angeklagte [X.]krankenversichert war. Die mit einer Ernährungsbe-raterin abgestimmten Kalorienmengen verordnete ihm sein Hausarzt, der Mit-angeklagte [X.]. . Im Tatzeitraum (18. Juni 1997 bis 28. August 1998)verlangte der Angeklagte [X.], daß der Mitangeklagte ihm zunächst dasDoppelte und ab dem 9. Februar 1998 das Dreifache der täglichen [X.] verschrieb. In den abgeurteilten 16 Fällen verordnete der Ange-klagte [X.]. diese Übermengen an Infusionslösungen und Hilfsmittel(Katheterbedarf), ohne daß dafür eine entsprechende ärztliche Indikation vor-lag. Die gemäß der Vorlage der kassenärztlichen Rezepte durch die [X.] verwendete der Angeklagte [X.][X.] wie von [X.] vornherein geplant [X.] auf nicht feststellbare Art anderweitig, was der Ange-klagte [X.]. billigend in Kauf nahm.Das [X.] hat das Verhalten des Angeklagten [X.]als Betrug in16 Fällen gewertet, weil er unter Mithilfe des Angeklagten [X.]. und dergutgläubigen Apotheker die [X.] ([X.]) getäuscht habe,indem er "dieser die Rezepte vorlegen ließ und dadurch den Eindruck erweck-te, die Verordnungen seien medizinisch indiziert und die Medikamente ... [X.] von ihm zu seiner Gesunderhaltung alle verbraucht" ([X.]). Die [X.] [X.] eine Vermögensverfügung getroffen, "indem sie an die Apo-- 4 -theker gezahlt und damit den Angeklagten von seiner Verpflichtung (zur Kauf-preiszahlung) befreit [X.] Diese Feststellungen tragen die Schuldsprüche wegen Betruges bzw.Beihilfe hierzu nicht. Der Angeklagte [X.]hat weder durch Täuschung [X.] noch durch Täuschung der Apotheker einen von ihm erstrebtenVermögensvorteil erreicht. Insoweit hat das [X.] die tatsächlichen undrechtlichen Besonderheiten des [X.], die der Prüfung des [X.] gemäß § 263 Abs. 1 StGBzugrunde zulegen sind (vgl. auch [X.], 388), außer acht gelassen.a) Nach §§ 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, 31 Abs. 1 [X.] haben [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch [X.]. Als Bestandteil der Krankenbehandlung sind [X.], Heil- und Hilfsmitteln als Sachleistung zu erbringen (§ 2 Abs. 2 Satz1 [X.]). Ein derartiger Sachleistungsanspruch kann grundsätzlich nur [X.] begründet werden, daß ein Vertragsarzt das Arzneimittel auf Kassenre-zept verordnet und damit die Verantwortung für die Behandlung übernimmt;denn die §§ 31 ff. [X.] begründen keine unmittelbar durchsetzbaren Ansprü-che auf "Versorgung" mit von dem Versicherten gewählten Arznei- oder Hilfs-mitteln, sondern ausfüllungsbedürftige Rahmenrechte. Ein bestimmtes Arznei-mittel kann der Versicherte daher erst dann beanspruchen, wenn es ihm alsärztliche Behandlungsmaßnahme in Konkretisierung des gesetzlichen Rah-menrechts vom Vertragsarzt als einem mit öffentlichrechtlicher Rechtsmacht"beliehenen" Verwaltungsträger verschrieben wird (vgl. [X.], 271, 278 f.,280 f.; 77, 194, 199 f.: "Vertragsarzt als 'Schlüsselfigur' der Arzneimittelversor-gung"; vgl. auch [X.]-2500 § 39 [X.] Nr. 3, S. 9; [X.]-2500 § 13[X.] [X.]2, [X.]; krit. [X.] in: [X.]/[X.], Handbuch des Ver-- 5 -tragsarztrechts 2002, § 12 Rdn. 17 ff.). Bei Verordnung einer Sachleistunghandelt der Vertragsarzt also kraft der ihm durch das Kassenarztrecht verlie-henen Kompetenzen (vgl. etwa §§ 72 Abs. 1, 73 Abs. 2 Nr. 7 [X.]) als [X.] der Krankenkasse ([X.], 271, 278; 77, 194, 200). Mit Wirkung fürund gegen die Krankenkasse gibt er die Willenserklärung zum Abschluß einesKaufvertrages über die verordneten Medikamente ab.Der Apotheker, dem das Kaufvertragsangebot der Krankenkasse [X.] der kassenärztlichen Verordnung durch den Versicherten (als Boten)angetragen wird, nimmt dieses an, indem er dem Versicherten das verordneteArzneimittel aushändigt. Es handelt sich um einen zwischen der [X.] dem Apotheker [X.] unter Einschaltung des Vertragsarztes als Vertreter [X.] [X.] geschlossenen Vertrag zugunsten des Versicherten (vgl.[X.], 194, 200; [X.] in: [X.], Handbuch der Krankenversicherung,[X.], Stand: 48. Lfg. November 2002, § 31 [X.] Rdn. 95). Nach [X.] soll zwar der Kaufvertrag zwischen Apotheker und Versichertemzustande kommen, wobei die daraus resultierende Zahlungspflicht des Versi-cherten die Krankenkasse durch eine antizipierte Schuldübernahme [X.], der Apotheker also ebenfalls einen Zahlungsanspruch gegenüber der [X.] verpflichteten Krankenkasse habe (vgl. [X.], [X.], Diss. [X.] 1991, [X.] ff., 152; [X.], Leistungserbringung durchDritte im Sozialrecht, 1990, [X.] ff., 232, 237; [X.], [X.] 1999, 584, 586unter Hinweis auf die [X.] insoweit nicht tragenden [X.] Erwägungen in [X.]Z 89,250, 254 f.; jeweils m.w.N.). Diese unterschiedlichen Auffassungen wirken sichaber bei den hier zu entscheidenden Fragen nicht aus.Dem Apotheker obliegt bei Vorlage des kassenärztlichen Rezeptes eineeigenständige, aber begrenzte Prüfungspflicht, deren Modalitäten in § 17 Apo-- 6 -BetrO und [X.] soweit es sich um spezielle Pflichten bei der [X.] Versicherte handelt [X.] in § 129 [X.] und in den das Nähere bestimmendenRahmenverträgen über die Arzneimittelversorgung auf Bundesebene (§ 129Abs. 2 bis 4 [X.]) bzw. ergänzenden Arzneilieferungsverträgen auf [X.] (§ 129 Abs. 5 [X.]) festgelegt sind. Er hat insoweit zunächst zu [X.], ob die vorgelegte ärztliche Verordnung (§§ 73 Abs. 2 Nr. 7, 129 Abs. 1[X.]) den formalen Anforderungen entspricht, sie beispielsweise den [X.], die Berufsbezeichnung und die Anschrift des verschreibenden Arztes,den Namen der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist und die abzuge-bende Menge der verschriebenen Arzneimittel enthält (vgl. etwa § 4 Abs. 2Arzneilieferungsvertrag vom 4. Mai 1995 [X.] ALV -, abgedruckt bei [X.], Arzneimittel [X.] Rezeptprüfung, Beratung und Regress, Stand:September 2003, [X.], Nr. 270; s. auch § 2 Abs. 1 der Verordnung über ver-schreibungspflichtige Arzneimittel vom 30. August 1990, [X.] I 1866).Daneben hat er zu prüfen, ob das Arzneimittel von der Versorgung nach § 31[X.] ausgeschlossen ist (§§ 34, 93 [X.]). Schließlich muß er gemäß § [X.]. [X.] einem erkennbaren Arzneimittelmißbrauch in geeigneterWeise entgegentreten, insbesondere den Empfänger der Medikamente infor-mieren und beraten, um dazu beizutragen, Gefahren im Umgang mit [X.] zu verhüten oder zu mindern, wobei die ärztliche Therapie nicht beein-trächtigt werden darf (vgl. auch § 20 ApoBetrO).Über diese pharmazeutische und pharmakologische Prüfungspflicht hin-aus ist der Apotheker grundsätzlich nicht verpflichtet, die Angaben des [X.] überprüfen, insbesondere ob die Verschreibung sachlich begründet ist (§ 4Abs. 4 Satz 3 ALV; vgl. auch [X.], 194, 207 f., 209; [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl. [Stand: 1. Juli 2000] § 17 Rdn. 22;[X.]/[X.]/[X.], [X.] Aufl. Stand: 1999, § 17 Rdn.- 7 -125; [X.], aaO, [X.] ff.); denn es wäre eine zeitlich-fachliche Überfor-derung des Apothekers und würde seiner Stellung im System der [X.] nicht entsprechen, wenn er jedes ihm vorgelegte Rezept auf dessenmedizinische Richtigkeit überprüfen sollte ([X.] aaO). Nach der sozialrechtli-chen Kompetenzverteilung ist der Apotheker "weder ein medizinischer Ober-gutachter noch eine Aufsichtsbehörde des Arztes" ([X.] aaO); allein [X.] kann die Nichterforderlichkeit einer Leistung im Sinne des § 12Abs. 1 [X.] überprüfen lassen und bei den entsprechenden [X.] eine Wirtschaftlichkeitsprüfung (auch) mit dem Ziel eines [X.] beantragen (§ 106 Abs. 2, 2a [X.], 5 [X.]; vgl. im einzelnen dazuauch [X.] [X.] 1998, 97, 101 f.). Weiterhin kann die Krankenkassegegen Vertragsärzte, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht ordnungsgemäßerfüllen, bei der [X.] Maßnahmen nach § 81 Abs. 5[X.] anregen bzw. die Entziehung der Zulassung (§ 95 Abs. 6 [X.]) [X.] (vgl. im einzelnen [X.], 194, 203).b) Ausgehend von diesen Grundsätzen halten die Erwägungen des[X.]s zur Täuschung durch den Angeklagten [X.]rechtlicher Über-prüfung nicht stand.Die Täuschungshandlung besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes inder Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrerTatsachen. Täuschung ist danach jedes Verhalten, das objektiv irreführt odereinen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt([X.]St 47, 1, 3 m.w.N.). Bei schlüssigem Verhalten ist entscheidend, welcherErklärungswert dem Gesamtverhalten des [X.] nach der [X.] zukommt (vgl. auch [X.], 539 f.).- 8 -aa) Das [X.] ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daßder Angeklagte [X.]bei den Apothekern keinen tatbestandsmäßigen [X.] hat. Soweit mit der Vorlage der Rezepte konkludent behauptet wordenist, daß es sich bei den vom Vertragsarzt verschriebenen Medikamenten [X.] um notwendige Leistungen handele, fehlt es an einem Irrtum [X.], der für die von ihnen jeweils getroffene Verfügung, die [X.] der parenteralen Nahrung an den Angeklagten [X.], kausal gewordenist. Ob die Leistungen notwendig im Sinne des § 12 Abs. 1 [X.] sind, habendie Apotheker grundsätzlich nicht zu prüfen. Da es sich bei den eingereichtenRezepten um ordnungsgemäß ausgestellte kassenärztliche Verordnungenhandelte, waren die Apotheker [X.] aufgrund des Rechtsanspruchs der Versi-cherten auf Versorgung im Sinne des § 31 [X.] [X.] verpflichtet (§ 4 Abs. 1Satz 1 ALV), die kassenärztlichen Verschreibungen gemäß § 17 Abs. 4 Apo-BetrO unverzüglich einzulösen ("zivilrechtlicher Kontrahierungszwang", vgl.auch [X.]/[X.] aaO Rdn. 158; [X.]/[X.]/[X.] aaO Rdn. 125; [X.],aaO, [X.], 166); hierbei war es für sie ohne Bedeutung, ob die verschriebe-nen Medikamentenmengen das Maß des Notwendigen (§ 12 Abs. 1 [X.])überschritten.Ob etwas anderes für den Fall gilt, daß die kassenärztliche Verordnungin der Weise offensichtlich mißbräuchlich ist, daß (ausnahmsweise) die Ver-pflichtung des Apothekers begründet wird, die Abgabe der [X.] zu verweigern (vgl. auch [X.], 194, 208), kann letztlich dahin ge-stellt bleiben. Nur bei ganz offensichtlichen, objektiv klar erkennbaren Verlet-zungen kassenärztlicher Pflichten darf der Apotheker, der bei Zweifeln an [X.] der Verschreibung jedoch zunächst Rückfrage beim Arzt [X.] (vgl. dazu [X.]/[X.] aaO und Rdn. 22, 261; [X.]/[X.]/[X.] aaORdn. 155), das verschriebene Arzneimittel [X.] allerdings nur für eine kurze Über-- 9 -gangszeit bis zum Eingreifen der von den [X.] zu ergreifenden Maß-nahmen (vgl. auch [X.] aaO, [X.]) [X.] nicht abgeben. Besteht der ver-schreibende Arzt auf uneingeschränkter Beachtung seiner Verschreibung, soist der Apotheker regelmäßig berechtigt und verpflichtet, die ärztliche Verord-nung auf Kosten der Krankenkasse auszuführen (vgl. [X.]/[X.]/[X.] aaO).Daß die Verletzung der kassenärztlichen Pflichten in dieser Weise of-fensichtlich gewesen ist, ist weder festgestellt noch liegt sie nach den [X.] Feststellungen nahe. Dagegen spricht schon der Umstand, daß [X.] keinen Anlaß gesehen hat, den Angeklagten [X.]. im [X.] an der Fortsetzung der [X.] zu hindern. Die [X.] er-füllte vielmehr ihre Zahlungsverpflichtungen auch dann noch, als ihr der Apo-theker [X.]seine Bedenken hinsichtlich der Verordnungsmenge mitteilte. [X.] kommt, daß die Apotheker regelmäßig keinen (medizinischen) Einblick indas Arzt-Patienten-Verhältnis haben, so daß sich ihnen die Notwendigkeit so-zialversicherungsrechtlicher Leistungen gerade nicht erschließt.bb) Der Angeklagte [X.]hat aber auch keine seinen Vermögensvorteilbewirkende Täuschungshandlung gegenüber der Krankenkasse begangen.Die Vermögensverfügung, die letztlich den Vorteil des Angeklagten[X.]und spiegelbildlich den Schaden der Krankenkasse bewirkt hat, hat [X.] [X.]. durch Ausstellung der die Krankenkasse zur [X.] getroffen. Der Angeklagte [X.]. [X.] insoweit als Vertreter der [X.] handelnd [X.] kannte jedoch nach den [X.] begründenden Umstände; insoweit wurde die [X.] nicht [X.] 10 -Auch durch die mit Wissen des Angeklagten [X.]erfolgte Weiterlei-tung der ärztlichen Verordnungen an die [X.] durch die (gutgläubigen) Apothe-ker hat er keine Täuschung der Krankenkasse begangen, die diese zu einerihm vorteilhaften Vermögensverfügung veranlaßt hätte. Sofern die [X.] überhaupt eine inhaltliche Prüfung auf die medizinische Notwendigkeitverordneter Heilmittel nach Leistungserbringung vornimmt, erfolgt diese[X.] wie ausgeführt [X.] ausschließlich im Hinblick auf eine nachträgliche [X.] nicht indizierter Maßnahmen im Innenverhältnis des [X.] (vgl. [X.] aaO [X.]; [X.] in GK-[X.], Stand:Juni 1999, § 12 Rdn. 32 m.w.N.). Insoweit bestünde jedoch keine Stoffgleich-heit zwischen der unterlassenen Geltendmachung etwaiger Regreßansprüchegegenüber dem Angeklagten [X.]. und dem vom Angeklagten [X.]er-strebten Vermögensvorteil.Nach alledem können die Schuldsprüche keinen Bestand haben.3. Aufgrund der getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte[X.]aber an einer durch den Angeklagten [X.]. zum Nachteil der [X.]begangenen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) beteiligt.a) Tathandlung der Untreue des Angeklagten [X.]. nach § 266Abs. 1 StGB ist seine im Außenverhältnis wirksame, aber im Verhältnis zumGeschäftsherrn bestimmungswidrige Ausübung der Befugnis zur Vermögens-verfügung oder Verpflichtung (Mißbrauchstatbestand).Nach den Prinzipien des kassenärztlichen Abrechnungssystems handeltder Vertragsarzt bei Ausstellung einer Verordnung [X.] wie ausgeführt [X.] als [X.] der Krankenkasse, indem er an ihrer Stelle das Rahmenrecht des [X.] Versicherten auf medizinische Versorgung konkretisiert. Der Kassenarzt- 11 -darf allerdings den materiellen (und formellen) Rahmen der kassenärztlichenVersorgung nicht verlassen (vgl. nur [X.], 271, 278, 281 f.). Er darf des-halb Leistungen, die jenseits der Bandbreite offener Wertungen nach den [X.] der ärztlichen Kunst (vgl. [X.] aaO, [X.]) eindeutig nicht not-wendig, nicht ausreichend oder unzweckmäßig sind, nicht verordnen (§§ 12Abs. 1 Satz 2, 70 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Verschreibt der Kassenarzt dennochein Medikament zu Lasten der Krankenkasse, obwohl er weiß, daß er die Lei-stung [X.] wie hier [X.] im Sinne des § 12 Abs. 1 [X.] nicht bewirken darf, [X.] er diese ihm vom Gesetz eingeräumten Befugnisse. Damit verletzt [X.] gegenüber dem betroffenen Vermögen der [X.]. Indem der Arzt Medikamente auf Rezept verschreibt, erfüllt er die [X.] der Krankenkasse liegende Aufgabe, gemäß § 31 Abs. 1 [X.] ihreMitglieder mit Arzneimitteln zu versorgen. Da er bei Erfüllung dieser Aufgabeder Krankenkasse gegenüber kraft Gesetzes (§ 12 Abs. 1 [X.]) verpflichtetist, nicht notwendige bzw. unwirtschaftliche Leistungen nicht zu bewirken,kommt darin eine Vermögensbetreuungspflicht zum Ausdruck (vgl. auch [X.], Arzthaftungsrecht und kassenärztliches Wirtschaftlichkeitsgebot, 1989,S. 178). Der Arzt nimmt insoweit Vermögensinteressen der Krankenkasse wahr(vgl. [X.] aaO, S. 179).b) Mangels eigener Pflichtenstellung kommt eine Beteiligung des Ange-klagten [X.]an der Untreue des Angeklagten [X.]. nicht als(Mit-)Täter, sondern nur als Gehilfe (§ 27 StGB) oder [X.] naheliegend [X.] als An-stifter (§ 26 StGB) in Betracht. Das bedarf jedoch ergänzender Feststellungen.- 12 -c) Einer Änderung der Schuldsprüche durch den Senat steht zudem§ 265 StPO entgegen. Die Schuldsprüche müssen daher insgesamt aufgeho-ben werden. Rechtsfehler hinsichtlich der Feststellungen zum äußeren Ge-schehensablauf weist das angefochtene Urteil nicht aus. Diese Feststellungenkönnen daher bestehen bleiben.Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible[X.]St:ja[X.]R:[X.]: jaStGB §§ 263, 266[X.] § 12Zur Abgrenzung von Untreue und Betrug gegenüber Krankenkasse und Apo-theker beim Bezug kassenärztlich verordneter, aber nicht notwendiger Medi-kamente.[X.], Beschluß vom 25. November 2003 [X.] 4 StR 239/03 [X.] LG Kaiserslau-tern

Meta

4 StR 239/03

25.11.2003

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2003, Az. 4 StR 239/03 (REWIS RS 2003, 583)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 583

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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