Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2006, Az. IX ZR 189/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3710

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 4. Mai 2006 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 840 Abs. 2 Satz 2 Der Drittschuldner, der nach Zustellung des [X.] die gemäß § 840 Abs. 1 ZPO geforderten Angaben nicht abgibt, hat dem Gläubiger die für ein weiteres Aufforderungsschreiben entstandenen Anwaltskosten nicht zu erstatten. [X.], Urteil vom 4. Mai 2006 - [X.]/04 [X.]

LG Hamburg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2006 durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 25. August 2004 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Dr. K. (im Folgenden: Schuldner). Er nimmt die [X.] - soweit für das Re-visionsverfahren noch von Bedeutung - auf Zahlung von Anwaltskosten in Höhe von 1.067,20 • wegen verspäteter Abgabe einer Drittschuldnererklärung in [X.]. 1 Der Schuldner hielt als Kommanditist der [X.]n eine Einlage in Höhe von nominal 100.000 DM. Diese übertrug er an seine Tochter. Am 22. März 2002 wurde in der Gesellschafterversammlung der [X.]n die Liquidation und eine Schlussausschüttung beschlossen. Für die Tochter des Schuldners war ein Liquidationserlös von 61.000 • vorgesehen. 2 - 3 - Durch Beschluss vom 15. Mai 2002 ordnete das [X.] auf Antrag des [X.] wegen eines Wertersatzanspruches hinsichtlich der Kommanditeinlage einschließlich Kostenpauschale den dinglichen Arrest in das gesamte Vermögen der Tochter des Schuldners an. In Vollziehung dieses Ar-rests wurde der Anspruch gegen die [X.] auf Auszahlung des [X.] aus der Kommanditeinlage in Höhe von 61.000 • gepfändet. Der Pfän-dungsbeschluss wurde an die [X.] im Wege der Übergabe am 21. Mai 2002 zugestellt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde hierbei die [X.] aufgefordert, die Drittschuldnererklärung binnen zwei Wochen ab Zustellung abzugeben. Dem kam die [X.] nicht nach. Hierauf forderte der Kläger die [X.] mit Schreiben vom 4. Juli 2002 auf, bis zum 15. Juli 2002 die [X.] nachzuholen, was mit einem am 16. Juli 2002 eingegangenen Schreiben geschah. 3 Die für das Aufforderungsschreiben entstandenen Kosten - Gebühr ge-mäß § 118 Abs. 1 [X.] zuzüglich Auslagenpauschale - macht der Kläger vorliegend als Schadensersatz nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO geltend. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zah-lungsbegehren weiter. 4 Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg. 5 - 4 - [X.] Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf [X.] 98, 291, 294 ausgeführt, der sich aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergebende Schadensersatz-anspruch erstrecke sich nicht auf Kosten, die zur Durchsetzung des [X.]s-verlangens gegenüber der Drittschuldnerin entstehen. Der Ersatzanspruch [X.] sich vielmehr auf den Schaden des Gläubigers, der durch dessen Entschluss verursacht werde, die gepfändete Forderung gegen den [X.] geltend zu machen oder hiervon abzusehen. Die Interessen des Pfän-dungsgläubigers erforderten keinen im Wege der Klage durchsetzbaren [X.] auf die im Gesetz vorgesehene [X.] des Drittschuldners. [X.] dieser die geforderten Angaben, so könne der Gläubiger unmittelbar von der Beitreibbarkeit der Forderung ausgehen. Einer zusätzlichen Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung bedürfe es nicht. Die hierdurch entstande-nen Anwaltskosten seien gemäß § 840 Abs. 2 ZPO nicht ersatzfähig. 6 I[X.] Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch. 7 1. Die [X.] ist als Drittschuldnerin nicht verpflichtet, die dem Kläger im Zusammenhang mit dem Aufforderungsschreiben vom 4. Juli 2002 entstan-denen Anwaltskosten zu ersetzen. Entgegen der Ansicht der Revision kann aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Erstattungspflicht nicht hergeleitet werden. 8 - 5 - a) § 840 ZPO bezieht sich nicht nur auf Pfändungs- und Überweisungs-beschlüsse, sondern auch, wie vorliegend gegeben, auf Arrestpfändungen. Die Überweisung der Forderung an den Pfändungsgläubiger ist demnach nicht er-forderlich, um den Anwendungsbereich des § 840 ZPO zu eröffnen ([X.] 68, 289, 291; [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 840 Rn. 2). 9 b) Der Senat hat in der vom Berufungsgericht herangezogenen Ent-scheidung [X.] 91, 126, 129 die Frage, ob der Gläubiger aufgrund der Pfän-dung und Überweisung einer Forderung gegen den schweigenden [X.] einen einklagbaren Anspruch auf die in § 840 Abs. 1 ZPO angesprochenen Auskünfte hat, verneint. Die Vorschrift begründet keine eigenständige Aus-kunftsverpflichtung, sondern nur eine Obliegenheit bzw. [X.]. An dieser Ansicht, die vom überwiegenden Schrifttum geteilt wird (MK-ZPO/[X.], 2. Aufl. § 840 Rn. 18; Musielak/[X.], ZPO 4. Aufl. § 840 Rn. 8; [X.], ZPO 22. Aufl. § 840 Rn. 19; [X.]/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl. § 840 Rn. 1; [X.], ZPO, 7. Aufl. § 840 Rn. 8; [X.]/[X.] aaO, § 840 Rn. 15), ist festzuhalten. 10 aa) Die von § 840 ZPO geschützten Interessen des Pfändungsgläubigers erfordern keinen im Wege der Klage durchsetzbaren Anspruch auf die im [X.] vorgesehene [X.] des Drittschuldners. Ihnen ist durch den [X.] nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO und dem gegen den Schuldner - aufgrund der in § 836 Abs. 3 ZPO getroffenen Regelung - einklagbaren [X.] auf [X.] Genüge getan. Unterlässt der Drittschuldner die nach § 840 Abs. 1 ZPO geforderten Angaben, so kann der Gläubiger von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen und diesen ohne Kosten-risiko einklagen. Ergibt die Einlassung des Drittschuldners, dass die geltend gemachte Forderung nicht besteht oder nicht durchsetzbar ist, so kann der 11 - 6 - Pfändungsgläubiger im selben Prozess gemäß § 263 ZPO auf die [X.] übergehen und erreichen, dass aufgrund des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO der Drittschuldner verurteilt wird, die bisher entstandenen Kosten, insbe-sondere die des [X.] über die gepfändete Forderung, in vollem Umfang zu erstatten ([X.] 79, 275, 281; [X.] 91, 126, 129). Im Hinblick auf diese Besonderheiten ist das Schweigen des [X.]s, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, beredt. Seine Verwei-gerung der [X.] hat die Bedeutung, dass hinsichtlich der Beitreibbarkeit der gepfändeten Forderung keine Hindernisse bestehen. Sie bedarf keiner weiteren - zusätzliche Kosten auslösenden - Aufforderungshandlung des Gläubigers. 12 bb) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich weder aus dem Wort-laut des § 840 Abs. 2 ZPO noch aus der durch das am 1. Januar 2002 in [X.] getretene [X.] vom 27. Juli 2001 ([X.] I S. 1887 ff) ein-gefügten amtlichen Überschrift zu § 840 ZPO, dass der Drittschuldner im Rah-men des § 840 Abs. 2 ZPO für jeden denkbaren Schaden aufzukommen hat. Der Senat hat bereits in [X.] 91, 126, 128 f darauf hingewiesen, dass der Wortlaut des § 840 Abs. 2 ZPO im Zusammenhang mit der sprachlich anders gefassten Regelung des § 836 Abs. 3 ZPO zu würdigen ist. Die im Gegensatz zu § 836 Abs. 3 ZPO in § 840 Abs. 2 ZPO normierte Schadensersatzpflicht er-fährt ihre Berechtigung in der besonderen Ausgestaltung der nach § 840 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Erklärungsverpflichtung des Drittschuldners, die als nicht einklagbare Handlungslast oder Obliegenheit zu qualifizieren ist ([X.] 91, 126, 128 f; [X.] 98, 291, 293). 13 - 7 - c) Inhalt und Ausmaß der Schadensersatzpflicht des § 840 Abs. 2 ZPO werden durch den Normzweck dieser Bestimmung konkretisiert. Danach ist die [X.] jedes sich aus der Nichterfüllung der [X.]sobliegenheit er-gebenden Nachteils nicht geboten. Erteilt der Drittschuldner nach Zugang der Aufforderung zur Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO dem Pfändungsgläubiger keine Antwort, dann kann der Pfändungsgläubiger, wie bereits dargelegt, ohne weiteres davon ausgehen, dass die gepfändete Forderung beigetrieben werden kann. Es bedarf daher weder weiterer - vorprozessualer - Aufforderungshand-lungen seitens des Gläubigers noch einer gesonderten [X.]sklage, auch nicht im Wege der Stufenklage. Der Pfändungsgläubiger kann vielmehr den Drittschuldner unmittelbar auf Leistung in Anspruch nehmen, was angesichts der damit verbundenen Beschleunigung des Verfahrens (vgl. [X.] aaO, § 840 Rn. 19; [X.] aaO, § 840 Rn. 19) seinem Interesse an einer bal-digen Beitreibbarkeit der gepfändeten Forderung dient. Eine nochmalige [X.] an den schweigenden Drittschuldner, sich nach § 840 Abs. 1 ZPO zu erklären, ist demnach auch aus Sicht der berechtigten Interessen des Pfän-dungsgläubigers nicht geboten. Damit verbundene Anwaltskosten sind folglich auch aus diesem Grund nicht ersatzfähig. Im Rahmen des § 840 ZPO kommt dem Gebot der Rechtsklarheit sowie dem Interesse an einer möglichst einfa-chen Konfliktlösung besondere Bedeutung zu, weil nach der Ausgestaltung des § 840 ZPO der Pfändungsgläubiger dem Schuldner gegenüber bereits günsti-ger gestellt ist als der neue Gläubiger nach Abtretung ([X.] 91, 126, 130). Für weitergehende Begünstigungen des Pfändungsgläubigers und damit einherge-hende zusätzliche Belastungen des Drittschuldners fehlt es an einem rechtferti-genden Grund (vgl. [X.] 91, 126, 130). Die Auferlegung zusätzlicher Anwalts-kosten ist daher nicht gerechtfertigt. 14 - 8 - 2. Auch unter [X.] kann der Kläger die [X.] nicht in Anspruch nehmen. Angesichts des Umstandes, dass die Abgabe der nach § 840 Abs. 1 ZPO geforderten Angaben lediglich eine Obliegenheit bezie-hungsweise [X.] darstellen, fehlt es bereits an der für einen Verzugseintritt notwendigen Leistungspflicht des Drittschuldners. 15 3. Eine deliktische Einstandsverpflichtung der [X.]n nach § 823 Abs. 2 BGB kommt gleichfalls nicht in Betracht ([X.] 98, 294). Anhaltspunkte für ein Eingreifen des [X.] des § 826 BGB hat die Revision nicht aufgezeigt; sie sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. 16 Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 26.03.2003 - 322 O 366/02 - [X.], Entscheidung vom 25.08.2004 - 10 U 33/03 -

Meta

IX ZR 189/04

04.05.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2006, Az. IX ZR 189/04 (REWIS RS 2006, 3710)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3710

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