Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.10.2017, Az. 10 AZR 327/16

10. Senat | REWIS RS 2017, 3700

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Gegenstand

Gerüstbauerhandwerk - Vermieten von Bauaufzügen - Sozialkassenverfahren


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 30. März 2016 - 18 Sa 18/15 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der [X.], Beiträge nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im [X.] zu zahlen.

2

Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des [X.] in der Rechtsform eines rechtsfähigen Vereins gemäß § 22 BGB Einzugsstelle für die Sozialkassenbeiträge betreffend Urlaub, Lohnausgleich, Berufsbildung, Zusatzversorgung und Überbrückungsgeld.

3

Die Beklagte unterhält einen Betrieb, der mittels elektrischer Anlagen betriebene [X.] für Lasten und/oder Personen sowie Hubzeuge vermietet und - in geringem Umfang - verkauft. Die vermieteten Aufzüge werden teilweise von Mitarbeitern der [X.] montiert und demontiert, wobei der Anteil an der Gesamtarbeitszeit streitig ist.

4

Der Kläger nimmt die Beklagte nach dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im [X.] vom 20. Januar 1994 idF des [X.] vom 11. Juni 2002 ([X.]) auf Zahlung von Beiträgen für vier Arbeitnehmer im Zeitraum Januar 2011 bis Dezember 2012 in Anspruch. Zum betrieblichen Geltungsbereich enthält der [X.] folgende Regelung:

        

§ 1   

        

Geltungsbereich

                 
        

(1)     

…       

        

(2)     

Betrieblicher Geltungsbereich:

                 

Abschnitt I

                 

a)    

Betriebe des Gerüstbauerhandwerks. Das sind alle Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung mit eigenem oder fremdem Material gewerblich Gerüste erstellen. Erfasst werden auch Betriebe, die gewerblich Gerüstmaterial bereitstellen. Als Gerüste gelten alle Arten von Arbeits-, Schutz- und Traggerüsten, Fahrgerüste und Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik.

                 

…       

        
                 

Abschnitt II

                 

Betriebe, soweit in ihnen die unter Abschnitt I beschriebenen Leistungen überwiegend erbracht werden, fallen grundsätzlich als Ganzes unter diesen Tarifvertrag. …

                 

Abschnitt III

                 

Nicht erfasst werden Betriebe und selbständige [X.], die als Betriebe des Baugewerbes durch den Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe erfasst werden. Nicht erfasst werden Betriebe und selbständige [X.] des Maler- und Lackiererhandwerks. Nicht erfasst werden Betriebe, die ausschließlich Hersteller oder Händler sind.“

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte unterfalle dem betrieblichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a [X.], da sie gewerblich [X.] bereitstelle und montiere. [X.] seien Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik und zählten damit zu den Gerüsten. Mit Traversen, Kupplungen und Querstangen werde typisches Gerüstmaterial verwendet, welches schnell montier- und demontierbar sei. Der ordnungsgemäße Auf- und Abbau sowie die Bedienung eines [X.] könne nur durch einen Gerüstbauer erfolgen, dessen Ausbildung dies zum Gegenstand habe. Die Arbeitsabläufe und Vorsichtsmaßnahmen entsprächen denen beim Gerüstbau.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 54.229,44 [X.] zu zahlen.

7

Die Beklagte hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt, die Klage abzuweisen. Sie sei kein Betrieb des [X.]s. [X.] seien keine Gerüstteile, sondern Baumaschinen, die zum Transport verwendet würden. Die von ihr vermieteten Aufzüge würden nicht an Gerüsten befestigt, sondern an den Gebäuden selbst. Teilweise seien gar keine Gerüste an den Gebäuden errichtet. Auf die Montage und Demontage vermieteter [X.] entfielen in den Jahren 2011 und 2012 weniger als 6 % der Arbeitsstunden. Sie beschäftige nur Elektriker, Monteure und Fahrer als gewerbliche Arbeitnehmer, jedoch keine Gerüstbauer.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat sie abgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrten Sozialkassenbeiträge, da die Beklagte nicht unter den betrieblichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a [X.] fällt.

I. Ein Betrieb unterfällt nach § 1 Abs. 2 Abschn. I und Abschn. II [X.] dem betrieblichen Geltungsbereich des [X.], wenn er nach seiner durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung arbeitszeitlich überwiegend mit eigenem oder fremdem Material gewerblich Gerüste erstellt oder Gerüstmaterial bereitstellt. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte oder auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es danach nicht an. Den Gerüstbauarbeiten sind diejenigen Nebenarbeiten zuzuordnen, die zu ihrer sachgerechten Ausführung notwendig sind ([X.] 17. Oktober 2012 - 10 [X.] - Rn. 9 mwN).

II. Die Beklagte ist kein Betrieb, der iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 2 [X.] gewerblich Gerüste erstellt.

1. Das „Erstellen“ von Gerüsten setzt schon nach dem Wortsinn der tarifvertraglichen Regelung regelmäßig Montagearbeiten voraus. Synonyme für „Erstellen“ sind „Aufbauen“ oder „Errichten“. Zumindest ist für ein „Erstellen“ die Planung oder Konstruktion des Gerüsts und die Überwachung seines Aufbaus erforderlich (vgl. [X.] 17. Oktober 2012 - 10 [X.] - Rn. 16).

2. Vorliegend kann dahinstehen, ob die Montage von [X.] einen Teilaspekt des „Erstellens von Gerüsten“ darstellt, etwa weil diese durch [X.] (besser) nutzbar werden oder die [X.] als Bestandteil oder Zubehör der Gerüste anzusehen wären (zur Montage und Demontage von Netzen und Planen an Gerüsten vgl. [X.]. [X.] 11. Mai 2011 - 18 Sa 23/11 -). Jedenfalls führt die Beklagte nicht arbeitszeitlich überwiegend Montagearbeiten durch, wie es nach § 1 Abs. 2 Abschn. II Satz 1 [X.] erforderlich wäre. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s hat der Kläger nicht dargelegt, dass die Montage und Demontage von [X.] durch Arbeitnehmer der Beklagten arbeitszeitlich in ihrem Betrieb überwog. Die Beklagte selbst gibt den arbeitszeitlichen Anteil mit weniger als 6 % an. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang auch keine Planungs-, Konstruktions- oder Überwachungsarbeiten der Beklagten.

III. Die Beklagte, die arbeitszeitlich überwiegend [X.] vermietet, unterhält auch keinen Betrieb, der iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 3 [X.] gewerblich Gerüstmaterial bereitstellt.

1. Allerdings fällt unter den Begriff des „[X.]“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 3 [X.] auch das „Vermieten“ von Gerüstmaterial ([X.] 17. Oktober 2012 - 10 [X.] - Rn. 16).

2. [X.] sind aber kein Gerüstmaterial iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 3 [X.]. „Gerüstmaterial“ ist der Sammelbegriff für alle Teile, aus denen ein Gerüst erstellt wird und damit auch ein Gerüst selbst.

a) [X.] sind keine „Gerüste“ iSd. [X.]. Der Einbezug „aller Arten“ der in § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 4 [X.] näher bezeichneten Gerüste sowie von „Sonderkonstruktionen der [X.]“ verdeutlicht, dass der Begriff des „Gerüsts“ umfassend zu verstehen ist und der Tarifvertrag mit seinem betrieblichen Geltungsbereich alle Betriebe erfasst, die mit Gerüstmaterial Gerüste und sonstige Konstruktionen erstellen bzw. Gerüstmaterial dafür bereitstellen. Maßgebend für den Geltungsbereich des [X.] ist dabei die Art der Konstruktion unter Verwendung von Gerüstbauteilen, die einen relativ einfachen Auf- und Abbau und die mehrfache Verwendung für weiteren Gerüstbau ([X.]) ermöglicht ([X.] 17. Oktober 2012 - 10 [X.] - Rn. 12).

aa) [X.] können insofern aber schon vom Wortlaut der tariflichen Regelung - von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist ([X.] 12. Dezember 2012 - 10 [X.] 922/11 - Rn. 10, [X.]E 144, 117) - nicht unter den Begriff „Gerüst“ gefasst werden. Ein Gerüst ist eine vorübergehende, im Allgemeinen wieder verwendbare Hilfskonstruktion aus meist standardisierten Gerüstbauteilen, die insbesondere als Arbeitsplattform, zur Befestigung einer Schalung oder als Schutzeinrichtung verwendet wird.

(1) Der Begriff „Bauaufzug“ bezeichnet durchweg maschinell angetriebene Apparaturen, die der vertikalen Beförderung von Personen und Material dienen. Dagegen betrifft der Begriff „Arbeitsgerüst“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 4 [X.] statische Konstruktionen für den Aufenthalt von Personen in erhöhter Position ([X.] 17. Oktober 2012 - 10 [X.] - Rn. 13). [X.] sind begrifflich auch offenkundig keine Schutz- oder Traggerüste.

(2) [X.] fallen ferner nicht unter den Begriff des „Fahrgerüsts“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 4 [X.]. Fahrgerüste sind nur hinsichtlich der Positionierung leichter versetzbare Gerüste, da sie nicht auf- und abgebaut werden müssen. Benutzt werden sie aber im ruhenden Zustand. Ein Fahrgerüst wird im Übrigen als Gegenstand selbst horizontal bewegt, während der Bauaufzug andere Sachen oder Personen vertikal bewegt.

(3) [X.] sind schließlich keine „Sonderkonstruktionen der [X.]“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 4 [X.].

(a) „Sonderkonstruktionen der [X.]“ sind - wie Gerüste - mit Gerüstmaterial erstellte Gebilde, die aber nicht standardisiert errichtet, sondern speziell geplant oder konzipiert werden (vgl. [X.] 17. Oktober 2012 - 10 [X.] - Rn. 14). Sie sollen zumeist aufgrund ihrer Festigkeit und Unveränderlichkeit ihre Funktion erfüllen. Darunter werden bspw. [X.], Einhausungen, Bühnen oder Tribünen verstanden (vgl. § 9 Abs. 3 Nr. 2 [X.] 2000).

(b) Die bloße Nutzung gleicher oder ähnlich aussehender Materialien, wie sie zum Bau von Gerüsten genutzt werden (zB Traversen, Kupplungen und Querstangen), reicht nicht aus, um von einer „Sonderkonstruktion der [X.]“ zu sprechen, wenn der Zweck und das Gepräge der Konstruktion nicht dem eines in § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 4 [X.] erwähnten Gerüsts entsprechen. Wie für Gerüste allgemein, ist für Sonderkonstruktionen der [X.] prägend, dass statische Gebilde errichtet werden. Hingegen steht beim Bauaufzug die maschinell angetriebene Bewegung zum Transport von Menschen oder Material im Vordergrund. Er ist keine ruhende Konstruktion, sondern eine dynamische Maschine.

bb) Auch aus der Systematik der tariflichen Regelung kann nichts zu Gunsten der vom Kläger vertretenen Auffassung hergeleitet werden. Sie bestärkt vielmehr das Ergebnis der Wortlautauslegung.

(1) § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 4 [X.], der eine Reihe von Spezialfällen nennt, führt [X.] gerade nicht auf. Der [X.] erwähnt [X.] an keiner Stelle.

(2) Aus einer Zusammenschau mit dem von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Rahmentarifvertrag für das [X.] vom 27. Juli 1993 idF vom 11. Juni 2002 ([X.]) folgt nichts anderes. Zwar werden in der Eingruppierungsregelung des § 5 [X.] bei der Berufsgruppenbeschreibung des [X.] unter 3.2.6 „Gerüste sowie Hebebühnen, Hubarbeitsbühnen, Lifte, Aufzüge und andere maschinell betriebene Gerüste“ angesprochen. Insoweit sind „Aufzüge“ in der Aufzählung aber nicht als Spezialfall von „maschinell betriebenen Gerüsten“ zu verstehen. Vielmehr handelt es sich bei der Aufzählung nach dem Wort „sowie“ um eine Auflistung von Maschinen, unter die sowohl „Aufzüge“ als auch „andere maschinell betriebene Gerüste“ in Abgrenzung zu den eingangs erwähnten „Gerüsten“ gefasst werden. Inhaltlicher Oberbegriff ist für diesen Satzteil die Maschine. Danach sind Aufzüge gerade keine „maschinell betriebenen Gerüste“, sondern von diesen zu unterscheiden.

(3) Da § 1 Abs. 2 Abschn. III Satz 1 [X.] zur Abgrenzung seines betrieblichen Geltungsbereichs auf den [X.] Bezug nimmt, können auch aus diesem [X.] ausnahmsweise Folgerungen zur Systematik abgeleitet werden, obwohl es auf Arbeitgeberseite von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossen wurde.

(a) Zwar können zur Auslegung eines Tarifvertrags andere Tarifverträge nicht ohne weiteres herangezogen werden. Da es entscheidend auf den Willen der Vertragschließenden ankommt, ist nur bei gewichtigen Anhaltspunkten davon auszugehen, dass der Sprachgebrauch anderer Tarifvertragsparteien und die von ihnen getroffene Regelung von Bedeutung sein sollen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn mehrere Tarifverträge eine gewisse Einheit bilden (vgl. [X.] 2. November 2016 - 10 [X.] 615/15 - Rn. 49; 28. Januar 2009 - 4 [X.] - Rn. 41 mwN, [X.]E 129, 238). Durch die Bezugnahme auf den Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe ([X.]) in den Geltungsbereichsregelungen des [X.] geben die dortigen Tarifvertragsparteien zu erkennen, dass sie teilweise von einer eigenständigen Regelung absehen und insoweit das Regelungskonzept des [X.] übernehmen.

(b) Der [X.] vom 4. Juli 2002 idF vom 20. August 2007 bzw. vom 31. Mai 2012 führt hinsichtlich seines betrieblichen Geltungsbereichs in § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 1 das „Aufstellen von Gerüsten und [X.]“ auf. Beide Begriffe werden gleichrangig nebeneinander gestellt. Dies zeigt, dass iSd. [X.] „Gerüst“ nicht ein Oberbegriff ist, zu dem auch der „Bauaufzug“ gehört, weil es dann entweder keiner besonderen Erwähnung der [X.] bedurft oder eine Verknüpfung mit der Formulierung „insbesondere“ nahegelegen hätte.

(4) Aus dem Inhalt der Ausbildungsregelungen zum [X.] folgt nichts anderes.

(a) Zwar kann der Inhalt öffentlich-rechtlicher Ausbildungsregelungen ggfs. ergänzend für die Auslegung einer tarifvertraglichen Regelung herangezogen werden (vgl. [X.] 17. Oktober 2012 - 10 [X.] - Rn. 15). Dies kann eine vornehmlich am Wortlaut auszurichtende Auslegung aber nur bestärken oder in Frage stellen, nicht jedoch ein eigenständiges Argument für eine bestimmte Auslegung eines Tarifvertrags sein.

(b) Vorliegend erwähnen bspw. die Verordnung über die Berufsausbildung zum Gerüstbauer/zur Gerüstbauerin vom 26. Mai 2000 ([X.] 2000; [X.]. I S. 778) sowie die Verordnung über das [X.] und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Gerüstbauer-Handwerk vom 12. Dezember 2000 ([X.]; [X.]. I S. 1694) idF von Art. 2 der Verordnung vom 17. November 2011 ([X.]. I S. 2234) an einzelnen Stellen „Aufzüge“. Dies besagt aber - gegen die aus Wortlaut und Systematik gewonnenen Argumente - nichts darüber, ob [X.] als Gerüste oder Gerüstmaterial iSd. [X.] anzusehen sind. Den Verordnungen ist allein zu entnehmen, dass Auszubildende und [X.] im Rahmen der Ausbildung auch Kenntnisse von Materien erlangen sollen, die nicht unmittelbar zu dem zu erlernenden Handwerk gehören, diesem aber benachbart sind. Wenn bspw. in der Anlage zu § 5 [X.] 2000 ([X.]. I S. 781 ff.) in Nr. 11 Buchst. h auch der Einsatz von Gabelstaplern zu den zu vermittelnden Fertigkeiten und Kenntnissen gezählt wird, folgt daraus offenkundig nicht, dass diese als Gerüste oder Gerüstmaterial bzw. das sie vermietende Unternehmen als Betrieb des [X.]s iSd. des [X.] anzusehen sind.

cc) Zu Sinn und Zweck der Regelung in § 1 Abs. 2 Abschn. [X.]. a Satz 3 [X.] gibt es keine verlässlichen Hinweise. Gleiches gilt für die Entstehungsgeschichte der Norm. Somit gibt es keinen Anlass, von dem aus Wortlaut und Systematik gewonnenen Ergebnis abzuweichen.

b) [X.] können auch nicht in dem Sinn als „Gerüstmaterial“ verstanden werden, dass sie ein für die Erstellung eines Gerüsts notwendiger Teil sind.

aa) [X.] sind - anders als bspw. die Verstrebungen, der [X.] oder das Geländer - nicht konstitutiver Bestandteil eines Gerüsts, ohne den ein solches nicht einsetzbar wäre. Die einzelnen Ebenen eines Gerüsts können durchweg über Leitern erreicht werden. Andererseits kann ein Bauaufzug unabhängig von einem Gerüst verwendet werden und bspw. bei einem nicht eingerüsteten Rohbau Material in höhere Stockwerke befördern. Er ist allenfalls ein Hilfsmittel zum Aufbau oder zur Nutzung eines Gerüsts, aber nicht dessen Bestandteil.

bb) Soweit in berufsgenossenschaftlichen Regelungen bspw. die Benutzung von [X.] zum Aufbau von Gerüsten empfohlen wird, handelt es sich um Maßnahmen zum Beschäftigtenschutz, die für die Auslegung des [X.] nicht weiterführend sind. Ebenso würden bestimmte berufsgenossenschaftliche Schutzbekleidungsvorschriften für Gerüstbauer solche Ausrüstungsteile nicht zum Gerüstbaumaterial iSd. [X.] machen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    [X.]    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Klein    

        

    Petri    

                 

Meta

10 AZR 327/16

18.10.2017

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 19. November 2014, Az: 2 Ca 789/14, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.10.2017, Az. 10 AZR 327/16 (REWIS RS 2017, 3700)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3700

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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