Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2020, Az. 10 AZR 103/19

10. Senat | REWIS RS 2020, 510

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Gegenstand

Beitragspflichten zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft - Bankettfräsen als Straßenbauarbeiten


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 5. Februar 2019 - 12 [X.]/18 SK - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Beiträge zu den [X.].

2

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den [X.] verpflichtet. Er verlangt von der [X.] Beiträge für fünf gewerbliche Arbeitnehmer für Mai und Juni 2013 auf der Grundlage des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009 idF vom 17. Dezember 2012 ([X.] 2012). Der [X.] hat die Allgemeinverbindlicherklärung des [X.] 2012 für unwirksam befunden ([X.] 25. Januar 2017 - 10 ABR 34/15 -).

3

Die Beklagte unterhält im [X.] einen Betrieb, zu dessen Tätigkeiten im zeitlichen Umfang von 60 % sog. Bankettfräsarbeiten entlang von [X.] gehören. Die Arbeitnehmer der [X.] lockern nach dem Abfräsen des Bankettstreifens teilweise die oberste Schicht des Bodens auf und säen dort Gras ein. Mit 40 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit führt die Beklagte Baumpflege- und Baumsanierungsarbeiten aus.

4

Die Beklagte ist nicht Mitglied eines der die [X.] in der Bauwirtschaft abschließenden Verbände. Sie ist seit dem 1. Januar 2012 [X.] Mitglied im [X.]

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die im Betrieb der [X.] beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer hätten im Kalenderjahr 2013 arbeitszeitlich überwiegend Straßenbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 [X.] 2012 ausgeführt. Mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit seien im streitgegenständlichen [X.]raum auf reine Fräsarbeiten entfallen, auch wenn die [X.] für die Auflockerung des Bodens und die Graseinsaat nicht mitgerechnet werde. Die Beklagte falle ungeachtet ihrer mittelbaren Mitgliedschaft im [X.] in den Geltungsbereich des [X.] 2012.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.090,00 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei mangels einer wirksamen Allgemeinverbindlicherklärung nicht an den [X.] 2012 gebunden. Der betriebliche Geltungsbereich des [X.] 2012 sei nicht eröffnet. Das [X.] sei ebenso wie das Zurückschneiden von Bäumen und Hecken als landschaftspflegerische Maßnahme anzusehen. An den [X.] 2012 sei sie jedenfalls deshalb nicht gebunden, weil sie [X.] Mitglied im [X.] sei. Das SokaSiG sei verfassungswidrig.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Die Beklagte sei vom SokaSiG nicht erfasst, weil ihr Betrieb in den fachlichen Geltungsbereich des [X.] für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in der [X.] vom 20. Dezember 1995 idF der [X.] vom 20. Dezember 2006 und 5. März 2007 (BRTV GaLa-Bau) falle. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

I. Die Revision ist begründet. Mit der vom [X.] gegebenen [X.]egründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.]s kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

1. Der Senat kann nicht beurteilen, ob die [X.]eklagte von der Erstreckung des Geltungsbereichs des [X.] 2012 durch das [X.] erfasst wird. Das [X.] hat nicht festgestellt, ob die [X.]eklagte der Unfallversicherung bei der [X.] unterliegt. Wenn das der Fall sein sollte, wäre die [X.]eklagte aufgrund der [X.] nach Abs. 4 Nr. 3 der Anlage 37 zu § 10 Abs. 1 [X.] (Anlage 37 [X.]) nicht von der Erstreckung des Geltungsbereichs des [X.] 2012 durch das [X.] erfasst.

2. Sofern die [X.] der Anlage 37 [X.] nicht eingreift, hat der Kläger gegen die [X.]eklagte für Mai und Juni 2013 einen Anspruch auf [X.]eiträge iHv. 6.090,00 Euro für fünf gewerbliche Arbeitnehmer aus § 7 Abs. 5 iVm. der Anlage 30 [X.]. Die Anlage 30 enthält den vollständigen Text des [X.] 2012 (vgl. den Anlageband zum [X.]. I Nr. 29 vom 24. Mai 2017 S. 309 bis 322). Die [X.]eitragspflicht ergäbe sich aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. II und Abschn. V Nr. 32, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 18 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2012.

a) Der im [X.] gelegene [X.]etrieb der [X.] unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags (§ 1 Abs. 1 [X.] 2012). Die fünf gewerblichen Arbeitnehmer, die die [X.]eklagte nach den von ihr nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s im Streitzeitraum beschäftigte, werden vom persönlichen Geltungsbereich erfasst (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] 2012).

b) Das [X.] ist in [X.]ezug auf den betrieblichen Geltungsbereich auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass der [X.]etrieb der [X.] im streitgegenständlichen Zeitraum arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 [X.] 2012 ausführte.

[X.]) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wird ein [X.]etrieb vom betrieblichen Geltungsbereich der [X.] erfasst, wenn in ihm arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten versehen werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 der [X.] fallen. [X.]etriebe, die überwiegend eine oder mehrere der in den [X.]eispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. IV und Abschn. V der [X.] genannten Tätigkeiten versehen, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich der [X.], ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen. Werden baugewerbliche Tätigkeiten in diesem Sinn erbracht, sind ihnen auch diejenigen Nebenarbeiten zuzuordnen, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen (vgl. z[X.] [X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.] - Rn. 14 [X.]).

[X.]) [X.]ei der [X.] werden arbeitszeitlich überwiegend [X.]nbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 [X.] 2012 erbracht.

(1) Als [X.]nbauarbeiten sind jedenfalls Arbeiten anzusehen, die unmittelbar zum [X.]au einer [X.] zu leisten sind, also die [X.] als [X.]aukörper betreffen ([X.] 15. November 2006 - 10 [X.] - Rn. 19, [X.]E 120, 197; 28. März 1990 - 4 [X.] -; 25. Februar 1987 - 4 [X.] - [X.]E 55, 67). Dazu gehört insbesondere die Reparatur von [X.]n (vgl. [X.] 12. Februar 2003 - 10 [X.] - zu II 2 der Gründe; 28. März 1990 - 4 [X.] -). Das völlige oder teilweise Abfräsen der Asphaltdecke einer [X.], wenn die Tragschicht der [X.] erhalten bleibt und diese anschließend neu beschichtet wird, ist eine Vorarbeit zur Reparatur der [X.] und damit eine [X.]nbauarbeit iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 der [X.] ([X.] 14. Januar 2004 - 10 [X.] - zu II 3 d der Gründe; 12. Februar 2003 - 10 [X.] - [X.]O). Der Umstand, dass Tätigkeiten nicht im Klammerzusatz des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 [X.] 2012 genannt sind, schließt es nicht aus, sie zu den [X.]nbauarbeiten zu zählen. Die Montage von [X.] zählt zu den [X.]nbauarbeiten, weil [X.] der [X.] als [X.]aukörper dienen und sie die Verkehrssicherheit erhöhen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die [X.] als [X.]aukörper betroffen ist. Die [X.] ist erst dann erstellt und damit baulich vollendet, wenn sie in vollem Umfang ihre bestimmungsgemäßen Zwecke zu erfüllen in der Lage ist. Zu den bestimmungsgemäßen Zwecken von [X.]n gehört auch, dass der Verkehr möglichst sicher fließt (vgl. [X.] 15. November 2006 - 10 [X.] - Rn. 19 ff., [X.]E 120, 197).

(2) In Fortführung dieser Rechtsprechung ist das sog. [X.] den [X.]nbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 [X.] 2012 zuzuordnen.

(a) Das [X.]nbankett ist ein [X.]estandteil des [X.]aukörpers der [X.] ([X.] 21. Aufl. Stichwort „[X.]nbau“). Das gilt unabhängig davon, dass das [X.]ankett nicht zur eigentlichen Fahrbahn gehört und nicht zwingend dazu geeignet sein muss, von Fahrzeugen befahren zu werden (vgl. [X.] 27. Januar 2005 - III ZR 176/04 - zu II 1 der Gründe). Ein [X.]ankett ist ein unbefestigter, in der Regel mit einer Grasnarbe bedeckter Teil des [X.]nkörpers, der sich unmittelbar an die Fahrbahn, Seitenstreifen oder Seitenwege anschließt und dazu dient, beim [X.]efahren der [X.] den seitlichen Druck abzufangen, die befestigten Teile des [X.]nkörpers zu stützen sowie das Oberflächenwasser abzuleiten und zu filtern (Nr. 3.1 der Richtlinie zum Umgang mit [X.]ankettschälgut des [X.], [X.]au und Stadtentwicklung Abteilung [X.]nbau Ausgabe 2010).

(b) [X.]eim sog. [X.] handelt es sich um Arbeiten an einem Teil des [X.]nbaukörpers. Mithilfe von fahrbaren Maschinen werden der [X.] und [X.], [X.] oder [X.] vom [X.]nbankett abgetragen. Nach dem Abfräsen des [X.] wird teilweise die oberste Schicht des [X.]odens aufgelockert und Gras eingesät. Das [X.] ist mit dem Abfräsen der Asphaltdecke einer [X.] vergleichbar und betrifft lediglich einen anderen Teil des [X.]aukörpers.

(c) Darüber hinaus dient die Tätigkeit auch anderen Teilen des [X.]aukörpers der [X.]. Durch die Fräsarbeiten wird sichergestellt, dass das [X.]ankett abfließendes Wasser wieder besser aufnehmen kann. Damit wird die Haltbarkeit der Fahrbahn erhöht und die Verkehrssicherheit verbessert. Das anschließende Auflockern des Untergrunds und die Nachs[X.]t von Gras sind ebenfalls noch zu den [X.]nbauarbeiten zu zählen. Erst dadurch wird dieser Teil des [X.]aukörpers [X.] vollständig wiederhergestellt. Zum [X.]ankett gehört typischerweise eine Grasnarbe, die vor Erosion durch Wasser und Wind schützt.

cc) Unabhängig davon, dass [X.]ankettfräsarbeiten als [X.]nbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 [X.] 2012 anzusehen sind, stellen sie auch eine bauliche Leistung iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.] 2012 dar.

(1) Nach § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.] 2012 ist der betriebliche Geltungsbereich für [X.]etriebe eröffnet, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die dazu dienen, [X.]auwerke zu erstellen, instand zu setzen, zu ändern oder zu beseitigen.

(2) Der [X.]etrieb der [X.] erfüllte im Jahr 2013 diese tarifvertraglichen Voraussetzungen.

(a) [X.]n sind [X.]auwerke iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.] 2012 (vgl. [X.] 14. Dezember 2011 - 10 [X.] - Rn. 12; 28. Mai 2008 - 10 [X.] - Rn. 32; 15. November 2006 - 10 [X.] - Rn. 25).

(b) Die [X.]eklagte hat im Streitzeitraum „nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung bauliche Leistungen“ erbracht.

([X.]) Dieses Tarifmerkmal des § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.] 2012 erfüllen [X.]etriebe, wenn sie arbeitszeitlich überwiegend Arbeiten ausführen, die irgendwie - wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet - der Errichtung und Vollendung von [X.]auwerken oder auch der Instandsetzung oder Instandhaltung von [X.]auwerken zu dienen bestimmt sind, sodass diese in vollem Umfang ihre bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen können ([X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.] - Rn. 37; 5. Juni 2019 - 10 [X.] - Rn. 24 [X.]).

([X.]) Ausgehend davon erbringt die [X.]eklagte nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung arbeitszeitlich überwiegend bauliche Leistungen iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.] 2012. Die [X.]ankettfräsarbeiten und das Auflockern des [X.]odens mit anschließender Graseins[X.]t dienen der Instandhaltung oder Instandsetzung eines Teils des [X.]auwerks „[X.]“. Sie stellen sicher, dass die [X.] in vollem Umfang ihre bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen kann, indem sie dafür sorgen, dass Oberflächenwasser optimal von der Fahrbahn abgeleitet werden kann. Schäden durch anhaltende Feuchtigkeit und Frost werden verringert. Der [X.]aukörper wird haltbarer und kann länger dem Zweck dienen, den [X.]nverkehr aufzunehmen. Eine möglichst trockene Fahrbahn dient dem bestimmungsgemäßen Zweck der [X.], dass der Verkehr möglichst sicher fließt.

(c) Die [X.]eklagte erbrachte „nach ihrer betrieblichen Einrichtung bauliche Leistungen“.

([X.]) Dieses Tarifmerkmal des § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.] 2012 erfüllen [X.]etriebe, wenn sie Leistungen mit Werkstoffen, Arbeitsmitteln und -methoden des [X.]augewerbes ausführen (für die [X.]Rspr. [X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.] - Rn. 40; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 21 [X.]).

([X.]) Die [X.]eklagte verwendet insbesondere [X.] des Typs [X.] 800. Dabei handelt es sich um große fahrbare Maschinen, die mit einem seitlichen Ausleger Material neben der Fahrbahn abfräsen und automatisch auf einen vorausfahrenden Lkw werfen. Es handelt sich dabei um typische [X.]aumaschinen, die denjenigen ähnlich sind, die beim Abfräsen von Asphalt eingesetzt werden. Neben den Maschinen als Arbeitsmitteln ist die Arbeitsmethode ebenfalls für den [X.]nbau typisch.

c) Sofern die [X.]eklagte die Voraussetzungen der [X.] nach Abs. 4 Nr. 3 der Anlage 37 [X.] erfüllte, würde die Geltung des [X.] 2012 nicht durch das [X.] auf die [X.]eklagte erstreckt. Die [X.] wäre dann unbegründet.

[X.]) Nach § 10 Abs. 1 [X.] gelten die tarifvertraglichen Rechtsnormen, auf die in den §§ 1 bis 8 [X.] verwiesen wird, nicht für [X.]etriebe und selbständige [X.], die die Maßgaben der Anlage 37 [X.] erfüllen. Nach Abs. 4 Nr. 3 der Anlage 37 [X.] sind das [X.]etriebe und selbständige [X.] mit Sitz im Inland,

        

„die unmittelbar oder mittelbar Mitglied des [X.]undesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. sind, vom [X.]undesrahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau vom 20. Dezember 1995 erfasst werden und überwiegend folgende Tätigkeiten ausüben:

        

a) Herstellen und Unterhalten von Außenanlagen in den [X.]ereichen des privaten und öffentlichen Wohnungsbaues (Hausgärten, Siedlungsgrün, Dach- und Terrassengärten und Ähnliches), der öffentlichen [X.]auten (Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungsgebäude, Kasernen und Ähnliches), des kommunalen Grüns (städtische Freiräume, Grünanlagen, Parks, Friedhöfe und Ähnliches) und des Verkehrsbegleitgrüns (Straßen, Schienenwege, Wasserstraßen, Flugplätze und Ähnliches) sowie von [X.]auwerksbegrünungen im Außen- und Innenbereich,

        

b) …   

        

wenn im [X.]etrieb oder in der selbständigen [X.]etriebsabteilung kalenderjährlich mindestens zu 20 Prozent der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Grünarbeiten ausgeführt werden“.

[X.]) Nach § 1 Nr. 2 [X.]RTV GaLa-[X.]au gilt der fachliche Geltungsbereich des Tarifvertrags:

        

„Für alle [X.]etriebe und selbständigen [X.] des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues, die fortgesetzt und ausschließlich oder überwiegend folgende Arbeiten ausführen, soweit sie der Unfallversicherung bei der [X.] unterliegen:

        

2.1 Herstellen und Unterhalten von Außenanlagen in den [X.]ereichen des privaten und öffentlichen Wohnungsbaues (Hausgärten, Siedlungsgrün, Dach- und Terrassengärten uä.), der öffentlichen [X.]auten (Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungsgebäude, Kasernen uä.), des kommunalen Grüns (städtische Freiräume, Grünanlagen, Parks, Friedhöfe uä.) und des Verkehrsbegleitgrüns (Straßen, Schienenwege, Wasserstraßen, Flugplätze uä.) sowie von [X.]auwerksbegrünungen im Außen- und Innenbereich“.

cc) Wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, erfüllt die [X.]eklagte grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Geltungserstreckung des [X.] 2012 auf nicht originär tarifgebundene Arbeitgeber nach Abs. 4 Nr. 3 der Anlage 37 [X.].

(1) Die [X.]eklagte ist seit dem 1. Januar 2012 mittelbar Mitglied des [X.]undesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V.

(2) Sie übt überwiegend Tätigkeiten iSv. Abs. 4 Nr. 3 [X.]uch[X.]a der Anlage 37 [X.] aus.

(a) Soweit die [X.]eklagte mit 40 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit [X.]aumpflege- und [X.]aumsanierungsarbeiten ausführt, handelt es sich um Tätigkeiten nach Abs. 4 Nr. 3 [X.]uch[X.]a der Anlage 37 [X.]. Die Arbeiten an [X.]äumen beziehen sich auf die in der Anlage 37 [X.] genannten [X.]ereiche.

(b) Soweit die [X.] ausführt, fallen diese zwar einerseits unter § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 [X.] 2012 und unter § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.] 2012. Andererseits fallen sie jedoch auch unter Abs. 4 Nr. 3 [X.]uch[X.]a der Anlage 37 [X.]. Wie das [X.] zutreffend erkannt hat, handelt es sich um Tätigkeiten im [X.]ereich des [X.]. Der Grünstreifen neben der [X.]nfahrbahn ist als [X.] iSv. Abs. 4 Nr. 3 [X.]uch[X.]a der Anlage 37 [X.] und § 1 Nr. 2.1 [X.]RTV GaLa-[X.]au einzuordnen.

([X.]) Dafür spricht bereits der Wortlaut der Normen. Es handelt sich um Grünpflanzen - eingesätes Gras und Wildwuchs -, die neben der Fahrbahn wachsen, die Fahrbahn also „seitlich begleiten“. Nach dem Wortsinn stellt die neben der Fahrbahn auf dem [X.]nbankett befindliche Grasnarbe, die mit Wildpflanzen durchsetzt sein kann, „[X.]“ dar. Dabei handelt es sich um einen weit zu verstehenden [X.]egriff, der nicht nach der Art der Pflanzen unterscheidet, sondern alle Arten von Grünpflanzen erfassen kann wie Gras, [X.]üsche oder [X.]äume. Das verdeutlicht der Klammerzusatz „[X.]n, Schienenwege, Wasserstraßen, Flugplätze uä.“. Diese unterschiedlichen Arten von Verkehrsinfrastruktur stellen unterschiedliche Anforderungen an das umgebende [X.]egleitgrün.

([X.]) Auch der Zusammenhang der Regelungen in Abs. 4 Nr. 3 [X.]uch[X.]a der Anlage 37 [X.] und § 1 Nr. 2.1 [X.]RTV GaLa-[X.]au spricht für ein weites Verständnis. Im [X.]ereich der verschiedenen genannten Außenanlagen wird nicht nach der konkreten Art des Grüns differenziert.

(3) Im [X.]etrieb der [X.] werden kalenderjährlich mindestens zu 20 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit „[X.]“ iSv. Abs. 4 Nr. 3 letzter Halbs. der Anlage 37 [X.] erbracht.

(a) Die [X.]eklagte führt nach den Feststellungen des [X.]s mit 40 % der Gesamtarbeitszeit [X.]aumpflege- und [X.]aumsanierungsarbeiten durch, die zu den [X.] gehören. Soweit die [X.]eklagte Gras sät und sie den [X.]oden zur Vorbereitung auflockert, handelt es sich ebenfalls um [X.] in diesem Sinn.

(b) Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, die [X.]eklagte müsse nach der neueren „Geprägerechtsprechung“ nicht nur darlegen, dass bei ihr mit mindestens 20 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit [X.] durchgeführt würden. Vielmehr müsse sie auch darlegen, dass die „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ von Fachleuten des ausgenommenen Gewerks angeleitet und verrichtet würden (vgl. [X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.] - Rn. 51; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 27 [X.]).

([X.]) Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass die [X.]eklagte als Arbeitgeberin die Darlegungslast für die Voraussetzungen der [X.] trägt ([X.] 23. Februar 2005 - 10 [X.] - zu II 2 b der Gründe).

([X.]) Entgegen der Auffassung des [X.] kommt es nach Abs. 4 Nr. 3 der Anlage 37 [X.] jedoch nicht darauf an, ob die „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ von Fachleuten des ausgenommenen Gewerks angeleitet und verrichtet werden. Der Kläger nimmt dazu [X.]ezug auf die neuere Rechtsprechung des Senats zu der Frage, ob ein [X.]etrieb nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII der [X.] vom betrieblichen Geltungsbereich der [X.] ausgenommen ist (vgl. [X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.] - Rn. 50 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 26). Die Regelung in Abs. 4 Nr. 3 der Anlage 37 [X.] bezieht sich dagegen ersichtlich noch auf die frühere Rechtsprechung des Senats zu § 1 Abs. 2 Abschn. VII der [X.]. Danach kam es bei „Sowohl-als-auch-Arbeiten“ darauf an, dass zu mindestens 20 % der gesamten betrieblichen Arbeitszeit Arbeiten durchgeführt wurden, die ausschließlich dem vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerk zuzuordnen waren (vgl. [X.] 27. Oktober 2010 - 10 [X.] - Rn. 21; 19. Juli 2000 - 10 [X.] - zu II 1 b [X.] der Gründe). Daraus ergibt sich jedoch nicht, Abs. 4 Nr. 3 der Anlage 37 [X.] entgegen seinem Wortlaut in Anlehnung an die neuere „Geprägerechtsprechung“ dahin auszulegen, dass es darauf ankommt, ob die „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ von Fachleuten des ausgenommenen Gewerks angeleitet und verrichtet werden. Die vom Gesetzgeber übernommene [X.] der Allgemeinverbindlicherklärung stellt nicht auf die Qualifikation der Fachleute, sondern allein darauf ab, ob mindestens 20 % [X.] anfallen.

(4) Die [X.]eklagte wird grundsätzlich iSv. Abs. 4 Nr. 3 der Anlage 37 [X.] vom [X.]RTV GaLa-[X.]au erfasst.

(a) Die Tätigkeiten, die nach § 1 Nr. 2.1 [X.]RTV GaLa-[X.]au in den fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen, entsprechen denjenigen, die nach Abs. 4 Nr. 3 [X.]uch[X.]a der Anlage 37 [X.] vorausgesetzt werden.

(b) Entscheidend ist, ob die [X.]eklagte der Unfallversicherung bei der [X.] unterliegt.

([X.]) Der fachliche Geltungsbereich des [X.]RTV GaLa-[X.]au - und damit auch der Anwendungsbereich von Abs. 4 Nr. 3 der Anlage 37 [X.] - erstreckt sich auf [X.]etriebe und selbständige [X.] des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus nur, soweit sie der Unfallversicherung der [X.] „unterliegen“ (vgl. [X.] 23. Februar 2005 - 10 [X.] - zu II 2 b cc der Gründe). Welcher [X.]erufsgenossenschaft der Unfallversicherung ein Unternehmen unterworfen ist, dh. welche [X.]erufsgenossenschaft für das Unternehmen zuständig ist, richtet sich zunächst nach den Vorschriften der §§ 121 bis 135 [X.]. Jedes Unternehmen iSv. § 121 Abs. 1 [X.] ist kraft Gesetzes (§§ 121 ff. [X.]) einem Unfallversicherungsträger (§ 114 Abs. 1, § 116 f. [X.]) zugeordnet; es „unterliegt“ damit der Unfallversicherung bei einem bestimmten Unfallversicherungsträger ([X.] 7. Dezember 2016 - 4 [X.] - Rn. 17 ff. [X.]). Darüber hinaus enthält das [X.] Verfahrensvorschriften, die die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger betreffen. Nach § 136 Abs. 1 Satz 1 [X.] stellt der Unfallversicherungsträger [X.]eginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen [X.]escheid (Verwaltungsakt) gegenüber dem Unternehmer fest. Weichen materielle und formelle Zuständigkeit z[X.] deshalb voneinander ab, weil die Zuständigkeitsfeststellung durch den Versicherungsträger von Anfang an unrichtig war oder nachträglich aufgrund der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unrichtig geworden ist, genießt die formelle Zuständigkeit Vorrang ([X.] 7. Dezember 2016 - 4 [X.] - Rn. 24 f.; [X.]SG 2. April 2009 - [X.] 2 U 20/07 R - Rn. 23).

([X.]) Ausgehend hiervon kommt es entscheidend darauf an, ob die [X.] ihre Zuständigkeit für die [X.]eklagte im Zeitraum von Mai und Juni 2013 durch schriftlichen [X.]escheid gegenüber der [X.] festgestellt hat. Das wird das [X.] festzustellen haben.

d) Es bestehen keine [X.]edenken daran, dass das [X.] als Geltungsgrund für die [X.] verfassungsgemäß ist ([X.]VerfG 11. August 2020 - 1 [X.]vR 2654/17 - Rn. 14 ff.; 11. August 2020 - 1 [X.]vR 1115/18 - Rn. 2; [X.] 17. Juni 2020 - 10 [X.] - Rn. 58 ff.; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 42 ff., [X.]E 164, 201).

II. Das [X.]erufungsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

        

    Gallner    

        

    Pessinger    

        

    Pulz    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    [X.]eitz    

                 

Meta

10 AZR 103/19

13.10.2020

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 21. Februar 2018, Az: 6 Ca 615/17, Urteil

§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 32 VTV-Bau vom 17.12.2012, § 1 Abs 1 VTV-Bau vom 17.12.2012, § 1 Abs 2 Abschn II VTV-Bau vom 17.12.2012, § 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 17.12.2012, § 18 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 17.12.2012, § 21 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 17.12.2012, § 114 Abs 1 SGB 7, § 116 SGB 7, § 121 SGB 7, § 136 Abs 1 SGB 7, § 7 Abs 5 SokaSiG, § 10 Abs 1 SokaSiG, Anl 30 SokaSiG, Anl 37 Abs 4 Nr 3 SokaSiG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2020, Az. 10 AZR 103/19 (REWIS RS 2020, 510)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 510

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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10 AZR 144/19 (Bundesarbeitsgericht)

Beitragspflichten zu dem Sozialkassensystem der Bauwirtschaft - Rohrleitungsbauarbeiten - Anbohren und Absperren von unter Druck …


10 AZR 567/17 (Bundesarbeitsgericht)

Bürgenhaftung nach dem AEntG für Sozialkassenbeiträge


10 AZR 135/19 (Bundesarbeitsgericht)

Beitragspflichten zu dem Sozialkassensystem der Bauwirtschaft - Montagebauarbeiten - Darlegungs- und Beweislast - Anbringen von …


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