Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.03.2023, Az. I ZR 104/22

1. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 2972

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde in einem Rechtsstreit über den Umfang des urheberrechtlichen Schutzes eines Werks der angewandten Kunst


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] vom 25. Mai 2022 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 65.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beklagten machen geltend, das Berufungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ab, indem es ausführe, dass eine zwar Urheberrechtsschutz begründende, gleichwohl aber geringe Gestaltungshöhe des von den Beklagten angeführten Werks der angewandten Kunst zu einem entsprechend engen urheberrechtlichen Schutzbereich führe. Es lege damit den Obersatz zugrunde, im Bereich der angewandten Kunst folge aus dem geringen Maß an Eigentümlichkeit ein entsprechend enger Schutzumfang bei dem betreffenden Werk. Der Gerichtshof der [X.] habe hingegen in der Sache "Cofemel" ([X.], Urteil vom 12. September 2019 - C-683/17, [X.], 1185 [juris Rn. 35] = [X.], 1449) entschieden, dass auch im Bereich der angewandten Kunst, wenn die Voraussetzungen für das Bestehen von Urheberrechtsschutz gegeben seien, der Umfang des [X.] nicht geringer sei als derjenige, der [X.] unter die Richtlinie 2001/29/[X.] f[X.]den Werken zukomme. Dies gehe für die Fallgruppe der Portraitfotografien auch schon aus der Entscheidung "[X.]" hervor ([X.], Urteil vom 1. Dezember 2011 - [X.]/10, Slg. 2011, [X.] = [X.], 166 [juris Rn. 97 bis 99]).

2

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten [X.] nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] auch im Übrigen nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

3

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Rechtsmittelzulassungsgrundes ist der Zeitpunkt der Entscheidung des [X.]. Ein ursprünglich bestehender Zulassungsgrund entfällt, wenn die Rechtsfrage bis zur Entscheidung über die Rechtsmittelzulassung geklärt wird (zur Grundsatzbedeutung vgl. [X.], Beschluss vom 20. November 2002 - [X.], NJW-RR 2003, 352 [juris Rn. 2]). Entspricht die angefochtene Entscheidung in dieser Frage der ergangenen Entscheidung des [X.], ist die Rechtsmittelzulassung zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Erfolgsaussicht hat ([X.], Beschluss vom 6. Mai 2004 - I ZR 197/03, [X.], 712 [juris Rn. 13] = WRP 2004, 1051 - PEE-WEE).

4

2. Der geltend gemachte Zulassungsgrund ist entf[X.], weil die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage inzwischen geklärt ist. Der Senat hat mit Urteil vom 15. Dezember 2022 in der Sache I ZR 173/21 - Vitrinenleuchte ([X.], 571) entschieden, dass die - auch im Streitfall von der Beschwerde angeführte - Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.], nach der der Umfang des urheberrechtlichen Schutzes eines Werks der angewandten Kunst nicht geringer als bei anderen unter die Richtlinie 2001/29/[X.] f[X.]den Werken ist (dazu [X.], [X.], 1185 [juris Rn. 35] - Cofemel; vgl. auch [X.], [X.], 166 [juris Rn. 97 f.] - [X.]; ferner auch Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-683/17 vom 2. Mai 2019 Rn. 31), besagt, dass bei Werken der angewandten Kunst dieselben Ausschließlichkeitsrechte gewährt werden müssen und hinsichtlich der Reichweite dieser Rechte dieselben Rechtsmaßstäbe anzulegen sind wie bei [X.] anderen Werkkategorien. Der Senat hat weiter ausgeführt, dass diese Aussage sich hingegen nicht auf die im Einzelfall vorzunehmende Bestimmung des konkreten urheberrechtlichen Schutzbereichs eines Werks bezieht, der sich aus seiner Gestaltungshöhe ergibt ([X.], [X.], 571 [juris Rn. 17] - Vitrinenleuchte).

5

Der Senat hat weiter darauf hingewiesen, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht veranlasst ist, weil die vorgenannte Auslegung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt und die Grundsätze, nach denen der Schutzbereich urheberrechtlicher Verwertungsrechte bestimmt wird, durch die Entscheidungen des Gerichtshofs der [X.] "Infopaq International" ([X.], Urteil vom 16. Juli 2009 - [X.]/08, Slg. [X.], 6569 = [X.], 1041) sowie "[X.] u.a." ([X.], Urteil vom 29. Juli 2019 - [X.]/17, [X.], 929 = [X.], 1156) geklärt sind ([X.], [X.], 571 [juris Rn. 37] - Vitrinenleuchte).

6

3. Da die angefochtene Entscheidung in dieser Frage der ergangenen Entscheidung des [X.] entspricht, ist die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat.

7

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

8

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch     

  

Schwonke     

  

Feddersen

  

Pohl     

  

Schmaltz     

  

Meta

I ZR 104/22

23.03.2023

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Braunschweig, 25. Mai 2022, Az: 2 U 31/20

Art 2 Buchst a EGRL 29/2001, § 2 Abs 1 Nr 4 UrhG, § 2 Abs 2 UrhG, § 12 UrhG, § 15 UrhG, § 16 UrhG, § 17 UrhG, § 23 Abs 1 S 1 UrhG, § 97 UrhG, § 543 Abs 2 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.03.2023, Az. I ZR 104/22 (REWIS RS 2023, 2972)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2972


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 U 31/20

Oberlandesgericht Köln, 2 U 31/20, 19.05.2021.

Oberlandesgericht Düsseldorf, 2 U 31/20, 18.02.2021.


Az. I ZR 203/20

Bundesgerichtshof, I ZR 203/20, 12.05.2022.


Az. I ZR 104/22

Bundesgerichtshof, I ZR 104/22, 23.03.2023.


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I ZR 173/21

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