Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.07.2013, Az. III R 51/09

3. Senat | REWIS RS 2013, 3976

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Gegenstand

Kindergeld für eine deutsche Grenzgängerin


Leitsatz

1. Ist der persönliche Geltungsbereich der VO (EWG) Nr. 1408/71 eröffnet und unterliegt der Steuerpflichtige, der mit seinen Kindern in Deutschland wohnt, wegen einer in den Niederlanden als Grenzgänger ausgeübten abhängigen Beschäftigung gemäß Art. 13 ff. der VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht den deutschen, sondern den niederländischen Rechtsvorschriften, dann wird dadurch der gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG bestehende Kindergeldanspruch nicht ausgeschlossen. Die sich hieraus ergebende Konkurrenz zwischen dem niederländischen und dem deutschen Anspruch wird durch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 574/72 aufgelöst. In diesem Fall darf der im Wohnmitgliedstaat des betreffenden Kindes bestehende Kindergeldanspruch nicht teilweise ausgesetzt werden, wenn zwar ein Anspruch auf Familienleistungen im Beschäftigungsmitgliedstaat besteht, die Familienleistung dort aber faktisch nicht bezogen wird, weil kein entsprechender Antrag gestellt wurde.

2. Ist der persönliche Geltungsbereich der VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht eröffnet, dann ist eine etwaige Anspruchskonkurrenz gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aufzulösen.

Tatbestand

1

A. [X.]ie Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter von [X.], geboren am 2. April 1985, und von [X.], geboren am 7. Februar 1992. Seit sie sich vom Vater der Kinder getrennt hatte, erzog sie ihre Söhne allein. [X.]ie Familie lebte in [X.]eutschland. Für ihre Kinder bezog die Klägerin laufend Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG).

2

Im April 2003 nahm die Klägerin eine Erwerbstätigkeit in [X.] auf. Als die Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) im Mai 2005 hiervon erfuhr, hob sie u.a. die Kindergeldfestsetzung für [X.] ab [X.]uli 2003 auf und forderte das für den Streitzeitraum [X.]uli 2003 bis April 2005 ausgezahlte Kindergeld zurück. [X.]er hiergegen eingelegte Einspruch wurde von der Familienkasse zurückgewiesen. Ihre Klage vor dem [X.] ([X.]) hatte dagegen teilweise Erfolg. [X.]as [X.] ging davon aus, dass wegen der Erwerbstätigkeit der Klägerin in [X.] grundsätzlich das Recht dieses Staates anzuwenden sei. [X.]ie Anwendung [X.] Rechts sei, wie der [X.] ([X.]) in der Rechtssache [X.] judiziert habe ([X.]-Urteil vom 20. Mai 2008 [X.]/06, [X.], [X.]. 2008, [X.]), deswegen aber nicht stets ausgeschlossen. Im Ergebnis ruhe der [X.] Kindergeldanspruch in Höhe des Anspruchs auf [X.] Familienleistungen. [X.]eshalb habe sie für alle Monate des [X.] Anspruch auf die monatliche [X.]ifferenz in Höhe von 69,90 €.

3

[X.]ie Klägerin rügt mit ihrer Revision, dass das [X.] ihren Anspruch auf das volle Kindergeld für den Zeitraum ab Beginn ihrer Beschäftigung in [X.] zu Unrecht verneint und sie insoweit zur Rückzahlung verpflichtet habe. [X.]enn am Anfang ihrer Beschäftigung habe sie noch gar keine Leistungen in [X.] erhalten. Sie müsse im Hinblick auf [X.] nicht mehr an Kindergeld zurückzahlen, als sie tatsächlich an Familienbeihilfe aus [X.] erhalten habe. Aus dem [X.]-Urteil sei zu folgern, dass sie als Wanderarbeitnehmerin nicht schlechter gestellt werden dürfe, als sie stehen würde, wenn sie in [X.]eutschland gearbeitet hätte. Eine solche Schlechterstellung würde sich aber ergeben, wenn sie auf das niedrigere [X.] Kindergeld verwiesen würde. [X.]ieses werde quartalsweise in Höhe eines Betrages von 252,31 € ausgezahlt. Im Streitzeitraum habe sie nur im dritten und vierten Quartal 2004 und im ersten und zweiten Quartal 2005 [X.] Leistungen in Höhe von insgesamt 1.009,24 € bezogen. Mehr als dieser Betrag könne nicht zurückgefordert werden. Sie habe anfangs nicht gewusst, dass ihr Leistungen in [X.] zugestanden hätten, deswegen dort zunächst keinen Antrag gestellt und daher faktisch von April 2003 bis zum Beginn des dritten Quartals 2004 keine Familienbeihilfe in [X.] erhalten. Eine [X.]oppelzahlung liege für diesen Zeitraum somit nicht vor. Sie sei insofern auch nicht bereichert. Außerdem müsse ihr dahingehendes Vertrauen, dass sie als in [X.]eutschland wohnende [X.] Staatsbürgerin trotz ihrer vorübergehenden Beschäftigung in [X.] in Bezug auf das [X.] Kindergeld anspruchsberechtigt sei, geschützt werden.

4

[X.]ie Klägerin beantragt sinngemäß,
1. das [X.]-Urteil unter weiter gehender Änderung des [X.] vom 15. [X.]uli 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2006 dahingehend abzuändern, dass für die Monate [X.]uli 2003 bis [X.]uni 2004 Kindergeld für [X.] in Höhe von monatlich 154 € festzusetzen ist.
2. die Revision der Familienkasse zurückzuweisen.

5

[X.]ie Familienkasse beantragt,
1. das [X.]-Urteil, soweit es das Kind [X.] betrifft, aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen,
2. die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

6

[X.]ie Familienkasse rügt eine unzutreffende Auslegung des § 65 EStG. Bei dieser Vorschrift handele es sich um einen nationalen [X.], der der Festsetzung von [X.]ifferenzkindergeld entgegenstehe. Sie, die Familienkasse, lasse sich von den Erwägungsgründen Nr. 8 und 9 zur Verordnung ([X.]) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. [X.]uni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der [X.] zu- und abwandern ([X.] 1408/71), in ihrer durch die Verordnung ([X.]) Nr. 118/97 des Rates vom 2. [X.]ezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung ([X.]) Nr. 647/2005 des [X.] und des Rates vom 13. April 2005, leiten, wonach das System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaates gelten solle. [X.]iese Sichtweise werde auch durch Ausführungen des [X.] im Urteil [X.] gestützt. [X.]er [X.] ermögliche in der Rechtssache [X.] nur eine theoretische Kumulierung von Leistungsansprüchen. Er erlaube eine Kumulierung nur für den Fall, dass bei zwei Ansprüchen "der Anspruch des Beschäftigungslandes keine Leistungen zeitigen" dürfe. In einem solchen Fall werde statt des Rechts des Beschäftigungsstaates das Recht des Wohnmitgliedstaates angewandt. Unter diesen Überlegungen der ausschließlichen Zuständigkeit eines Staates könne § 65 EStG nur so gewürdigt werden, dass er als nationaler [X.] im Hinblick auf einen Anspruch auf [X.]ifferenzkindergeld anzusehen sei. [X.]as [X.]-Urteil sei in keinen seiner Überlegungen im Streitfall anwendbar. [X.]enn vorliegend würden für das Kind [X.] in [X.] Familienleistungen erbracht. Frau [X.] habe dagegen wegen des Alters ihres Kindes keinen derartigen Anspruch gehabt. Schließlich sei für den Zeitraum bis zum Beginn der Zahlung der niederländischen Familienleistungen im dritten Quartal 2004 kein [X.]s Kindergeld zu gewähren. Wäre sie, die Familienkasse, zur Gewährung verpflichtet, so liefe dies auf die Anerkennung eines von der [X.] 1408/71 nicht vorgesehenen Wahlrechts hinaus.

7

[X.]ie Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

8

B. Die Revisionen der Familienkasse und der Klägerin sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des [X.] und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--), soweit das Kindergeld für das Kind [X.] betroffen ist.

9

I. Die Familienkasse Rheinland-Pfalz-Saarland der [X.] ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der [X.] Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der [X.], Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der [X.] --Familienkasse-- eingetreten (s. dazu Beschluss des [X.] --BFH-- vom 3. März 2011 V B 17/10, [X.], 1105, unter II.A.).

II. Zur Revision der Familienkasse

1. Über die Revision der Familienkasse ist sachlich zu entscheiden. Die Revision wurde zwar zurückgenommen, die Klägerin hat in die Rücknahme des Rechtsmittels aber nicht eingewilligt. Da die Beteiligten bereits auf die mündliche Verhandlung verzichtet hatten, bedurfte die Rücknahme der Revision aber einer solchen Einwilligung (§ 125 Abs. 1 Satz 2 [X.]O).

2. Das [X.] hat angenommen, dass ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf ([X.] nicht an § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG scheitert. Diese rechtliche Folgerung ist nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen getragen und daher fehlerhaft. Erst wenn die Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachgeholt sind, wird die Prüfung möglich sein, ob § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangt oder durch gemeinschaftsrechtliche Vorschriften verdrängt wird.

Die Klägerin erfüllt, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, für [X.] die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Das [X.] ist im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, der die Anrechnung von im Ausland gewährten, dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen regelt, durch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung ([X.]) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der [X.] 1408/71 (VO Nr. 574/72) verdrängt werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass die Klägerin überhaupt in den persönlichen Geltungsbereich der [X.] 1408/71 fällt.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 4. August 2011 III R 55/08, [X.], 316; vom 19. April 2012 III R 87/09, [X.], 150; vom 5. [X.]uli 2012 III R 76/10, [X.], 87) ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der persönliche Geltungsbereich der [X.] 1408/71 eröffnet ist. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine Person nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. a der [X.] 1408/71 in irgendeinem der von ihrem sachlichen Geltungsbereich erfassten Zweige der sozialen Sicherheit in irgendeinem Mitgliedstaat der [X.] versichert ist (zur Prüfung im Einzelnen s. BFH-Urteile in [X.], 316; in [X.], 150; in [X.], 87).

Ist der persönliche Geltungsbereich der [X.] 1408/71 nicht eröffnet, dann richtet sich die [X.] nach §§ 62 ff. EStG und die Anspruchskonkurrenz zwischen dem [X.] Kindergeldanspruch und der ausländischen Familienleistung ist nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu lösen.

Das [X.] hat lediglich die Feststellung getroffen, dass die Klägerin in [X.] eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Dies genügt nicht für die Prüfung, ob der persönliche Geltungsbereich eröffnet wird, weil es hierfür maßgeblich auf den genauen Versichertenstatus ankommt.

3. Sollte sich im zweiten Rechtsgang herausstellen, dass die Klägerin dem persönlichen Geltungsbereich der [X.] 1408/71 unterfällt und sie, was anhand der Senatsrechtsprechung (BFH-Urteile in [X.], 316; in [X.], 150; in [X.], 87) im Einzelnen zu prüfen wäre, außerdem wegen einer abhängigen Beschäftigung in [X.] gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der [X.] 1408/71 den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt, dann wird das [X.] Folgendes zu beachten haben:

a) Obgleich [X.] in diesem Fall im Hinblick auf die Gewährung der Familienleistungen an sich der unzuständige Staat wäre, würde der sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG ergebende Kindergeldanspruch nicht ausgeschlossen sein. Denn die Art. 13 ff. der [X.] 1408/71 entfalten keine Sperrwirkung für die Anwendung des Rechts des nicht zuständigen Mitgliedstaats, so dass sich die Anspruchsberechtigung auch bei Personen und bei Leistungen, die dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der [X.] 1408/71 unterliegen, allein nach den Bestimmungen des [X.] Rechts richtet. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).

b) Der Zahlung von ([X.] stünde in diesem Fall auch § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht entgegen. Denn die Konkurrenz zwischen dem [X.] und dem [X.] Anspruch würde nicht durch diese Vorschrift, sondern durch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der [X.] 574/72 aufgelöst.

Diese Norm ist in einer solchen Konstellation schon nach ihrem Wortlaut anwendbar. Nach Auffassung des Senats sind die gemeinschaftsrechtlichen Antikumulierungsvorschriften (Art. 76 der [X.] 1408/71 und Art. 10 Abs. 1 der [X.] 574/72) gegenüber § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich vorrangig. Die Auflösung der Konkurrenz zwischen den Kindergeldansprüchen richtet sich nur dann nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wenn entweder der persönliche Geltungsbereich der [X.] 1408/71 nicht eröffnet ist (s. oben unter Ziffer B.II.2. der Gründe dieses Urteils) oder --bei Eröffnung des persönlichen [X.] [X.] der nicht zuständige Staat ist und zudem die gemeinschaftsrechtlichen Antikumulierungsvorschriften nicht einschlägig sind, weil der [X.], der nach Art. 13 ff. der [X.] 1408/71 als zuständiger Staat bestimmt ist, und der [X.] identisch sind (vgl. [X.]-Urteil vom 12. [X.]uni 2012 [X.]/10, [X.], Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht --[X.]-- 2012, 475, unter [X.]. 73 ff.; vgl. die Überschrift zu Art. 76 der [X.] 1408/71). Sollte im Streitfall der persönliche Geltungsbereich eröffnet und die [X.] gemäß Art. 13 ff. der [X.] 1408/71 der zuständige Staat sein, dann würden der [X.], dessen Rechtsvorschriften als anwendbar bestimmt wurden ([X.]), und der Wohnmitgliedstaat des Kindes ([X.]) auseinanderfallen.

c) Mit dem von Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der [X.] 574/72 angeordneten anteiligen Ruhen des [X.] Kindergeldanspruchs wäre die [X.] beseitigt. Die Norm erlaubt es hingegen nicht, einen weiter gehenden [X.] Kindergeldanspruch auszuschließen (vgl. [X.]-Urteil vom 4. [X.]uli 1985 [X.], [X.], [X.]. 1985, 2205), so dass der Klägerin dem Grunde nach [X.] Differenzkindergeld zustünde.

III. Zur Revision der Klägerin

Ob die Klägerin für diejenigen Monate des [X.], in denen sie mangels Antragstellung keine [X.] Familienleistungen bezogen hat, einen Anspruch auf das volle [X.] Kindergeld hat, kann aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des [X.] zum persönlichen Geltungsbereich der [X.] 1408/71 nicht abschließend beurteilt werden.

1. Sollte der persönliche Geltungsbereich eröffnet und das [X.] Recht als anwendbar bestimmt sein, dann würde nach den unter Ziffer [X.] der Gründe dieses Urteils gemachten Ausführungen zur Auflösung der Anspruchskonkurrenz zwischen dem [X.] und dem [X.] Anspruch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der [X.] 574/72 heranzuziehen sein. Zu dieser Vorschrift hat der [X.] entschieden, dass der im [X.] bestehende Anspruch nicht teilweise ausgesetzt werden darf, wenn zwar ein Anspruch auf Familienleistungen im [X.] besteht, die Familienleistungen dort faktisch aber nicht bezogen werden, weil kein entsprechender Antrag gestellt wurde ([X.]-Urteil vom 14. Oktober 2010 [X.]/09, [X.], [X.] 2011, 86, Rdnr. 55). Dass in dem dort entschiedenen Fall der andere Elternteil im [X.] den Antrag nicht gestellt hatte, im Streitfall die Klägerin aber selbst die Antragstellung versäumt haben dürfte, wäre nach Auffassung des Senats nicht rechtserheblich. Denn der [X.] hat in der Rechtssache [X.] in abstrakter Weise ausgeführt, dass das Ruhen des [X.] Kindergeldanspruchs nur in Betracht kommt, wenn alle im [X.] aufgestellten Voraussetzungen für den tatsächlichen Leistungsbezug, einschließlich einer vorherigen Antragstellung, erfüllt sind.

2. Sollte der persönliche Geltungsbereich der [X.] 1408/71 nicht eröffnet sein, wäre die [X.] nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aufzulösen. Schon das bloße Bestehen eines Anspruchs auf [X.] Familienleistungen würde dann zum Ausschluss des [X.] Kindergeldes führen. Die Folgen einer unterbliebenen Antragstellung hätte die Klägerin zu tragen.

Meta

III R 51/09

18.07.2013

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 30. April 2009, Az: 11 K 998/06 Kg, Urteil

Art 13 Abs 2 Buchst a EWGV 1408/71, Art 10 Abs 1 Buchst a EWGV 574/72, § 62 Abs 1 Nr 1 EStG 2002, § 65 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, Art 2 Abs 1 EWGV 1408/71, Art 1 Buchst a EWGV 1408/71

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.07.2013, Az. III R 51/09 (REWIS RS 2013, 3976)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3976

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