Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.07.2017, Az. 8 B 63/16

8. Senat | REWIS RS 2017, 8025

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Festsetzung einer Entschädigung; rechtliches Gehör; Amtsermittlungsgrundsatz; Überzeugungsgrundsatz


Gründe

1

Der Kläger begehrt die gesonderte Festsetzung einer Entschädigung nach dem [X.] - NS-VEntschG - für einen hälftigen Miteigentumsanteil an den Flurstücken ... der Gemarkung [X.] Die Flurstücke befanden sich seit dem 4. Dezember 1933 im Eigentum des [X.]. Der Rechtsvorgänger des [X.] besaß 50 % der Anteile an der [X.]. Er schied am 5. Mai 1937 aus der [X.] aus. Mit [X.]escheid vom 27. Juli 1999 stellte das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen fest, dass dem Kläger wegen des Verlustes der [X.]eteiligung seines Rechtsvorgängers an dem [X.] Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe des [X.]es zusteht. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2006 stellte die [X.]eklagte fest, dass dem Kläger für einen hälftigen Miteigentumsanteil an den genannten Flurstücken dem Grunde nach Entschädigung nach dem [X.] zusteht.

2

Der Kläger hat am 17. September 2010 Untätigkeitsklage mit dem Ziel erhoben, die [X.]eklagte zum Erlass eines gesonderten Entschädigungsbescheides für die genannten Flurstücke zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. Juni 2013 - [X.] 1725/10 - abgewiesen. Mit Urteil vom 20. November 2014 hat das [X.] - 5 C 39.13 - das Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Mit Urteil vom 25. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage erneut abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

3

Die allein auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

4

1. Die Revision ist nicht wegen einer Verletzung des Anspruchs des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs zuzulassen. Die [X.]eschwerdebegründung bezeichnet einen solchen Verfahrensfehler bereits nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise. Er liegt im Übrigen auch nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat keine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen.

5

Das Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO gewährleistet, dass die [X.]eteiligten sich zu allen entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Fragen äußern können. Es verbietet, gerichtliche Entscheidungen ohne vorherigen Hinweis auf einen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt zu stützen, mit denen ein gewissenhafter und kundiger [X.] nach dem Prozessverlauf nicht rechnen muss (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 29. Mai 1991 - 1 [X.]vR 1383/90 - [X.]E 84, 188 <190>; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 1. März 2010 - 8 C 48.09 - [X.] 2010, 148). [X.] sich danach ein Hinweis, besteht auch keine Pflicht, unabhängig vom Vortrag der [X.]eteiligten auf eine Erörterung der entsprechenden Gesichtspunkte hinzuwirken (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 17. Dezember 2015 - 8 [X.] 10.15 - [X.] 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 44).

6

a) Das Verwaltungsgericht hat nicht dadurch gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verstoßen, dass es

die von der [X.]eklagten zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen (u.a. [X.] zu den Grundstücken des [X.] und eine Vermögenserklärung des [X.]ankhauses von 1935) nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht, auf ihren Inhalt nicht hingewiesen und die einzelnen Aktenstücke nicht erörtert hat sowie sodann in seinem Urteil überraschend von den in den genannten Unterlagen enthaltenen unvollständigen [X.] ausgegangen ist,

wie der Kläger meint. Nach dem Prozessverlauf musste dieser damit rechnen, dass das Verwaltungsgericht die in diesen Unterlagen enthaltenen Informationen in seiner Entscheidung verarbeiten würde. Spätestens seit der Revisionsentscheidung vom 20. November 2014 stand die Frage, ob der für die Anteilsentschädigung heranzuziehende Einheitswert auch die streitgegenständlichen Flurstücke umfasste, im Mittelpunkt des Rechtsstreits. Der Kläger hatte in den mündlichen Verhandlungen vom 12. Juni 2013 und vom 12. August 2015 zudem beantragt, weitere Akten zum Einheitswert des streitgegenständlichen Grundstücks beizuziehen. Die [X.]eklagte hatte unabhängig davon Ermittlungen angestellt. Auf ihre Veranlassung übersandte die [X.] am 27. November 2015 die weiteren Unterlagen (u.a. [X.] zu den Grundstücken des [X.] und eine Vermögenserklärung des [X.]ankhauses von 1935), hinsichtlich derer der Kläger nun einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO rügt. Diese Unterlagen wurden dem Kläger mit Verfügung vom 1. Dezember 2015 in Kopie übersandt. Danach musste der Kläger auch ohne ausdrücklichen Hinweis damit rechnen, dass der Inhalt dieser Akten vom Verwaltungsgericht verwertet werden würde. Soweit er darüber hinaus rügt, das Verwaltungsgericht habe die Unterlagen fehlinterpretiert, betrifft dies nicht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, sondern die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung, die er mit der Verfahrensrüge nicht zur Überprüfung stellen kann.

7

b) Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch nicht dadurch verletzt, dass es den Vermerk des [X.] vom 15. Oktober 1936 zu einem Telefongespräch in seiner Entscheidung verwertet hat. Auch insoweit musste der Kläger ohne ausdrücklichen Hinweis des [X.] damit rechnen, dass der Inhalt des Vermerks von diesem berücksichtigt werden würde. Der Vermerk betraf nämlich ebenfalls die für den Rechtsstreit zentrale Frage der Einbeziehung der streitgegenständlichen Flurstücke in den [X.] von 1935. Das Finanzamt war sich ausweislich der vom Verwaltungsgericht beigezogenen Akten zunächst unsicher, ob die streitgegenständlichen Flurstücke Privatvermögen der [X.]er des [X.] waren oder ob sie dem [X.]etriebsvermögen zugerechnet - und folglich bei der Einheitswertberechnung für das Unternehmen berücksichtigt - werden sollten. Der Vermerk vom 15. Oktober 1936 betraf daher für einen kundigen und gewissenhaften Prozessbeteiligten einen zentralen Aspekt des Rechtsstreits. Der Kläger musste zudem Kenntnis von dem Vermerk haben. Er befindet sich bei der vom [X.] auf [X.]etreiben des [X.] an das Verwaltungsgericht übersandten "Akte 13121 [X.], D. Nr. 21", die dieser ausweislich der [X.]estätigung des [X.] [X.]erlin vom 17. Dezember 2015 ([X.]) am gleichen Tag in den Räumen des [X.] [X.]erlin eingesehen hat. Soweit der Kläger darüber hinaus meint, das Verwaltungsgericht habe den Vermerk fehlerhaft gewürdigt, betrifft dies wiederum die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung, die mit der Verfahrensrüge nicht angegriffen werden kann.

8

c) Das Verwaltungsgericht hat schließlich keine Gehörsverletzung dadurch begangen, dass es davon ausgegangen ist, die Antwort des [X.] auf eine Anfrage des Finanzamts vom 17. April 1936 habe das Datum 8. Mai 1936 (und nicht 2. Mai 1936) getragen und habe sich mit dem schätzenden [X.] 1935 vom 7. Mai 1936 gekreuzt. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, die Antwort der [X.] auf eine Anfrage des Finanzamts vom 17. April 1936 habe das Datum 8. Mai 1936 getragen, musste ein gewissenhafter und kundiger [X.] schon deswegen ohne ausdrücklichen Hinweis mit einer solchen Wertung der Akten durch das Verwaltungsgericht rechnen, weil sich in der beigezogenen "Akte 13121 [X.], D. Nr. 21" ein Antwortschreiben mit diesem Datum befindet. Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, das Schreiben vom 8. Mai 1936 und der schätzende [X.] hätten sich gekreuzt, war ebenfalls kein richterlicher Hinweis an die [X.]eteiligten erforderlich. Denn diese Information ist in dem Einspruchsschreiben vom 19. Mai 1936 enthalten, welches sich ebenfalls bei der "Akte 13121 [X.], D. Nr. 21" befindet.

9

Ein Gehörsverstoß, der zur Zulassung der Revision führen muss, ist schließlich nicht deswegen anzunehmen, weil sich nicht nur ein Antwortschreiben des [X.] auf eine Anfrage des Finanzamts vom 17. April 1936 mit dem Datum 8. Mai 1936 bei den Akten befindet, sondern außerdem ein gleichlautendes Antwortschreiben, welches das Datum 2. Mai 1936 trägt, und der Kläger letzteres zur [X.]ekräftigung seiner Argumentation in Kopie zur Gerichtsakte gereicht hat ([X.]). Insoweit ist ein Verstoß gegen den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör von diesem schon nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Zur ordnungsgemäßen [X.]ezeichnung eines Gehörsverstoßes ist es nämlich nicht nur erforderlich, die Gesichtspunkte genau zu benennen, wegen derer das Verwaltungsgericht Gehör hätte gewähren müssen. Es muss darüber hinaus auch vorgetragen werden, was bei ausreichender Gehörsgewährung konkret vorgetragen worden wäre und inwiefern der konkrete weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. März 1991 - 9 [X.] - [X.] 310 § 104 VwGO Nr. 25). Die [X.]eschwerde benennt schon nicht, dass es gleichlautende Antwortschreiben mit unterschiedlichen Daten in den beigezogenen Akten gibt. Sie thematisiert darüber hinaus nicht, was vorgetragen worden wäre, hätte das Verwaltungsgericht auf diesen Umstand hingewiesen, und wie sich dieser Vortrag für den Kläger im Prozess hätte günstig auswirken können. Im Übrigen liegt insoweit auch kein Gehörsverstoß vor. Denn das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil nicht auf das Datum des [X.] abgestellt. Es hat dieses Datum lediglich verwendet, um das Schreiben zu bezeichnen.

2. Die Revision ist nicht wegen eines Verstoßes gegen die Verpflichtung des [X.] zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zuzulassen. Die [X.]eschwerde hat einen Verstoß des [X.] gegen seine Amtsermittlungspflicht nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise bezeichnet. Insoweit ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s die Darlegung erforderlich, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche [X.]eweismittel zu welchen [X.]eweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese [X.]eweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das angegriffene Urteil unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann, und dass die Nichterhebung der [X.]eweise vor dem [X.] rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene [X.]eweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 26. November 2013 - 8 [X.] 20.13 - [X.] 2014, 48). Daran fehlt es hier.

a) Das Verwaltungsgericht hat seine Amtsermittlungspflicht nicht dadurch verletzt, dass es nicht vollständig ermittelt hat, "welche Grundstücke zur [X.] gehören". Die [X.]eschwerde benennt insoweit schon keine konkrete Tatsache, die das Gericht hätte ermitteln sollen, oder ein [X.]eweismittel, was zur Ermittlung dieser Tatsache geeignet gewesen wäre. Soweit sie sich auf ein Schreiben der [X.] vom 9. August 2010 bezieht, konnte das Gericht schon deswegen nicht zu seiner [X.]eiziehung verpflichtet sein, weil dieses bereits mit Schreiben der [X.]eklagten vom 12. April 2016 zu den Akten gereicht und überdies an den Kläger übersandt worden war ([X.]. 104).

Soweit die [X.]eschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe den Tatbestand "dahin unvollständig ermittelt, dass die [X.] von [X.] an der [X.] nicht nur aus dem Mietwohngrundstück mit der Hausnummer ... bestehen, sondern dazu auch umfangreiches Land - und forstwirtschaftliches Vermögen - gehört", und insoweit weiter auf zwei Einsprüche vom 19. Mai 1936 der [X.]er gegen sie betreffende vorläufige [X.]e verweist, ist ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht ebenfalls nicht bezeichnet. [X.]eide Einsprüche vom 19. Mai 1936 befinden sich in Kopie in der vom Verwaltungsgericht beigezogenen "Akte 13121 [X.], D. Nr. 21". Weitere [X.] und [X.]eweismittel benennt die [X.]eschwerde nicht. Sie rügt vielmehr in der formalen Hülle der Verletzung der Amtsermittlungspflicht die Unrichtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in der Sache, was die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt des geltend gemachten [X.] Verfahrensfehler nicht rechtfertigen kann.

b) Soweit die [X.]eschwerde einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz darin erblickt, dass das Verwaltungsgericht

"nicht einmal den [X.] vom 7.05.1936 vollständig gelesen hat", unzutreffend davon ausgegangen sei, dass sich das Antwortschreiben des [X.]ankhauses vom 8. Mai 1936 mit dem schätzenden [X.] 1935 vom 7. Mai 1936 gekreuzt habe und meine, dass ein Einspruch gegen einen [X.] (stets) mit dem Ziel der korrekten niedrigeren Festsetzung dieses Wertes erfolge,

ist ein solcher Verstoß ebenfalls nicht ordnungsgemäß bezeichnet. In keinem Fall benennt die [X.]eschwerde eine konkrete [X.], die das Verwaltungsgericht hätte ermitteln sollen, ein insoweit zum [X.]eweis geeignetes [X.]eweismittel und warum sich weitere Ermittlungen dem Gericht hätten aufdrängen müssen. In der Sache wird vielmehr auch hier lediglich die Unrichtigkeit der Entscheidung gerügt.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil das Verwaltungsgericht, wie der Kläger meint, die [X.]indungswirkungen des Revisionsurteils vom 20. November 2014 - 5 C 39.13 - dadurch verletzt hat, dass es

dem Klägervortrag aus seinem Schriftsatz vom 6. August 2015 zur Einheitsbewertung nicht folge, "ins [X.]laue hinein" zu einem anderen Ergebnis komme und sich ausdrücklich verweigere, die Richtigkeit des Einheitswertes zu überprüfen.

In dem Urteil des [X.]s vom 20. November 2014 wird unter Rn. 24 lediglich ausgeführt, es erscheine nicht von vornherein ausgeschlossen, dass gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Schluss rechtfertigen, dass die betreffenden Flurstücke bei der Ermittlung des [X.]s außer [X.]etracht gelassen wurden. Damit ist die Auffassung des [X.], es dränge sich ihm aufgrund der nunmehr vorliegenden Erkenntnisgrundlage nicht auf, dass das Grundstück im Einheitswert des Unternehmens nicht enthalten war, ohne Weiteres vereinbar. Eine [X.]indung des [X.] hinsichtlich der Frage, ob gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die streitgegenständlichen Flurstücke nicht bei der Festsetzung des [X.]s 1935 berücksichtigt wurden, enthält die Entscheidung des [X.]s vom 20. November 2014 nämlich nicht. Sie verpflichtet das Verwaltungsgericht lediglich zur Anwendung eines bestimmten rechtlichen Maßstabs, den dieses in seiner Entscheidung auch zugrunde gelegt hat. Der Kläger rügt der Sache nach lediglich eine fehlerhafte Anwendung des genannten rechtlichen Maßstabs. Das genügt schon nicht, um eine Verletzung der [X.]indungswirkung des Revisionsurteils vom 20. November 2014 durch das verwaltungsgerichtliche Urteil zu bezeichnen.

4. Die Revision ist schließlich nicht wegen des vom Kläger gerügten Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) zuzulassen. Nach § 108 Abs. 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder [X.]eweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und [X.]eweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung ist deshalb nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein [X.]eteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn es nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 17. Mai 2011 - 8 [X.] 88.10 - juris; Urteil vom 30. August 2012 - 8 C 5.11 - [X.] 428 § 1 Abs. 1 VermG Nr. 28 = [X.] 2012, 361). Die [X.]eweiswürdigung des [X.]s darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen (stRspr; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 8. April 2008 - 9 [X.] 13.08 - [X.] 451.29 Schornsteinfeger Nr. 44 Rn. 10).

a) Das Verwaltungsgericht hat § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht dadurch verletzt, dass es "entgegen den sich wiederholenden Hinweisen des [X.]s" bemerkt, "der Einheitswert habe im [X.] generell und im konkreten Fall keine Rolle" gespielt. Der Kläger rügt mit diesem Vortrag wiederum nur, dass die angegriffene Entscheidung in der Sache fehlerhaft ist. Das kann der allein auf das Vorliegen von Verfahrensfehlern gestützten [X.]eschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

b) Das Verwaltungsgericht hat die Grundsätze der Denklogik nicht dadurch verletzt, dass es angenommen hat, die [X.] seien in dem schätzenden [X.] vom 7. Mai 1936 überwiegend nicht und in dem auf einen um 26 300 RM geringeren [X.]etrag lautenden [X.] vom 25. Mai 1937 insgesamt berücksichtigt worden. Die vom Verwaltungsgericht insoweit angenommene Erklärung, das [X.]etriebsvermögen des [X.] sei insgesamt zunächst im Wege der Schätzung viel zu hoch angesetzt gewesen und in dem [X.]escheid vom 25. Mai 1937 so viel niedriger angesetzt worden, dass der Einheitswertzuwachs durch die [X.]erücksichtigung aller [X.] überkompensiert worden sei, ist denklogisch möglich.

5. Soweit die [X.]eschwerde der Sache nach [X.] sollte, die Annahme des [X.], es sei denkbar, dass der Einspruch gegen den [X.] 1935 vom 19. Mai 1936 auf eine Herabsetzung des [X.] gezielt habe, sei aktenwidrig oder verstoße gegen das Willkürverbot, kann dem nicht gefolgt werden. In dem Einspruch des Rechtsvorgängers des [X.] vom 19. Mai 1936 gegen den [X.] vom 11. Mai 1936 wird der Wert der [X.] G.straße ... und [X.] ... mit 128 142 RM angegeben und weiter ausgeführt, dass dieser Wert nach den neuen Einheitsbewertungen noch geringer sei. Dieser Wert deckt sich in etwa mit dem Gesamtwert der beiden Grundstücke zum 1. Januar 1935 nach den nunmehr vorliegenden [X.]. Dieser Wert liegt erheblich unter dem in der Vermögenssteuer-[X.]ilanz 1935 angegebenen Wert der [X.] zum 1. Januar 1931 von insgesamt 324 873 RM (einschließlich des Grundstücks [X.] mit 5 600 RM). Ferner wendet sich der Einspruch vom 19. Mai 1936 gegen die [X.]erücksichtigung der zugunsten des [X.]ankhauses bestehenden Grundschuld in Höhe von 4 000 RM; insoweit zielte der Einspruch zwangsläufig auf eine Verringerung des [X.]. Auch vor diesem Hintergrund verstößt die Annahme des [X.], eine [X.]erücksichtigung der beiden Grundstücke im geänderten [X.] vom 25. Mai 1937 sei jedenfalls nicht ausgeschlossen, weder gegen Denkgesetze noch gegen das Willkürverbot noch widerspricht sie offensichtlich der Aktenlage.

6. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass bei der endgültigen Festsetzung des [X.] mit [X.]escheid vom 25. Mai 1937 die Arisierung des [X.]ankhauses mit dem [X.] vom 29. April 1937, mit dem der Rechtsvorgänger des [X.] seine [X.]erposition verloren hat, abgeschlossen war ([X.]). Die [X.]eschwerde hat indes gegen die Verwertung des [X.]escheides vom 25. Mai 1937 durch das Verwaltungsgericht etwa unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit mit § 2 Satz 2 NS-VEntschG keine Zulassungs[X.] erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

8 B 63/16

13.07.2017

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Dresden, 25. Mai 2016, Az: 6 K 133/15, Urteil

Art 103 Abs 1 GG, § 86 Abs 1 S 1 VwGO, § 108 Abs 1 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, § 2 S 4 NS-VEntschG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.07.2017, Az. 8 B 63/16 (REWIS RS 2017, 8025)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8025

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 C 39/13 (Bundesverwaltungsgericht)

NS-Verfolgung; Einzelentschädigung für ein Betriebsgrundstück; zum Merkmal des "Berücksichtigtwerdens" im Sinne des § 2 Satz …


5 B 36/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Ausgleichsleistungen; Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde


5 B 19/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Entschädigung für nicht restituierbares Grundvermögen; Feststellung des Einheitswerts


8 B 106/09 (Bundesverwaltungsgericht)

Vermögensrechtliche Berechtigung bei gestufter Beteiligung; rechtliches Gehör


8 B 105/09 (Bundesverwaltungsgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.