Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.03.2018, Az. IV ZR 353/16

4. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 11905

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Gegenstand

Fondsgebundene Lebensversicherung: Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nach Widerspruch


Leitsatz

Bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. muss sich der Versicherungsnehmer auch erhebliche oder vollständige Fondsverluste bereicherungsmindernd anrechnen lassen (Fortführung des Senatsurteils vom 11. November 2015, IV ZR 513/14).

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.] - 8. Zivilsenat - vom 24. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 18.692,27 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die klagenden Eheleute begehren von dem beklagten Versicherer aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge zweier fondsgebundener Lebensversicherungen.

2

Diese wurden jeweils mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2005 im so genannten [X.] gemäß § 5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erhielten die Kläger keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F.

3

Die Kläger leisteten in der Folgezeit die [X.] in Höhe von je 10.000 €, die die Beklagte nach Abzug von Risiko-, Abschluss- und Verwaltungskosten in dem von den Klägern bei Antragstellung jeweils gewählten Fonds anlegte. Mit Schreiben vom 25. Juni 2010 kündigte die Beklagte die Verträge, da der Fonds liquidiert worden und der aktuelle Depotwert daher unter den bedingungsgemäßen [X.] auf 0 € gesunken sei.

4

Die Kläger erklärten mit Schreiben vom 19. Dezember 2014 den Widerspruch nach § 5a [X.] a.F., den die Beklagte zurückwies.

5

Mit ihrer Klage verlangen die Kläger Rückzahlung ihrer auf die Verträge geleisteten Beiträge abzüglich der darauf entfallenden Risikokosten nebst Rechtshängigkeitszinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

6

Nach ihrer Auffassung hat der Versicherer nach Erklärung des Widerspruchs bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung im Rahmen des Bereicherungsausgleichs das Totalverlustrisiko der Anlage zu tragen.

7

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] sie abgewiesen, soweit die Beklagte über die von ihr einbehaltenen Abschluss- und Verwaltungskosten nebst Zinsen hinaus zur Zahlung verurteilt worden ist. Mit ihrer Revision erstreben die Kläger insoweit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat keinen Erfolg.

9

I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung in Höhe des dem Fonds zugeführten Prämienanteils verneint. Der Versicherer könne sich nach der Rechtsprechung des [X.]s ([X.]surteile vom 11. November 2015 - [X.], [X.], 20 Rn. 35-37; vom 1. Juni 2016 - [X.], [X.], 973 Rn. 25) hinsichtlich der Verluste, die sich aus der vereinbarungsgemäßen Anlage des Sparanteils der Prämien in Fonds ergäben, jedenfalls dann auf Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, wenn die Verluste nur einen geringen Teil der Sparanteile ausmachten. Aber auch im Falle eines Totalverlustes der Sparanteile der Prämien stehe einer Berufung des Versicherers auf die sich nach nationalem Recht ergebende Entreicherung das europarechtliche Effektivitätsgebot nicht entgegen. Es sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] (NJW 2010, 1511 Rn. 49) europarechtlich unbedenklich, einem Verbraucher jene Risiken zuzuweisen, die unmittelbar mit der gewählten Kapitalanlage verbunden seien. Um genau diese Risiken gehe es beim Totalverlust des [X.]. Der Verstoß des Versicherers gegen seine Belehrungspflicht werde dadurch hinreichend sanktioniert, dass dem Versicherungsnehmer ein zeitlich unbefristetes Lösungsrecht zustehe. Bereits hierdurch werde dem Effektivitätsgebot Rechnung getragen.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Kläger - deren Widerspruchsrecht mangels ordnungsgemäßer Belehrung ungeachtet des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. fortbestand (vgl. [X.]surteil vom 7. Mai 2014 - [X.], [X.], 101 Rn. 17-34) - können nicht die Rückzahlung der von der [X.] in den Fonds investierten Sparanteile der Prämien gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen.

1. Allerdings hat die Beklagte, anders als die Revisionserwiderung meint, auch hinsichtlich der Sparanteile im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB etwas erlangt. Ein Bereicherungsanspruch der Kläger entfällt nicht schon dadurch, dass die Beklagte die Sparanteile nach den Vorgaben der Kläger angelegt hat. Dies ändert nichts daran, dass die Zahlungen der Kläger eine Vermögensmehrung der [X.] bewirkten (vgl. auch Armbrüster, NJW 2015, 3065, 3067; [X.], [X.], 105, 113). Die Verpflichtung zur Herausgabe des [X.] erstreckt sich nach herrschender Meinung nicht auf das, was der [X.] durch besonderen Vertrag an Stelle des ursprünglich [X.] einhandelt. Der [X.] hat in einem solchen Fall vielmehr gemäß § 818 Abs. 2 BGB lediglich den objektiven Wert des erlangten Gegenstandes zu ersetzen (vgl. [X.], Urteil vom 10. Mai 2006 - [X.], [X.]Z 167, 312 Rn. 39 m.w.[X.]).

2. Entgegen der Auffassung der Revision greift aber der von der [X.] erhobene Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB durch. Die Kläger müssen sich [X.] anrechnen lassen, dass der Fonds, in dem die Sparanteile der von ihnen gezahlten Prämien angelegt worden sind, Verluste erwirtschaftet hat.

a) Vermögensnachteile des [X.]s sind nur berücksichtigungsfähig, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquat-kausal auf der Bereicherung beruhen ([X.]surteile vom 29. Juli 2015 - [X.], [X.], 435 Rn. 42 und [X.], [X.], 438 Rn. 47; jeweils m.w.[X.]). Die [X.] sind insoweit adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen der Kläger entstanden, als die Sparanteile der Prämien vereinbarungsgemäß in dem Fonds angelegt worden sind (vgl. [X.]surteil vom 11. November 2015 - [X.], [X.], 20 Rn. 36).

b) Weiterhin kommt es in Fällen bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung von nicht zustande gekommenen oder unwirksamen Verträgen darauf an, inwieweit das jeweilige [X.] nach den Vorschriften zu dem fehlgeschlagenen Geschäft oder nach dem Willen der [X.] jeweils der einen oder anderen [X.] zugewiesen sein sollte ([X.], Urteile vom 5. März 2015 - [X.], NJW-RR 2015, 677 Rn. 15; vom 6. Dezember 1991 - [X.], [X.]Z 116, 251, 256 [juris Rn. 30]; jeweils m.w.[X.]).

aa) Das Verlustrisiko aus der Anlage der Sparanteile kann - wie der [X.] bereits mit Urteil vom 11. November 2015 ([X.], [X.], 20 Rn. 37) entschieden hat - nicht mit Blick darauf, dass der Lebensversicherungsvertrag nach dem wirksam erklärten Widerspruch rückwirkend (ex tunc) und nicht erst ab der Widerspruchserklärung (ex nunc) rückabzuwickeln ist, dem Versicherer auferlegt werden. Im Falle der Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sind die [X.] erlangten Leistungen grundsätzlich ab dem Zeitpunkt ihres Erhalts zurückzugewähren. Danach sind bei der Rückabwicklung eines von Anfang an nicht wirksam zustande gekommenen Versicherungsvertrages sämtliche gezahlten Prämien zu erstatten. Nach dem zum Ausdruck kommenden Willen der Vertragsparteien ist das Verlustrisiko hier den Klägern zugewiesen. Bei der fondsgebundenen Lebensversicherung entscheidet sich der Versicherungsnehmer für ein Produkt, bei dem die Höhe der Versicherungsleistung - abgesehen von der Todesfallleistung - nicht von vorneherein betragsmäßig festgelegt ist, sondern vom schwankenden Wert des Fondsguthabens abhängt. Die - mit Gewinnchancen, aber auch mit Verlustrisiken behaftete - Kapitalanlage ist für den Versicherungsnehmer neben der Risikoabsicherung ein wesentlicher Gesichtspunkt, wenn er sich für eine fondsgebundene Lebensversicherung entscheidet. Dies rechtfertigt es grundsätzlich, ihm das Verlustrisiko zuzuweisen, wenn der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande kommt und rückabgewickelt werden muss ([X.]surteil vom 11. November 2015 aaO).

Dem steht der mit der richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers nicht entgegen. Dem europarechtlichen Effektivitätsgebot widerspricht es nicht, wenn der Versicherungsnehmer auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. dem Zustandekommen des Versicherungsvertrages widersprechen kann, aber [X.] tragen muss. Dies hat der [X.] bereits für den Fall entschieden, dass die Verluste nur einen geringen Teil der Sparanteile ausmachen ([X.]surteil vom 11. November 2015 aaO Rn. 37).

bb) Nichts anderes gilt, wenn die [X.] mehr als nur einen geringen Teil der Sparanteile der Versicherungsprämien ausmachen oder sogar ein Totalverlust in Rede steht (so auch Armbrüster, NJW 2015, 3065, 3067; [X.], NJW 2016, 1357, 1358 f.; [X.], [X.], 266, 268). Auch bei dieser Konstellation ist es mit dem europarechtlichen Effektivitätsgebot vereinbar, dem nicht oder nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrten Versicherungsnehmer das [X.] nach der nationalen Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB zuzuweisen.

(1) Der europarechtliche Grundsatz der Effektivität verlangt, dass die innerstaatliche Rechtsordnung die Durchsetzung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren darf (vgl. nur [X.], 431 Rn. 32; [X.] 2016, 435 Rn. 32; jeweils m.w.[X.]). Demgemäß darf die Anwendung einer nationalen Vorschrift - wie hier des § 818 Abs. 3 BGB - die Wirksamkeit und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen ([X.]surteil vom 16. Juli 2014 - [X.], [X.]Z 202, 102 Rn. 42 m.w.[X.]). Die Auslegung des innerstaatlichen Rechts ist hierbei ausschließlich Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten, die prüfen müssen, ob eine einschlägige nationale Regelung dem Erfordernis der Effektivität genügt ([X.] [X.] 2010, 190 Rn. 49 m.w.[X.]).

(2) Selbst bei erheblichen oder vollständigen [X.]n beeinträchtigt die Anwendung des in § 818 Abs. 3 BGB normierten Grundsatzes des Wegfalls der Bereicherung, der seinerseits auch zur Unionsrechtsordnung gehört (vgl. [X.] [X.] 1998, 603 Rn. 31; vgl. auch [X.] NJW 1984, 2024, 2026), weder die Wirksamkeit noch die einheitliche Anwendung der - hier maßgeblichen - Richtlinie 2002/83/[X.] und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen ([X.] L 345 S. 1; fortan: Richtlinie Lebensversicherung). Dem nicht oder nicht ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmer wird die Ausübung des Widerspruchsrechts auf der Grundlage der richtlinienkonformen Auslegung gemäß dem [X.]surteil vom 7. Mai 2014 ([X.] - [X.], 101 Rn. 17 ff.) nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert, wenn er im Rahmen der Rückabwicklung des Vertrages bei ungünstiger Fondsentwicklung entsprechende Verluste hinnehmen muss.

(a) Hierdurch wird der Zweck der Richtlinie Lebensversicherung, eine genaue Belehrung des Versicherungsnehmers über sein Lösungsrecht vor Abschluss des Vertrages sicherzustellen (vgl. [X.] VersR 2014, 225 Rn. 25), nicht berührt. Die Richtlinie Lebensversicherung verfolgte nach ihrem 52. Erwägungsgrund - wie schon die [X.]/[X.] vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der [X.]/[X.] und 90/619/[X.] (Dritte Richtlinie Lebensversicherung, [X.] [X.]) nach deren 23. Begründungserwägung - das Ziel, dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages die Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auswählen und dadurch die ihm zur Verfügung stehende größere Auswahl von Verträgen im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts voll nutzen zu können ([X.] VersR 2002, 1011 Rn. 20). Im Hinblick auf diese mit der Richtlinie Lebensversicherung angestrebte informierte Produktauswahl stellte ihr Art. 36 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Buchstabe A Nr. a.13 sicher, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht genau zu belehren war (vgl. [X.] VersR 2014, 225 Rn. 25).

Die mögliche Verwirklichung der mit einer Kapitalanlage verbundenen wirtschaftlichen Risiken steht der mit der Richtlinie Lebensversicherung erstrebten selbstbestimmten und bedarfsadäquaten Vertragsentscheidung nicht entgegen (so auch [X.], NJW 2016, 1357, 1359). Weder die Richtlinie Lebensversicherung selbst noch das durch sie vorgegebene [X.] bezweckten, den Versicherungsnehmer vor den allgemeinen Risiken zu schützen, die mit der von ihm im Zusammenhang mit der Lebensversicherung gewählten Kapitalanlage verbunden sind und unter anderem darin bestehen können, dass sich die Anlage ungünstiger entwickelt als erhofft. Der Versicherer genügte seinen durch Anhang III Buchstabe A Nrn. a.11 und a.12 der Richtlinie Lebensversicherung vorgegebenen Informationspflichten bei fondsgebundenen Versicherungen nach Anlage D Abschnitt I Nr. 2 Buchstabe e zum [X.] in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung des [X.] ([X.]) bereits durch Angaben über den der Versicherung zugrunde liegenden Fonds und die Art der darin enthaltenen Vermögenswerte. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur allgemeinen Beratung des Versicherungsnehmers über das Risiko eines finanziellen Misserfolgs einer derartigen Anlage erlegte die Richtlinie Lebensversicherung dem Versicherer nicht auf ([X.], Urteil vom 13. Juni 2013 - [X.]. [X.]/12, Rn. 34, 67 ff.). Die Gefahr, dass sich seine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, soll wie üblich der Verbraucher selbst tragen (vgl. [X.], Urteil vom 21. März 2006 - [X.], [X.], 982 Rn. 12; Zaprianos, Die Rückabwicklung der [X.] nach Ausübung des Widerrufsrechts, 2016 S. 321 f.).

(b) Dem Versicherungsnehmer solche Risiken zuzuweisen, die untrennbar mit einer von ihm gewählten Kapitalanlage verbunden sind, begegnet auch nicht deshalb unionsrechtlichen Bedenken, weil bei unterbliebener oder unzureichender Widerspruchsbelehrung allein eine Rückwirkung des Lösungsrechts dem Effektivitätsgebot entspricht (vgl. dazu [X.]surteil vom 7. Mai 2014 - [X.], [X.], 101 Rn. 42). Dies gebietet es nicht, dem Versicherer aus [X.] die Berufung auf eine - tatsächlich eingetretene - Entreicherung zu versagen. Die Rückwirkung bedeutet nur, dass das Geschäft zum Schutz des Versicherungsnehmers als von Anfang an unwirksam behandelt und daher nach bereicherungsrechtlichen Maßstäben rückabgewickelt werden muss, besagt aber nichts dazu, ob im Rahmen dieser Rückabwicklung - abweichend von den nationalen gesetzlichen Bestimmungen - dem Versicherer die Berufung auf den Grundsatz der Entreicherung versperrt ist. Das fordert auch das Gemeinschaftsrecht nicht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] widerspricht eine nationale Regel, die - wie hier § 818 Abs. 3 BGB - entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts für einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten eines rückabzuwickelnden Geschäfts sorgen soll, dem Unionsrecht auch dann nicht, wenn die Ausübung eines durch eine Richtlinie vorgegebenen [X.]s eine Wiederherstellung der ursprünglichen Situation bewirken soll (vgl. [X.] [X.] 2014, 223 Rn. 61). Dies gilt selbst dann, wenn dies bei einer Kapitalanlage zur Folge hat, dass der Verbraucher weniger als den Wert seiner Einlage zurückerhält ([X.] NJW 2010, 1511 Rn. 50).

(c) Einer gerechten Risikoverteilung widerspräche vielmehr eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien im Fall eines erheblichen oder vollständigen [X.]s, weil dies zu einem Ungleichgewicht innerhalb der [X.] führte (vgl. bereits [X.]surteil vom 7. Mai 2014 - [X.], [X.], 101 Rn. 45). Könnte sich der Versicherungsnehmer, dem nach der Rechtsprechung des [X.]s im Falle der Rückabwicklung etwaige Fondsgewinne zustehen, seines [X.] bei gesunkenem [X.] jederzeit nachträglich einseitig entledigen, würde die Kapitalbasis des Versicherers zu Lasten jener Mitglieder der Versichertengemeinschaft geschwächt, deren Versicherungsleistung auch vom Geschäftsergebnis des Versicherers abhängt (vgl. Armbrüster, NJW 2015, 3065, 3067; vgl. auch [X.], [X.], 398, 400). Dies wäre unvereinbar mit dem für das Versicherungsrecht typischen Grundgedanken einer Risikogemeinschaft und damit des Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen aller Versicherungsnehmer (vgl. [X.]surteil vom 12. Oktober 2005 - [X.], [X.]Z 164, 297, 322 [juris Rn. 60]; [X.] 114, 73, 102 f.; vgl. auch [X.]surteile vom 24. März 2010 - [X.], [X.]Z 185, 83 Rn. 22 und [X.], [X.], 801 Rn. 20; vom 8. Juni 1983 - [X.], [X.]Z 87, 346, 357 [juris Rn. 32]). Zudem führte dies zu einer finanziell günstigeren Lage nicht oder unzureichend [X.] Versicherungsnehmer und damit zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung mit den Versicherungsnehmern, die über ihr Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrt wurden und deren [X.] daher zeitlich begrenzt war (vgl. auch Generalanwältin beim [X.], Schlussanträge vom 8. September 2009 - [X.]/08, BeckRS 2009, 71004 Rn. 100).

Hingegen ermöglichen es die innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Bereicherungsrechts im Sinne eines vernünftigen Risikoausgleichs, einerseits dem Versicherungsnehmer den mit der Anlage des Sparanteils in Fonds erzielten Gewinn als vom Versicherer gezogene Nutzung zukommen zu lassen ([X.]surteile vom 11. November 2015 - [X.], [X.], 20 Rn. 51 f.; vom 1. Juni 2016 - [X.], [X.], 275 Rn. 27), ihm andererseits aber auch die Folgen zuzuweisen, die sich aus den Risiken der von ihm gewählten Anlageform unmittelbar ergeben. Nur eine solche Risikoverteilung vermeidet eine grundlegende Störung des Äquivalenzverhältnisses des fehlgeschlagenen Geschäfts zu Lasten der [X.] und verwehrt dem Versicherungsnehmer eine risikofreie Spekulation dergestalt, dass er die Gewinnchance nutzt und [X.] im Nachhinein zu Lasten der Versichertengemeinschaft beseitigt (so auch Armbrüster, [X.], 513, 521; [X.], [X.], 266, 268; vgl. auch [X.], NJW 2016, 1357, 1359).

(d) Wie die Revisionserwiderung zu Recht hervorhebt, entspricht es auch im Übrigen unionsrechtlichen Grundsätzen, einem Anleger durch Verbraucherschutzbestimmungen nicht die Möglichkeit einzuräumen, während der Dauer des Bestehens eines [X.]s die Entwicklung des von ihm erworbenen Finanzprodukts zu beobachten und entweder einen aus einer Kurssteigerung sich ergebenden Gewinn zu vereinnahmen oder, bei ungünstiger Entwicklung, von seinem Lösungsrecht Gebrauch zu machen und so den Eintritt eines Verlustes in jedem Fall zu vermeiden. Dies zeigt der durch Art. 6 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 2002/65/[X.] und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/[X.] und der [X.] und 98/27/[X.] ([X.] L 271 S. 16) vorgegebene Ausschluss des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen über die Erbringung von Finanzdienstleistungen, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Anbieter keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Daraus wird deutlich, dass auch die Unionsrechtsordnung Spekulationen des Verbrauchers mittels eines [X.]s vorbeugen möchte (vgl. insoweit Begründung der [X.] zum Richtlinienvorschlag, [X.]) 468 endg. [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 27. November 2012 - [X.], [X.]Z 195, 375 Rn. 24; [X.]/[X.], 7. Aufl. § 312g Rn. 39 m.w.[X.]).

cc) Auch die Rüge der Revision, die Kläger seien durch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der [X.] und die Verbraucherinformation lediglich über eine mögliche Wertminderung der gewählten Anlage durch Kursrückgänge und jedenfalls nicht ausdrücklich auch über die Möglichkeit eines Totalverlusts der Anlage aufgeklärt worden, dringt nicht durch. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung durch den [X.], ob dieser Gesichtspunkt überhaupt geeignet wäre, zu einer Verlagerung des [X.]s auf den Versicherer zu führen. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen - und für das weitere Verfahren bindenden (vgl. [X.], Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11 f. m.w.[X.]) - Feststellungen des [X.] sind die Kläger bei der Wahl der Anlageform auf die mit ihr verbundenen erheblichen Risiken, unter anderem auch auf das Risiko des Totalverlustes hingewiesen worden.

III. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der [X.] gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. [X.] Slg 1982, 3415 Rn. 21 - [X.]; [X.]. 2015, 1152 Rn. 43 - [X.], m.w.[X.]). Der Streit darüber, ob sich der Versicherer gegenüber einem nicht oder nicht ordnungsgemäß über sein [X.] belehrten Versicherungsnehmer einer fondsgebundenen Versicherung wegen erheblicher [X.] auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, wirft keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts auf, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.

[X.]     

      

[X.]     

      

Lehmann

      

Dr. Brockmöller     

      

Dr. Bußmann     

      

Meta

IV ZR 353/16

21.03.2018

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Nürnberg, 24. Oktober 2016, Az: 8 U 750/16

§ 5a Abs 2 S 4 VVG vom 02.12.2004, § 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB, § 818 Abs 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.03.2018, Az. IV ZR 353/16 (REWIS RS 2018, 11905)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 867-868 WM2018,774 REWIS RS 2018, 11905


Verfahrensgang

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Az. IV ZR 353/16

Bundesgerichtshof, IV ZR 353/16, 21.03.2018.


Az. 8 U 750/16

OLG Nürnberg, 8 U 750/16, 24.10.2016.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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