Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2014, Az. IV ZR 260/11

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 199

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 260/11

Verkündet am:

17. Dezember 2014

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

[X.] a. F. (Fassung vom 21. Juli 1994, gültig vom 29. Juli 1994 bis zum 7.
Dezember 2004), § 8 Abs. 5 Satz 4; [X.] Art. 15 Abs. 1 Satz
1; [X.]/92 Art. 31 Abs. 1

Die in § 8 Abs. 4
Satz 4 und Abs. 5 Satz 4 [X.] a.F. getroffene Regelung, nach wel-cher auch bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung des Versicherungsnehmers über sein jeweiliges Lösungsrecht dieses einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, ist richtlinienkonform einschränkend dahin auszulegen, dass sie im Bereich der Lebens-
und Rentenversicherung und der Zusatzversicherung zur [X.] nicht anwendbar ist, hingegen auf die übrigen von § 8 [X.] a.F. erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet (Fortführung von [X.], Urteil vom 7.
Mai 2014 -
[X.], [X.]Z 201, 101).

[X.], Urteil vom 17. Dezember 2014 -
IV ZR 260/11 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin
[X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2014

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin
wird das Urteil der 7. Zivil-kammer des [X.] vom 11. No-vember 2011
aufgehoben und die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin
begehrt von dem beklagten Versicherer
Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.

Diese wurde mit Vertragsbeginn zum
1. Dezember 2000
abge-schlossen. Die Belehrung
über das Recht zum Rücktritt bzw. Widerruf
befand sich am Ende des Antragsformulars innerhalb eines insgesamt im Fettdruck gehaltenen,
mit "Wichtige Hinweise"
überschriebenen Textblo-ckes
zwischen Hinweisen zur Schweigepflichtentbindung und Datenver-arbeitung und einem Verweis auf die auf der Folgeseite abgedruckten
Hinweise und Erklärungen
zur Unfallversicherung.
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3
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Im Oktober 2005
kündigte
die Klägerin
den Vertrag,
und der [X.] zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2009
erklärte sie schließlich
den Widerspruch "gemäß
§
5a [X.] a.F."

Mit ihrer Klage verlangt sie die Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst 7% Zinsen als Ausgleich für aus den Prämien gezogene Nutzungen. Abzüglich des bereits ausgezahlten Rückkaufs-werts
hat sie daraus einen Betrag von insgesamt 4.582,84

den die Beklagte in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Vertragsbeginn
zu verzinsen habe.

Nach ihrer Auffassung
war die erteilte Belehrung drucktechnisch nicht hinreichend hervorgehoben. Hinzu kämen inhaltliche Defizite.
Dies führe zu einem zeitlich unbeschränkten Widerspruchsrecht, da die ge-setzlich vorgesehene zeitliche
Begrenzung Unionsrecht widerspreche.

Das Amtsgericht
hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin
das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

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4
-

I. Dieses hat einen
Prämienrückerstattungsanspruch aus § 812 BGB oder einem anderen Rechtsgrund verneint. Offen lassend, ob we-gen Vertragsschlusses nach dem [X.] die Voraussetzungen des § 5a [X.] a.F. vorliegen, geht das Berufungsgericht davon aus,
die Klägerin
sei
ordnungsgemäß belehrt
worden und habe sowohl die Wider-spruchsfrist des § 5a Abs.
1, 2 [X.] a.F.
als auch die Rücktrittsfrist des §
8 Abs. 5 [X.] a.F., überdies die Fristen aus § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. und § 8 Abs. 5 Satz 4 [X.] a.F. versäumt.

[X.] Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Anders als das Berufungsgericht meint, folgt der Anspruch auf Prämienrückzahlung dem Grunde nach aus § 346 Abs. 1
BGB.

1. Entgegen der Revisionserwiderung ist der Rechtsstreit nicht be-reits zur Beantwortung
der Frage
an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen, ob der Versicherungsnehmerin das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F.

und damit eine Rückabwicklung nach §§ 812 ff. BGB

oder das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 [X.] (in der vom 29.
Juli 1994 bis 7.
Dezember 2004 geltenden Fassung
vom 21. Juli 1994

im Folgenden: a.F.)

und damit eine Rückabwicklung nach den §§ 346 ff. BGB
(K.
Johannsen in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 2.
Aufl. § 8 Rn. 56)

offen steht.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Vertragsschluss nach dem [X.] er-folgte, was dem bisherigen Vortrag der Beklagten entsprach und von der Klägerin im Revisionsverfahren hingenommen wird. § 8 Abs. 6 [X.] a.F. stellt für solche Fälle das Verhältnis zwischen § 5a Abs. 1 [X.] a.F. und 8
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§ 8 Abs. 4
und
5 [X.] a.F. klar. Danach findet hier § 8 Abs. 5 [X.] a.F. Anwendung, weil ein Vertragsschluss nach dem so genannten Policen-modell
nicht erfolgt und damit das Widerspruchsrecht aus § 5a
Abs. 1 Satz 1 [X.] a. F. nicht eröffnet ist.

2.
Infolge der
Ausübung des Rücktrittsrechts aus
§ 8 Abs.
5 [X.] a.F. durch die Klägerin
sind nach § 346 Abs. 1 BGB die empfangenen Leistungen dem Grunde nach zurück
zu
gewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

a) Die mit Schreiben vom 3. Dezember 2009 abgegebene Erklä-rung der Klägerin
ist
ungeachtet ihrer Bezeichnung als Widerspruch "gemäß §
5a [X.] a.F."
als Rücktrittserklärung nach § 8 Abs. 5 [X.] a.F. auszulegen. Entscheidend
ist, dass darin der unbedingte Wille zum
Aus-druck kommt, sich rückwirkend vom Vertrag lösen und die Rückzahlung sämtlicher Prämien geltend machen zu wollen.
Die Auslegung dieser
Erklärung kann
der [X.] selbst vornehmen, da die Aufklärung weiterer relevanter Umstände nicht zu erwarten ist (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Dezember 1997

V ZR 250/96, [X.], 1219 unter II 3 m.w.N.; [X.]/[X.], 4. Aufl. § 546 Rn. 10).

b) Der Rücktritt
ist rechtzeitig erklärt, obwohl zum Zeitpunkt der Erklärung die in § 8
Abs. 5
Satz 4 [X.] a.F.
normierte
Monatsfrist
abge-laufen war.

[X.]) Nach dem durch Bezugnahme auf die Vertragsunterlagen fest-gestellten Sachverhalt, der weitere Feststellungen nicht erwarten lässt, wurde die Klägerin
nicht ordnungsgemäß i.S.
von § 8 Abs. 5 Satz 3 [X.]
a.F.
belehrt. Soweit das Berufungsgericht von einer "ordnungsgemäßen 12
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Belehrung"
ausgeht, verhält es sich nur zum Zugang, nicht aber zur Form derselben.

Die im Antragsformular enthaltene Belehrung war nicht ausrei-chend drucktechnisch hervorgehoben und konnte deshalb die
Rücktritts-frist des § 8 Abs. 5 Satz 1 [X.] a.F. nicht
wirksam in Lauf setzen (vgl. §
8 Abs. 5 Satz 3 [X.] a.F.). Zwar war eine drucktechnische Hervorhe-bung der Belehrung vom Wortlaut des § 8 Abs. 5 [X.] a.F. (wie auch des
§ 8 Abs. 4 [X.] in der vom 1. Januar 1991 bis zum 28.
Juli 1994 gültigen Fassung) nicht ausdrücklich vorausgesetzt. Der [X.] hat aber bereits zu § 8 Abs. 4 [X.] a.F. klargestellt, dass die Belehrung
zur Erreichung ihres gesetzlichen Zweckes
inhaltlich möglichst umfassend, unmissver-ständlich und aus Sicht der Verbraucher eindeutig sein muss. Das erfor-dert eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trägt
und darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen
zu vermitteln ([X.]surteil vom 16. Okto-ber 2013

[X.], [X.], 1513 Rn. 14 m.w.N.).

Die der Klägerin
gegebene Belehrung genügt
diesen Anforderun-gen nicht. Sie ist inmitten eines Textblockes
abgedruckt, der weitere In-formationen, unter anderem über die Ermächtigung zur Entbindung von der Schweigepflicht, zur Datenverarbeitung
und zum Widerspruch in der Unfallversicherung,
enthält. Innerhalb dieses Textblockes
ist der Hinweis auf das Rücktrittsrecht
in keiner Weise drucktechnisch hervorgehoben.
Der
gesamte Textblock ist vielmehr fettgedruckt. Weder der Fettdruck noch die Stellung der Belehrung im Antragsformular reichen daher aus, um eine Kenntnisnahme des Versicherungsnehmers hiervon zu [X.]
(vgl. [X.]surteil vom 16. Oktober 2013

[X.] [X.]O Rn.
15).
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-

Schon wegen dieses Formmangels der Belehrung konnte die Rücktrittsfrist nach
§ 8 Abs. 5 Satz 3 [X.] a.F. nicht zu laufen beginnen.
Darauf, ob -
wie die Revision rügt -
die Belehrung darüber hinaus auch an inhaltlichen Defiziten litt, kommt es insoweit nicht mehr an.

bb) Der Wirksamkeit der Rücktrittserklärung steht auch nicht der Ablauf der für einen solchen Fall bestimmten
Frist aus §
8
Abs.
5
Satz
4 [X.] a.F.
entgegen,
nach welcher das Rücktrittsrecht bei unterbliebener Belehrung jedenfalls einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie er-lischt.
Diese Befristung ist unwirksam. Das Rücktrittsrecht der Klägerin
bestand mithin noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
8
[X.] a.F.
entsprechend den im [X.]surteil vom 7. Mai 2014 ([X.], [X.]Z 201, 101) dargelegten Grundsätzen.

(1) In dieser Entscheidung hat der [X.] die
Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F.
im Rahmen einer gespaltenen Auslegung (vgl. [X.]surteil vom 7. Mai 2014 [X.]O Rn.
28)
richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert, dass sie im Anwendungsbereich der Richtlinie 90/619/[X.]
(Zweite Richtlinie Lebensversicherung, [X.] L 330 S. 50) und der [X.]/[X.] (Dritte Richtlinie Lebensversicherung, [X.]
[X.] 1)
keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensver-sicherung
grundsätzlich ein Widerspruchsrecht unbefristet fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch
belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation 18
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8
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oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat
(im Einzelnen da-zu [X.]surteil vom 7. Mai 2014
[X.]O
Rn. 22-34).

(2) Für das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 [X.] a.F. kann nichts anderes gelten. Es macht keinen Unterschied, dass die Anwendung des § 8 Abs. 5 [X.] a.F. einen Vertragsschluss nach dem [X.], d.h. eine Übergabe der Versicherungsbedingungen und der Verbraucher-informationen bereits bei Antragstellung voraussetzt.
Entscheidend ist [X.], dass die Befristung des Rücktrittsrechts bei
Fehlen einer ordnungs-gemäßen Belehrung über das Recht zum Rücktritt im Ergebnis zu einer vertraglichen Bindung führen könnte, ohne dass dem Versicherungs-nehmer die Rücktrittsmöglichkeit
ordnungsgemäß zur Kenntnis gebracht wäre.
Diese Gefahr wird durch die Frist des § 8 Abs. 5 [X.] a.F. gegen-über der vom [X.] ([X.]O) beanstandeten Frist in § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. noch dadurch verschärft, dass das
Rücktrittsrecht aus
§ 8 Abs. 5 [X.] a.F. nicht erst ein
Jahr, sondern bereits einen
Monat nach [X.] der ersten Prämie
erlöschen sollte.
Für die von der Beklagten ange-regte Vorlage an den [X.] bestand kein Anlass, die Frage ist durch dessen Urteil vom 19.
Dezember 2013 ([X.], [X.], 225) hinreichend geklärt.

(3) Anders als die Beklagte

zuletzt mit Schriftsatz vom 12.
De-zember 2014

geltend gemacht hat, ergeben sich gegen eine Übertra-gung der vorgenannten Grundsätze auf die Regelung des § 8 Abs. 5 Satz 4 [X.] keine durchgreifenden Bedenken daraus, dass die richtli-nienkonforme Auslegung hier zum Wegfall dieser Befristung und damit zur vollständigen Aufhebung der in § 8 Abs. 5 Satz 4 [X.] a.F. getroffe-nen Regelung führt. Diese
war
lediglich ein für Lebensversicherungsver-träge geltender Teil einer für alle Versicherungsverträge angeordneten 22
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9
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Befristung des Rechts des Versicherungsnehmers, sich von der vertrag-lichen Bindung zu lösen.

§
8 [X.] a.F. erfasste alle nicht im [X.] geschlossenen Versicherungsverträge und regelte die insoweit bestehenden Lösungs-rechte
des Versicherungsnehmers

das Recht zum Rücktritt von [X.] (§
8 Abs.
5
[X.] a.F.) und das Recht zum Widerruf sonstiger Versicherungsverträge (§
8 Abs.
4
[X.] a.F.). Für alle diese Verträge sah §
8 [X.] a.F. vor, dass das jeweilige Lösungsrecht eines nicht ordnungsgemäß darüber belehrten Versicherungsnehmers
einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlöschen sollte. Einer sol-chen Frist stehen indes die vorgenannten
Lebensversicherungsrichtlinien bei Versicherungsverträgen
entgegen, die dem
Anwendungsbereich die-ser Richtlinien unterfallen. Eine richtlinienkonforme teleologische Reduk-tion ist hier insoweit möglich, als die Monatsfrist für den Rücktritt von Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Le-bensversicherung nicht angewendet wird, jedoch
bei sämtlichen anderen Versicherungsverträgen weiter gilt.

An einer solchen gespaltenen Auslegung ist der [X.] nicht dadurch gehindert,
dass §
8 Abs.
5 [X.] a.F. bei isolierter Betrachtung nur für im [X.] geschlossene Lebensversicherungsverträge galt. Die
Vorschrift ist vielmehr im Zusammenhang mit §
8 Abs.
4 [X.] a.F. zu sehen.

Die frühere Fassung des § 8 Abs. 4 [X.] vom 17. Dezember 1990 (gültig vom 1. Januar 1991 bis 28.
Juli 1994) erfasste alle [X.] und enthielt noch keine
von der Erteilung der Belehrung unabhängige Befristung des Widerrufsrechts. Durch Art. 15 Abs.
1 der 24
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10
-

[X.] Richtlinie Lebensversicherung, der für die Lebensversicherung ein zwischen 14 und 30 Tagen zu bemessendes Rücktrittsrecht vorsah, wurde der Gesetzgeber zu einer Neuregelung veranlasst, die in Anse-hung des Rechts des Versicherungsnehmers, sich vom Vertrag zu lösen, zwischen [X.] und sonstigen Versicherungen unterschied. Da der Gesetzgeber eine kumulative Begründung von Wi-derrufs-
und Rücktrittsrecht in der Lebensversicherung sachlich weder für geboten noch vertretbar hielt, nahm er die Lebensversicherung aus dem Anwendungsbereich des Widerrufsrechts heraus und sah in §
8 Abs.
5 [X.] a.F. zur Umsetzung der Vorgabe aus Art. 15 Abs. 1 der [X.] Lebensversicherungsrichtlinie (BT-Drucks. 12/6959 [X.]) ein Rücktrittsrecht vor. Mit dem Dritten Durchführungsgesetz/[X.] zum [X.], das vor allem auch der Umsetzung der [X.] diente
(BT-Drucks. 12/6959 S. 1), wurden wortgleich die beiden Ausschlussfristen in § 8 Abs. 4 Satz 4 und § 8 Abs. 5 Satz 4 [X.] eingeführt (BT-Drucks. 12/6959 S. 34 f.). Sie bilden
hinsichtlich der von der Erteilung einer Belehrung unabhängigen Ausschlussfrist eine für alle Versicherungsverträge einheitliche
Regelung. Wie die [X.] (BT-Drucks. 12/6959 S.
101) hervorhebt, wurden "aus Gründen ständnissen und zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit bei den Versicherungsnehmern
für das Widerrufs-
und das Rücktrittsrecht gleiche Fristen vorgesehen". [X.] beabsichtigte der Gesetzgeber eine einheitliche, von der Erteilung einer Belehrung unabhängige
Befristung
des Lösungsrechts, die für alle im
[X.] geschlossenen Versicherungsverträge gelten
sollte.
Daran ändert nichts, dass aus redaktionellen Gründen hinsichtlich der Befristung gleichlautende Bestimmungen als § 8 Abs. 4 Satz 4 und § 8 Abs. 5 Satz 4 [X.] a.F. eingefügt wurden.

-
11
-

Die zulässige richtlinienkonforme teleologische Reduktion
führt im Ergebnis zu einer gespaltenen
Auslegung dieser umfassenden Befris-tung dergestalt, dass sie nur insoweit korrigiert wird, als sie mit den An-forderungen der vorgenannten Richtlinien nicht übereinstimmt, und im überschießenden -
nicht europarechtlich determinierten -
Teil unverän-dert bleibt (vgl. [X.]surteil vom 7. Mai 2014 [X.]O Rn. 28).

c)
Die vorangegangene Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Rücktritt
nicht entgegen (vgl. [X.]surteil vom 7. Mai 2014 [X.]O Rn. 36 m.w.N.).
Ein Erlöschen des Rücktrittsrechts
infolge beiderseits vollständiger Leistungserbringung
(vgl. dazu [X.]surteil vom 16. Oktober 2013 -
[X.], [X.], 1513 Rn. 25 ff.)
kommt hier ebenfalls nicht in Betracht, da eine analoge Anwendung der Regelungen aus §
7 Abs. 2 VerbrKrG, §
2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach [X.] dieser Gesetze bereits zum Zeitpunkt der Abwicklung des [X.] nicht mehr möglich ist (vgl. dazu [X.]surteil vom 7. Mai 2014 [X.]O Rn. 37 m.w.N.).

Auch der von der Beklagten erhobene Verwirkungseinwand greift nicht (vgl. [X.]surteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
39).

3.
Die Rücktrittsfolgen sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang der
Rücktrittserklärung
(ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rück-wirkung entspricht dem
unionsrechtlichen
Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen [X.]surteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn. 42-44).

4. Ohne Erfolg hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhand-lung und mit Schriftsatz vom 12.
Dezember 2014 darauf
berufen, der Ausübung des Rücktrittsrechts stehe eine analoge Anwendung des 27
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§
312d Abs. 4 Nr. 6 BGB a.F. entgegen, der das Widerrufsrecht des [X.] bei Fernabsatzverträgen für bestimmte Finanzdienstleistungen ausschließt, zu denen nach Auffassung der Beklagten auch fondsgebun-dene Rentenversicherungen zählen.

Der
früher in § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB a.F., nunmehr in §
312g Abs. 2
Satz 1
Nr. 8 BGB geregelte Ausschluss des Widerrufsrechts (BT-Drucks. 17/12637 S. 56) wurde eingefügt durch das Gesetz zur Ände-rung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei [X.] vom 2.
Dezember 2004
und trat am 8. Dezember 2004 in [X.]. [X.] wurde
die so genannte
Richtlinie über den Fernabsatz von [X.] (2002/65/[X.], [X.] L 271, [X.]) umgesetzt.

Der [X.] braucht nicht zu entscheiden, ob die Regelung auch für das in § 8 Abs. 5 [X.] a.F. geregelte Rücktrittsrecht und den hier in [X.] stehenden Versicherungsvertrag Geltung beansprucht,
denn eine

auch analoge

Anwendung kommt unabhängig vom Vorliegen der [X.] Voraussetzungen des § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB
a.F.
im Streitfall schon deshalb nicht in Betracht, weil der zeitliche Geltungsbereich der Norm nicht eröffnet
ist. Der Rentenversicherungsvertrag
wurde bereits im Jahre 2000 geschlossen. Nach
Art. 229 § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.]BGB findet auf bis zum Ablauf des 7. Dezember 2004 entstandene [X.] das Bürgerliche Gesetzbuch
in der bis zu diesem Tag geltenden [X.] Anwendung.

5. Die Abweisung der Klage erweist sich auch nicht deshalb als richtig, weil die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgriffe. Wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend [X.] hat, ist der Anspruch der Klägerin aus § 346 Abs. 1
BGB nicht ver-32
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13
-

jährt. Auch wenn [X.] nicht verjähren, so kann ihre Aus-übung [X.] begründen, die der Verjährung unter-liegen ([X.]/[X.], [X.]. § 194 Rn. 4). Der Rückge-währanspruch entsteht mit dem wirksam erklärten Rücktritt
(vgl. [X.], Urteil vom 15. November 2006

[X.], [X.]Z 170, 31 Rn. 37; [X.]/[X.], 6. Aufl. § 346 Rn. 32; [X.]/[X.], [X.]. § 346 Rn.
60; [X.]/[X.], [X.]. 2012 § 346 Rn.
305). Die Klägerin erklärte den Rücktritt

wie bereits dargelegt

mit Schreiben vom 3.
Dezember 2009. Die Verjährungsfrist des § 195 BGB war daher bei Erhebung der Klage im Jahre 2010 in keinem Falle abge-laufen.

I[X.]
Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif, weil sich das [X.]

aus seiner Sicht konsequent

bislang nicht mit der Höhe der nach §
346 Abs. 1 BGB zurück
zu
gewährenden Leistungen und Nut-zungszinsen befasst hat.

Insoweit wird es zu berücksichtigen haben, dass im Rahmen einer

wie hier

gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Aus-legung einer nationalen Norm bei der Regelung der Rechtsfolgen nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risi-koverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden darf.
Dies hat der [X.] zu § 5a [X.] a.F. entschieden ([X.]surteil vom 7. Mai 2014

[X.]
[X.]O Rn. 45). So ist es auch im Streitfall, in dem die Befris-tung des Rechts des nicht ordnungsgemäß belehrten Versicherungs-nehmers, sich vom Vertrag zu lösen,

ebenso wie es im Falle des § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. war

im Anwendungsbereich der [X.] und Dritten Richtlinie Lebensversicherung mit Rücksicht auf die gebotene 35
36
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14
-

richtlinienkonforme teleologische Reduktion unanwendbar ist.
Eine ein-schränkungslose, allein unter dem national-rechtlichen
Blickwinkel be-trachtete, Ausgestaltung des Rücktrittsrechts auf der Rechtsfolgenseite wäre auch hier nicht sachgerecht.

Daher ist auch insoweit als Folge der gebotenen gemeinschafts-konformen Auslegung einer Beachtung der beiderseitigen Interessen Rechnung zu tragen. Ebenso wie in dem vom [X.] am 7. Mai 2014 ent-schiedenen Fall hat die Versicherungsnehmerin im Streitfall während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen, und es ist auch hier da-von auszugehen, dass dieser im Versicherungsfall in Anspruch genom-men worden wäre. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des [X.]s zur Rückgewähr sämtlicher Prämien auch hier zu einem Un-gleichgewicht innerhalb der [X.].
Vielmehr muss sich die Klägerin bei entsprechendem Vortrag des beklagten [X.]s im Rahmen der Rückabwicklung nach § 346 BGB einen Werter-satz für den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den sie jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossen hat.
§ 346 Abs. 2 Satz 1 BGB, mit dem der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen hat, nach wel-cher für die Rückabwicklung nach Rücktritts-
und nach [X.]

soweit möglich

gleiche Prinzipien gelten sollten (BT-Drucks. 14/6040 [X.] f.), lässt nach nationalem Recht einen solchen Werter-satz zu. Dabei kann in Fällen der vorliegenden Art

wie der [X.] zu §
5a [X.] a.F. bereits entschieden hat

der Wert des Versicherungs-

37
-
15
-

schutzes unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen wer-den, wobei im Falle von Lebensversicherungen etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen kann ([X.]surteil vom 7. Mai 2014 [X.]O Rn. 45).

[X.] [X.] [X.]

[X.]

Dr.
Karczewski

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.03.2011 -
114 [X.] 1621/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 11.11.2011 -
7 [X.]/11 -

Meta

IV ZR 260/11

17.12.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2014, Az. IV ZR 260/11 (REWIS RS 2014, 199)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 199

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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