Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.05.2021, Az. 26 W (pat) 31/19

26. Senat | REWIS RS 2021, 6265

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "IZON" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 204 289.5

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 3. Mai 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie des Richters [X.] und der Richterin kraft Auftrags Dr. Rupp-Swienty

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des [X.] vom 29. Mai 2019 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.]

3

ist am 4. Februar 2019 unter der Nummer 30 2019 204 289.5 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren der

4

Klasse 11: Elektrische Lampen; Elektrische Lampen zur Verwendung im Freien; Elektrische Lampen zur Innenraumbeleuchtung; Dekorative Leuchten; Leuchten [Lampen]; Elektrische Leuchten;

5

Klasse 20: Möbel; Möbel für Innen; Möbel für den Außenbereich.

6

Mit Beschluss vom 29. Mai 2019 hat die Markenstelle für Klasse 20 des [X.] die Anmeldung wegen Freihaltebedürftigkeit gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie unter Bezugnahme auf das [X.] ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung „[X.]“ sei der Name einer südwest[X.] [X.] mit knapp 6000 Einwohnern im [X.] [X.] in der Region [X.] nahe der Großstadt [X.]. Diese ursprünglich vom Weinbau geprägte, inzwischen aber durchaus auch von Touristen besuchte [X.] sei ein regionales Handels-, Handwerks- und Dienstleistungszentrum, das in den letzten Jahrzehnten einen beachtlichen Bevölkerungszuwachs erfahren habe. Da in [X.] bereits Handel und Handwerk betrieben werde, sei nicht auszuschließen, dass auch die beanspruchten Lampen, Leuchten und Möbel dort bereits jetzt in einem handwerklichen Rahmen hergestellt würden. Die Anmelderin selbst gebe an, dass dort eine Glasbläserei, die Lampenschirme anfertigen könne, und zwei Speditionen ansässig seien. Mit Blick auf die Verdoppelung der Bevölkerungszahl seit Anfang der 1980er Jahre, die Nähe zur Großstadt [X.] und das damit verbundene infrastrukturelle Entwicklungspotential könnten sich dort weitere Hersteller von Waren der verfahrensgegenständlichen Art niederlassen, so dass das Anmeldezeichen eine freihaltebedürftige geographische Herkunftsangabe darstelle. Der Umstand, dass [X.] kein bedeutender und aufgrund seiner relativ geringen Größe eher unbekannter Ort sei, stehe der Eignung als geographischer Herkunftsangabe nicht entgegen.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist trägt vor, [X.] sei nicht nur der Name einer [X.] Kleinstgemeinde, sondern bezeichne auch die Volksgruppe der [X.] und deren Sprache in [X.]. Sie ist der Ansicht, [X.] sei weder dem [X.] Verbraucher noch den inländischen Fachkreisen in Verbindung mit Lampen oder Möbeln bekannt (vgl. auch [X.] (pat) 68/07 – [X.]). Weder verfüge [X.] über ein bedeutendes Gewerbegebiet, noch seien dort oder in der unmittelbaren Umgebung Lampen- oder Möbelproduzenten ansässig. In der [X.] seien im Gegensatz zur Darstellung im [X.] neben einer Glasbläserei, einem Flaschenhersteller, einem Eisenwarenunternehmen, einer Agrarkooperative, einem größeren Weingut und zwei Speditionen weder nennenswertes Handwerk noch Industrie angesiedelt. Weine aus dem Anbaugebiet in und um [X.] würden mit der Herkunftsangabe „[X.]“ vermarket. In den letzten drei Jahren sei die Bevölkerungszahl von 5.692 auf nur noch 5.278 gesunken. Eine Verwendung des Ortsnamens als geographische Herkunftsangabe für Lampen und Möbel sei daher auch in Zukunft völlig unwahrscheinlich. Bei fremdsprachigen Ortsangaben sei die Eintragung als Marke im Herkunftsland ein starkes Indiz gegen ein Freihaltungsbedürfnis ([X.] (pat) 125/88 – [X.]). Die identische Wortmarke sei 2005 (004 021 788), 2006 (004 234 027), 2009 (008 224 041) und 2013 (011 259 835) jeweils als Unionsmarke und damit auch mit Geltung für [X.] für Waren der Klassen 7, 9, 10 und 16 sowie für Dienstleistungen der [X.] registriert worden. Dies zeige, dass selbst [X.] Verbraucher das Anmeldezeichen nicht als beschreibende Angabe verstünden. Am 25. Januar 2021 sei die identische Unionswortmarke (018 018 564) zugunsten der Anmelderin für identische Waren der Klasse 20 eingetragen worden.

8

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

9

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des [X.]es vom 29. Mai 2019 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „[X.]“ als Marke für die beanspruchten Waren der Klassen 11 und 20 stehen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere ist das Anmeldezeichen weder freihaltebedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], noch fehlt ihm die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

1. Das [X.] (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) ist nicht gegeben.

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der [X.] oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden ([X.] GRUR 2011, 1035 [X.]. 37 – 1000; [X.], 186 [X.]. 38 – [X.]). Wie sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, genügt es, dass die Zeichen oder Angaben diesem Zweck dienen können. Ein Freihaltebedürfnis liegt deshalb auch vor, wenn die Benutzung der angemeldeten Marke als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. [X.] a. a. O. [X.]. 42 – [X.]). Für die Annahme einer zukünftig beschreibenden Angabe bedarf es allerdings der Feststellung, dass eine derartige Verwendung vernünftigerweise zu erwarten ist (vgl. [X.] GRUR 2010, 534 [X.]. 53 – [X.]; GRUR 1999, 723 [X.]. 31 und 37 – [X.]; [X.] a. a. O. [X.]. 43 – [X.]). Die damit verbundene Prognoseentscheidung darf nicht nur auf theoretischen Erwägungen beruhen, sondern muss anhand der voraussichtlichen wirtschaftlichen Entwicklung realitätsbezogen erfolgen ([X.] a. a. O. [X.]. 43 – [X.]).

aa) Für die Beurteilung der Eignung eines Zeichens als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt abzustellen (vgl. [X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 – [X.]/[X.]; [X.], 682 [X.]. 23 - 25 – [X.]; a. a. O. [X.]. 29 – [X.]).

bb) Für die Frage der Schutzfähigkeit geographischer Herkunftsangaben ist insbesondere maßgeblich, ob angesichts der objektiven Gesamtumstände, insbesondere der wirtschaftlichen Bedeutung des Ortes und der Infrastruktur der umliegenden Region, die Möglichkeit der Eröffnung von Betrieben zur Produktion der beanspruchten Waren oder zur Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen vernünftigerweise zu erwarten ist (vgl. [X.] a. a. O. [X.]. 26 ff. – [X.]; a. a. O. [X.]. 31-34 – [X.]), und ob die angesprochenen Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken einen direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den betreffenden Produkten und Diensten herstellen ([X.] a. a. O. – [X.]). Erkennt der inländische Verkehr die geographische Herkunftsangabe nicht als solche, wird er die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit dem betreffenden Ort vernünftigerweise weder gegenwärtig noch in absehbarer Zukunft in Verbindung bringen. Auch wenn es sich für die Annahme eines Freihaltebedürfnisses nicht um eine bekannte geographische Herkunftsangabe handeln muss, muss der angesprochene Verkehr in dem Zeichen aber zumindest eine Ortsangabe erkennen (vgl. BPatG 26 W (pat) 520/10 – [X.]; Kur/v. [X.]/[X.]/Eichelberger, 3. Aufl., § 8 [X.] [X.]. 216).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen war das angemeldete Wortzeichen „[X.]“ aus Sicht der angesprochenen inländischen Verkehrskreise zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt, dem 4. Februar 2019, nicht zur unmittelbaren Beschreibung der geographischen Herkunft der beanspruchten Produkte geeignet.

aa) Von den beanspruchten Waren werden breite Verkehrskreise, nämlich sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Lampen- und (Garten-)Möbelfachhandel angesprochen.

bb) Das Anmeldezeichen ist im [X.] nicht nachweisbar. Laut [X.] ist „[X.]“ eine Sprache in [X.], eine andere Bezeichnung für das Volk der [X.] in [X.], der Familienname des 1968 geborenen [X.] Boxers David [X.] und eine [X.] [X.] im [X.] [X.] (https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]). Als Abkürzung ist die Buchstabenfolge „[X.]“ ebenfalls nicht lexikalisch nachweisbar. „[X.]“ ist jedoch das Firmenschlagwort des neuseeländischen, im Bereich der Nanotechnologie tätigen Unternehmens „[X.] Science Ltd.“ (https://www.izon.com).

cc) Den inländischen Verkehrskreisen sind weder die vorgenannten Bedeutungen noch die kleine [X.] [X.] „[X.]“ bekannt.

aaa) Die südwest[X.] [X.] „[X.]“ mit 5.878 Einwohnern (Stand: 2018) im [X.] [X.] in der Region „[X.]“ liegt an dem Fluss [X.], 27 Kilometer von [X.] entfernt (https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]_([X.])). Aus dem auf der französischen [X.]seite (http://www.izon.fr/) abrufbaren Unternehmensverzeichnis der [X.] [X.] ergibt sich, dass dort drei Schreinereien ansässig sind. Laut französischem Wikipedia-Eintrag (https://fr.wikipedia.org/wiki/[X.]) gibt es in der Region „[X.]“ ausgedehnte Wälder sowie Gewerbe, das dieses verarbeitet. Nach dem Vortrag der Anmelderin befinden sich in [X.] bei inzwischen auf 5.278 gesunkener Einwohnerzahl zudem eine Glasbläserei, ein Flaschenhersteller, ein Eisenwarenunternehmen, eine Agrarkooperative, zwei Speditionen und ein größeres Weingut, wobei die Weine mit der Herkunftsangabe „[X.]“ vermarket werden. Der [X.]name „[X.]“ verfügt daher weder über eine überregionale Bekanntheit in [X.] noch ist er in [X.] bekannt.

bbb) Anderweitige, beispielsweise historische, wirtschaftliche, politische, verkehrstechnische oder touristische Bezüge, die dazu führen könnten, dass „[X.]“ von wesentlichen Teilen des inländischen Verkehrs als geographische Herkunftsangabe erkannt wird, sind ebenfalls nicht vorhanden. Die kurze Beschreibung in der [X.] Ausgabe des [X.]s Wikipedia reicht hierzu nicht aus. Alle konkreteren Angaben zu dieser [X.] stammen aus dessen [X.]r Ausgabe und bedurften einer [X.] Übersetzung. Erst durch Einblick in den [X.] [X.]auftritt der [X.] „[X.]“ konnten überhaupt drei Schreinereien ermittelt werden. Selbst von den angesprochenen inländischen Fachverkehrskreisen für den Handel mit Lampen, Leuchten und Möbeln kann grundsätzlich nicht erwartet werden, dass sie das französischsprachige [X.] zur Informationsgewinnung bemühen, es sei denn, es geht um antike [X.] Möbel oder Lampen bedeutender Epochen. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass in „[X.]“ solche antiquarischen Waren angeboten werden. Daher verfügt auch der Fachverkehr, dessen Verständnis für sich allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann ([X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 – [X.]; [X.] [X.], 682 [X.]. 26 – [X.]), nicht über Spezialkenntnisse zur Ortschaft „[X.]“.

dd) Die inländischen Verkehrskreise erkennen in dem angemeldeten Wortzeichen „[X.]“ daher keine Ortsangabe. Abgesehen davon, dass bereits die durchgehende Verwendung von Versalien vom [X.] [X.]namen „[X.]“ abweicht, hat das angesprochene Publikum schon zum Anmeldezeitpunkt mit der Bezeichnung „[X.]“ keinen Ort in Verbindung gebracht, wie das [X.] bei „[X.]“ wegen der für Stadt- und Ortsbezeichnungen typischen [X.] Endung „-berg“ der Fall war (BPatG 30 W (pat) 37/20). Der [X.] Verkehrsteilnehmer nimmt das Anmeldezeichen daher nur als Fantasiebegriff, nicht aber als geographischen Herkunftshinweis wahr.

2. Der angemeldeten Bezeichnung „[X.]“ kann auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.] GRUR 2018, 932 [X.]. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.], 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] a. a. O. – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] a. a. O. [X.]. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] GRUR 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 – [X.]/[X.]; [X.] GRUR 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] a. a. O. [X.]. 8 – #darferdas? I; [X.], 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. [X.]. 12 – [X.]; GRUR 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.], 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] GRUR 2014, 569 [X.]. 18 – HOT).

b) Diesen Anforderungen wird das angemeldete Wortzeichen „[X.]“ gerecht. Aus Sicht der angesprochenen inländischen Verkehrskreise hat das Anmeldezeichen im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung am 4. Februar 2019 den beanspruchten Waren der Klassen 11 und 20 weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt vermittelt noch einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen hergestellt. Somit hat es über die erforderliche Eigenart verfügt, um als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aufgefasst zu werden.

Das breite inländische Publikum hat mangels Kenntnis der gleichnamigen kleinen [X.] Ortschaft und mangels typischer auf eine Ortsbezeichnung hinweisender Charakteristika im Anmeldezeichen gar keine Ortsangabe erkannt. Es hat die beanspruchte Bezeichnung vielmehr ausschließlich als Kunstwort, Namen oder Abkürzung einer längeren Firmenbezeichnung und damit als unterscheidungskräftiges Produktkennzeichen wahrgenommen.

Meta

26 W (pat) 31/19

03.05.2021

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 37 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.05.2021, Az. 26 W (pat) 31/19 (REWIS RS 2021, 6265)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6265

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