Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2005, Az. 2 StR 310/04

2. Strafsenat | REWIS RS 2005, 3885

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[X.]R: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja

StGB §§ 211 Abs. 2, 168 Abs. 1

1. Das Mordmerkmal "zur Befriedigung des [X.]" liegt auch dann vor, wenn der Täter diese Befriedigung erst bei der späteren Betrachtung der [X.] (Video) vom [X.] und dem Umgang mit der Leiche [X.] will.
2. Rechtsgut des § 168 Abs. 1 StGB ist nicht nur der postmortale Persönlichkeits-schutz des Toten, sondern auch das Pietätsgefühl der Allgemeinheit. Das [X.] des [X.] in beschimpfenden Unfug an seiner Leiche ist deshalb nicht geeignet, die Strafbarkeit entfallen zu lassen.
[X.], [X.]eil vom 22. April 2005 - 2 [X.]/04 - [X.]

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
2 [X.]/04 vom 22. April 2005 - 2 - in der Strafsache gegen

wegen Totschlags
- 3 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom 13. April 2005 in der Sitzung am 22. April 2005, an denen teilgenommen ha-ben: Vorsitzende [X.]in am [X.] Dr. [X.]

und die [X.]in am [X.] Dr. [X.], die [X.] am [X.] [X.], Prof. Dr. [X.], die [X.]in am [X.] Roggenbuck,

[X.] und Staatsanwalt

als Vertreter der [X.]schaft,

Rechtsanwalt in der Verhandlung vom 13. April 2005

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

- 4 - für Recht erkannt:

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das [X.]eil des [X.] vom 30. Januar 2004 mit den [X.] aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Schwurgericht zuständige [X.] des [X.] zurückverwiesen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete [X.]eil wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-gen.

Von Rechts wegen Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Frei-heitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gleichzeitig hat es die Einziehung des [X.] und einer Video-kamera angeordnet. - 5 - Gegen dieses [X.]eil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet und eine Verur-teilung wegen Mordes erstrebt. Sie wird nur hinsichtlich der Sachrüge vom Ge-neralbundesanwalt vertreten. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen und mate-riellen Rechts. Er erstrebt eine Verurteilung wegen Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB), hilfsweise die Bejahung eines minder schweren Falls des [X.] (§ 213 StGB). Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat auf die Sachrüge hin Erfolg. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. [X.] 1. Nach den Feststellungen des [X.]s entstanden in der [X.] kurz vor Einsetzen der Pubertät Phantasien, in denen er sein Ziel, eine Person für immer bei sich zu haben und an sich zu binden, [X.] zu realisieren suchte, daß er diese Person sich einverleibte. Zielobjekt seiner Vorstellung war hierbei jeweils eine jüngere männliche Person. [X.] an [X.], die der Angeklagte miterlebt hatte, malte er sich aus, wie er als Schlachter eine Person durch Abstechen tötete und dann - was er als besonderen Moment betrachtete - den Bauchraum aufschlitzte und das Objekt nach seiner Vorstellung ausweidete, um es dann zu verspeisen. Mit [X.] verband der Angeklagte mit diesen Phantasien einen Lust-gewinn, was zur Folge hatte, daß er diese Phantasien zur Erregung während des Onanierens einsetzte und auch hierbei das [X.] und [X.] des Bauchraums als Höhepunkt erlebte. In der Regel gelangte er in seiner Phantasie nicht mehr bis zum Verzehren des Fleisches der geschlachteten - 6 - Person, da er vorher seinen sexuellen Höhepunkt erreichte. Ungefähr ab 1999 beschäftigte sich der Angeklagte über das [X.] immer stärker mit dem Thema Kannibalismus. Er stieß dabei auch auf eine Schlachtanleitung für den menschlichen Körper. Schließlich begann er, über [X.]foren Männer zum Schlachten und Verspeisen zu suchen. In seinem Haus in [X.]

richtete der Angeklagte einen "[X.]" ein. Nach mehreren nicht im Sinne des Angeklagten zielführenden [X.]kontakten stieß er Anfang Februar 2001 im [X.] auf das spätere Opfer [X.]

. [X.]litt an einer progredienten Form des sexuellen Masochismus ([X.]: 302.83; [X.] 10: [X.]). Er knüpfte die Vorstellung des höchsten Lustempfindens an eine Penis-amputation. Der dabei erwartete sexuelle Höhepunkt besetzte das Bewußtsein des [X.]dermaßen, daß danach für ihn nichts mehr eine Rolle spielen soll-te und sein Tod dem erwarteten "ultimativen Hochgefühl" folgen konnte. Die natürliche Einsichts- und [X.]ensfähigkeit des [X.]war durch seine krank-hafte seelische Störung in Form des extremen sexuellen Masochismus derge-stalt eingeschränkt, daß er die Tragweite seines späteren Entschlusses, sich töten und schlachten zu lassen, nicht vollends rational überblickte. Zwischen dem Angeklagten und [X.]entwickelte sich ein reger [X.]. Darin schilderte [X.]seine sexuelle Präferenz der Penis-amputation; der Angeklagte erläuterte seine Vorstellungen. Beide zeigten [X.], auf die jeweiligen Interessen des anderen einzugehen. Dem Ange-klagten war es nach seinen Angaben wichtig, sich eine sympathische Person einzuverleiben und somit eine untrennbare Bindung herzustellen. Dies war für ihn ebenso eine Bedingung für das Schlachten und Einverleiben, wie der [X.], daß sich der zu [X.] freiwillig zur Verfügung stellte. Am 9. März 2001 reiste [X.]mit dem Zug nach [X.], wo ihn der Angeklagte abholte. Man kam überein, das Vorhaben bereits an diesem Tage durchzuführen. Als-- 7 - bald nach dem Eintreffen im [X.] kam es im [X.] zu sexuellen Handlungen. Der Angeklagte biß [X.] hierbei an verschiedenen Körperstellen, vor allem am Penis. Dabei ging er jedoch - da er selbst sein Lustempfinden nicht an diese Handlungen knüpfte - zögerlich und gehemmt vor. [X.]beschloß daraufhin, nach [X.]zurückzukehren, ohne sein [X.] ausgeführt zu haben. Nach einem Überredungsversuch, der vergeblich verlief, brachte der Angeklagte [X.] schließlich am Nachmittag des glei-chen Tages zum Bahnhof zurück. Dort besann sich [X.] aber doch eines anderen. Mit Hilfe des Angeklagten sollte die Abtrennung seines Penis wenigs-tens mit einem Messer realisiert werden. Beide kehrten zum [X.] zurück und begaben sich in den [X.].
Gegen 18.30 Uhr sagte [X.]dann dem Angeklagten, daß dieser ihm jetzt den Penis abschneiden möge, was beim zweiten Versuch auch gelang. Der Angeklagte verband die Wunde des [X.] , um zu verhindern, daß die-ser aufgrund des Blutverlustes sofort ohnmächtig würde. Das ultimative Hoch-gefühl, welches [X.]sich von der Penisamputation versprach, stellte sich allerdings nicht ein. Dennoch blieb [X.] bei seinem Entschluß, daß dies für ihn der finale Akt sein sollte und der Angeklagte ihn hernach spurlos besei-tigen könne. Er untersagte dem Angeklagten, einen Notarzt zu rufen. In den folgenden Stunden bereitete [X.] sich auf das Sterben vor. Er erklärte dem Angeklagten, daß er ihn Abstechen solle, sobald er bewußtlos geworden sei. Die irreversible Bewußtlosigkeit trat bei [X.]

gegen 4.00 Uhr morgens ein. Der Angeklagte legte [X.]daraufhin auf die Schlachtbank und instal-lierte eine Videokamera so, daß sie das nun folgende Geschehen aufzeichnen konnte. Er hatte dabei vor, die Filmaufnahmen zu bearbeiten, (jedenfalls Teile daraus) an Kontaktpersonen im [X.] zu versenden sowie gegebenenfalls weitere potentielle Schlachtopfer mit der Vorführung des [X.] zu locken. - 8 - [X.]lebte zu diesem [X.]punkt noch. Der Angeklagte kommentierte dies mit den Worten: "[X.]". Nach mehrfachem Zögern setzte er dem Opfer zwei tödliche Halsstiche. Sexuell war er bei der Tötung nicht erregt. In der [X.] zerlegte der Angeklagte die Leiche des [X.]

entsprechend der Schlachtanleitung aus dem [X.]. Auch dies nahm er auf Video auf. Seine einzelnen Handlungen kommentierte er dabei immer wieder, z. [X.] mit abfälligen Bemerkungen über die Fleischkonsistenz.
Am 12. März 2001 nahm der Angeklagte zum [X.] vom Körper des [X.]in gebratener Form zu sich. Nach der Mahlzeit schaute er sich den von ihm aufgezeichneten Videofilm mindestens einmal an und ona-nierte dabei.
Auch in der Folgezeit suchte der Angeklagte immer wieder - wenn auch vergeblich - weitere Opfer für ein Schlachten. Meist waren diese jedoch ledig-lich an einem Rollenspiel interessiert. Auch wenn sie sich bereits in seinem [X.] befanden und zum Schlachten mit den Füßen nach oben aufge-hängt waren, ließ der Angeklagte sofort von [X.] ab, wenn sie dies wünschten. Aus dem Video gewonnene Fotografien übersandte der Angeklagte zweifach an eine weitere Person per E-Mail.
Bei dem Angeklagten liegt - und lag zum Tatzeitpunkt - eine schwere andere seelische Abartigkeit in Form einer Persönlichkeitsstörung mit schizoi-den Zügen vor, die verbunden ist mit einer sexuellen Einengung auf den [X.]. Der Angeklagte war jedoch zum Tatzeitpunkt weder in [X.] Einsichtsfähigkeit noch in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich [X.]. - 9 - 2. Das [X.] hat sowohl die Voraussetzungen für eine Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) als auch das Vorliegen von [X.], insbe-sondere der Mordmerkmale der "Mordlust", "zur Befriedigung des Geschlechts-triebes", "niedrige Beweggründe" und "zur Ermöglichung einer anderen Straf-tat" abgelehnt und den Angeklagten wegen Totschlags verurteilt. Die Voraus-setzungen der §§ 20, 21 StGB hat es verneint. Ebensowenig hat es einen min-der schweren Fall im Sinne des § 213 StGB angenommen. I[X.] Die Revision der Staatsanwaltschaft führt schon mit der Sachrüge zur Aufhebung des [X.]eils, eines [X.] auf die Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.
Die Verurteilung des Angeklagten (nur) wegen Totschlags begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. 1. Die der Verneinung des [X.] "zur Befriedigung des [X.]" zugrunde liegende Beweiswürdigung hält rechtlicher Über-prüfung nicht stand. Hierauf beruht das [X.]eil, zumal Inhalt und Reichweite die-ses [X.] von der [X.] nicht zutreffend erfaßt worden sind. a) Die Beweiswürdigung hinsichtlich des von der [X.] festge-stellten Zweckes der Videoaufzeichnung ist rechtsfehlerhaft, da ein Verstoß gegen Denkgesetze vorliegt. Ein solcher ist u. a. dann gegeben, wenn etwas vorausgesetzt wird, was es erst zu beweisen gilt ([X.], [X.]. vom 3. Sep-tember 1992 - 1 StR 559/92; [X.], [X.]. vom 29. Juli 1998 - 1 [X.], inso-weit nicht abgedruckt in [X.], 42; [X.], [X.]. vom 23. Oktober 2001 - 1 StR 415/01, insoweit nicht abgedruckt in [X.], 161). Die Kammer führt zwar aus, der Angeklagte habe selbst eingeräumt, sich das Video am 12. März - 10 - 2001 angeschaut und hierbei onaniert zu haben ([X.]). Sie meint jedoch, nicht die Überzeugung gewinnen zu können, daß der Angeklagte öfter als das eingestandene [X.] das Video zum Zweck der sexuellen Befriedigung be-trachtet habe, obwohl der Angeklagte um die mit den [X.] ver-bundene sexuelle Erregung wußte. Zur Begründung führt die Kammer sodann aus, gegen eine Zweckbestimmung der Videoaufzeichnung zur Selbstbefriedi-gung spreche, daß diese mit großem Aufwand gefertigte Aufzeichnung "nur zur einmaligen Onanie gedient hätte, was nicht lebensnah nachvollziehbar [X.], wenn der vorrangige Zweck der Videoaufzeichnung die Selbstbefriedi-gung gewesen sein sollte" ([X.]). Damit setzt das [X.] aber etwas als bewiesen voraus (nämlich einen einmaligen, gleichsam zufälligen und nicht von Anfang an beabsichtigten Einsatz des [X.] zu Zwecken der Selbstbe-friedigung), was erst noch Gegenstand der Beweiswürdigung sein soll. Rechtsfehlerhaft, insbesondere lückenhaft, ist in diesem Zusammenhang auch, daß die Kammer die entsprechende Einlassung des Angeklagten als nicht zu widerlegen zugrunde gelegt hat ([X.]), obwohl die als Zeugen vernommenen Vernehmungsbeamten ausgesagt haben, daß sich der Ange-klagte die Videoaufzeichnung nach ihrem Eindruck aus der [X.] öfter angesehen habe und die Kammer dies sogar für "naheliegend" hält. [X.] Angaben eines Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Un-richtigkeit es keine (ausreichenden) Beweise gibt, darf der [X.] nicht ohne weiteres als unwiderlegt seinem [X.]eil zugrunde legen. Er muß sich vielmehr aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung bilden ([X.] NStZ 2000, 86; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 28). Eine solche Ge-samtwürdigung hat die Kammer nur lückenhaft vorgenommen. Die im [X.]eil wiedergegebene Passage der Beschuldigtenvernehmung, wonach der [X.] - klagte "die eigentliche Tötung" sich "höchstens zweimal" angesehen haben will ([X.]), spricht eher dafür, daß der Angeklagte sich die übrigen Abschnitte des [X.], namentlich das Öffnen des Bauchraums und den Zerlegungsvor-gang, öfter angeschaut hat.
In diesem Zusammenhang läßt das [X.]eil eine Auseinandersetzung mit der Tatsache vermissen, daß der Angeklagte seit seiner Jugend auf kanniba-listisch/fetischistisch ausgerichtete Phantasien zur Stimulierung und [X.] seines [X.] fixiert war. Ebenso wenig findet der Umstand, daß die filmische Dokumentation der Tötung und Zerlegung des [X.] den Angeklagten nahezu unbegrenzt in die Lage versetzte, das reale Erleben bei Bedarf zu reproduzieren, erkennbar Berücksichtigung bei der Würdigung der Indizien.
b) Der Senat kann nicht ausschließen, daß die Kammer bei rechtsfehler-freier Würdigung der Beweise zu dem Ergebnis gekommen wäre, daß der An-geklagte tötete, um sich später bei der Betrachtung des [X.] sexuell zu be-friedigen. Dies würde aber zur Annahme des [X.] "zur Befriedigung des [X.]" führen.
Dieses Mordmerkmal liegt vor, wenn der Täter das Töten als Mittel zur Befriedigung des [X.] benutzen will. Ob die erstrebte sexuelle Befriedigung erreicht wird, ist ohne Belang ([X.] NStZ 1982, 464; vgl. auch: [X.] NStZ 2001, 598, 599; [X.] 2, 337, 339). Eine Tötung mit dieser Ziel-richtung reicht zur Erfüllung des [X.] aus. Nach den bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fallgestaltungen tötet zur Befriedigung des [X.], wer sich durch den [X.] selbst sexuelle [X.] verschaffen oder sich nach der Tötung in nekrophiler Weise an der Lei-che vergehen will ([X.]St 7, 353, 354; [X.] [X.]. vom 7. Oktober 1981 - 2 StR - 12 - 356/81; [X.] 2, 337, 339). Ebenso ist dieses Mordmerkmal bejaht worden, wenn der Tod des Opfers als Folge einer Vergewaltigung zumindest billigend in Kauf genommen wird ([X.]St 19, 101, 105; [X.] NStZ-RR 2004, 8; [X.] NStZ 1982, 464).
[X.] der Täter die Befriedigung des [X.] erst bei der spä-teren Betrachtung des [X.] vom [X.] und dem Umgang mit der Lei-che finden, so erfüllt dieses Motiv das Mordmerkmal ebenfalls. Der Wortlaut des Gesetzes enthält keine Begrenzung auf die bisher entschiedenen Fall- gestaltungen. Das Gesetz sieht vielmehr die Tötung zur Befriedigung des [X.] als besonders verwerflich an, weil der Täter das Leben eines Menschen der Befriedigung seiner [X.] unterordnet ([X.]St 19, 101, 105). Das hätte der Angeklagte - gesetzt den Fall es läßt sich feststellen, daß die Videoaufzeichnung als Stimulans zur Vornahme späterer sexueller Handlungen dienen sollte - getan, weil die Tötung seines Opfers notwendig war für die Aufzeichnung und spätere Wiedergabe des [X.]s. Unerheblich ist, daß die sexuelle Befriedigung vermittelt durch die Be-trachtung des [X.], womöglich erst erhebliche [X.] nach der Tat, erreicht wird. Das Mordmerkmal ist erfüllt, wenn die im Gesetz enthaltene [X.] vorliegt. Es reicht aus, wenn der Täter die Tötung als Mittel zur Erlan-gung seiner sexuellen Befriedigung ansieht. Ein darüber hinausgehender un-mittelbarer zeitlich-räumlicher Zusammenhang zwischen der Tötung eines Menschen und dem Zweck der Triebbefriedigung, wie er in der Literatur teil-weise gefordert wird (vgl. [X.] in [X.]. § 211 Rdn. 7; [X.]/[X.]/[X.] Strafrecht BT 1. Teilband 9. Aufl. [X.]), läßt sich aus dem Gesetz nicht als Voraussetzung herleiten. Den von der Rechtsprechung bisher entschiedenen Fallgestaltungen ist gemeinsam, daß der Getötete selbst - 13 - Bezugsobjekt der Sinneslust des [X.] ist ([X.] [X.] [April 2000] § 211 Rdn. 11; [X.] in [X.]. § 211 Rdn. 7; [X.] JuS 1996, 121, 123; [X.] 1994, 141, 144) und daß seine Tötung zur Erreichung der sexuellen Be-friedigung notwendig ist. Solches trifft aber auch auf das dem Angeklagten an-gelastete Tatgeschehen zu. Durch diese Definition ist dem verfassungsrechtli-chen Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) hinreichend Rechnung getra-gen.
c) In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der neue [X.] zu prüfen haben wird, ob der Angeklagte seine sexuelle Befriedigung nicht bereits bei dem [X.] selbst erlangen wollte. Die seit seiner Pubertät bestehenden sexuellen Phantasien des Angeklagten und seine feti-schistische Fixierung auf das Fleisch junger Männer legen dies nahe. Daß der Angeklagte beim [X.] oder dem nachfolgenden Schlachten womöglich tatsächlich nicht sexuell erregt war (ihm dieser selbst sogar zuwider war), steht dem nicht entgegen; denn das Mordmerkmal setzt ein Erreichen des Ziels der geschlechtlichen Befriedigung nicht voraus. Eine Absicht zur Befriedigung des [X.] ist ebenfalls nicht erforderlich, sondern es reicht, wenn der Täter dies —gegebenenfallsfi will ([X.]St 19, 101, 105). Angesichts der vom Angeklagten eingestandenen Phantasien bei der Selbstbefriedigung sowie auch im Hinblick auf Äußerungen des Angeklagten im [X.]-Chat drängt sich zudem die Prüfung auf, ob der Angeklagte die durch die Schlachtung gewonnenen Eindrücke (unabhängig von einer Videoauf-zeichnung) zur Erzeugung stimulierender Phantasien bei der Selbstbefriedigung einsetzen wollte. Im [X.]-Chat hatte der Angeklagte u. a. geäußert, daß er zwar beim Schlachten selbst keine sexuellen Manipulationen an sich vornehmen wolle, wohl aber bei dem Gedanken daran, der ihn "aufgeile" und "stimuliere" ([X.]). Auch die festgestellte - 14 - liere" ([X.]). Auch die festgestellte Persönlichkeitsstruktur mit schizoiden Zügen, die sich unter anderem in einer übermäßigen Vorliebe für Phantasie ausdrückt, deutet darauf hin. 2. Gegebenenfalls wird der neue Tatrichter auch das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe zu prüfen haben. 3. Das [X.] hat auch das Mordmerkmal "zur Ermöglichung einer anderen Straftat" nur unzureichend geprüft. Zum einen begegnet bereits die Ablehnung dieses [X.] unter dem Gesichtspunkt der Ermöglichung einer Störung der Totenruhe (§ 168 StGB) durchgreifenden rechtlichen Beden-ken. Zum anderen hat es das [X.] versäumt, weitere Straftatbestände als "andere Straftat" im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB in Betracht zu ziehen. a) Nach § 168 StGB wird u. a. derjenige bestraft, der an dem Körper oder an Teilen des Körpers eines verstorbenen Menschen "beschimpfenden Unfug" verübt. Der Angeklagte hat sein Opfer getötet, um es nach dem [X.] zu schlachten. Das Schlachten stellt eine andere Straftat, nämlich eine Störung der Totenruhe (§ 168 Abs. 1 2. Alt. StGB), dar. Der Angeklagte wollte an dem Körper eines verstorbenen Menschen beschimpfenden Unfug verüben und hat [X.]zu diesem Zwecke getötet. In der Rechtsprechung und in der Literatur wird "Unfug" als "grobe Un-gebühr" (Rechtsprechung des [X.] in [X.]) oder als eine rohe Gesinnung zeigende, grob ungehörige Handlung definiert ([X.], 155, 157; [X.] 145, 146; [X.] in MünchKomm § 168 Rdn. 20). Daß das Schlachten, d. h. [X.] und Zerlegen, eines getöteten Menschen vor laufender Kamera, dessen körperliche Beschaffenheit dabei auch noch zumin-dest zum Teil herabsetzend kommentiert wird, eine grob ungehörige, eine rohe - 15 - Gesinnung zeigende bzw. eine grob ungebührliche Handlung darstellt, bedarf keiner näheren Erläuterung. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muß hinzukommen, daß die geschil-derte Behandlung "beschimpfend", also höhnend oder herabsetzend ist. Wann dies der Fall ist, richtet sich danach, welches Rechtsgut durch die Vorschrift geschützt wird. Zutreffend werden vornehmlich zwei Rechtsgüter als von § 168 Abs. 1 2. Alt. StGB geschützt angesehen: das Pietätsgefühl der Allgemeinheit und der postmortale Persönlichkeitsschutz des Toten ([X.] NJW 1990, 782, 783; Czerner [X.] 115 [2003], 91, 97; [X.] in [X.]. § 168 Rdn. 2; vgl. auch [X.] NStZ 1981, 300). Daß die Vorschrift jedenfalls auch ein Rechtsgut der Allgemeinheit schützt und nicht etwa nur ein Individualrechtsgut, zeigt sich bereits an ihrer systematischen Verankerung im Kontext der dem Schutz des öffentlichen Friedens dienenden Strafnormen. Anderenfalls wäre § 168 Abs. 1 2. Alt. StGB eher als eine Art "tätliches" Verunglimpfen des [X.] Verstorbener im Abschnitt über die [X.] einzuordnen gewesen (vgl. [X.]/[X.] StGB 52. Aufl. § 168 Rdn. 2). Dies war nicht gewollt, wie die [X.], wonach das "religiöse Gefühl" (Drucksachen des Norddeutschen Reichstages, 1. Legislaturperiode, Nr. 5, [X.]), bzw. das [X.] ([X.], BT-Drucks. IV/650, Begr. zu § 191 S. 346) geschützt sein sollte, belegen. Geht es um den postmortalen Achtungsanspruch, ist dementsprechend ein beschimpfender Charakter gegeben, wenn der Täter dem Toten seine Ver-achtung bezeigen will und sich des beschimpfenden Charakters seiner Hand-lung bewußt ist ([X.] NStZ 1981, 300; [X.], 155, 157; [X.], 145, 146; Entscheidungen des [X.] in [X.], 400). Geht es hingegen um das Pietätsgefühl der Allgemeinheit, so kommt es darauf an, ob - 16 - der Täter dem Menschsein seine Verachtung bezeigen bzw. die Menschen-würde als Rechtsgut an sich mißachten will. Denn die Vorstellungen der Allge-meinheit hinsichtlich des Umgangs mit Toten gründen letztlich in dem [X.] zukommenden und über den Tod hinauswirkenden Würde ([X.] NJW 2001, 2957, 2959; [X.]E 30, 173, 196; vgl. [X.]/[X.] StGB 52. Aufl. § 168 Rdn. 2; [X.] in MünchKomm § 168 Rdn. 2). Die Würde des Menschen verbietet es, ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektsqualität prinzipiell in Frage stellt. Menschenwürde in diesem Sin-ne ist nicht nur die individuelle Würde der jeweiligen Person, sondern die Wür-de des Menschen als Gattungswesen ([X.]E 87, 209, 228). Im Bewußtsein der Allgemeinheit stellt aber das Schlachten eines Menschen vor laufender Kamera, womöglich gar, um Material für spätere sexuelle Handlungen zu ge-winnen, eine menschenunwürdige Behandlung dar, die die Würde des Men-schen als Gattungswesen mißachtet. Ob der Angeklagte hier gegenüber dem Opfer seine Verachtung bezei-gen wollte, oder ob - wie die Kammer meint - das Einverständnis des [X.] den beschimpfenden Charakter im Hinblick auf seinen postmortalen [X.] entfallen läßt, kann daher genauso dahinstehen, wie die Frage, ob das Einverständnis des Getöteten überhaupt wirksam war (vgl. dazu [X.]St 49, 166 ff.) und ob der Angeklagte eine eventuelle Unwirksamkeit erkennen konnte. Jedenfalls war das Einverständnis des Opfers nicht geeignet, die Tat-bestandsmäßigkeit auch hinsichtlich des geschützten Rechtsguts der Allge-meinheit entfallen zu lassen, da das Opfer hierüber, was aber erforderlich ge-wesen wäre (vgl. [X.]St 5, 66, 68; [X.] NJW 1992, 250), nicht verfügen konn-te. - 17 - Sind mehrere Rechtsgüter, die einen einwilligungsfähig, die anderen nicht, durch eine Strafnorm geschützt, so könnte ein Einverständnis allenfalls dann die Tatbestandsmäßigkeit bzw. eine Einwilligung allenfalls dann die Rechtswidrigkeit entfallen lassen, wenn das nichteinwilligungsfähige Rechtsgut so unbedeutend erscheint, daß es außer Betracht bleiben dürfte ([X.]St 5, 66, 68). Das ist hier aber hinsichtlich des Pietätsgefühls der Allgemeinheit, welches im Hinblick auf die systematische Einordnung der Norm sogar eher als vorran-gig angesehen werden kann, nicht der Fall. Die [X.] hat sich - auf der Grundlage ihrer unzutreffenden recht-lichen Bewertung, daß das Einverständnis des [X.] die Verletzung seines postmortalen Achtungsanspruchs hindere und damit dem Handeln des Ange-klagten insgesamt den beschimpfenden Charakter nehme - nicht damit aus- einandergesetzt, daß der beschimpfende Charakter seines Handelns jedenfalls gegenüber dem weiteren Rechtsgut der Allgemeinheit unberührt bleibt und sich der Angeklagte auch dessen bewußt war. Nach den Feststellungen sollten das Video bzw. dessen Derivate auch anderen Personen zugänglich gemacht werden ([X.]). Es liegt auch nahe, daß der Angeklagte bei der Tötung wußte, daß er durch sein nachfolgendes Handeln das Pietätsgefühl der Allge-meinheit verletzen würde. Er ging ausweislich der [X.]eilsgründe ([X.]) selbst davon aus, daß das Schlachten und Verzehren von Menschenfleisch gegen ein gesellschaftliches Tabu verstößt. Danach war er sich der für den Unrechtsvorwurf relevanten Umstände bewußt und hat sich über die von ihm erkannten Grenzen bewußt hinweggesetzt. Seine für sich selbst [X.] vorgenommene anderweitige Bewertung stellt demgegenüber nur einen un-beachtlichen Subsumtionsirrtum dar. - 18 - Schon deshalb hat das [X.] das Mordmerkmal der Tötung, um eine andere Straftat zu ermöglichen, rechtsfehlerhaft verneint. b) Das [X.] hat weiter nicht geprüft, ob die Tötung des [X.]nicht auch zur Ermöglichung einer nach § 131 StGB (Verherrlichende oder ver-harmlosende Gewaltdarstellung) oder § 184 Abs. 3 StGB aF (§ 184 a StGB nF, Verbreitung gewaltpornographischer Schriften) strafbaren Handlung diente. Die in dem Handeln des Angeklagten zum Ausdruck gebrachte Mißachtung gegen-über der Würde des Menschen als solcher und die geplante Verwendung des [X.] oder seiner Derivate zur Darbietung im [X.] oder gegenüber ande-ren Schlachtwilligen legen dies bezüglich § 131 StGB nahe. Die Erörterung des Tatbestandes der Verbreitung gewaltpornographischer Schriften drängt sich im Hinblick auf den im [X.]eil durchgehend zum Ausdruck gebrachten sexuellen Bezug des Schlachtungsvorgangs auf. Diese Prüfung wird der neue Tatrichter vorzunehmen haben. II[X.] Die Revision des Angeklagten ist unbegründet i. S. v. § 349 Abs. 2 StPO. Einer Erörterung bedarf insoweit auf die Sachrüge hin allein der Tatbe-stand des § 216 Abs. 1 StGB.
Die Kammer hat rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen für eine Tötung auf Verlangen (§ 216 Abs. 1 StGB) verneint, weil das Verlangen des Opfers für den Angeklagten bereits nicht handlungsleitend war. Das wäre aber [X.] gewesen ([X.] in [X.]. 26; vgl. auch: [X.] [X.]. § 216 Rdn. 5; [X.] in [X.]. § 216 Rdn. 8; [X.] in NK [13. Lieferung] § 216 Rdn. 16; [X.]/[X.]/[X.] Strafrecht BT 1. Teilband 9. Aufl. S. 57; a.A. Arzt/[X.] BT [2000] S. 88). "[X.] 19 - men" i. S. v. § 216 Abs. 1 StGB setzt mehr voraus, als die bloße Einwilligung des Opfers. Es muß dadurch im Täter der Entschluß zur Tat hervorgerufen werden. Die außerordentliche Strafmilderung des § 216 StGB ist nur dann zu rechtfertigen, wenn das "Bestimmen" auch tatsächlich handlungsleitend war ([X.] in [X.]. § 211 Rdn. 8), ebenso wie sich umgekehrt die [X.] etwa des [X.] gegenüber dem Totschlag nur [X.] läßt, wenn das entsprechende, zum Mordmerkmal führende Motiv handlungsleitend war (vgl. [X.] NJW 1981, 932, 933). Im vorliegenden Fall war es aber der Angeklagte, der aus eigenem Antrieb zur Tötung bereite Opfer gesucht hat und [X.] ist lediglich darauf eingegangen, um das von ihm er-strebte Ziel einer Penisamputation zu verwirklichen. [X.] ging es dem [X.] darum, selbst getötet zu werden. Ihm kam es nur auf die [X.] an. Aufgrund des hiervon erwarteten "ultimativen Hochgefühls" war für ihn das darauf folgende Geschehen "irrelevant" und der Tod "konnte" folgen ([X.]). Es war zudem der Angeklagte, der, als B.

bereits wieder [X.] wollte, einen (zunächst) vergeblichen Überredungsversuch zum [X.] unternahm. Schon danach ist nicht davon auszugehen, daß ein für den Angeklagten handlungsleitender Todeswunsch des [X.]

vorlag. Es handelte sich insoweit lediglich um ein Zugeständnis des Opfers an den Ange-klagten, dem es im übrigen allein auf das formale Einverständnis des Opfers ankam ([X.]). Der Wunsch des [X.] nach Beginn des Tatgeschehens, daß kein Notarzt herbeigerufen werden und der Angeklagte ihn abstechen soll-te, sobald er das Bewußtsein verloren hatte, kann nur als Ausführung der be-reits vorher zwischen Täter und Opfer getroffenen gegenseitigen Vereinbarung verstanden werden, die beiden Beteiligten dazu dienen sollte, jeweils aus-schließlich die eigenen Interessen zu verwirklichen. Schon deshalb weist die Verneinung der Voraussetzungen des § 216 StGB durch den Tatrichter keinen - 20 - Rechtsfehler auf. Darauf, ob der Angeklagte, von dessen voller Schuldfähigkeit das [X.] ohne Rechtsfehler ausgegangen ist, ohnehin die Unwirksam-keit der "Einwilligung" des [X.] in seine Tötung ([X.]) erkannt hat, kommt es danach nicht an. - 21 - IV. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO Gebrauch gemacht und die Sache an eine als Schwurgericht zuständige Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen. [X.] [X.]

[X.]

Roggenbuck

Meta

2 StR 310/04

22.04.2005

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2005, Az. 2 StR 310/04 (REWIS RS 2005, 3885)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3885

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