Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2018, Az. 5 StR 267/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2018, 13565

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:210218U5STR267.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
5 StR 267/17
(alt: 5 [X.]/15)

vom
21. Februar 2018
in der Strafsache
gegen

wegen Mordes u.a.

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Der 5.
Strafsenat des [X.]ndesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Febru-ar
2018, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]ndesgerichtshof [X.],

Richter am [X.]ndesgerichtshof
Prof. Dr. Sander,
Richterin am [X.]ndesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.] am [X.]ndesgerichtshof
Dölp,
Dr. Berger

als beisitzende Richter,

[X.]ndesanwalt

als Vertreter der [X.]ndesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

W.

als Verteidiger,

Rechtsanwalt K.

,
Rechtsanwältin B.

als Vertreter
der
Nebenklägerinnen,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
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-
für Recht erkannt:

1.
Auf die Revision der St[X.]tsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 13. Dezember 2016 dahingehend geändert, dass
a)
für den Mord lebenslange Freiheitsstrafe festgesetzt wird,
b)
der Angeklagte wegen Mordes und Störung der [X.] zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verur-teilt ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels sowie die hierdurch den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren ent-standenen notwendigen Auslagen zu tragen. Jedoch werden die Gebühr für das Revisionsverfahren um ein Achtel ermä-ßigt und der St[X.]tskasse ein Achtel der in der Rechtsmitte-linstanz entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklag-ten auferlegt.
2.
Die Revision des Angeklagten gegen das
genannte Urteil wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisions-verfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
-
Von Rechts wegen
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Gründe:
Das [X.] hatte den Angeklagten durch Urteil vom 1. April 2015 wegen Mordes in Tateinheit mit Störung der Totenruhe schuldig gesprochen, eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten festgesetzt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dieses Urteil hat der [X.] auf die Revisi-onen der St[X.]tsanwaltschaft und des Angeklagten mit den Feststellungen auf-gehoben ([X.], Urteil vom 6. April 2016

5 [X.]/15, [X.], 469). Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung hat das [X.] den Angeklag-ten wegen Mordes und Störung der Totenruhe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sieben Monaten verurteilt und bei den Taten verwendete Gegenstände eingezogen. Die hiergegen gerichtete, auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt erfolglos. Die [X.] hat mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, sachlich-rechtlich begründeten, auf Teile des Rechtsfolgenausspruchs beschränkten und vom [X.] insofern vertretenen Revision Erfolg, als sie die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe für die Mordtat sowie als Ge-samtstrafe erstrebt; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Das [X.] hat zu den Taten folgende Feststellungen getroffen:
Anfang September 2013 registrierte sich der Angeklagte auf einer Inter-netplattform, deren Nutzer sich mit kannibalistischen Phantasien beschäftigten. In der Folge verfasste der Angeklagte eine Vielzahl von Nachrichten an unter-eines Menschen interessiert zu sein, diese jedoch nur mit dem Einverständnis des anderen durchführen zu wollen, und bemühte sich, Treffen zu vereinbaren. Hierzu kam es in zwei Fällen.
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Am 12. September 2013 holte der Angeklagte den Zeugen

[X.].

in dessen über 450 km entferntem Wohnort ab. Dessen Wunsch, vom Angeklagten aufgespießt und gegrillt zu werden, wurde jedoch nicht erfüllt, weil der Angeklagte zögerte und schließlich mitteilte, dass er hierzu nicht mehr be-reit sei; der Zeuge [X.].

Bei seinen Versuchen, ein Treffen zu vereinbaren, hatte der Angeklagte nur noch bei dem 59 Jahre alten

St.

Erfolg. Dieser war zumindest seit 2011 im [X.] auf der Suche nach einer Person, die ihn
r-netplattform angemeldet. Am 2. Oktober 2013 nahm er Kontakt zum Angeklag-ten auf. In der Folge kam es wiederholt zu schriftlicher und telefonischer Kom-munikation. Immer wieder drang St.

hierbei auf eine konkrete [X.]. Am 4. November 2013 reiste er schließlich vereinbarungsgemäß mit dem [X.]s nach [X.], wo der Angeklagte ihn abholte. In der Nacht zuvor war dieser in seinem im [X.] des Hauses befindlichen [X.] vor eine
Video-kamera getreten. An seinem Geschlechtsteil manipulierend, kündigte er an: die Eier rausgeschnitten. Das wird [X.] für [X.] morgen werden. Sein fleischi-ges Etwas

wird sehr l

Auf der Fahrt vom [X.]sbahnhof unterhielten sie sich über das gemeinsa-me Vorhaben, zu dem St.

im Unterschied zum Angeklagten fest [X.] war und auf dessen Umsetzung er auch nach der Ankunft im [X.] drang. Beide kamen schließlich überein, dass der Angeklagte, motivierten [X.] seine dagegenstehende Hemmung, einen 4
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Menschen zu töten, daraufhin endgültierhängen, zerlegen und verspeisen sollte.
Dort war an einem Deckenbalken ein elektrischer Seilhebezug ange-bracht. An einem Kletterseil wurde ein sogenannter
Henkersknoten geknüpft. Die vorgefertigte Schlinge legte
sich St.

um seinen Hals. Das andere Ende des Seiles verknotete der Angeklagte an dem am Ende des zuvor herun-tergelassenen [X.] befindlichen Karabinerhaken. Auf St.

´ Auf-forderung fesselte der Angeklagte ihm die Hände auf dem
Rücken mit Kabel-bindern und verklebte den Mund mit Panzertape.
Zwischen 17.43 Uhr und 17.47 Uhr setzte der Angeklagte den Seilhebe-zug mittels der Fernbedienung in Bewegung. Infolge der sich um den Hals zu-ziehenden Henkersschlaufe wurde(n) die [X.](n) des anfangs noch aufrecht stehenden St.

abgedrückt; dieser wurde nach wenigen Se-kunden bewusstlos, was der voll schuldfähige Angeklagte erkannte. Er handel-te, um St.

in dessen Einverständnis zu töten. Durch die Tötung woll-sexuellen Lustgewinn versprach. Die Vorstellung der Empfindung sexueller Be-friedigung verband er insbesondere mit dem Herauspräparieren des [X.] fertigte ab 17.47 Uhr Videoaufnahmen an, um sich diese später zur eigenen sexuellen Befriedigung anschauen zu können. Er Leiche gegen das Pietätsgefühl der Allgemeinheit verstießen.
Nachdem der Körper des [X.] noch mehrfach deutlich sichtbar ge-zuckt hatte, schaltete der Angeklagte die Kamera aus und ließ die Seilwinde herunter. Dann durchschnitt er die Kehle des zu diesem Zeitpunkt möglicher-weise schon Verstorbenen und trennte den Kopf ab. Nachdem er die Kamera 7
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erneut eingeschaltet hatte, legte er Penis und beide Hoden frei, bevor er sie mit dem Messer komplett abtrennte. Sodann eröffnete er mit einem größeren Mes-ser die Bauchhöhle durch die vordere Rumpfwand. Um 18.14 Uhr stellte er die Kamera wieder aus. Als er sie um 19.02 Uhr erneut aktivierte, hatte er den Kör-per bereits weitgehend zerteilt. Er hatte den Rumpf durchschnitten und die [X.]--
versehenen Biertisch hatte er einzelne Körperteile abgelegt. Die Hoden und den der Angeklagte dabei,
wie er

nunmehr vollständig unbekleidet

die rechte Hand von dem auf einem Schneidebrett liegenden Arm abtrennte und im [X.] daran mit seinen blutigen Händen an seinem Penis manipulierte. Den Kopf kochte er; anschließend zertrümmerte er ihn mit einem Vorschlaghammer. Er zerlegte die Leiche noch in derselben Nacht in kleine Teile und vergrub sie im Garten, wo sie später fast vollständig aufgefunden wurden; lediglich ein [X.] und der Penis fehlten.
2. Das [X.] hat die Voraussetzungen einer
Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) verneint; der Tötungswunsch von St.

sei für den Ange-klagten nicht handlungsleitend gewesen. Es ist davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte wegen Mordes und Störung der Totenruhe schuldig gemacht habe. Er habe sowohl zur Befriedigung des [X.] als auch zur Er-möglichung einer Störung der Totenruhe (§ 168 Abs. 1 StGB) gehandelt.
Von der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe gemäß § 211 Abs. 1 StGB für den Mord hat das [X.] abgesehen u
Nr. 1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen. Eine dem entgegenstehende Bindungswirkung des ersten [X.]surteils in dieser Sache hat es verneint. 10
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Vielmehr sei die Anwendung der sogenannten
Rechtsfolgenlösung geboten, da Willen oder auf seinen Wunsch hin getötet werde; der Angeklagte habe zudem das Leben St.

´ seinen sexuellen Wünschen gerade nicht unterge-ordnet.
3. Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
a) Die Antragsschrift des [X.]s ergänzend, bemerkt der [X.] zu den erhobenen Verfahrensrügen:
[X.]) [X.], es habe mit der 5. Großen
Strafkammer kein Schwurge-richt entschieden, ist jedenfalls unbegründet. Denn diese war vom Geschäfts-verteilungsfür zurückverwiesene Verfahren der [X.] vorgesehen; dieser wiederum waren nach dem Vortrag der Revision ausschließlich [X.] zugewiesen. Es versteht sich danach von selbst, dass die [X.] insofern (jedenfalls auch) als Schwurgericht tätig werden sollte.
bb) Soweit die Revision einen
Verstoß gegen das Gebot fairen Prozes-sierens geltend macht, weil der Angeklagte und seine Verteidiger schon im [X.] und während der Hauptverhandlung durch falsche Erwartungen weckende seien, dringt sie damit nicht durch. Der Vorsitzende hat in einer ausführlichen dienstli-chen Erklärung dargelegt, die behaupteten Äußerungen nicht oder anders getä-tigt zu haben. Der [X.] braucht nicht zu entscheiden, ob die Verfahrensrüge aus diesem Grund
bereits unzulässig sein könnte. Jedenfalls ist sie unbegrün-det, weil sich dem (erwiesenen) Verhalten des Vorsitzenden auch in einer [X.] kein täuschendes Element entnehmen lässt.
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[X.]) [X.] eines Verstoßes gegen § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG erweist sich als unbegründet. Der [X.] kann aus den von dem [X.] in seiner Antragsschrift aufgeführten Gründen ausschließen (§ 337 Abs. 1 [X.]), dass der Angeklagte in seinem letzten Wort oder seine Verteidiger in den [X.] zusätzliche
entlastende Umstände wegen der anwesen-den Öffentlichkeit nicht vorgebracht hat.
b) Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin hat ebenfalls keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler aufgedeckt.
[X.]) Die (revisionsgerichtlicher Prüfung nur eingeschränkt zugängliche) Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Das [X.] hat sich mit den während des Verfahrens mehrfach wechselnden Angaben des Angeklagten auseinandergesetzt und diese danach zum Kerngeschehen mit plausiblen Er-wägungen als unzutreffend bewertet. Insbesondere erweisen sich die zum fest-gestellten Tötungsgeschehen angestellten Berechnungen als richtig, die daraus gezogenen Schlüsse als möglich und somit rechtsfehlerfrei. Das [X.] hat seine aufgrund einer Gesamtschau aller wesentlichen Umstände gewonne-ne Überzeugung, St.

habe sich nicht selbst getötet, tragfähig [X.]. Angesichts dessen war es nicht geboten, den
im ersten Urteil des Se-nats ([X.], Urteil vom 6. April 2016

5 [X.]/15, [X.], 469) bezeich-neten Rekonstruktionsversuch durchzuführen.
bb) Auch die vom Tatgericht vorgenommene rechtliche Würdigung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere hat es rechtsfehlerfrei die Voraussetzun-gen einer Tötung auf Verlangen (§ 216 Abs. 1 StGB) verneint. Hierfür hätte der Angeklagte durch St.

zur Tötung bestimmt worden, d. h. dessen Tö-tungsverlangen hätte handlungsleitend gewesen sein müssen (vgl. [X.], Urteil vom 22. April 2005

2 [X.], [X.]St 50, 80, 91 f.). Das war nach den 16
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Feststellungen aber nicht der Fall. Zwar sah der Angeklagte das Einverständnis seines Opfers als Voraussetzung für die Tat an.
Bei der Tötung zielte er aber darauf ab, seinen Geschlechtstrieb zu befriedigen und durch die Zerstückelung der Leiche die Totenruhe zu stören, so dass die Verwirklichung der beiden vom [X.] zutreffend bejahten Mordmerkmale im Vordergrund stand (vgl. [X.], [X.]O, 86 ff. einer-
und 88 ff. andererseits).
[X.]) Einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten weist die Strafzu-messung nicht auf.
4. Die Revision der St[X.]tsanwaltschaft hat im eingangs dargelegten Um-fang Erfolg. Hierauf sowie auf die Entscheidung nach den §§ 57a, 57b StGB ist sie beschränkt. Das Rechtsmittel erfasst daher nicht die für die Störung der To-tenruhe zugemessene fünfmonatige Freiheitsstrafe und die Einziehungsent-scheidung.
a) Zwar hat die St[X.]tsanwaltschaft ihre Revision mit der Begründungs-
nge Freiheitsstrafe zu ver-hängen und den Angeklagten zu einer Gesamtstrafe von lebenslanger Frei-s-schließlich mit der vom [X.] angewendeten sogenannten
Rechtsfolgen-lösung und wendet sich nicht gegen die übrigen Rechtsfolgenaussprüche.
Die Beschränkung der Revision in dem dargestellten Umfang ist auch wirksam. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Aussprüche über einzelne Rechtsfolgen grundsätzlich selbständig angegriffen werden können. [X.] ist jedoch, dass zwischen angefochtenen und übrigen Rechtsfolgen keine Wechselwirkung besteht (vgl. [X.], Urteil vom 7. Mai 2009

3 [X.]). So 20
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verhält es sich hier. Dem Urteil sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass zwischen der unterbliebenen Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe und der weiteren festgesetzten Einzelstrafe bzw. der Einziehungsentscheidung ein innerer Zusammenhang besteht und das [X.] bei Festsetzung der [X.] Strafe die beiden genannten Rechtsfolgen anders bestimmt hätte. [X.] kann die nachgeordnete Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, nicht vom Revisionsangriff ausgenommen werden.
b) Das [X.] hat zu Unrecht davon abgesehen, den Mord mit le-benslanger
Freiheitsstrafe zu sanktionieren. Dabei kann dahinstehen, ob es bereits durch die sich aus § 358 Abs. 1 [X.] ergebende Bindungswirkung ge-hindert war, wiederum die sogenannte
Rechtsfolgenlösung heranzuziehen.
Denn die St[X.]tsanwaltschaft beanstandet zu Recht, dass das [X.] unter Heranziehung der sogenannten
Rechtsfolgenlösung von der [X.] der nach § 211 Abs. 1 StGB bei einer Verurteilung wegen Mordes vorgeschriebenen lebenslangen Freiheitsstrafe abgesehen hat, weil die Vo-raussetzungen dieser Milderungsmöglichkeit nicht erfüllt sind. Der [X.] kann daher auch die Fragen unbeantwortet lassen, ob er selbst an seine in der [X.] Entscheidung in dieser Sache ([X.], Urteil vom 6. April 2016

5 [X.]/15, [X.], 469) vertretene diesbezügliche Rechtsansicht ge-bunden ist (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 7. November 1985

[X.], [X.]St 33, 356, 360
ff.; Beschluss vom 10. Januar 2007

5 [X.], [X.]St 51, 202, 204 f.; LR/[X.], [X.], 26. Aufl., § 358 Rn.
15) und ob an der sogenannten
Rechtsfolgenlösung überhaupt festzuhalten ist.

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[X.]) Die ihr zugrundeliegende Entscheidung des Großen [X.]s für Straf-sachen ([X.], Beschluss vom 19. Mai 1981

[X.], [X.]St 30, 105) be-traf allein das Mordmerkmal der Heimtücke. Eine Anwendung der insofern
auf-gestellten Grundsätze auch auf die hier erfüllten Mordmerkmale der [X.] des [X.] sowie der Ermöglichungsabsicht ist weder von Verfassungs wegen ([X.], NJW 2009, 1061, 1062 ff.) noch einfachgesetzlich geboten (ebenso zur Habgier
[X.], Urteil vom 15. November 1996

3 StR 79/96, [X.]St 42, 301, 304). Dies käme allenfalls in Betracht, wenn Entlastungsfaktoren, die den Charakter außergewöhnlicher Umstände habvorläGrenzfall

([X.]E 45, 187, 266, 267) eintritt, in [X.] die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe trotz der Schwere des tatbe-standsmäßigen Unrechts wegen erheblich geminderter Schuld unverhältnismä-

[X.], [X.]St 30, 105, 118 f.). Dies soll etwa bei Taten in Betracht gezogen werden können, die durch eine notstandsnahe, ausweglos erscheinende Situation motiviert, in großer Ver-einer schweren Provokation verübt worden sind oder in
einem vom Opfer verur-sachten und ständig neu angefachten, zermürbenden Konflikt oder in schweren Kränkungen des [X.] durch das Opfer ihren Grund haben, die das Gemüt immer wieder heftig bewegen ([X.], [X.]O, 119). Es müssten schuldmindernde Umstände besonderer Art vorliegen, die in ihrer Gewichtung gesetzlichen [X.] vergleichbar sind und im Hinblick auf die überragende Bedeutung des geschützten Rechtsguts nicht voreilig bejaht werden dürfen ([X.], Urteile vom 10. Mai 2005

1 StR 30/05, [X.]R StGB § 211 Abs. 1 Strafmilderung 7; vom 23. November
2004

1 [X.], [X.], 154, 155).

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bb) Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Der Angeklagte handelte nicht aus einer außergewöhnlichen Notlage heraus; er befand sich auch nicht in einer den
angeführten Beispielen entsprechenden notstandsnahen Bedrängnis. Vielmehr tötete er primär zur Befriedigung seines [X.]. Dabei er-wächst der gesteigerte Unwert der Tat aus dem groben Missverhältnis von [X.] und Zweck, indem der Täter das Leben eines anderen Menschen der Befrie-digung eigener Geschlechtslust unterordnet ([X.], Urteil vom 22. April 2005

2 [X.], [X.]St 50, 80, 86). In einem solchen Fall
ist die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe nur dann unverhältnismäßig, wenn der ([X.]) Tat das Merkmal einer besonderen Verwerflichkeit nicht anhaftet ([X.], NJW
2009, 1061, 1063). Dies ist hier nicht gegeben. Denn die vom Angeklagten erstrebte sexuelle Befriedigung bezog sich auf den Lustgewinn während des [X.] der
Leiche ([X.]). Sie war damit in spezifischer Weise auf den [X.] selbst bezogen.
An der sich hierauf gründenden besonderen Verwerflichkeit der Tötung vermochte im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung auch der Wunsch des [X.], getötet zu werden, nichts zu ändern. Ihm kommt daher eine beson-dere schuldmindernde Wirkung nicht zu. Das menschliche Leben steht in der Werteordnung des Grundgesetzes

ohne zulässige Relativierung

an oberster Stelle der zu schützenden Rechtsgüter ([X.], Urteil vom
7. Februar 2001

5 StR 474/00, [X.]St 46, 279). Hierdurch wird auch die sich aus § 216 StGB ergebene [X.] legitimiert ([X.], Urteil vom 20. Mai 2003

5 [X.], NStZ
2003, 537). Nur unter den engen

vom [X.] rechtsfehlerfrei verneinten

Voraussetzungen dieser Vorschrift kann eine [X.] bei einer vorsätzlichen Tötung eines Menschen Bedeutung erlangen und die Tat in einem milderen Licht erscheinen lassen. Ein Absehen von der 27
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Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe kommt
mithin vorliegend nicht in Betracht.
c) An die Stelle der vom [X.] für den Mord verhängten [X.] von acht Jahren und sechs Monaten tritt daher lebenslange [X.], auf die der [X.] gemäß § 354 Abs. 1 [X.] erkannt hat (vgl. [X.], Urteil vom 2. Februar 2000

2 [X.], [X.], 168). Aus dieser Einsatz-strafe und der wegen Störung der Totenruhe festgesetzten fünfmonatigen Frei-heitsstrafe hat er die nach § 54 Abs. 1 Satz 1 StGB allein zulässige lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe gebildet.
d) Einer Zurückverweisung der Sache im Übrigen bedurfte es nicht. Zwar handelt es sich bei der Frage, ob die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt (vgl. § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB), um eine primär tatgerichtli-che Wertung (vgl.
[X.], Beschluss vom 22. November 1994

[X.], [X.]St 40, 360, 366 f.; Urteil vom 2. Februar 2000

2 [X.],
[X.], 168). In
Übereinstimmung mit dem [X.] schließt der [X.] aber angesichts der besonderen Tatumstände, namentlich des vom Opfer gebilligten Vorgehens des Angeklagten, aus, dass ein neu ent-scheidendes Tatgericht sie aufgrund der gebotenen zusammenfassenden Wür-digung der Straftaten (§ 57b StGB) bejahen würde. Die Revision der St[X.]tsan-waltschaft war aus diesem Grund insoweit zu verwerfen.
5. Die Entscheidung über die Kosten der Revision des Angeklagten folgt aus § 473 Abs. 1 [X.], diejenige über die Kosten der teilweise erfolglosen Re-vision der St[X.]tsanwaltschaft aus § 473 Abs. 4 [X.]. Der [X.] sieht keinen Anlass,
den Angeklagten von einem Teil der notwendigen Auslagen der Neben-29
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klägerinnen im Revisionsverfahren zu entlasten (vgl. [X.], Beschlüsse vom
11. August 1993

2 StR 384/93, [X.]R [X.] § 473 Abs. 4 Quotelung 7; vom 17. September 1998

5 [X.]/98).

Mutzbauer Sander [X.]

Dölp Berger

Meta

5 StR 267/17

21.02.2018

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2018, Az. 5 StR 267/17 (REWIS RS 2018, 13565)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13565

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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5 StR 267/17

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