Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.08.2002, Az. 2 StR 111/02

2. Strafsenat | REWIS RS 2002, 1852

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[X.] DES [X.]/02vom21. August 2002in der [X.] schweren Raubes u.a.- 2 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 21. [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin am [X.]. [X.] [X.]in am [X.]. [X.],[X.] am [X.],Prof. Dr. [X.],[X.]in am [X.],[X.]als Vertreter der [X.],Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Die Revisionen der Staatanwaltschaft und des Angeklagten [X.] gegen das [X.]eil des [X.] vom 6. [X.] werden als unbegründet verworfen; jedoch wird auf die Re-visionen der Staatsanwaltschaft der [X.] dahin geändert,daß die Angeklagten des schweren Raubes in Tateinheit mit ge-fährlicher Körperverletzung in drei tateinheitlich zusammentref-fenden Fällen schuldig sind.Die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft und die [X.] Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen der [X.] fallen der Staatskasse zur Last.Der Angeklagte [X.] trägt die Kosten seines Rechtsmittels unddie der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigenAuslagen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat die Angeklagten wegen schweren Raubes in [X.] mit Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung für schuldigbefunden und den Angeklagten [X.]zu einer Freiheitsstrafe von fünf [X.] sechs Monaten, den Angeklagten [X.]zu einer Freiheitsstrafe von fünfJahren, den Angeklagten [X.]zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren undden Angeklagten [X.]unter Einbeziehung eines anderen [X.]eils zu [X.] 4 -Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dagegen wenden sich die Re-vision des Angeklagten [X.]mit Verfahrensrügen und der Sachrüge und diezum Nachteil der Angeklagten eingelegten - vom [X.] nichtvertretenen - auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft,mit denen insbesondere die Strafzumessung beanstandet wird.Das [X.] hat folgendes festgestellt:Nach einem gemeinsamen, im wesentlichen von dem Angeklagten [X.] entwickelten [X.] drangen die Angeklagten, versehen mit zwei ungela-denen Gaspistolen, einem Messer, einer Rohrzange, Kordeln und einem Kabel,am 30. März 2001 nach [X.] in einen Großmarkt ein, um das inden Tresoren des Unternehmens verwahrte Geld zu erbeuten. Ein noch imUnternehmen befindlicher Mitarbeiter, der Zeuge [X.], wurde von dem Ange-klagten [X.]mit der Pistole geschlagen und zu Boden gestoßen, eine Mitar-beiterin, die Zeugin [X.], zunächst gegen einen [X.]reibtisch gestoßen undsodann mit Todesdrohungen genötigt, die Tresore zu öffnen. Aus den Tresorenentnahmen die Angeklagten [X.]und [X.] sodann Hart- und [X.]ein-geld im Wert von 140.000,-- DM. Der Angeklagte [X.]hatte währenddesseneinen weiteren noch im Verkaufsraum befindlichen Mitarbeiter, den [X.]., mit der Pistole niedergeschlagen und ihn gemeinsam mit dem [X.]gefesselt. Als die Beute bereits verpackt und die Angeklagten [X.] waren, das Gebäude zu verlassen, wurde die Nebenklägerin [X.] dem Angeklagten [X.] oder [X.]in das Gesicht getreten oder mit ei-nem festen Gegenstand geschlagen und der gefesselte Zeuge [X.]. [X.] dem Angeklagten [X.]oder [X.]dreimal in die Seite getreten. [X.] insoweit weder einen Täter ermitteln noch einen gemeinsamen- 5 -[X.] dahin feststellen konnte, daß die Angeklagten auch Gewaltakte [X.] - ohne Bezug auf die erstrebte Tatvollendung - billigend in Kauf genommenhatten, sind diese Verletzungshandlungen keinem der Angeklagten zugerech-net worden.Die Revisionen der Staatsanwaltschaft führen zu der aus dem [X.] ersichtlichen [X.]uldspruchänderung, im übrigen haben sie ebenso wie [X.] des Angeklagten [X.] keinen Erfolg.[X.] Die Revision des Angeklagten [X.]1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.Die Revision beanstandet eine Verletzung der §§ 249, 256, 261 StPO,weil entgegen den Ausführungen in den [X.]eilsgründen ein Arztbericht vom18. Juli 2001 über Verletzungen der Zeugin [X.] nicht Gegenstand der [X.] gewesen sei und für die Verlesung zweier weiterer ärztlicher At-teste weder die Voraussetzungen des § 251 StPO noch des § 256 StPO gege-ben seien.Ein Verstoß gegen § 261 StPO ist nicht bewiesen:Nach den [X.] ist davon auszugehen, daß der [X.] vom 18. Juli 2001 jedenfalls im Wege des - nicht protokollierungspflichti-gen - [X.] und der Bestätigung seines Inhalts durch die Zeugin in [X.] eingeführt worden ist. Da die Kammer die Zuordnung der(attestierten) Verletzungshandlungen auf die Bekundungen der Zeugin [X.] -ist eine Erörterung der Verletzungen mit der Zeugin anhand des Attestes nahe-liegend. Im übrigen betrifft der von der Revision vorgelegte Arztbericht lediglichKopfverletzungen, die ersichtlich durch die spätere keinem der Angeklagtenzugerechneten Exzesshandlung verursacht wurde und auf deren Einzelheitenes nicht ankam.Soweit die Revision die unzulässige Verlesung der ärztlichen Attestebezüglich der Verletzungen der Zeuge [X.] und [X.]. rügt, kann dahinstehen, obdie Voraussetzungen für eine Verlesung nach § 256 StPO vorgelegen haben.Allerdings ist eine Verlesung eines ärztlichen Attestes nach dieser Vorschriftauch für den Fall tateinheitlichen Zusammentreffens einer (nicht schweren)Körperverletzung mit einem anderen Delikt zulässig, wenn sie ausschließlichzu ihrem Nachweis oder des sie betreffenden [X.]uldumfangs dient ([X.]St 33,389f, [X.]R StPO § 256 Abs. 1 Körperverletzung 1). Jedenfalls ist aber [X.], daß das [X.]eil auf einer möglicherweise verfahrensfehlerhaftenVerlesung der ärztlichen Atteste beruhen kann. Das [X.] hat die Fest-stellung, daß die Angeklagten [X.] und [X.] die Zeugen [X.] und [X.]. [X.] Pistolen geschlagen und die von den Zeugen dadurch erlittenen Verlet-zungen auf die glaubhaften Bekundungen dieser Zeugen gestützt, die diesesVerhalten der Angeklagten detailliert geschildert haben. Die geständigen [X.] haben dies nicht bestritten oder - so der Angeklagte [X.] - sogarausdrücklich eingeräumt. Im Rahmen der Zeugenvernehmungen wurden dieärztlichen Atteste laut Sitzungsprotokoll erörtert und die dort attestierten [X.] - davon ist auszugehen - im Wege des [X.] eingeführt. [X.] in den [X.]eilsgründen, daß durch die ärztlichen Atteste die geschil-derten Verletzungen bestätigt wurden, besagt unter diesen Umständen nicht- 7 -mehr, als daß sie ergänzend - zur Bestätigung der bereits auf Grund [X.] gewonnenen sicheren Überzeugung - herangezogen wurden.2. Eine Überprüfung des [X.]eils auf die Sachrüge deckt keinen Rechts-fehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Eine Strafrahmenmilderung nach§§ 21, 49 Abs. 1 StGB hat die Kammer zu Recht verneint. Sie käme im übrigenhier auch schon deshalb nicht in Betracht, weil der Angeklagte denTatentschluß im voll schuldfähigen Zustand gefaßt und sich lediglich für [X.]" hat. Auch die Voraussetzungen für eineStrafrahmenverschiebung nach § 46a StGB lagen nicht vor. Die Vorschrift des§ 46a Nr. 1 StGB setzt nach ständiger Rechtsprechung und nach der gesetz-geberischen Intention einen kommunikativen Prozeß zwischen Täter und [X.], der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verur-sachten Folgen gerichtet sein muß (vgl. [X.], [X.]. vom 31. Mai 2002 - 2 [X.]/02; vom 31. Mai 2002; [X.]R StGB § 46a Wiedergutmachung 1). Dafür isteine von beiden Seiten akzeptierte, ernsthaft mitgetragene Regelung [X.], die hier weder nach den [X.]eilsgründen noch nach dem [X.] vorgelegen hat.I[X.] Die Revisionen der [X.] Überprüfung des [X.]eils auf die Sachrüge deckt zum [X.]uldsprucheinen Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf: Das [X.] hat dieallen Angeklagten zugerechneten Körperverletzungshandlungen der Ange-klagten [X.] und [X.] , soweit sie die Zeugen [X.] und [X.]. betreffen, alsgefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Ziff. 2 StGB, soweit sie dieZeugin [X.] betreffen, als Körperverletzung nach § 223 StGB gewertet. Da die- 8 -Angeklagten auf Grund eines gemeinsamen [X.]s, der auch den Einsatzeinfacher körperlicher Gewalt und der mitgeführten Waffen als [X.]lagwerkzeu-ge umfaßte, gehandelt haben, sind ihnen diese Körperverletzungshandlungennicht nur als Mittäter zuzurechnen, sie haben auch in allen drei Fällen einegefährliche Körperverletzung in der Form der gemeinschaftlichen Tatbegehung(§ 224 Abs. 1 Ziff. 4 StGB) begangen. Dem steht nicht entgegen, daß nicht alleAngeklagten sich eigenhändig an der Mißhandlung der Opfer beteiligt haben.Es reicht aus, daß bei der Verwirklichung des [X.] zwei Täter dem Opfer gegenüberstehen ([X.] GA 1986, 229). [X.] ist nach den Feststellungen auszugehen.Der [X.]uldspruch war entsprechend dem [X.] zu ändern. § 265StPO steht nicht entgegen, weil auf die Tatbestandsalternative des § 224Abs. 1 Nr. 4 StGB bereits in der Anklage hingewiesen worden ist.Es kann jedoch ausgeschlossen werden, daß der Strafausspruch aufdiesem Rechtsfehler beruht. Das [X.] hat den [X.] § 250 Abs. 3 StGB angewandt. In diesem Zusammenhang hat es auch [X.] des qualifizierten Körperverletzungstatbestands - ohne Diffe-renzierung etwa hinsichtlich der nur als einfache Körperverletzung gewertetenHandlung gegenüber der Zeugin [X.] - gewürdigt und die besondere Gefähr-lichkeit mehrerer Angreifer strafschärfend berücksichtigt. Im übrigen ist [X.] und die konkrete Strafzumessung nicht zu beanstanden. [X.] für das Vorliegen eines minder schweren Falls ist nach der Recht-sprechung des [X.], ob das gesamte Tatbild einschließlich allersubjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfah-rungsgemäß vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht,- 9 -daß die Anwendung des [X.] geboten erscheint. Dem [X.] obliegt es, im Rahmen einer Gesamtwürdigung alle maßgeblichen Um-stände, die - sei es, daß sie dem Tatgeschehen vorausgehen, ihm innewoh-nen, es begleiten oder ihm nachfolgen - in objektiver und subjektiver Hinsichtdie Tat und die Person des [X.] kennzeichnen, nach pflichtgemäßem Er-messen gegeneinander abzuwägen. Das Ergebnis seiner Würdigung ist [X.] nur begrenzt nachprüfbar. Es kann nur dann eingreifen, wenndie Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, das Tatgericht recht-lich anerkannte Strafzwecke außer Betracht läßt oder sich die Strafe so [X.] oben oder nach unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter [X.]uldaus-gleich zu sein (st. Rspr.; [X.]St 29, 319, 320; [X.]R StGB § 250 Abs. 3 [X.] derartiger Rechtsfehler liegt hier nicht vor. Das [X.] hat nichtübersehen, daß die Tat detailliert geplant und mit hoher Kriminalität - [X.], Maskierung und Bewaffnung - ausgeführt worden ist und bei [X.] zu erheblichen psychischen Folgen geführt hat. Zugunsten [X.] hat die Kammer dem nach ihrem Eindruck aufrichtigen Bedauernder Tat durch die Angeklagten entscheidendes Gewicht beigemessen, die sichin der Hauptverhandlung bei den geschädigten Zeugen entschuldigt haben.[X.] hat es daneben gewertet, daß die Angeklagten noch sehr jung, ingewissem Grade alkoholisch enthemmt (vgl. auch [X.] NStZ 1995, 282) undzum Teil zwar strafrechtlich schon in Erscheinung getreten, aber [X.]. Auch das Geständnis der Angeklagten konnte als [X.] he-rangezogen werden. Dem steht nicht entgegen, daß die [X.] nicht klä-ren konnte, wem die Exzeßhandlungen zum Nachteil der Zeugin [X.] und desZeugen [X.]. zuzurechnen waren. Daß diese Mißhandlungen den Zeugen den- 10 -Angeklagten als jedenfalls fahrlässig verschuldete [X.] anzulasten seien- wie die Revision meint - hätte die Vorhersehbarkeit dieser Verletzungshand-lungen vorausgesetzt. Daß sich die Kammer davon bei der ersten [X.] offenbar nicht zu überzeugen vermochte, ist hin-zunehmen. Auszuschließen ist auch, daß die Kammer die Höhe der [X.] hat. Unbedenklich ist in diesem Zusammenhang schließlich auch,daß die geringere Gefährlichkeit der verwandten Waffen in ihrer konkreten An-wendung strafmildernd herangezogen ist, wenn auch diese Tatsache für sichgesehen - wie sich schon aus der gegenüber § 250 Abs. 3 StGB [X.] des § 250 Abs. 1 StGB ergibt - nicht geeignet wäre, einen minderschweren Fall zu begründen.[X.] [X.] Rothfuß [X.] Elf

Meta

2 StR 111/02

21.08.2002

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.08.2002, Az. 2 StR 111/02 (REWIS RS 2002, 1852)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1852

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