Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2002, Az. IX ZR 35/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 2922

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[X.]NDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:6. Juni [X.] dem [X.]:ja[X.]Z:nein [X.] § 28 Abs. 1 Satz 2, § 41 Abs. 2 Satz 1Die Beweiserleichterung für den [X.] zwischen Verfolgung undTod in Form eines Wahrscheinlichkeitsnachweises gilt für den gesamten zwischendiesen Ereignissen liegenden Krankheitsverlauf bei dem Verfolgten einschließlichder Todesfolge.[X.], Urteil vom 6. Juni 2002 - [X.] - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] durch [X.] [X.] und die [X.], Dr. Fischer, Raebel und [X.]fr Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] [X.] vom 7. Dezember 2000 auf-gehoben.Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entschei-dung, aucr die auûergerichtlichen Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurckverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin verlangt Hinterbliebenenrente nach ihrem 1986 verstorbe-nen Ehemann, der als rassisch Verfolgter des [X.] Sprach- und Kultur-kreises aus den Vertreibungsgebieten eine Entschädigungsrente bezog. [X.], [X.] psychische Nachwirkungen der Verfolgung zunächst labilenHochdruck und Übergewicht ausgelöst, dann eine Arteriosklerose mit koronarerHerzerkrankung zur Folge gehabt und letztlich den tödlichen Herzinfarkt ihresEhemannes verursacht haben.- 4 -Der Beklagte hatte bereits 1985 einen Verschlimmerungsantrag desVerstorbenen mit der [X.], [X.] die 1980 und 1981 erlittenenbeiden ersten Herzinfarktig von der Verfolgung aufgetreten seien.[X.] die Gesundheitsverschlechterung undden Tod des Ehemannes der [X.] hat der Beklagte auch im gegenwrtigenVerfahren geltend gemacht.Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Der [X.] die hiergegen gerichtete Revision der [X.] wegen Bedeutung fr dieBeweisanforderungen bei [X.] § 41 [X.] [X.].[X.]:Die Revision ist [X.], der Rechtsstreit mangels hinreichenderFeststellungen jedoch nicht zur Endentscheidung reif.[X.] Berufungsgericht ist davon ausgegangen, [X.] es fr den [X.] mehrgliedrigen [X.]s zwischen der Verfolgung unddem Tod des Verfolgten, wie hier, einer an Sicherheit grenzenden Wahr-scheinlichkeit rfe. Da die unmittelbare Todesursache, der tliche [X.] 5 -infarkt, nur als (entfernter) [X.]haden des ersten [X.]s in [X.] komme, ie einfache Wahrscheinlichkeit gemû § 41 Abs. 2Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] insoweit nicht. Auf das schriftliche Ern-zungsgutachten des gerichtlichen [X.]vom [X.], in welchem die einfache Wahrscheinlichkeit der mit der Klage behaup-teten [X.] zwischen Verfolgung und Tod entgegen anderweitigenStellungnahmen bejaht worden ist, kam es deshalb nach Ansicht des [X.] ebenso wie auf die Vernehmung weiterer Zeugen nicht mehr an.[X.] der Begrs Berufungsgerichtes kann die angefochtene Ent-scheidung nicht bei Bestand bleiben.1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts greift die Beweiser-leichterung der § 41 Abs. 2 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] (hier in [X.] den §§ 150, 151, 159 [X.]) fr Hinterbliebene auch dann ein, wenn zwi-schen Verfolgung und Tod des Arigen mit dem Eintritt eines unmittelba-ren [X.]s und dem steren Hinzutritt eines oder mehrerer [X.], aus dem oder aus denen sich die akute Todesursache entwickelt,eine medizinisch mehrgliedrige [X.] liegt. [X.] auch frden von der [X.] behaupteten mehrgliedrigen [X.]zwischen Verfolgung und Tod ihres Ehemannes insgesamt der Wahrschein-lichkeitsnachweis.- 6 -a) Das Berufungsgericht beruft sich fr seine abweichende Auffassungauf [X.] (Die Wiedergutmachung [X.], [X.]), der bei der Entscigung fr Krperschie Beweiser-leichterung des § 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] nur einem unmittelbaren [X.] zubilligt und bei [X.], fr welche die Verfolgung nur die mittel-bare Ursache darstellt, den Vollbeweis fordert. Diese Stellungnahme ist [X.] geblieben. Gegen sie sprechen allgemeine Auslegungsgrundstzeund die bisher ergangene Rechtsprechung des [X.] zum Bun-desentscigungsgesetz, an welcher der Senat festlt.b) Die vom [X.] fr das Entscigungsrecht in stigerRechtsprechung angewendete "wertende" Aztheorie gilt nicht nur frdie Prfung der haftungsbegrSchadenszurechnung im [X.]von Verfolgung und einem unmittelbar hierauf beruhenden ersten Schaden [X.] (vgl. dazu [X.], Urt. v. 23. Juni 1977 - [X.]/73,[X.] 1977, 166, 167 m.w.[X.]; v. 12. Februar 1981 - [X.], [X.] 1981,71), sondern auch fr die haftungsausfllende Kausalitt im [X.] zu wei-teren krperlichen [X.]mit [X.] der Todesfolge. [X.] ist, inwieweit hier die verfolgungseigentmliche Opfer- und Gefahrenlagein der Person des Verfolgten noch [X.] hat. Mit diesem [X.] ist eine Leistungsbeschrkung, die zwischen unmittelbaren undmittelbaren (entfernteren) [X.], unvereinbar. Eine solcheUnterscheidung findet daher innerhalb des Bundesentscigungsgesetzesnicht statt (zu § 41 [X.] a.F. vgl. [X.], Urt. v. 22. Dezember 1961 - [X.], [X.] 1962, 266, 267; v. 17. Februar 1965 - [X.], [X.] 1965,310, 311; allgemein siehe [X.]/Giessler, [X.]-Schluûgesetz 1967 § 1 [X.]Anm. [X.]). Die [X.] selbst sind vielmehr schon- 7 -zur Wiedergutmachung eines mittelbaren Schadens geschaffen (vgl. [X.], [X.]. 8. Dezember 1967 - [X.], [X.] 1968, 174).c) Vor diesem [X.], den auch das [X.] in Zweifel gezogen hat, widerspricht in Fllen eines medizinisch mehr-gliedrigen [X.]s zwischen Verfolgung und Tod, wie nachdem Klagevorbringen hier, eicke zwischen den Beweiserleichterungen,die in § 41 Abs. 2 Satz 1 [X.] zugunsten des Hinterbliebenen und in § 28Abs. 1 Satz 2 [X.] zugunsten des Verfolgten gewrt werden, dem Gesetz.Beide Vorschriften enthalten in ihrem Wortlaut keine Andeutung, nach der sichdie Beweiserleichterung anders als der materielle Anspruch nur auf die jeweilschste Schadensfolge bzw. Schadensursache beziehen sollen. Ein entspre-chender Hinweis lût sich auch der Vor- und Entstehungsgeschichte der ge-nannten Vorschriften nicht entnehmen. Entgegen [X.] (aaO) kmittel-bare [X.], die wahrscheinlich auf die Verfolgung zurck-gehen, auch nicht allein wegen der kausalen Entfernung als "Drittsc"gewertet werden, weil nicht erst das Dazwischentreten [X.] dritter Personen oder des Verfolgten selbst die scliche [X.] bewirkt haben (vgl. dazu [X.]Z 18, 286, 287 f). Der [X.] die mindestens doppelgliedrige Kausalkette von der [X.] zum Tod ist fr [X.] nach § 28Abs. 1 Satz 2, § 41 Abs. 2 [X.] mithin nicht nur grundstzlic(vgl.schon [X.], Urt. v. 8. Dezember 1967 aaO), sondern auch dann maûgebend,wenn innerhalb der [X.] durch Hinzutreten krankheitssti-gender Anlagen des Verfolgten eine Weiterentwicklung stattgefunden [X.] -2. Das Berufungsgericht hat nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt, [X.]ein urschlicher Zusammenhang zwischen dem auf der [X.] an Krper oder Gesundheit und dem Tod des Ehemannes der Kle-rin entgegen dem Klagevorbringen nicht wahrscheinlich ist. Der gerichtlicheSachverstige [X.]hat in seinem letzten [X.] vom26. Juni 2000 ([X.], 242 f) die Wahrscheinlichkeit einer solchen Kausal-kette bejaht. Wenn das Berufungsgericht sich in seiner Beweiswrdigung da-von nicht hat rzeugen k([X.] 17 a.E. f) und seine Zweifel zur [X.] machen wollte, stte es die von der [X.] bean-tragte erneute Arung des [X.] ([X.] unten) nach den§§ 402, 397 ZPO nicht unterlassrfen (vgl. [X.]Z 6, 398, 400; [X.], Urt. [X.] Mai 2001 - [X.]/00, NJW-RR 2001, 1431, 1432 m.w.[X.]; auûerdemBVerfG NJW 1998, 2273). Es [X.]te dann auch die im Schluûsatz des Beru-fungsurteils angesprochene Vernehmung weiterer Zeugen prfen.[X.] kann demnach derzeit der Hinterbliebenenanspruchder [X.] nicht schon mangels Wahrscheinlichkeit des urschlichen Zu-sammenhangs zwischen Verfolgung und Tod ihres Ehemannes verneint [X.] Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurckzuverweisen,damit abschlieûend festgestellt werden kann, ob der behauptete [X.] zwischen Verfolgung und Tod des Ehemannes der [X.] [X.] der gesetzlichen Beweiserleichterung wahrscheinlich ist. Je weiter derTod des Verfolgten von seiner mlichen Verfolgungsursache entfernt ist, [X.] schwieriger lût sich der Wahrscheinlichkeitsnachweis fren. Zum [X.] jedes Glied der behaupteten Kausalkette gesondert festgestellt [X.] 9 -den, [X.] mehr fr als gegen die Verfolgung als fortwirkende Ursache [X.] spricht. Zum anderen [X.] auch die Gesamtwrdigung [X.] zwischen dem ersten verfolgungsbedingten Krperschaden unddem Tod die Wahrscheinlichkeit eines Weiterwirkens der verfolgungseigen-tmlichen Opfer- und Gefahrenlr die ganze Lebensstrecke des [X.] mit [X.] seiner unmittelbaren Todesursache ergeben.In diesem von § 41 Abs. 2 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] gezogenenRahmen hat das Berufungsgericht nach Zurckverweisung insbesondere zuprfen, ob die Herzerkrankung des Verfolgten als Anlage- oder Drittschadenbetrachtet werden [X.], auf dessen Entstehung und tlichen Verlauf die [X.] keinen wahrscheinlichen [X.] mehr hatten.[X.] Kirchhof Fi-scher Raebel [X.]

Meta

IX ZR 35/02

06.06.2002

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2002, Az. IX ZR 35/02 (REWIS RS 2002, 2922)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2922

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