Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2014, Az. NotZ (Brfg) 20/13

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2014, 7073

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Gegenstand

Notarbestellungsverfahren in Berlin: Genehmigungsbedürftigkeit einer Tätigkeit des Bewerbers im Vorstand eines gemeinnützigen Vereins; Prüfung der persönlichen Eignung bei fehlerhaften Angaben im vorangegangenen Bestellungsverfahren zum Notarvertreter zu Nebentätigkeiten


Leitsatz

1. Die Tätigkeit im Vorstand eines gemeinnützigen Vereins, der keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreibt, fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 BNotO.

2. Zur Prüfung der persönlichen Eignung für ein Notaramt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO, wenn in vorangegangenen Bestellungsverfahren zum Notarvertreter fehlerhafte Angaben zu ausgeübten Nebentätigkeiten gemacht worden waren.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Kammergerichts vom 16. September 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehen im Ergebnis weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des [X.] (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) noch stellen sich entscheidungserhebliche Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]).

2

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Notarsenats des [X.].

3

a) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, im Gegensatz zur Auffassung des [X.] habe der Kläger seine ab Juli 2009 ausgeübte Vorstandstätigkeit für einen gemeinnützigen Verein im Antrag für die Bestellung als [X.] angeben müssen. In dem entsprechenden Formular über die Bestellung von [X.] ist nach Nebentätigkeiten gefragt und zur Erläuterung auf § 8 [X.] verwiesen. Darin unterscheidet sich das Formular von demjenigen für die Bestellung zum Notar, das zwar ebenfalls auf § 8 [X.] Bezug nimmt, dem aber die Erläuterung beigefügt ist, dass jede Nebentätigkeit anzugeben ist, unabhängig davon, ob sie genehmigungsbedürftig ist. Angesichts der im [X.]bestellungsfragebogen gestellten Frage ist vom Wortsinn her damit nur nach genehmigungsbedürftigen Nebentätigkeiten gefragt, unabhängig davon, ob sie genehmigungsfähig oder genehmigt sind. Damit durften allerdings die Nebentätigkeiten unerwähnt bleiben, die nicht unter die Genehmigungsbedürftigkeit des § 8 [X.] fallen. Das [X.] hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Regelungsbereich des § 8 [X.] und hier insbesondere dessen Absatz 3 nur die genehmigungsbedürftigen Nebentätigkeiten berührt und die Tätigkeit im Vorstand eines gemeinnützigen Vereins, der keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreibt, nicht unter den Anwendungsbereich der Norm fällt (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rn. 22 a.E.). Entgegen der Auffassung der Beklagten kann das Senatsurteil vom 23. Juli 2012 ([X.]([X.]) 7/11 juris Rn. 31) hier nicht herangezogen werden. Denn ihm lagen nicht vergleichbar gelagerte Feststellungen zugrunde.

4

Aus der Nichtangabe der Mitgliedschaft im Vorstand des gemeinnützigen Vereins kann deshalb nicht auf eine mangelnde persönliche Eignung des [X.] im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] geschlossen werden.

5

Die im angefochtenen Bescheid noch angeführte Nichtangabe der Mitgliedschaft im Fachanwaltsausschuss für Steuerrecht der Rechtsanwaltskammer führt die Beklagte in ihrem Berufungszulassungsantrag - zu Recht - nicht mehr an.

6

b) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, das [X.] habe wesentlichen Vortrag der Beklagten bei der Prüfung der persönlichen Eignung des [X.] nach § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] außer Acht gelassen, soweit es um die unterlassene Angabe der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der [X.] gegangen sei. Das [X.] hat den Sachvortrag vollständig zur Kenntnis genommen und ist lediglich zu einer anderen als der von der Beklagten vertretenen rechtlichen Bewertung gelangt. Zutreffend - und von der Beklagten insoweit auch nicht in Frage gestellt - hat es angenommen, dass die unterlassene Angabe der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der [X.] im Rahmen der [X.]bestellung dem Kläger vorzuwerfen ist. Es hat jedoch aus der Nichtangabe auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den Schluss gezogen, dass nicht ausräumbare Zweifel an der persönlichen Eignung des [X.] als Notar gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht bestehen.

7

Die vom [X.] vorgenommene Gewichtung der für die persönliche Eignung des [X.] maßgeblichen Umstände (vgl. Senatsurteil vom 23. Juli 2012 aaO Rn. 17 a.E.) begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Die Vorinstanz hat die Einlassung des [X.], er habe im Hinblick auf Nr. 16 [X.] [X.] die Angabe der Aufsichtsratstätigkeit für entbehrlich gehalten, da er diese für allgemein genehmigt gehalten habe, nicht als - eignungsmindernde - Schutzbehauptung angesehen. Die ersichtlich auch auf dem in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gewonnenen persönlichen Eindruck fußende Feststellung wird durch den Vortrag der Beklagten nicht in zulassungsfordernder Weise (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) in Frage gestellt. Dass Nr. 16 [X.] [X.] die Pflicht, Nebentätigkeiten im Antrag auf Bestellung zum [X.] anzugeben, nicht entfallen lässt, legt auch das [X.] zugrunde. Dieser objektive Regelungsgehalt steht aber der Feststellung, der Kläger sei einem Fehlverständnis unterlegen, nicht entgegen.

8

c) Bei der Gewichtung der [X.] Umstände ist auch in den Blick zu nehmen, dass sich das Fehlverhalten des ansonsten unbescholtenen [X.] nicht im Rahmen des [X.] zum Notar ereignet hat, sondern in vorangegangenen Verfahren zur Bestellung als [X.]. Ein Fehlverhalten als [X.] kann bei der Prüfung der persönlichen Voraussetzungen zwar durchaus miteinbezogen werden. Die Anforderungen an die Prüfung der persönlichen Eignung dürfen jedoch wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht überspannt werden. Sie sind nicht Selbstzweck, sondern müssen stets in Beziehung zu den Bedürfnissen einer leistungsfähigen vorsorgenden Rechtspflege gesetzt werden. Gefordert ist eine Gesamtbewertung aller - gemessen an den persönlichen Anforderungen an einen Notar - aussagekräftigen Umstände, die in der Persönlichkeit und in dem früheren Verhalten des Bewerbers zutage getreten sind (vgl. Senatsurteil vom 23. Juli 2012 - [X.]([X.]) 12/11, [X.], 165 Rn. 14). Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger mit seinen Angaben im Bewerbungsverfahren gerade keine unberechtigten Vorteile sichern wollen, sondern hat hier seiner Wahrheitspflicht vollständig genügt. Er hat durch die Angabe einer Tätigkeit, die er bereits nicht mehr ausübte, sein Fehlverhalten als Bewerber zum [X.] offengelegt. Zum Zeitpunkt der Notarbewerbung (20. Dezember 2011) bestand für ihn angesichts der Beendigung der Tätigkeit im Aufsichtsrat der [X.] am 19. Dezember 2011 keine Pflicht mehr, diese Nebentätigkeit anzugeben.

9

2. Es stellen sich im vorliegenden Verfahren auch keine grundsätzlich zu klärenden Fragen. Vielmehr sind die Rechtsfragen im Zusammenhang mit unrichtigen Angaben gegenüber der [X.] durch die Senatsrechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. Senatsurteil vom 23. Juli 2012, aaO; Senatsbeschlüsse vom 25. November 2013 - [X.]([X.]) 10/13 und vom 5. März 2012 - [X.]([X.]) 13/11, NJW-RR 2012, 632).

3. [X.] beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Die [X.] ist gemäß § 111g Abs. 2 Satz 1 [X.] erfolgt.

Galke                     Herrmann                      Wöstmann

              Doyé                           Strzyz

Meta

NotZ (Brfg) 20/13

17.03.2014

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend KG Berlin, 16. September 2013, Az: Not 7/13

§ 6 Abs 1 S 1 BNotO, § 8 Abs 3 BNotO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2014, Az. NotZ (Brfg) 20/13 (REWIS RS 2014, 7073)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7073

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