Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2014, Az. I ZB 42/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6558

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]/11
vom

3. April
2014
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Reichweite des [X.]
ZPO § 890 Abs. 1
a)
Die Verletzung eines bestimmten Schutzrechts kann die Verhängung eines Ordnungsmittels für kerngleiche Verletzungen anderer Schutzrechte rechtfer-tigen, wenn die kerngleichen Verletzungshandlungen in das Erkenntnisver-fahren und die Verurteilung einbezogen sind (Fortführung von [X.], Urteil vom 20.
Juni 2013

I
ZR
55/12, [X.], 1235 Rn.
18 =
[X.], 75

Restwertbörse
II).
b)
Das rechtlich Charakteristische der konkreten Verletzungsform, das für die Bestimmung des [X.]s der verbotenen Handlung und die Reichweite des Vollstreckungstitels maßgeblich ist, ist auf die Schutzrechte beschränkt, die Prüfungsgegenstand im Erkenntnisverfahren gewesen sind.
[X.], Beschluss vom 3. April 2014 -
I [X.]/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.]s hat am 3. April 2014
durch [X.] Dr.
Büscher, Pokrant, [X.], [X.] und die Richterin Dr.
Schwonke

beschlossen:

Die
Rechtsbeschwerde
gegen den
Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts
Hamburg, 5.
Zivilsenat, vom 1.
Juni 2011 wird auf Kosten des Gläubigers zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 750

Gründe:

[X.] Der Gläubiger erstellt Fotografien von Speisen, die zusammen mit den entsprechenden Rezepten unter der von ihm und seiner Ehefrau betriebenen Internetadresse "www.m

.de"
kostenlos abgerufen werden kön-
nen.

Die Schuldnerin bietet unter
der Internetadresse "www.c

.de"

ebenfalls eine kostenfrei abrufbare Rezeptsammlung an. Diese Rezepte stam-men zu einem erheblichen Teil von Privatpersonen, die nach Eingabe von [X.], Anschrift und E-Mail-Adresse selbständig [X.] und Bilder auf die Internetseite "www.c

.de"
hochladen können.

1
2
-
3
-
In der Vergangenheit stellten Dritte vom Gläubiger angefertigte [X.] ohne dessen Wissen und Zustimmung auf der Internetseite der Schuldnerin ein. Auf die daraufhin vom Gläubiger wegen Verletzung seines Rechts an Foto-grafien erhobene Klage hat das [X.] die Schuldnerin unter Androhung von [X.] verurteilt,

es zu unterlassen, die vom Gläubiger erstellten und unter "[X.]"
abrufbaren Fotografien und/oder Teile davon ohne Erlaubnis [X.] zugänglich zu machen, insbesondere auf der unter "www.c

.de"

abrufbaren Seite zur Schau zu stellen und/oder durch das Aufspielen oder [X.] der Inhalte auf andere Server oder Speichermedien Dritter zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen.

Dieses Urteil ist nach erfolgloser Berufung der Schuldnerin und Zurück-weisung ihrer Revision ([X.], Urteil vom 12.
November 2009
I
ZR
166/07, [X.], 616 = [X.], 922
marions-kochbuch.de) rechtskräftig ge-worden.

Der Gläubiger hat die Festsetzung
eines Ordnungsgelds mit der [X.] beantragt, die Schuldnerin habe dem Unterlassungsgebot zuwidergehan-delt, weil auf ihrer Internetseite die Fotos "[X.]"
und "[X.]"
eingestellt
worden
seien, die vom Gläubiger stammten und unter der von ihm und seiner Ehefrau betriebenen Internetadresse "www.m

.de"
abrufbar seien.

Das [X.] hat den [X.] zurückgewiesen, weil der [X.] den Unterlassungsantrag des Gläubigers in der Revisions-entscheidung dahin ausgelegt habe, dass er sich allein auf die drei Lichtbilder "[X.]", "[X.]"
und "[X.] mit Hack"
gemäß der dort vorgelegten Anlage K
13 beziehe. Die dagegen vom Gläubiger eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Beschwerdegericht zuge-lassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen
Ordnungsmittelan-trag
weiter.
3
4
5
6
-
4
-

I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO) und auch sonst zulässig (§
575 ZPO). In der Sache
hat sie
keinen
Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es
sei an das Verständnis des Revisionsgerichts
gebunden, wo-nach die Reichweite des [X.] eindeutig und zweifelsfrei auf die seinerzeit konkret beanstandeten
drei Abbildungen beschränkt sei. Zudem
han-dele es sich bei den Lichtbildern "[X.]"
und "[X.]", die Gegenstand des [X.]s seien, um vollständig andere [X.], die selbst dann keine kerngleichen Verletzungshandlungen darstellten, wenn sie von demselben Urheber (dem Gläubiger) herrührten und
derselbe Verletzer (die Schuldnerin) sie in derselben
oder
einer entsprechenden Art und Weise rechtsverletzend nutze. Unterschiedliche Lichtbilder charakterisierten selbst bei gleichartiger rechtsverletzender Verwendung die jeweilige Verlet-zungshandlung, weil sie abweichende Schutzgegenstände darstellten.

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Das titulierte Unterlassungsgebot ist auf die drei Lichtbilder "[X.]", "[X.]"
und "[X.] mit Hack"
beschränkt. Der [X.] hat im Zusammenhang mit der Frage der Bestimmtheit des Unterlassungs-antrags ausgeführt, dass sich das Unterlassungsbegehren auf die drei genann-ten Lichtbilder als konkrete Verletzungsform bezieht ([X.], [X.], 616 Rn.
16
marions-kochbuch.de). Daraus folgt eine entsprechende Beschränkung des antragsgemäß ausgesprochenen [X.].

a) Zwar
umfasst das
in einem [X.] ausgesprochene
Verbot über die mit der verbotenen Form identischen Handlungen hinaus auch im [X.] 7
8
9
10
11
-
5
-
gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Ver-letzungsform zum Ausdruck kommt. Das gilt auch dann, wenn das Verbot auf die konkrete Verletzungsform beschränkt ist. In diesem Fall haben die neben der in Bezug genommenen konkreten Verletzungshandlung abstrakt formulier-ten Merkmale die Funktion, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Mai 2010
I
ZR
177/07, [X.], 855 Rn.
17 = [X.], 1035
Folienrollos, mwN).

Dementsprechend kann die Verletzung eines bestimmten Schutzrechts die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für Verletzungen desselben Schutzrechts, sondern auch für Verletzungen anderer Schutzrechte begründen, soweit die Verletzungshandlungen trotz Verschiedenheit der Schutzrechte im [X.] gleichartig sind ([X.], Urteil vom 20.
Juni 2013

I
ZR
55/12, [X.], 1235
Rn.
18 = [X.], 75

[X.]). Voraussetzung dafür ist
je-doch, dass die kerngleichen Verletzungshandlungen in
das Erkenntnisverfahren und die Verurteilung
einbezogen sind. In dem Fall
"[X.]"
traf das zu, weil sich der Kläger gegen die Verwertung von Lichtbildern eines
von ihm erstellten Gutachtens
gewandt hatte, das er insgesamt zum
Gegenstand der Klage gemacht hatte, eine unberechtigte Verwertung jedoch
allein
für fünf von 34 Lichtbildern erwiesen war.
Ebenso hat der Senat im Fall "Markenparfümver-käufe"
den aufgrund der Verletzung einer Marke begründeten [X.] auf alle im Klageantrag genannten Marken erstreckt ([X.], Urteil vom 23.
Februar 2006

I
ZR
272/02, [X.]Z 166, 253
Rn.
39
f.).
Eine noch ausrei-chende Einbeziehung kerngleicher Verletzungshandlungen in
das Verfahren
lag auch in der Sache "[X.]"
vor, in der die Beklagte dazu verurteilt worden ist, es zu unterlassen, die Aufnahmen von 63 in einer Anlage aufgeführ-ten Fotografen auf CD-ROM ([X.] 1989 bis 1993) zu verbrei-ten oder verbreiten zu lassen (Urteil vom 5.
Juli 2001

I
ZR
311/98, [X.]Z 148, 221, 223
ff.).
Durch den Verweis auf konkrete Fotografen und erschienene 12
-
6
-
Jahrgänge einer Zeitschrift waren die in den
Rechtsstreit
einbezogenen Schutz-rechte hier abschließend bestimmt.

b) Die [X.]theorie erlaubt aber nicht, die Vollstreckung aus einem Unter-lassungstitel auf Schutzrechte zu erstrecken, die nicht Gegenstand des vorher-gehenden [X.]
gewesen sind. Insbesondere kommt keine Vollstreckung von [X.] wegen der Verletzung solcher Schutzrechte in Betracht, die zur Zeit des [X.] noch nicht einmal entstanden waren. Denn dies wäre eine wegen des Sanktionscharakters der
Ordnungsmit-tel des §
890 ZPO
unzulässige Titelerweiterung. Demgegenüber beschränkt sich die [X.]theorie darauf, ein im "[X.]"
feststehendes und bei dessen sach-gerechter Auslegung auch eine abweichende Handlung bereits umfassendes Verbot auf Letztere anzuwenden ([X.], Urteil vom 30.
März 1989

I
ZR
85/87, [X.], 572, 574

Bioäquivalenz-Werbung, insoweit nicht in [X.]Z 107, 136; vgl. [X.], Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10.
Aufl., Kap.
57 Rn.
14). Das rechtlich Charakteristische der konkreten Verletzungs-form, das für die Bestimmung des [X.]s der verbotenen Handlung maßgeblich ist, ist
daher
auf das beschränkt, was bereits Prüfungsgegenstand im Erkennt-nisverfahren gewesen ist (vgl. [X.] aaO Kap.
57 Rn.
12; Spätgens in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4.
Aufl., §
112 Rn.
52). Da
jedes Schutzrecht

im Streitfall jedes vom Gläubiger angefertigte Lichtbild

einen eigenen Streitgegenstand darstellt,
kann sich das rechtlich Charakteristische der konkreten Verletzungsform nicht über die konkreten Schutzrechte hinaus erstrecken, die Gegenstand des [X.] wa-ren. Eine Ausnahme davon ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn es sich um gleichartige Schutzrechte desselben Rechtsinhabers handelt.
Nur so ist der Umfang der Rechtskraft sicher feststellbar und eine Grundlage der Vollstre-ckung gegeben, die den Bestimmtheitsanforderungen genügt (vgl. [X.], [X.], 572, 574

Bioäquivalenz-Werbung).

13
-
7
-
Die Lichtbilder
"[X.]"
und "[X.]",
die Gegen-stand des Ordnungsmittelverfahrens sind, stellen gegenüber den zur Konkreti-sierung des [X.] herangezogenen Fotografien
"[X.]", "[X.]"
und "[X.] mit Hack"
andere Schutzgegen-stände dar.
Sie werden
deshalb von dem im Verfahren I
ZR
166/07 ergangenen [X.] nicht erfasst.

II[X.] Danach ist die Rechtsbeschwerde des Gläubigers mit der Kostenfolge aus §
97 Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher
Pokrant
Kirchhoff

Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.02.2011 -
308 O 814/05 -

O[X.], Entscheidung vom 01.06.2011 -
5 W 44/11 -

14
15

Meta

I ZB 42/11

03.04.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2014, Az. I ZB 42/11 (REWIS RS 2014, 6558)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6558

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