Bundessozialgericht, Urteil vom 03.07.2013, Az. B 12 KR 11/11 R

12. Senat | REWIS RS 2013, 4499

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Gegenstand

Gesetzliche Krankenversicherung - keine Versicherungspflicht von Arbeitslosengeld II-Bezieher bei vorherigen privatem Krankenversicherungsschutz


Leitsatz

Bezieher von Arbeitslosengeld II sind jedenfalls dann nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, weil sie "unmittelbar" vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert waren (oder einen gleichgestellten Sachverhalt erfüllten), wenn dies zuletzt spätestens einen Monat vor dem Leistungsbeginn der Fall war.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 11. März 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger und der Beigeladenen zu 2. auch deren außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als Bezieher von [X.] ([X.]) in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) pflichtversichert und Mitglied der beklagten Krankenkasse ist.

2

Der 1965 geborene Kläger war von 1996 bis zur Abmeldung seines Gewerbes zum 30.6.2009 hauptberuflich selbstständig tätig. Bis 2004 war er bei der beklagten [X.] krankenversichert. Sodann bestand eine private Krankenversicherung ([X.]), die durch Kündigung durch das Versicherungsunternehmen wegen Beitragsrückständen des [X.] zum 20.1.2008 endete. In der Folge war der Kläger weder in der [X.] noch in der [X.] krankenversichert. Seit [X.] bezieht er [X.].Mit Bescheid vom [X.], bestätigt durch Bescheid vom 13.1.2010, und Widerspruchsbescheid vom [X.] stellte die Beklagte fest, dass Versicherungspflicht des [X.] in der [X.] nicht bestehe, weil er unmittelbar vor dem Bezug von [X.] privat krankenversichert gewesen sei.

3

Die Beigeladene zu 2. - ein Unternehmen der [X.] - lehnte einen im Dezember 2009 gestellten Antrag des [X.] auf Abschluss eines Versicherungsvertrags im selben Monat ab.

4

Das [X.] hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit [X.] pflichtversichertes Mitglied der Beklagten sei (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil das [X.] seine Feststellung zu Recht getroffen habe. Der Kläger sei nicht nach § 5 Abs 5a [X.]B V von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a [X.]B V ausgeschlossen, da er nicht "unmittelbar" vor dem [X.]-Bezug privat krankenversichert gewesen sei. Es fehle an dem nach dem Wortlaut des Abs 5a erforderlichen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang, weil das Ende der privaten Absicherung des [X.] gegen Krankheit mehr als 1½ Jahre zurückliege. Der Kläger sei auch nicht wegen hauptberuflich selbstständiger Tätigkeit oder Versicherungsfreiheit von der Versicherungspflicht in der [X.] ausgeschlossen, denn die Voraussetzung der Unmittelbarkeit beziehe sich auch auf diese Fallgruppen des § 5 Abs 5a [X.]B V. Die Zuordnung des zuletzt nicht krankenversicherten und nicht mehr selbstständig erwerbstätigten [X.] zur [X.] entspreche zudem der Gesetzesbegründung (Urteil vom 11.3.2011).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 5 Abs 5a [X.]B V. Der Gesetzeswortlaut sei sprachlich nicht eindeutig und zwinge nicht zu einem rein zeitlichen Verständnis des Begriffs "unmittelbar", von dem das L[X.] ausgegangen sei. Der Wortlaut lasse es auch zu darauf abzustellen, ob in der [X.] zwischen dem [X.]B II-Leistungsbezug und einer privaten Versicherung bzw einer hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit die Zuordnung zur [X.] unterbrochen worden sei. Nur dann sei die "Unmittelbarkeit" zu verneinen. Vor seinem Bezug von [X.]-Leistungen sei der Kläger hier nach § 193 Abs 3 [X.] [X.] verpflichtet gewesen, sich privat gegen Krankheit zu versichern. Dass er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, lasse seine Zuordnung zur [X.] nicht entfallen. Für diese Sichtweise sprächen entgegen der Ansicht des L[X.] auch die Gesetzesmaterialien, nach denen die Lasten zwischen [X.] und [X.] gleichmäßiger verteilt werden sollten. Dies Ziel würde konterkariert, wenn für eine Zuordnung Betroffener zur [X.] die private Absicherung dem [X.]-Bezug nahtlos vorangehen müsste. Etwas anderes folge auch nicht aus der Verwendung der Begriffe "unmittelbar" in § 5 Abs 5a [X.]B V einerseits und "zuletzt" in § 5 Abs 1 Nr 13 [X.]B V andererseits, da diese Regelungen unterschiedlichen Zwecken dienten. Zudem komme in beiden Normen die Wertentscheidung des Gesetzgebers zum Ausdruck, Personen aufgrund einer früheren privaten Absicherung bzw einer hauptberuflichen selbstständigen Erwerbstätigkeit der [X.] oder [X.] zuzuordnen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 11. März 2011 und des [X.] vom 13. September 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger und die Beigeladene zu 2. beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Beide verteidigen das angegriffene Urteil.

9

Die Beigeladene zu 1. hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der beklagten [X.] ist nicht begründet.

Zu Recht hat das [X.] die Berufung der [X.] gegen das der [X.]lage stattgebende Urteil des [X.] zurückgewiesen, mit dem dieses den Bescheid der [X.] vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] aufgehoben und festgestellt hat, dass der [X.]läger seit [X.] nach § 5 [X.] 1 [X.] 2a [X.]B V pflichtversichertes Mitglied der [X.] in der [X.] ist. Insbesondere haben die Vorinstanzen zutreffend entschieden, dass der Ausschlussgrund des § 5 [X.] 5a [X.]B V im Falle des [X.] nicht eingreift.

1. Der [X.]läger ist ab [X.] nach § 5 [X.] 1 [X.] 2a [X.]B V pflichtversichertes Mitglied der [X.] in der [X.] geworden.

a) Nach § 5 [X.] 1 [X.] 2a [X.]B V (mWv 1.1.2005 eingeführt durch Art 5 [X.] 1 Buchst b Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 2954) sind in der [X.] versicherungspflichtig Personen in der [X.], für die sie [X.] nach dem [X.]B II beziehen, soweit sie nicht familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 [X.] 3 [X.] [X.]B II bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist.

Der [X.]läger erfüllt diese Voraussetzungen, da er nach den Feststellungen des [X.] ab [X.] vom Jobcenter [X.] (Beigeladene zu 1.) [X.] bezog und einer der in der Regelung genannten Ausschlussgründe nicht vorliegt. Er ist damit in der [X.] pflichtversichert und für die Versicherung ist die von ihm gewählte Beklagte zuständig.

b) Dem Begehren des [X.], in der [X.] bei der [X.] versichert sein zu wollen, kann - anders als die Beklagte meint - nicht der Ausschlusstatbestand des § 5 [X.] 5a [X.]B V entgegengehalten werden.

aa) Diese Regelung bestimmt in Satz 1, dass nach § 5 [X.] 1 [X.] 2a [X.]B V nicht versicherungspflichtig ist, wer unmittelbar vor dem Bezug von [X.] privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in [X.] 5 oder den in § 6 [X.] 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte; dies gilt nach Satz 2 der Regelung nicht für Personen, die am 31.12.2008 nach § 5 [X.] 1 [X.] 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit.

Da der [X.]läger erst ab [X.] (und nicht schon am 31.12.2008) [X.]-Leistungen bezog, ist in seinem Fall § 5 [X.] 5a S 2 [X.]B V, der zur Nichtanwendung des [X.] führen würde, tatbestandlich nicht einschlägig.

Der [X.]läger erfüllt auch nicht die in Satz 1 der Regelung aufgestellte, eine Einbeziehung in die [X.] ausschließende Voraussetzung, "unmittelbar" vor dem [X.]-Bezug entweder privat krankenversichert gewesen zu sein (dazu näher im [X.]) oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert gewesen zu sein und zu den - was hier allein in Betracht kommt - in § 5 [X.] 5 [X.]B V genannten Personen gehört zu haben (dazu unten [X.]). Entgegen der Ansicht der [X.] kann das Merkmal der Unmittelbarkeit nicht in der von ihr befürworteten Weise gelockert werden, etwa dahin, dass es (nur) auf die "zuletzt" vor dem [X.]-Bezug maßgebend gewesene Zuordnung zur [X.] oder zur [X.] ankäme bzw darauf, ob "zuletzt" eine selbstständige Tätigkeit ohne jeglichen [X.]rankenversicherungsschutz ausgeübt wurde (dazu [X.]). Auch sonstige Gesichtspunkte kommen nicht zum Tragen (dazu ee).

bb) Der [X.]läger war nicht iS von § 5 [X.] [X.]B V "unmittelbar" vor dem [X.] beginnenden [X.]-Bezug privat krankenversichert. Da sein letzter Versicherungsschutz gegen [X.]rankheit in der [X.] zum 20.1.2008 endete (durch [X.]ündigung des [X.] durch das Versicherungsunternehmen wegen aufgelaufener Beitragsrückstände), waren bei Beginn des [X.]-Bezugs insoweit bereits mehr als 1½ Jahre verstrichen. Bei einer derartig langen [X.]dauer kann von einer "unmittelbar" vor dem Leistungsbezug bestehenden Versicherung in der [X.] nicht mehr die Rede sein, ohne die Grenze des Wortlauts bzw des [X.] zu überdehnen.

[X.]) Nichts anderes gilt - entgegen der Ansicht der [X.] - im Ergebnis hinsichtlich des [X.], wenn man in Rechnung stellt, dass der [X.]läger vom [X.] an (bis jedenfalls [X.]) weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und längstens bis zur Gewerbeabmeldung zum 30.6.2009 zu den - was hier allein in Betracht kommt - in § 5 [X.] 5 [X.]B V genannten Personen gehörte (weil er bis zu diesem [X.]punkt hauptberuflich selbstständig tätig war). Zum einen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass sich die Alternative, dass der Betroffene weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in § 5 [X.] 5 oder den in § 6 [X.] 1 oder 2 genannten Personen gehört, nach der Systematik des § 5 [X.] [X.]B V auch darauf bezieht, dass diese Voraussetzungen "unmittelbar" vor dem Bezug von [X.] gegeben sein mussten. Darüber hinaus ist aber auch die immerhin fast genau drei Monate dauernde [X.] vom [X.] bis [X.] zu lang, als dass angenommen werden könnte, "unmittelbar" vor dem [X.]-Bezug habe noch eine rechtlich relevante Selbstständigkeit des [X.] iS des Rechts der [X.] bestanden bzw der [X.]läger habe auch nach der Gewerbeabmeldung noch zum Personenkreis der Selbstständigen gehört.

[X.]) Das Merkmal "unmittelbar" in § 5 [X.] 5a [X.]B V kann nicht im [X.] an die Auffassung der [X.] erweiternd und ohne zeitliche Betrachtung ausgelegt werden. Dem stehen die Auslegung nach dem Wortlaut und nach dem systematischen Zusammenhang entgegen, ohne dass der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Sinn und Zweck geeignet ist, die Auffassung der [X.] zu stützen (für eine enge Auslegung auch zB: [X.] in [X.] [X.]B V, 2. Aufl 2012, § 5 Rd[X.] 40; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B V, [X.] § 5 Rd[X.] 11a, Stand [X.]/09; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B V, 2013, § 5 Rd[X.] 34 ; [X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom [X.] [X.]R 33/10 [X.] - Juris Rd[X.] 15 f mit zustimmender [X.] 17/2010 [X.] 5; aA [X.] [X.] Beschluss vom 23.8.2010 - [X.] 329/10 [X.] - Juris Rd[X.] 14 sowie Beschluss vom 30.4.2012 - [X.] 134/12 [X.]).

Mit der Verwendung des Tatbestandsmerkmals "unmittelbar" im Zusammenhang mit der Verknüpfung zweier Sachverhalte bringt der Gesetzgeber regelmäßig das Erfordernis eines besonderen Näheverhältnisses der Sachverhalte zum Ausdruck, das nicht mehr gegeben ist, wenn eine nur mittelbare bzw gelockerte Verbindung zwischen den Tatbestandselementen besteht, selbst wenn sie einmal bestanden hat - mag dies auch "zuletzt" der Fall gewesen sein. In diesem Sinne wird das Merkmal "unmittelbar" nicht nur bei § 5 [X.] 5a [X.]B V verwandt, sondern auch in anderen Bereichen des [X.]B, insbesondere auch im Versicherungsrecht der Sozialversicherung. Entsprechende Regelungen finden sich etwa in § 5 [X.] 3 [X.]B V und § 3 [X.] [X.] 4 [X.]B VI (Versicherungspflicht "unmittelbar" vor dem Bezug von Vorruhestandsgeld), in § 9 [X.] 1 [X.] [X.] 1 [X.]B V ([X.] bei "unmittelbar" vor dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht bestehender qualifizierter Versicherung) und in § 26 [X.] 2, [X.] 2a und [X.] 2b sowie insbesondere in § 28a [X.] 2 [X.] [X.] 2 und [X.] 3 [X.]B III ([X.] "unmittelbar" vor Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw dem Bezug einer Entgeltersatzleistung; vgl ferner zur Verwendung des Merkmals "unmittelbar" im Leistungsrecht zB § 11 [X.] 2a [X.] 2, § 20 [X.] 3, § 21 [X.] 4, § 32 [X.] 1 S 2, § 56 [X.] 3 und [X.] 4 [X.] 1, § 102 [X.] 2 S 6 [X.]B VI).

Regelmäßig wird mit diesem Merkmal eine Eingrenzung von Risiken und von an sich gewollten Rechtsfolgen vorgenommen. Dann aber darf eine Auslegung nicht dazu führen, dass dem Merkmal "unmittelbar" lediglich der Charakter eines bloßen [X.] beigemessen und dadurch seine Eingrenzungsfunktion faktisch aufgehoben wird. Entsprechend hat der Senat auch in seiner Rechtsprechung zu Bereichen mit ähnlicher Regelungstechnik des Gesetzgebers eine einengende Sichtweise für zutreffend erachtet (vgl zB B[X.] [X.] 4-2500 § 5 [X.] 9 Rd[X.] 14 § 5 [X.] 3 [X.]B V>) und für die Ausfüllung des Merkmals "unmittelbar" zwar bisweilen keine "Nahtlosigkeit" gefordert, sich aber jedenfalls an einer [X.] orientiert (so B[X.] [X.] 4-4300 § 28a [X.] 4 Rd[X.] 22 ; für diese [X.]dauer ähnlich in Bezug auf den für einen Existenzgründerzuschuss erforderlichen "engen zeitlichen Zusammenhang" zwischen der Existenzgründung und einem vorausgehenden Arbeitslosengeldanspruch: B[X.] <11a-Senat> [X.] 4-4300 § 57 [X.] 2 Rd[X.] 11, 15 sowie [X.] 6 Rd[X.] 24; vgl ferner B[X.] <7/7a-Senat> B[X.]E 99, 42 = [X.] 4-4300 § 123 [X.] 4, Rd[X.] 16; B[X.] Urteil vom [X.] [X.]R 6/10 R - Juris Rd[X.] 17 § 6 [X.] 1 [X.] 1 [X.]B V>; zum Unmittelbarkeitserfordernis im Zusammenhang mit der [X.]rankenkassenwahl nach § 175 [X.] 4 S 4 [X.]B V: B[X.] Urteil vom 9.11.2011 - B 12 [X.]R 3/10 R - Juris Rd[X.] 17 mwN; demgegenüber zur notwendigen Unterscheidung von "zuletzt" und "unmittelbar" bei der Auslegung des § 5 [X.] 1 [X.] 13 [X.]B V: B[X.]E 107, 177 = [X.] 4-2500 § 5 [X.] 13, [X.] und Rd[X.] 15 ff und B[X.] [X.] 4-2500 § 5 [X.] 15, [X.] und Rd[X.] 17). Die vor diesem Hintergrund allenfalls in Betracht kommende [X.]grenze von einem Monat ist im Falle des [X.] - in dem es um einen [X.]raum von ca drei Monaten geht - deutlich überschritten.

Der von der [X.] befürworteten gegenteiligen Auslegung kann demgegenüber nicht gefolgt werden, weil sie letztlich darauf hinausliefe, dass es lediglich darauf ankäme, ob "zuletzt" vor dem [X.]-Leistungsbezug Versicherungsschutz in der [X.] bestand (so schon [X.] [X.]iel Beschluss vom [X.] AS 437/10 ER - Juris Rd[X.] 32). Da der Gesetzgeber in derselben Norm des § 5 [X.]B V aber an anderer Stelle - nämlich in § 5 [X.] 1 [X.] 13 Buchst a [X.]B V - ausdrücklich das Merkmal "zuletzt" verwendet, in [X.] 1 [X.] 2a iVm [X.] 5a der Regelung dagegen nicht, scheidet die Auslegung der [X.] schon unter systematischem Blickwinkel aus. Anhaltspunkte für ein bloßes Versehen des Gesetzgebers bestehen nicht.

Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich für eine "erweiternde" Auslegung nichts herleiten. So heißt es im Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] zum späteren [X.]-Wettbewerbsstärkungsgesetz ([X.]-W[X.] vom [X.], [X.] 378) zu § 5 [X.] 5a [X.]B V nur, dass es sich dabei um eine Folgeänderung zur Neuordnung des Verhältnisses von [X.] und [X.] handele; da die privaten [X.]rankenversicherungen künftig einen bezahlbaren Basistarif im Umfang des Leistungsangebots der [X.] für Personen anbieten müssten, die privat krankenversichert seien oder sein könnten, erscheine es nicht länger erforderlich, [X.]-Bezieher auch dann in die Versicherungspflicht in der [X.] einzubeziehen, wenn sie unmittelbar vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert gewesen seien; Gleiches gelte für die Personen, die unmittelbar vor dem Leistungsbezug weder gesetzlich noch privat krankenversichert gewesen seien und als hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige oder als versicherungsfreie Personen zu dem Personenkreis gehörten, der grundsätzlich der [X.] zuzuordnen seien; die Regelung diene damit auch einer gleichmäßigeren Lastenverteilung zwischen [X.] und [X.] (so Gesetzentwurf, aaO, BT-Drucks 16/3100 [X.] f zu [X.] 2 Buchst b).

Dass in dieser Begründung auf eine gleichmäßige Lastenverteilung zwischen [X.] und [X.] abgehoben wird, ist zu unbestimmt, um mit Blick darauf dem Merkmal "unmittelbar" einen konkreten, vom naheliegenden Wortsinn abweichenden Bedeutungsinhalt beimessen zu können. Aus der Wendung, dass die betroffenen Personen "zu dem Personenkreis gehören (müssen), der grundsätzlich der [X.] zuzuordnen ist" lässt sich ebenso nichts herleiten, weil es in der gesetzlichen Regelung ja gerade darum geht, die Voraussetzungen dafür aufzustellen, unter denen Betroffene entweder der [X.] oder der [X.] zuzuordnen sind; dazu bedarf es erst einer Auslegung des streitigen Tatbestandsmerkmals. Ergibt eine Auslegung aber - wie vorstehend dargelegt -, dass in Fällen der vorliegenden Art eine "Unmittelbarkeit" nicht gegeben ist, steht damit auch fest, dass der Gesetzgeber den Personenkreis, zu dem der [X.]läger gehört, der [X.] überantwortet hat.

ee) Auch sonstige Gesichtspunkte rechtfertigen kein vom Urteil des [X.] abweichendes Ergebnis. So kann das von der [X.] gewünschte Ergebnis insbesondere nicht daraus hergeleitet werden, dass es ein Betroffener dadurch, dass er seine Pflicht zum [X.]chluss eines privaten [X.] gemäß § 193 [X.] 3 [X.] [X.] nicht erfüllt, letztlich selbst in der Hand haben könnte, Versicherungspflicht gemäß § 5 [X.] 1 [X.] 2a [X.]B V herbeizuführen. Die bloße Möglichkeit eines "Taktierens" des Betroffenen hat den Gesetzgeber für den Bereich der [X.] nicht dazu bewogen, eine andere Rechtsfolge anzuordnen als in § 5 [X.] 1 [X.] 2a und [X.] 5a [X.]B V geregelt. Dass (auch) das [X.] Rechtsfolgen bei Verletzung der sich aus § 193 [X.] 3 [X.] ergebenden Pflichten zum zeitnahen [X.]chluss eines Versicherungsvertrages in der [X.] vorsieht (= [X.] nach § 193 [X.] 4 [X.]), schließt nicht die alleinige Anwendung des § 5 [X.] 5a [X.]B V auf Personen aus, die versicherungspflichtig in der [X.] sind (vgl § 193 [X.] 3 S 2 [X.] 1 [X.]); Letzteres ist nach den obenstehenden Ausführungen beim [X.]läger zu bejahen. Wenn demgegenüber - auch in der Rechtsprechung ([X.] [X.] Beschluss vom 23.8.2010 - [X.] 329/10 [X.] - Juris Rd[X.] 15) - darauf abgestellt wird, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung nach § 193 [X.] 3 [X.] die sich hier ergebende Rechtsfolge des § 5 [X.] 5a [X.]B V nicht auslösen könne, weil sonst Betroffenen aus einer Pflichtverletzung zu Lasten der Versichertengemeinschaft in der [X.] Vorteile in Form kostengünstigen solidarischen Versicherungsschutzes zuteilwürde, nimmt dies nicht hinreichend in den Blick, dass richterlicher Rechtsfortbildung insoweit Grenzen gesetzt sind. Diese Grenzen sind auch dann zu beachten, wenn ein bestimmtes Ergebnis unbillig oder sozialpolitisch unbefriedigend erscheint. Insoweit Änderungen vorzunehmen ist dagegen dem Gesetzgeber vorbehalten. Dass im Übrigen seitens des [X.] und/oder der Beigeladenen zu 2. in Bezug auf die Gewährung von Versicherungsschutz in der [X.] tatsächlich eine missbräuchliche, von der Rechtsordnung nicht gebilligte Gestaltung angestrebt und vorgenommen worden wäre, hat weder das [X.] festgestellt noch rügt die Beklagte Entsprechendes mit Revisionsgründen.

2. Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 193 [X.]G.

Meta

B 12 KR 11/11 R

03.07.2013

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Berlin, 13. September 2010, Az: S 166 KR 527/10, Urteil

§ 5 Abs 1 Nr 2a SGB 5, § 5 Abs 5a SGB 5, § 193 Abs 3 VVG 2008

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 03.07.2013, Az. B 12 KR 11/11 R (REWIS RS 2013, 4499)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4499

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