Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2011, Az. II ZB 4/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 578

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II
ZB 4/11

vom

13. Dezember 2011

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.]
VV Vorbemerkung 3 Abs. 3 Halbsatz 1 Fall 3
a)
Die Terminsgebühr für eine auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts kann in einem Berufungs-verfahren, in dem ein Hinweis nach §
522 Abs.
2 Satz
2 ZPO erteilt wird, dann [X.], wenn die Besprechung bereits vor Erteilung des Hinweises geführt wurde.
b)
Betrifft eine auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete Be-sprechung ohne Beteiligung des Gerichts mehrere zwischen den Parteien anhän-gige Verfahren, fällt die Terminsgebühr in jedem der Verfahren gesondert an, [X.] nach den jeweiligen Streitwerten der betroffenen Verfahren.
[X.], Beschluss vom 13. Dezember 2011 -
II ZB 4/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 13.
Dezember 2011 durch [X.]
[X.],
den
Richter Dr.
Strohn,
die Richterin
Caliebe
sowie die Richter
Dr.
Drescher
und
Born
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
März 2011 aufgehoben.
Auf die sofortige Beschwerde des [X.] wird der Kostenfestset-zungsbeschluss des [X.] vom 29.
November 2010 dahin abgeändert, dass weitere vom Beklag-ten an den Kläger zu erstattende Kosten in Höhe von 2.043,47

zuzüglich Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem [X.] seit dem 2.
November 2010 festgesetzt werden.
Der Beklagte hat die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde zu tragen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens sowie
-
im Wege der Abänderung der Wertfestsetzung des Beschwerde-gerichts
-
des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.043,47

e-setzt.

Gründe:
[X.] Der Kläger begehrt die Festsetzung einer Terminsgebühr für die Mit-wirkung seines Prozessbevollmächtigten an einer außergerichtlichen, auf die 1
-
3
-

Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung in einem Berufungsverfah-ren, das nach einem Hinweis des Berufungsgerichts gem. §
522 Abs.
2 Satz
2 ZPO durch die Rücknahme des Rechtsmittels des Beklagten beendet wurde.
Der Beklagte, der im Verfahren erster Instanz in der Hauptsache zur Zahlung von 125.000

u-fung ein, die er mit Schriftsatz vom 23.
Februar 2010 begründete. Die [X.] nahmen weisungsgemäß im Mai 2010 telefonisch Kontakt auf mit dem Ziel, das Verfahren unter Einbeziehung eines weiteren zwischen den Parteien zu dieser [X.] anhängigen Rechtsstreits durch Vergleich zu beenden; eine Eini-gung kam nicht zu Stande. Das Berufungsgericht erteilte mit Beschluss vom 4.
Oktober 2010 einen Hinweis gem. §
522 Abs.
2 Satz
2 ZPO. Daraufhin nahm der Beklagte seine Berufung zurück.
Der Kläger hat die Festsetzung der Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von insgesamt 4.791,89

1,2-fache Terminsgebühr gem. Vorbemerkung
3 Abs.
3 VV [X.] in Höhe von brutto 2.043,47

nicht berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde des [X.] hat das Oberlan-desgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde.
I[X.] Die nach Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte (§
574 Abs.
1 Nr.
2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form-
und fristgerecht eingelegte und begründete (§
567 Abs.
2 ZPO, §
575 ZPO) Rechts-beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat unter Berufung auf die Rechtsprechung des [X.] ausgeführt: Eine Terminsgebühr sei für die Klägerver-2
3
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5
-
4
-

treter nicht angefallen. Diese entstehe bei der Mitwirkung des Rechtsanwalts an einer außergerichtlichen, auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Be-sprechung nach der Vorbemerkung
3 Abs.
3 VV [X.] nur in solchen Verfahren, für die entweder eine mündliche Verhandlung grundsätzlich vorgesehen oder ausnahmsweise anberaumt worden sei. Das Berufungsverfahren sei nach der Einführung des Beschlussverfahrens nach §
522 Abs.
2 ZPO kein Verfahren mehr, in dem eine mündliche Verhandlung obligatorisch sei. Entsprechend kön-ne eine Terminsgebühr in diesem Verfahren erst anfallen, wenn ein Verhand-lungstermin nach §
523 Abs.
1 ZPO bestimmt worden sei.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Terminsgebühr für eine auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfah-rens gerichtete Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts kann in einem Be-rufungsverfahren, in dem ein Hinweis nach §
522 Abs.
2 Satz
2 ZPO erteilt wird, dann anfallen, wenn die Besprechung bereits vor Erteilung des Hinweises ge-führt wurde.
a) Nach der Vorbemerkung
3 Abs.
3 Halbsatz
1 Fall
3 VV [X.] entsteht eine Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des [X.]. Die Parteivertreter haben ein solches [X.] im Mai 2010 geführt. Dadurch ist entgegen der Auffassung des [X.] die Terminsgebühr nach der Vorbemerkung
3 Abs.
3 Halbsatz
1 Fall
3 VV [X.] angefallen, weil die auf die
einvernehmliche Beendigung des Verfahrens zie-lende Besprechung vor dem Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts nach §
522 Abs.
2 Satz
2 ZPO stattgefunden hat.
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7
-
5
-

b) Das Beschwerdegericht stützt sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf die Rechtsprechung des [X.], insbesondere auf den Beschluss vom 15.
März 2007 (V
ZB 170/06, NJW 2007, 2644). Dort ist zwar ausgeführt, dass eine Terminsgebühr für die Berufungsinstanz nicht [X.], wenn das Berufungsgericht die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach §
522 Abs.
2 ZPO zurückweise. Dieser Entscheidung lag aber der Sach-verhalt zugrunde, dass die Besprechung, für die eine Terminsgebühr nach der Vorbemerkung
3 Abs.
3 Halbsatz
1 Fall
3 VV [X.] geltend gemacht wurde, nach dem Hinweis gem. §
522 Abs.
2 Satz
2 ZPO stattgefunden hatte. Im [X.] des [X.] vom 15.
März 2007 wird entscheidend auf die gesetzgeberischen Ziele bei Einführung der Möglichkeit einer Beschlussverwer-fung nach §
522 Abs.
2 ZPO abgestellt, nach der die aussichtslosen Berufun-gen in einem vereinfachten Verfahren zügig erledigt werden sollen und dem Berufungskläger nach dem Hinweis des Berufungsgerichts die Möglichkeit einer kostengünstigen Erledigung erhalten bleiben soll. Diese Ziele würden vereitelt, wenn man die Vorbemerkung
3 zu Teil
3 VV [X.] dahin auslegte, dass auch nach einem Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts über die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung die Terminsgebühr durch eine Besprechung ohne Mitwirkung des Gerichts entstehe. Insbesondere wird auf einen im Schrifttum einem solchen Hinweis des Berufungsgerichts über die beabsichtigte Zurück-weisung der Berufung noch eine Besprechung mit dem Berufungskläger zu füh-ren ([X.], Beschluss vom 15.
März 2007 -
V
ZB 170/06, NJW 2007, 2644 Rn.
9 und 10).
c) An[X.] liegt der Fall, wenn die Besprechung mit dem Ziel der [X.], wie vorliegend, bereits vor dem Hinweisbeschluss nach §
522 Abs.
2 Satz
2 ZPO erfolgt ist. Dann tritt das gesetzgeberische Ziel in den 8
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-
6
-

Vordergrund, durch die Terminsgebühr für das außergerichtliche [X.] einen Anreiz für den Anwalt zu schaffen, in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach-
und Rechtslage entsprechenden [X.] beizutragen (vgl. Begründung des Entwurfs des Kosten-rechtsmodernisierungsgesetzes, [X.]. 15/1971, S.
148, 209). Dies dient zum einen dem Interesse der Parteien an einer möglichst kostengünstigen [X.] ([X.]. 15/1971, S.
209) und zum anderen der Entlas-tung der Gerichte ([X.], Beschluss vom 27.
Februar 2007 -
XI
ZB
38/05, NJW 2007, 2858 Rn.
8; Beschluss vom 21.
Januar 2010 -
I
ZB
14/09, [X.], 286 Rn.
7).
Dieses der Regelung der Vorbemerkung
3 zu Teil
3 VV [X.] zu Grunde liegende [X.] würde nur sehr unvollkommen erreicht, wenn der Pro-zessbevollmächtigte -
auch in einem Fall wie dem vorliegenden
-
die Termins-gebühr durch das [X.] erst nach der [X.] gemäß §
523 Abs.
1 Satz
2 ZPO verdienen könnte (vgl. [X.], Beschluss vom 27.
Feb-ruar 2007 -
XI
ZB
38/05, NJW 2007, 2858 Rn.
8; Beschluss vom 27.
Februar 2007 -
XI
ZB
39/05, NJW-RR 2007, 1578 Rn.
8). Das Berufungsgericht hat nach §
523 Abs.
1 ZPO vor der [X.] zu entscheiden, ob die Berufung nach §
522 ZPO verworfen oder zurückgewiesen wird ([X.], [X.] vom 15.
März 2007 -
V
ZB 170/06, NJW 2007, 2644 Rn.
8), und muss in diesem Zusammenhang die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels prüfen. Die von einer außergerichtlichen Einigung ausgehende Entlastung des Berufungs-gerichts ist daher im Stadium vor der Terminierung in besonderem Maße gege-ben. Entsprechend wi[X.]präche es der Zielsetzung des [X.], wenn für den Anwalt ein Anreiz bestünde, erst die Terminierung des [X.] abzuwarten, bevor er einen außergerichtlichen Einigungsversuch unternimmt.
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-
7
-

II[X.] Der Beschluss des [X.] ist daher aufzuheben (§
577 Abs.
4 Satz
1 1.
Halbsatz ZPO). Der [X.] kann in der Sache entscheiden, weil diese zur Endentscheidung reif ist (§
577 Abs.
5 ZPO). Die Kosten sind an-tragsgemäß festzusetzen.
1. Das zwischen den Parteien geführte [X.] betraf nicht nur das vorliegende, sondern auch ein weiteres zwischen den
Parteien anhän-giges Verfahren. In diesem Fall fällt die Terminsgebühr in jedem der beiden Verfahren gesondert an, berechnet nach den jeweiligen Streitwerten der be-troffenen Verfahren. Es findet auch keine Begrenzung auf den Wert einer ein-heitlichen Terminsgebühr aus der Addition der Streitwerte beider Verfahren statt ([X.], [X.], 191; Müller-Rabe in [X.], [X.], 19.
Aufl., VV 3104 Rn.
98
f.; [X.], [X.] 2005, 294, 297; [X.], [X.]report 2010, 102, 103; [X.]., [X.]report 2009, 72,
73; [X.], FD-[X.] 2010, 298250; vgl. auch [X.], Beschluss vom 27.
Februar 2007 -
XI
ZB
38/05, NJW 2007, 2858; Beschluss vom 27.
Februar 2007 -
XI
ZB 39/05, NJW-RR 2007, 1578; [X.], [X.] 2009, 80, 81).
a) Aus der Anrechnungsregelung in Nr.
3104 Abs.
2 VV [X.] lässt sich nichts anderes herleiten. Sie ist nicht anwendbar, wenn die Terminsgebühr nach der Vorbemerkung
3 zu Teil 3
VV [X.] infolge eines außergerichtlichen [X.]s über die Gegenstände mehrerer Verfahren anfällt. Dies beruht zum einen darauf, dass die Vorschrift ausdrücklich nur Verhandlungen außerhalb
eines Termins nicht erfasst. Zum anderen fehlt es im Falle eines
außergerichtlichen
[X.]s, das sich auf die Gegenstände mehre-rer Verfahren erstreckt, an der der Anrechnungsvorschrift in Nr.
3104 Abs.
2 11
12
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8
-

VV
[X.] erkennbar zu Grunde liegenden Zuordnung zu einem bestimmten Ver-fahren (Müller-Rabe in [X.], [X.], 19.
Aufl., VV 3104 Rn.
98
f.).
b) Andererseits hat der Gesetzgeber durch die Anrechnungsregelung in Nr.
3104 Abs.
2 VV [X.] zum Ausdruck gebracht, dass bei der Terminsgebühr wegen [X.]en im Verhandlungstermin eine Zusammenrechnung von Streitwerten nicht erfolgen, sondern der
Auftraggeber -
vorbehaltlich abwei-chender Kostenquoten
-
durch die Anrechnung wirtschaftlich so gestellt werden soll, als sei das [X.] in dem jeweiligen Verfahren geführt worden (vgl. mit [X.]: [X.] in [X.]/Jungbauer/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., Nr.
3104 VV Teil
3 Rn.
80
f.; Müller-Rabe in [X.], [X.], 19.
Aufl., VV 3104 Rn.
88
f.). Für einen Willen des Gesetzgebers, den Rechtsanwalt im Falle der außergerichtlichen Tätigkeit ge-genüber der Verhandlung im Gerichtstermin schlechter zu stellen, ist nichts er-sichtlich.
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-
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-

2. Die 1,2-fache Terminsgebühr fällt mithin aus einem Streitwert von 125.000

104 Abs.
1 Satz
2 Fall 1 ZPO zu verzinsen.

Bergmann
Strohn
Caliebe

Drescher
Born
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.11.2010
-
HKO 56/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.03.2011 -
7 W 4/11 -

15

Meta

II ZB 4/11

13.12.2011

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2011, Az. II ZB 4/11 (REWIS RS 2011, 578)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 578

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZB 4/11

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