Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2000, Az. 3 StR 504/99

3. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1475

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[X.]/99vom9. August 2000in der Strafsachegegenwegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 9. August 2000 gemäß § 349Abs. 4 StPO beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. Juni 1999, soweit es den Angeklagten[X.] betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkam-mer des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafevon drei Jahren verurteilt. Seine Revision hat mit einer auf die Verletzung des§ 338 Nr. 3 StPO gestützten Verfahrensrüge Erfolg.1. Folgender Verfahrensgang liegt zugrunde:Die Hauptverhandlung richtete sich gegen vier Angeklagte, von denensich die Angeklagten [X.] und [X.] in Untersuchungshaft befan-den. Der Verteidiger des Angeklagten [X.] beantragte, den [X.] seinen Mandanten aufzuheben bzw. außer Vollzug zu setzen. Zur Be-gründung führte er unter anderem an, die Mitangeklagten [X.] [X.] befänden sich auf freiem Fuß. Die Strafkammer lehnte den Antrag abund erließ anschließend Haftbefehl gegen die Angeklagten [X.] und- 3 -D. . Nach Verkündung dieser Beschlüsse wandte sich der [X.] an diese beiden Angeklagten mit den Worten - so der [X.] -: "Das haben Sie nun davon. Dies ist das Resultat dieser Anträge. [X.] (hierbei deutete er auf den Verteidiger des Angeklagten [X.] )wollte dies so haben." Daraufhin lehnte der Verteidiger des Angeklagten [X.] die drei Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Haft-befehl sei von den Berufsrichtern unterzeichnet und von dem [X.] anderem mit den zitierten Äußerungen begründet worden. Gegen [X.], mit dem das Gericht den Befangenheitsantrag gemäß § 26 a Abs. 1Nr. 2 StPO als unzulässig verworfen hatte, weil ein Ablehnungsgrund nicht an-gegeben sei, erhob der Angeklagte mit dem Hinweis Gegenvorstellung, daß erals Ablehnungsgrund die zitierten Äußerungen des Vorsitzenden angegebenhabe. Gleichzeitig stellte er einen neuen Befangenheitsantrag gegen die [X.], bezog sich auf die Äußerungen des Vorsitzenden und darauf,daß der Erlaß des Haftbefehls erkennen lasse, daß [X.] dem Ange-klagten nicht mehr unvoreingenommen gegenüberstehen. Die Kammer hat [X.] die Gegenvorstellung aus den Gründen des [X.] und auch den zweiten Ablehnungsantrag aus den weiterhinzutreffenden Gründen dieses Beschlusses als unzulässig verworfen.2. [X.], die sich nur auf die Mitwirkung des abgelehnten [X.] bezieht, ist zulässig. Insbesondere hat der Beschwerdeführer alleUmstände vollständig vorgetragen, die zu der beanstandeten Äußerung geführthaben.Davon, daß die Äußerungen auch so gemacht worden sind, ist nach [X.] eingeholten dienstlichen Äußerungen auszugehen. [X.] -abgelehnte Vorsitzende, der sich an den genauen Wortlaut nicht mehr [X.], bestreitet nicht, diese Äußerungen getan zu haben. Sein schriftlich mit-geteilter Eindruck, er habe nur in für die Angeklagten verständlicher Form [X.] erläutert, er sei nicht verärgert gewesen, und habe dies auchnicht ausgedrückt, sagt nichts darüber aus, wie seine Äußerungen aus [X.] des Angeklagten bewertet werden konnten. Das gilt auch für die andereneingeholten dienstlichen Äußerungen, die sich darin erschöpfen, daß sich [X.], die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft und die Ur-kundsbeamtin an den Wortlaut der Äußerung nicht mehr erinnern können. [X.] ist dem Senat zwar nicht die volle Überzeugung vermittelt worden, daß diezitierten Äußerungen auch tatsächlich so gefallen sind. Es genügt aber schon,daß die Wahrscheinlichkeit ihrer Richtigkeit in hinreichendem Maße dargetanist (BGHSt 21, 334, 350; [X.], 144). So liegt es hier.Das Ablehnungsgesuch ist auch zu Unrecht verworfen worden. Die zi-tierten Äußerungen begründen die Besorgnis der Befangenheit; sie waren [X.], Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Vorsitzenden zu rechtfertigen(§ 24 Abs. 2 StPO).Der Angeklagte hatte wegen der Äußerungen des Vorsitzenden "Dashaben Sie nun davon. Dies ist das Resultat dieser Anträge. Der Kollege [X.] so haben" bei vernünftiger Würdigung aller Umstände begründeten Anlaß,an der Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden zu zweifeln. Diese [X.] unmittelbar im Anschluß an die Verkündung eines gegen ihn erlassenenHaftbefehles konnte der Angeklagte dahin verstehen, daß er nicht in Haft ge-nommen worden wäre, wenn der Verteidiger des Mitangeklagten [X.] nicht einen Antrag auf Aufhebung des gegen seinen Mandanten gerichteten- 5 -Haftbefehls gestellt hätte, die Entscheidung somit aus objektiven Gründen [X.] war. Darauf, ob der Haftbefehl gegen den Angeklagten zu diesemZeitpunkt der Sache nach zu Recht erlassen werden konnte, kommt es [X.]. Daß der Erlaß mit den dargestellten Worten kommentiert wurde, konntejedenfalls in dem Angeklagten die Befürchtung wecken, der Vorsitzende [X.] nicht mehr von sachlichen Erwägungen leiten und sei deshalb ihm gegen-über nicht mehr unbefangen.[X.] Miebach Winkler [X.]

Meta

3 StR 504/99

09.08.2000

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2000, Az. 3 StR 504/99 (REWIS RS 2000, 1475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1475

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