Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2013, Az. III ZR 164/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1523

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 164/12
Verkündet am:

31. Oktober 2013

F r e i t a g

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2013
durch den Vizepräsidenten
Schlick und [X.]
[X.], [X.], [X.] und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das Urteil des [X.] -
17. Zivilsenat
-
vom 7. Mai 2012 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] zu 1 erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.],
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger macht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte
zu 1 Er-satzansprüche im Zusammenhang mit einer Beteiligung an dem
Medienfonds M.

KG (im Folgenden: M.

KG
II) geltend. Der Zedent zeichne-te am
1. Dezember 2001
eine
Kommanditeinlage an dem Fonds über 200.000
DM zuzüglich 5
% Agio. Der Anteil wurde treuhänderisch von einer
anderen Gesellschaft gehalten.
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-

Die Anlage wurde anhand eines Emissionsprospekts vertrieben, aus dem sich unter anderem die [X.] durch eine international täti-ge Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergab, deren Firma "aus standesrechtlichen Gründen"
nicht genannt wurde. Diese Aufgabe übernahm die Beklagte
zu 1. Der [X.] war mit der Fondsgesellschaft und der Treuhänderin abgeschlossen
worden. Der im Berufungs-
und Revisionsverfah-ren nicht mehr beteiligte vormalige Beklagte zu
2 war Geschäftsführer der [X.]. Er hatte außer dem hier maßgeblichen Medienfonds auch die Fondsgesellschaften Medienfonds M.

KG
und M.

NY 121 GmbH & Co. KG initiiert und als Geschäftsführer der jeweiligen Komplementär-GmbH geleitet.

Der zwischen der Fondsgesellschaft M.

KG II, der Treuhänderin und der Beklagten
zu 1 geschlossene [X.] war in dem Emissionsprospekt abgedruckt. §
4 des Vertrags enthielt für den [X.] detaillierte Regelungen zu den Voraussetzungen der Mittelbe-reitstellung und -freigabe. Die Bestimmung lautete auszugsweise:

"1.
Der [X.]ur wird, soweit die auf dem [X.] vorhandenen Mittel ausreichen, die für die [X.] der jeweiligen Projekte erforderlichen Mittel auf ei-nem gesonderten [X.] bereitstellen. Der [X.] hat für jedes einzelne Projekt ein gesondertes Anderkonto (nachfolgend: "[X.]") einzurichten, das als "[X.]"
unter Hinzufügung

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5.1
Die Freigabe der auf einem [X.] verfügbaren Produktionsmittel zur Zahlung von Produktionskosten zur Herstellung von Kino-
und Fernsehfilmen darf nur erfolgen, wenn eine
fällige Forderung gegen die M.

KG II aufgrund eines Co-Produktions-
oder eines Auftragsproduktionsvertra-ges besteht.

6.
Die Freigabe der ersten Rate darf nur erfolgen, wenn

a)
die M.

KG II folgende Unterlagen übergeben hat:

[X.])
unterzeichneter Vertrag über eine unechte Auftrags-produktion sowie abgeschlossener Co-Produktions-vertrag;

ab)
Nachweis einer Fertigstellungsgarantie durch Vorlage entsprechender Unterlagen oder Bestätigungserklä-rungen oder eines [X.] einer Com-pletion Bond Gesellschaft;

ac)
Vorlage von Kopien der Versicherungspolicen der [X.] Ausfall-, Negativ-
bzw. Datenträgerver-sicherung;

11.1
Der [X.]ur kann nach [X.] Ermessen fällige Beträge für Produktionen auch aus-zahlen, wenn für die fälligen Beträge ein oder mehrere Nachweise nach diesem Vertrag noch nicht vorliegen und die Auszahlung erforderlich ist und/oder dazu dient, die [X.] der Produktion und/oder
finanzielle Schäden von der M.

KG II und/oder ihren Gesellschaftern abzuwenden.

11.2
Dem [X.]ur ist vor Auszahlung eine schriftliche Erklärung des Co-Produzenten der M.

KG II oder des unechten Auftragsproduzenten vorzulegen, die den Eintritt entscheidungsrelevanter Tatsachen i.S.v. §
4 Ziff. 11.1 dieses Vertrages darlegt. Diese Erklärung ist vom [X.] auf Plausibilität zu prüfen, im Üb-rigen gilt §
3
Ziff.
5 dieses Vertrages."
-

5

-

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte zu 1 habe regelmäßig von §
4 Nr.
11.1 des [X.]s Gebrauch gemacht und zudem die in §
4 Nr.
11.2 vorgesehenen Voraussetzungen systematisch missachtet. Ferner hat der Kläger eine fehlerhafte Ermessensausübung durch die Beklagte
geltend gemacht. Er hat gemeint, die Beklagte zu 1 habe den Zedenten vor der Zeichnung der Anlage auf diese im Widerspruch zum Gesamtkonzept der Anla-ge stehende, bereits vor der Beitrittserklärung ausgeübte Praxis hinweisen müssen, da eine effektive [X.] so nicht zu erreichen ge-wesen sei. Wären dem Zedenten
Hinweise auf diese Handhabung erteilt [X.], wäre dieser dem
Fonds nicht beigetreten.

Die Beklagte zu 1 hat unter anderem die Einrede der Verjährung erho-ben.

Das [X.] hat die im Wesentlichen auf Ersatz des [X.] gerichtete Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1 und des früheren Beklagten zu 2 abgewiesen.
Hingegen hat das Berufungsgericht die geltend gemachten Ansprüche gegen die im Verfahren verbliebene Beklagte zu 1 (im Folgenden nur noch Beklagte) weitgehend zuerkannt. Hiergegen richtet sich deren
vom Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Ihr
Rechtsmittel
führt, soweit sie
durch das angefochtene Urteil beschwert ist, zu dessen Aufhe-bung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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I.

Das Berufungsgericht
hat ausgeführt, die Beklagte habe gegenüber dem Zedenten bestehende vorvertragliche Hinweispflichten verletzt. Der [X.] habe Schutzwirkung zugunsten der Anleger entfaltet.

In ihrer Funktion als [X.]urin habe die Beklagte den Zedenten vor oder jedenfalls anlässlich der Zeichnung der Anlage darauf hinweisen müssen, dass sie ihren Mitwirkungs-, Kontroll-
und Überwachungs-pflichten nicht in dem vertraglich vorgesehenen Umfang nachkommen werde. Der Kläger habe die tatsächliche, pflichtwidrige Freigabepraxis der Beklagten, bei der im großen Ausmaß Verfügungen getroffen worden seien, die den ver-traglich festgelegten Vorgaben regelrecht zuwider gelaufen seien, hinreichend beschrieben und plausibel gemacht. So habe er auf den Fonds M.

KG
II be-zogen für den Zeitraum
von Oktober 2000 bis zum Beitritt des Zedenten eine Vielzahl von Freigabeaufforderungen gemäß §
4 Nr.
11 des Mittelverwen-dungskontrollvertrags spezifiziert, die eine Größenordnung von mehreren
Millionen Euro
erreicht hätten. Die Beklagte habe letztlich eingeräumt, dass
sie selbst eine [X.] nach den Bedingungen des im Emissionsprospekt abgedruckten [X.]s
nicht für durchführbar angesehen und somit in der Praxis auch nicht durchgeführt habe.

Darüber hinaus habe die Beklagte auch die in §
4 Nr.
11.2 des [X.] bestimmten Bedingungen für die Anwendung der [X.] des §
4 Nr.
11.1 des Vertrags regelmäßig nicht eingehalten.

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Auf diese abweichende Praxis hätten die künftigen Anleger hingewiesen werden müssen. Bei entsprechender Aufklärung hätte sich der Zedent an dem Fonds nicht beteiligt.

Die auf Ersatz des [X.] gerichtete Schadensersatzfor-derung sei nicht verjährt. Insbesondere unterliege die Haftung der Beklagten nicht der kurzen Verjährung des §
51a [X.] Die Mittelverwendungskontrol-le gehöre nicht zu den Tätigkeiten, die dem Berufsbild des Wirtschaftsprüfers zuzuordnen sei.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts findet §
51a [X.]
-
gegebenenfalls nach Maßgabe des §
139b Abs.
1 WPO
-
auf Schadenser-satzansprüche gegen einen Wirtschaftsprüfer wegen der Verletzung von Aufklä-rungspflichten
aus einem [X.] Anwendung. Dies hat der Senat in seinen dieselbe Beklagte und unter anderem
denselben Fonds betreffenden Urteilen
vom 11. April 2013 (III
ZR 79/12, [X.], 1016
Rn.
23
ff und [X.]/12, BeckRS 2013, 07847
Rn.
21 ff) entschieden. Auf die eingehende Begründung in diesen Urteilen wird verwiesen.

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8

-

Auf der Grundlage des bisherigen Sach-
und Streitstandes ist die fünf Jahre betragende Verjährungsfrist des §
51a [X.] vor Erhebung der Klage abgelaufen. In dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstanden ist, beginnt der Lauf der Frist des §
51a [X.] Der Kläger leitet seine Forderung gegen die Beklagte aus dem Vorwurf her, diese habe es unterlassen, den Zedenten vor dessen Beitritt
zu dem Fonds
über die (von ihm behaupteten) Mängel der [X.] aufzuklären. Ein hieraus erwachsener Schaden be-stünde in der Eingehung der Beteiligung und wäre demnach mit Eintritt der rechtlichen Bindung des Zedenten an seine Beteiligungsentscheidungen ent-standen (vgl. Senatsurteile vom 11. April 2013 -
III
ZR 79/12 [X.]O Rn.
29;
III
ZR 80/12 [X.]O Rn.
27 jeweils
mwN). Der Zedent hat den Beitritt am 1. Dezember 2001 erklärt. Nach der Darstellung des [X.] erfolgte die Annahmeerklärung
noch im selben Monat. Die fünfjährige Verjährungsfrist wäre in Bezug auf etwa-ige Schadensersatzansprüche damit spätestens am 31. Dezember 2006, mithin
lange
vor der Klagerhebung im September 2010 abgelaufen.

Die Grundsätze der Sekundärhaftung greifen zugunsten des [X.] nicht ein (Senatsurteile vom 11. April 2013 -
III
ZR 79/12 [X.]O Rn.
31;
III
ZR 80/12 [X.]O Rn.
29).

2.
Allerdings ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif (§
563 Abs.
3 ZPO). Nach dem bisherigen Sach-
und Streitstand und den vom [X.] hierzu getroffenen Feststellungen kommt ein unverjährter Scha-densersatzanspruch des [X.] gegen die Beklagte aus §
823
Abs.
2 [X.]. §
264
a Abs.
1 Nr.
1, §
27
StGB sowie §§
826, 830
BGB
in Betracht, weil

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deren Mitarbeiter, für die sie gemäß §
31 oder §
831 BGB haftbar ist, an delikti-schen Handlungen des früheren Beklagten zu 2 mitgewirkt haben
könnten. Hierzu bedarf es jedoch weiterer tatsächlicher Feststellungen.

Auch insoweit wird auf die Senatsurteile vom 11. April 2013 (III
ZR 79/12 [X.]O Rn.
32, 36 ff
und [X.]/12 [X.]O Rn.
30, 34 ff) verwiesen.

3.
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich auch mit den übrigen [X.] der Revision zu befassen, auf die einzugehen, der [X.] im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung
hat.

Soweit die Revision
beanstandet, das Berufungsgericht habe übergan-gen, dass die Beklagte die Einzahlung der Einlage durch den Zedenten bestrit-ten habe, ist allerdings anzumerken, dass der Kläger hierzu in erster Instanz einen Kontoauszug des Zedenten vorgelegt (Anlage [X.] zum Schriftsatz vom 2. Mai 2011) und die Beklagte seither ihr Bestreiten nicht wiederholt hat.

Allerdings wird das Berufungsgericht

seine von der Revision mit beacht-lichen Argumenten angegriffene Würdigung zu hinterfragen haben, die Beklagte habe in ihrem
Schriftsatz
vom 28. Dezember 2011
"unmissverständlich einge-räumt", dass sie eine prospektgemäße [X.]
selbst
für

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nicht durchführbar angesehen und somit in der Praxis auch nicht durchgeführt habe.

Schlick
[X.]
[X.]

[X.]

Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.05.2011 -
32 O 17528/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.05.2012 -
17 U 2787/11 -

Meta

III ZR 164/12

31.10.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2013, Az. III ZR 164/12 (REWIS RS 2013, 1523)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1523

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III ZR 80/12

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