Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2016, Az. AnwZ (Brfg) 16/16

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2016, 10365

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[X.]:[X.]:BGH:2016:080616BANWZ.BRFG.16.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 16/16

vom

8. Juni 2016

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Anfechtung eines Beschlusses der Kammerversammlung
-

2

-

Der Bundesgerichtshof, [X.], hat durch den
Vorsitzenden Richter Prof. [X.], die Richterin [X.],
den Richter
Seiters sowie die Rechtsanwälte Dr. Kau und
Dr. Wolf
am
8. Juni 2016

beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 1. März 2016 an Verkündungs
statt zugestellte Urteil des 1.
Senats des [X.] [X.]
wird abge-lehnt.

Der Kläger hat
die
Kosten des
Zulassungsverfahrens
zu tragen.

Der Wert
des Zulassungsverfahrens
wird auf bis 22.000

e-setzt.

Gründe:

I.

Der Kläger
ist Mitglied der [X.] und begehrt, einen Beschluss der Kammerversammlung über die Änderung der [X.]
für nichtig zu erklären.
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Die seit 1966 existierenden "Richtlinien der Sterbegeldumlage"
der [X.] -
zuletzt in der Fassung der Änderungen vom 23. April 2005 -
sahen vor, dass im Fall des Todes eines Kammermitglieds an dessen Hinterbliebene ein Sterbegeld gezahlt wird, das als Teil des Kammerbeitrags im Wege des [X.] aufgebracht werden sollte.
Die Höhe der Umlage war mit 26

für jeden Sterbefall bestimmt. Für Kammermitglieder, die wegen Alters oder Gebrechlichkeit aus der Kammer ausschieden, bestand die Möglichkeit, durch Erklärung binnen eines Monats nach Widerruf der Zulassung auf freiwilliger Basis weiter an
der [X.] teilzunehmen. Gleiches galt bei einem Wechsel der Zulassung nach mehr als 20jähriger Kammerzuge-hörigkeit.

Am 6. Mai 2015 beschloss die Kammerversammlung
der [X.], an der der Kläger teilnahm, auf Vorschlag des Vorstands zu [X.] der Tages-ordnung
mit 51 Ja-Stimmen bei 6 Enthaltungen und 23 Nein-Stimmen Ände-rungen
der [X.]. Unter anderem sollte das Sterbegeld nunmehr t-punkt an der Umlage teilnehmenden Personen aufgebracht werden. Diese
Än-derung führte
-
legt man die derzeitige Mitgliederzahl der [X.] zugrunde -
einerseits zu einer Reduzierung der Höhe des [X.], andererseits zu ei-ner Reduzierung der mit der
Umlage verbundenen finanziellen Belastung der Mitglieder. Begründet worden war die Änderung in der Beschlussvorlage des Vorstands im Wesentlichen damit, dass die Umlage 1966 geschaffen worden sei, um für das verstorbene Mitglied eine angemessene Beerdigung zu ermögli-chen und die kurzfristig damit auftretenden Kosten zu decken, angesichts der gestiegenen Mitgliederzahlen heute aber eine Summe erreicht werde, die über den
beabsichtigten Zweck hinausgehe und auch zu den vom Einzelnen gezahl-ten Umlagen in keinem Verhältnis mehr stehe, andererseits durch die Umlage 2
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und die Zahl der zu erwartenden Sterbefälle eine nicht geringfügige Belastung der Mitglieder zu erwarten sei, die durch die Änderung in vertretbaren Grenzen gehalten werden könne.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Klage hat der [X.] abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag des [X.] ist nach §
112e Satz
2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten
Zulassungsgründe

112e Satz
2 [X.], §
124 Abs. 2 Nr.
1 und 3 VwGO) liegen
nicht vor.

1. Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des [X.] Urteils (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) setzt [X.], dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachen-feststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird
(vgl. nur Senats-beschlüsse vom 3. Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 11/15, juris Rn.
3 und vom 17.
März 2016 -
AnwZ ([X.]) 6/16, juris Rn. 3, jeweils mwN).

Grundsatzbedeutung (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
3 VwGO) liegt vor, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürf-tige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der [X.] an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur Senatsbeschluss vom 12. März 2015 -
AnwZ ([X.]) 82/13, juris Rn.
24 mwN).
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-

Der Kläger ist insoweit der Meinung, die Rechtssache habe grundsätzli-che Bedeutung im Hinblick auf die Fragen,

ob die freiwillig an der Sterbegeldkasse
teilnehmenden ehemaligen Kammermitglieder -
ungeachtet dessen, dass sie keine Möglichkeit [X.], an der Kammerversammlung teilzunehmen,
und ihnen kein Stimm-recht in Bezug auf Änderungen der [X.] zustehe -
vorher darüber hätten informiert
werden müssen, dass in der [X.] als Tagesordnungspunkt
eine
Änderung der Richtlinien vorgesehen sei,

ob in den angefochtenen Beschluss eine Übergangszeit von wenigstens 5 Jahren hätte aufgenommen werden müssen.

Da beide Fragen zu bejahen seien, bestünden auch ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des Urteils des [X.].

2. Dem folgt der Senat nicht. Nach § 112f Abs. 1 [X.] können [X.] der Kammerversammlung nur dann für ungültig oder nichtig erklärt werden, wenn sie unter Verletzung des Gesetzes oder der Satzung zustande gekommen oder wenn sie ihrem Inhalt nach mit dem Gesetz oder der Satzung nicht vereinbar sind.

a) Dadurch, dass die ehemaligen Mitglieder der [X.], die freiwillig an der [X.] weiter teilgenommen haben, über die vom Vorstand vorgeschlagene und auf die Tagesordnung der Kammerversammlung vom 5.
Mai 2015 gesetzte Änderung der [X.] nicht
vorher informiert worden sind, ist der Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt worden. Hierauf 8
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kann er seine Klage deshalb nicht stützen
(§ 112f Abs. 2 Satz 2 [X.]). Abge-sehen davon haben, was auch der Kläger nicht in Abrede stellt, ausschließlich die aktiven Kammermitglieder das Recht, an der Kammerversammlung teilzu-nehmen und
dort ihr Stimmrecht -
hier über Änderungen der Sterbegeldrichtli-nien (§ 89 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) -
auszuüben. Vor diesem Hintergrund bestand keine Pflicht der [X.] zur Information von [X.].
Im Übrigen ist eine Auswirkung der unterlassenen Information auf den in der Kammerversammlung gefassten Beschluss nicht ersichtlich.

b)
Übergangsregelungen können bei der Umgestaltung beziehungsweise Verkürzung bestehender Rechtspositionen nach Maßgabe des [X.] in Betracht kommen. Die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes als wesentliche Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips können je nach Lage der Verhältnisse im einzelnen Fall der [X.] insoweit Schranken setzen. Ob und in welchem Umfang Übergangsregelungen
notwendig sind, ist dabei einer Abwägung zwischen dem mit der Neuregelung verfolgten Zweck
einerseits und der damit verbundenen Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Betroffenen andererseits zu entnehmen, wobei dem
Normgeber ein erheblicher Spielraum zur Verfügung steht (vgl. zu gesetzlichen Übergangsregelungen nur [X.] 43, 242, 286 ff.; 76, 256, 359 f.).

Ob unter Zugrundelegung dieses Maßstabs in den angefochtenen Be-schluss die vom Kläger als notwendig angesehene Übergangsregelung hätte aufgenommen werden müssen, ist eine Frage des streitgegenständlichen [X.] und hat keine Grundsatzbedeutung. Soweit der [X.] eine Übergangsregelung als entbehrlich angesehen hat, bestehen dagegen keine ernstlichen Zweifel. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass in Ziffer 4 der 14
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bisherigen Fassungen der [X.] ausdrücklich festgelegt worden ist, dass auf das Sterbegeld kein Rechtsanspruch besteht.
Diese Regelung ist erst mit dem vom Kläger angefochtenen Beschluss vom 6. Mai 2015
gestrichen worden. Nach Ziffer 4 besteht nunmehr ein Rechtsanspruch in dem Umfang, wie die Umlagen bei der Kammer eingehen.
Auch war bisher die Höhe des [X.] von einer Variable -
dem jeweiligen Mitgliederbestand -
abhängig, sodass ein Vertrauen auf eine bestimmte Auszahlungssumme im Fall des [X.] sowieso nicht begründet werden konnte. Das Sterbegeld dient im Übrigen nicht der
zukünftigen allgemeinen Versorgung der Hinterbliebenen
ei-nes Rechtsanwalts
-
diese Funktion hat die sog. Hinterbliebenenrente
für Ange-hörige von Rechtsanwälten, wie sie etwa in [X.] in § 7 Abs. 1 Nr. 3 [X.] geregelt ist -,
sondern zur Deckung der Unkosten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Tod einer Person anfallen, insbesondere der Deckung der Beerdigungskosten
("Hilfe bei den unmittelbaren Bedrängnissen im Zusam-menhang mit einem Todesfall"; [X.], NJW 1990, 2122 zur damaligen [X.] der Richtlinien der [X.]). Dass das Sterbegeld jetzt anders als früher hierfür nicht mehr ausreicht, macht der Kläger zu Recht selbst nicht geltend. Berücksichtigt man
des Weiteren, dass selbst Mitglieder der [X.], die seit Einführung des
[X.]
im Jahr 1966 an der Umlage teilgenommen ha-ben, bis
zur Änderung lediglich gezahlt haben, ist die Festlegung eines [X.] auch ohne Übergangsfrist nicht zu beanstan-den.
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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.], §
154 Abs.
2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
194 Abs.
1
Satz 1 [X.], §
52 Abs. 1 GKG.

Kayser
[X.]
Seiters

Kau
Wolf

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 01.03.2016 -
1 [X.] 5/15 -

16

Meta

AnwZ (Brfg) 16/16

08.06.2016

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2016, Az. AnwZ (Brfg) 16/16 (REWIS RS 2016, 10365)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10365

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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