Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.09.2015, Az. 4 StR 24/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 5631

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:100915B4STR24.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 24/15

vom
10. September
2015

[X.]St:
nein
[X.]R:
nein
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja

-

[X.] § 349 Abs. 2 und 4

Zu den Wirkungen einer im [X.] erfolgten, irrtümlichen Entschei-dung des [X.] über einen bloßen [X.] des Tatrichters.

[X.], Beschluss vom 10. September 2015

4 StR 24/15

[X.] Bochum

in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
(in nicht geringer

Menge)

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 10.
September
2015
beschlossen:

Der Beschluss des Senats vom 24.
März 2015, durch den das Urteil des [X.] vom 3.
November 2014 auf die Revision des Angeklagten mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen wurde, wird aufgehoben.
Das Verfahren wird fortgesetzt.

Gründe:
Das [X.] hatte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 15.000

ngeordnet. Auf die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts gerügt hatte, hatte der Senat das Urteil insgesamt mit den Feststellungen aufgehoben und die
Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
1
-
3
-
I.
1.
Eine erneute Hauptverhandlung hat bislang nicht stattgefunden. [X.] hat die Staatsanwaltschaft dem Senat die Akten durch Vermittlung des [X.]s
erneut
zugeleitet und bittet um (deklaratorische) [X.] vom 24.
März 2015.
Dem liegt Folgendes zugrunde:
Die vom Berichterstatter
der [X.] des [X.]
auf der Grundlage der Beratung verfasste, fünfzehn
Seiten umfassende und zur Zustel-lung an die Verfahrensbeteiligten bestimmte [X.] wurde von den be-rufsrichterlichen Mitgliedern der [X.] unterschrieben und gelangte am 26.
November 2014
und damit rechtzeitig
zur Geschäftsstelle. Aus nicht mehr aufklärbaren Gründen verblieb neben dieser Urteilsfassung auch ein lediglich neun Seiten umfassender

nicht handschriftlich unterschriebener

Urteilsent-wurf im Protokoll-
und Urteilsband der Sachakten. Entgegen der Zustellungsver-fügung des Vorsitzenden vom 26.
November 2014 wurde dem Verteidiger
nicht die fünfzehnseitige [X.], sondern
der neunseitige
[X.], der als Ausfertigung nicht als Entwurf erkennbar war,
zugestellt. Nach Eingang der Revisionsbegründung,
mit der der Verteidiger sachlich-rechtliche Fehler des tandete, gelangte

aus ebenfalls nicht mehr aufklärbaren Gründen

auch nur die
neunseitige
Fassung

b-, versehen mit den Unterschriften der mitwirkenden Berufsrichter in [X.],
zum [X.] sowie zu den Handakten des
[X.]. Auf dieser
Grundlage stellte der [X.] seinen auf §
349 Abs.
4 [X.] gestützten [X.], dem der Senat gefolgt ist.
2
3
4
-
4
-
Eine nachträgliche Überprüfung beim [X.] ergab ausweislich
eines Vermerks des Vorsitzenden der [X.] vom 29.
April 2015, dass in dem von den Gerichten in [X.] benutzten [X.] Endfassung des Urteils abgespeichert war, weshalb versehentlich der [X.] und nicht das Originalurteil zur Zustellung gelangte und zur Grundlage der Revisionsakten wurde.
2.
Der [X.] regt nunmehr an, durch Beschluss des
Senats klarzustellen, dass es mit der aufhebenden Entscheidung des Senats in seinem Beschluss vom 24.
März 2015 sein Bewenden habe. Zwar sei dieser Beschluss auf einer falschen Tatsachengrundlage ergangen, das mache ihn aber weder unwirksam noch nichtig. Es bedürfe daher einer Aufhebung des Beschlusses durch den Senat.
Dafür fehle es indes
an einer rechtlichen Grund-lage.
Da die Staatsanwaltschaft die Aufhebung begehre, seien die §§
33a und 356a [X.] nicht anwendbar. Ein Wiederaufnahmegrund sei ebenso wenig er-sichtlich wie ein

ohnehin nur ausnahmsweise, etwa wegen
Willkür, in Betracht kommender

übergesetzlicher Aufhebungsgrund.
II.
Der Beschluss des Senats vom 24.
März 2015 ist aufzuheben, das [X.] ist fortzusetzen.
1.
a)
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] können Entscheidungen des [X.] grundsätzlich
weder aufgehoben noch abgeändert werden. Das gilt nicht nur für nach §
349 Abs.
2 [X.] ergangene Beschlüsse über die Verwerfung der Revision, durch die das Verfahren wie 5
6
7
8
-
5
-
durch ein Verwerfungsurteil

349 Abs.
5 [X.])
rechtskräftig abgeschlossen wird (vgl. nur [X.], Beschlüsse
vom 17.
Januar 1962

4
StR
392/61, [X.]St 17, 94, 95, und vom 24.
März 2011

4
StR
637/10, StraFo 2011, 218; vgl. auch Beschluss vom 4.
April 2006

5
StR
514/04, [X.], 271 für Entscheidun-gen nach §
349 Abs.
2 i.V.m. Abs.
4 [X.]). Auch ein allein
nach §
349 Abs.
4 [X.]
gefasster Beschluss,
mit dem die Sache zu neuer Verhandlung und Ent-scheidung an den Tatrichter zurückverwiesen wird und der deshalb
lediglich formelle Rechtskraft erlangt, ist regelmäßig
nicht abänderbar
und kann nicht aufgehoben werden
(vgl. [X.], Beschluss vom 22.
Oktober 1991

5
StR 449/91; [X.]/[X.], [X.], 58.
Aufl., §
349 Rn.
34; KK-[X.]/
Gericke, 7.
Aufl., §
349 Rn.
40; LR-[X.]/[X.], 26.
Aufl., §
349 Rn.
41; ein-schränkend SSW-[X.]/[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
349 Rn.
40
ff. mwN).
Das Bedürfnis
der
Rechtspflege und der Allgemeinheit nach Rechtssicherheit ver-bietet
es auch im Revisionsverfahren, einen Eingriff in die Rechtskraft einer [X.] Sachentscheidung zuzulassen
([X.], Beschluss vom 17.
Januar 1962 aaO), es
sei denn, die Voraussetzungen der speziell für diesen Verfah-rensabschnitt
geltenden Ausnahmevorschrift des §
356a [X.] wären erfüllt, wonach die Entscheidung des [X.] unter Verletzung des An-spruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör zustande gekommen ist
(zur Aufhebung von Amts wegen bei versehentlicher Stattgabe des Rechtsmit-tels des Nebenklägers durch Beschluss vgl. [X.], Beschluss vom 30.
März 1994

3
StR
628/93; zur Aufhebung eines im Revisionsverfahren gefassten [X.] nach §
206a Abs.
1 [X.] wegen Täuschung durch den Beschwerdeführer vgl. [X.], Beschluss vom 21.
Dezember 2007

2
StR 485/06, [X.]St 52, 119, 121
f.).
b)
So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Senat hat über das Rechtsmittel des Beschwerdeführers auf der Grundlage eines bloßen [X.]s des 9
-
6
-
[X.] entschieden und von diesem Umstand erst nach Erlass seiner Entscheidung Kenntnis erlangt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat [X.] von jeher in Fällen, in denen eine Entscheidung über das Rechtsmittel der Revision lediglich infolge Unregelmäßigkeiten bzw. Versehen oder wegen der Gegebenheiten des gerichtlichen Geschäftsgangs auf unvollständiger oder un-zutreffender tatsächlicher Grundlage getroffen wurde
und sich dies erst nach-träglich herausstellt, das Bedürfnis nach einer Korrektur der getroffenen, formell bzw. materiell rechtskräftigen Entscheidung anerkannt. Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gebieten es in einem solchen Fall, den Widerspruch zwischen der auf einer unzutreffenden Grundlage ergangenen Entscheidung
und der ab-weichenden [X.] zu beseitigen; der damit verbundene Eingriff in die Rechtskraft wiegt hier weniger schwer. Dies hat die Rechtsprechung etwa in dem Fall der
irrtümlichen Annahme der Mitwirkung eines funktionell unzustän-digen
Urkundsbeamten bei der Anbringung der Revisionsanträge mit der Folge der Verwerfung der Revision
nach §
349 Abs.
1 [X.] angenommen (vgl. [X.], Beschluss vom 13.
November 1925

I
512/25, [X.]St 59, 419, 420). Ebenso wird verfahren, wenn die Entscheidung des [X.] zu einem Zeit-punkt ergeht, indem das Rechtsmittel bereits wirksam zurückgenommen [X.], die Rücknahmeerklärung aber noch nicht zu den Senatsakten gelangt ist (st. Rspr.;
vgl. nur [X.], Beschluss vom 10.
September 1991

2
StR
326/91, [X.], 225; Beschluss vom 28.
Januar 1997

1
StR
456/96, [X.], 27, jeweils bei [X.]). Dies gilt auch dann, wenn die Unvollständigkeit der
Senatsakten bei der Beschlussfassung nicht
auf den zeitlichen [X.] des gerichtlichen Geschäftsgangs nach Eingang der Rücknahmeerklä-rung beim [X.] beruht, sondern auf einem Versehen bei der [X.] bestimmten Aktenkonvoluts (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
Januar 1997

1
StR
456/96, [X.], 27
bei [X.]; zur Verfahrenseinstellung bei nachträglich bekannt gewordenem Tod -
7
-
des Beschwerdeführers vgl. [X.], Beschluss vom 27.
Oktober 2015

1
StR 162/15, [X.], 25).
2.
Im vorliegenden Fall hat der Senat über das Rechtsmittel des Ange-klagten weder in
Verkennung der prozessualen Lage noch aus Rechtsirrtum entschieden, sondern auf einer unzutreffenden tatsächlichen Grundlage, die ihren Grund allein in einer Unregelmäßigkeit im Geschäftsgang des Land-gerichts hatte. Denn die dem Senat vorliegende Urteilsfassung, die lediglich einen Entwurf
darstellte und die sich

anders als die Endfassung

auch im gerichtlichen Textverarbeitungssystem befand, wurde aus letztlich ungeklärten, im Geschäftsablauf
des [X.] zu suchenden Gründen

entgegen der Anordnung des Vorsitzenden

dem Verteidiger des Angeklagten zugestellt, zu den Senatsakten genommen
und so zur Grundlage der Senatsentscheidung.
3.
Der Senat hat daher seinen Beschluss vom 24.
März 2015 aufgeho-ben. Da die Zustellung der neunseitigen Entwurfsfassung des landgerichtlichen Urteils an die Verfahrensbeteiligten die [X.] nicht in Lauf setzen konnte (vgl. [X.], Beschluss vom 5.
Februar 1981

4
StR
13/81, [X.]
10
11
-
8
-
1981, 170), ist dem Verfahren nunmehr durch Zustellung der richtigen Fassung Fortgang zu geben.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

[X.]
Quentin

Meta

4 StR 24/15

10.09.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.09.2015, Az. 4 StR 24/15 (REWIS RS 2015, 5631)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5631

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