Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.01.2024, Az. 2 StR 422/23

2. Strafsenat | REWIS RS 2024, 923

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Tenor

1.  Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. März 2023, soweit es sie betrifft und sie verurteilt ist, aufgehoben

a) in den Fällen [X.], [X.], [X.] und [X.] mit den zugehörigen Feststellungen zur inneren Tatseite;

b) im [X.].

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

2.  Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum bandenmäßigen „unerlaubten“ Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen (Fälle [X.], [X.], [X.] und [X.]) und wegen Beihilfe zum „unerlaubten“ Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle [X.] und II.27 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es sie freigesprochen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2

Nach den Feststellungen des [X.]s war die Angeklagte ab Anfang 2020 Mitglied einer von ihrem Lebensgefährten geführten Bande, der neben ihrem Lebensgefährten und ihr selbst weitere Personen angehörten und die aufgrund einer [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel trieb. Der Lebensgefährte der Angeklagten handelte daneben auch außerhalb der [X.] mit Betäubungsmitteln. Der Angeklagten oblag es, bei der Abwicklung von [X.] Übersetzungsdienste zu leisten. Auf diese Weise förderte sie ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zwischen September 2020 und Dezember 2020 in insgesamt sechs Fällen.

II.

3

Die Verurteilung der Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen „unerlaubten“ Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier der sechs Fälle – den Fällen [X.], [X.], [X.] und [X.] – hat keinen Bestand, weil das [X.] keine hinreichenden Feststellungen zur inneren Tatseite getroffen hat. Damit unterliegt auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe der Aufhebung. Im Übrigen ergibt die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten.

4

1. Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei hat das [X.] festgestellt, die Angeklagte sei Mitglied einer von ihrem Lebensgefährten angeführten Bande gewesen, die die in den Fällen [X.], [X.], [X.] und [X.] ausgeurteilten Taten gemäß der [X.] und nicht ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt habe. Es hat weiter zu Recht angenommen, die Angeklagte habe die Taten in allen vier Fällen als Bandenmitglied unterstützt, so dass das besondere persönliche Merkmal der Bandenmitgliedschaft gemäß § 28 Abs. 2 StGB in ihrer Person verwirklicht gewesen sei (vgl. [X.], Urteil vom 9. August 2000 – 3 StR 339/99, [X.]St 46, 120, 128; Beschlüsse vom 15. Oktober 2015 – 2 StR 445/14, juris Rn. 8; vom 10. Oktober 2017 – 5 StR 400/17, juris Rn. 3).

5

2. Die Feststellungen des [X.]s tragen aber seine Schlussfolgerung nicht, die Angeklagte habe in allen vier Fällen auch mit dem erforderlichen [X.] gehandelt.

6

a) Anders als das täterbezogene Merkmal der Bandenmitgliedschaft ist das Merkmal der Tatbegehung innerhalb der [X.] ein tatbezogenes Merkmal (vgl. [X.], Beschluss vom 12. November 2015 – 3 StR 346/15, [X.] 2016, 556 Rn. 4), auf das sich der [X.] erstrecken muss.

7

b) Das [X.] hat eine Beteiligung der Angeklagten sowohl an [X.]en als auch an Taten ihres Lebensgefährten festgestellt. Dass die Angeklagte in den Fällen [X.], [X.], [X.] und [X.] mit dem Vorsatz handelte, eine Tat innerhalb der [X.] zu fördern, ergeben die Feststellungen des [X.]s nicht. Im Fall [X.] hat das [X.] lediglich festgestellt, die Angeklagte habe durch [X.] „die [X.] ihres Lebensgefährten“ unterstützen wollen. Im Fall [X.] der Urteilsgründe sei die Angeklagte als Übersetzerin „für ihn [ihren Lebensgefährten]“ tätig geworden. Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, dass die Angeklagte in diesen Fällen von einer von ihr unterstützten [X.] ausging und nicht nur wie in den Fällen [X.] und II.27, in denen das [X.] sie lediglich wegen einer ihrem Lebensgefährten geleisteten Beihilfe zum „unerlaubten“ Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat, von einer Tat ihres Lebensgefährten. In den Fällen [X.] und [X.] lassen sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe keine Feststellungen zum Vorsatz der Angeklagten entnehmen.

8

c) Nähere Darlegungen zur inneren Tatseite waren auch nicht entbehrlich, soweit das [X.] festgestellt hat, der Angeklagten sei bekannt gewesen, dass neben ihrem Lebensgefährten weitere Bandenmitglieder an der Tatbegehung mitwirkten. Die Mitwirkung weiterer Bandenmitglieder führt nicht notwendig dazu, Taten als solche innerhalb der [X.] zu qualifizieren (vgl. [X.], Urteil vom 18. Oktober 2012 – 2 StR 529/11, [X.], 208, 209; Beschlüsse vom 12. November 2015 – 3 StR 346/15, [X.] 2016, 556 Rn. 4; vom 20. Oktober 2016 – 3 StR 321/16, [X.] 2017, 308, 309 Rn. 12; vom 8. November 2023 – 2 StR 418/23, juris Rn. 6). Entsprechend genügt das Wissen des Gehilfen um die Mitwirkung weiterer Bandenmitglieder für sich nicht.

9

3. [X.] der Feststellungen zum [X.] führt im genannten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils samt den Feststellungen zur inneren Tatseite, § 353 Abs. 2 StPO, und zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Im Übrigen haben die Feststellungen Bestand.

4. Der Senat sieht schließlich Anlass, auf die nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] bei der Prüfung eines minder schweren Falls zu beachtende Prüfungsreihenfolge hinzuweisen (vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 13. September 2022 – 2 StR 236/22, NStZ 2023, 163; vom 15. Februar 2023 – 2 [X.], NStZ 2023, 508; je mwN). Im Schuldspruch ist bei Betäubungsmitteldelikten der Zusatz „unerlaubt“ entbehrlich (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 15. November 2022 – 3 [X.], NStZ-RR 2023, 51 f.).

Menges                              [X.]

                     Grube                            [X.]

Meta

2 StR 422/23

16.01.2024

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 3. März 2023, Az: 64 KLs 10/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.01.2024, Az. 2 StR 422/23 (REWIS RS 2024, 923)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 923

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