Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.01.2024, Az. II ZR 220/22

2. Zivilsenat | REWIS RS 2024, 666

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Gegenstand

Publizität des Handelsregisters: Berufung eines Dritten auf die fehlende Eintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache; Missbrauch der Vertretungsmacht in einer GmbH


Leitsatz

1. Die Berufung auf die fehlende Eintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache ist dem Dritten gemäß § 15 Abs. 1 HGB nur dann verwehrt, wenn er positive Kenntnis von der einzutragenden Tatsache hat; ein Kennenmüssen oder eine grob fahrlässige Unkenntnis genügen demgegenüber nicht.

2. Die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht gelten auch im Anwendungsbereich des Rechtsscheintatbestands des § 15 Abs. 1 HGB.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 8. September 2022 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 €. Ihre Mehrheitsgesellschafterin, die [X.], hielt hieran einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag von 16.250 €, die weitere Gesellschafterin, die [X.]      GmbH & Co. KG, war mit einem Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag von 8.750 € an ihr beteiligt. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist "die Projektentwicklung im Bauhaupt- und Nebengewerk, Grundstücksvermittlung, [X.] und Bauüberwachung, der Wohnungs- und Geschäftshausbau, Bauleistungen für Industrie und Industrieanlagen, Beratungsleistungen im Bauhaupt- und Nebengewerk und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte sowie der Erwerb, die Entwicklung, Vermietung, Verwaltung und der Verkauf von Grundstücken und der Betrieb gleichartiger oder ähnlicher Unternehmen (…)".

2

[X.] erwarb die Klägerin das bebaute Grundstück [X.] [X.]       und teilte dieses in 30 Gewerbe- und Wohneinheiten auf. Das Grundstück stellte den einzigen wesentlichen Vermögensgegenstand der Klägerin dar.

3

Der Geschäftsführer der Klägerin [X.]erklärte 2017 in einer als "[X.]" überschriebenen Urkunde gegenüber der Mehrheitsgesellschafterin, er werde keine Veräußerung, Belastung, vertragliche Bindung oder Vermögensschmälerung ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Klägerin vornehmen. Anfang 2018 betrieb die Mehrheitsgesellschafterin [X.]      Abberufung als Geschäftsführer sowie die Einziehung des Geschäftsanteils der Minderheitsgesellschafterin und verhandelte mit [X.]über die Veräußerung des Grundstücks. In einem Vereinbarungsentwurf war ein Verkaufspreis von 16 Mio. € vorgesehen, von dem mindestens 9 Mio. € an die Mehrheitsgesellschafterin fließen sollten.

4

Auf einer von der Mehrheitsgesellschafterin auf den 14. Juni 2018 einberufenen Gesellschafterversammlung der Klägerin stimmte jene gegen die Stimmen der Minderheitsgesellschafterin, die [X.] geltend machte, für die Abberufung des Geschäftsführers [X.] aus wichtigem Grund. Der Versammlungsleiter stellte im [X.] das Zustandekommen des Beschlusses fest.

5

Am 16. Juni 2018 verkaufte die Klägerin, vertreten durch D.            , sämtliche Gewerbeeinheiten und Eigentumswohnungen an die Beklagte zu einem Kaufpreis von 12,2 Mio. €. Zugunsten der Beklagten wurden Auflassungsvormerkungen ins Grundbuch eingetragen.

6

Das [X.] hat die Klage auf Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkungen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung zur Löschung der Vormerkungen weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Das Berufungsgericht (KG, [X.] 2023, 413 ff.) hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

9

Die Klägerin sei bei der Beurkundung des [X.] wirksam durch ihren Geschäftsführer D.              vertreten worden. Der auf der [X.]erversammlung der Klägerin vom 14. Juni 2018 gefasste Abberufungsbeschluss stehe seiner fortbestehenden organschaftlichen Vertretungsmacht nicht entgegen, weil der Beschluss nichtig und die Abberufung damit wirkungslos sei. Der Mehrheitsgesellschafterin habe nämlich kein Selbsthilferecht zur Einberufung der [X.]erversammlung gemäß § 50 Abs. 3 GmbHG zugestanden, nachdem der Geschäftsführer dem Verlangen der Mehrheitsgesellschafterin Rechnung getragen und seinerseits eine Versammlung einberufen habe. Dass die Einberufung durch den Geschäftsführer unter Formfehlern gelitten habe, sei für die Frage nach dem Bestand des Selbsthilferechts ebenso unerheblich wie der Umstand, dass der Geschäftsführer die von ihm einberufene Versammlung später abgesetzt habe.

Jedenfalls habe sich die Beklagte gemäß § 15 Abs. 1 [X.] auf den Rechtsschein der fortwährenden Eintragung D.             als Geschäftsführer der Klägerin im Handelsregister berufen können. Die Beklagte sei nicht bösgläubig gewesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lasse sich nämlich schon eine Kenntnis der [X.] von der Existenz des Abberufungsbeschlusses nicht feststellen. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstelle, der [X.] sei die Abberufung D.             mitgeteilt worden, begründe dies keine Bösgläubigkeit, weil die Wirksamkeit der Abberufung streitig und der Verlust des [X.] im Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen sei.

Ebenso wenig ergebe sich aus der Anwendung der Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht die Unwirksamkeit des Kaufvertrags: Zwar hätte es entgegen der Ansicht des [X.] im Innenverhältnis eines Zustimmungsbeschlusses der [X.]er der Klägerin bedurft. Doch habe die Klägerin nicht den Nachweis geführt, dass der [X.] die Notwendigkeit eines solchen [X.]erbeschlusses bekannt gewesen wäre oder sich ihr hätte aufdrängen müssen. Gegen einen evidenten Missbrauch der Vertretungsmacht spreche insbesondere, dass der beurkundende Notar sowie ein bei der Beurkundungsverhandlung anwesender Rechtsanwalt im Verlaufe der Beurkundung übereinstimmend zur Einschätzung gelangt seien, das Fehlen eines [X.]erbeschlusses sei unschädlich. Auf diese Unbedenklichkeitserklärung habe sich die Beklagte verlassen dürfen. Dies gelte selbst dann, wenn sie gewusst oder es sich ihr hätte aufdrängen müssen, dass die Mehrheitsgesellschafterin mit dem Geschäft nicht einverstanden gewesen sei, was sich indes schon nicht feststellen lasse. Die Gesamtumstände der Anbahnung und Durchführung der Beurkundung geböten keine andere Bewertung.

Der Kaufvertrag sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Mangels rechtlicher Einheit könne die [X.] etwaiger [X.]n nicht zu einer Formnichtigkeit des [X.] führen. Eine Sittenwidrigkeit liege ebenfalls nicht vor.

II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Mit der gegebenen Begründung kann die Abweisung der Klage keinen Bestand haben.

1. Wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend ausführt, kommt allerdings ein Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung wegen Unwirksamkeit des Kaufvertrags über das Grundstück am [X.]                                   in entsprechender Anwendung des § 179a [X.] nicht in Betracht, weil § 179a [X.] auf die GmbH nicht analog anwendbar ist (vgl. [X.], Urteil vom 8. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 9 ff). Die [X.]er der GmbH bedürfen nicht des systemfremden Schutzes des § 179a [X.], weil sie, verglichen mit Aktionären, in deutlich größerem Umfang vermittels ihrer Mitwirkungs-, Kontroll- und Informationsrechte auf die Geschäftsleitung Einfluss nehmen können. Im Hinblick auf die hieraus folgende geringere Schutzbedürftigkeit der [X.]er einer GmbH vor Alleingängen des Geschäftsführers ist die systemfremde Beschränkung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers mit Außenwirkung und die damit einhergehende Beeinträchtigung des redlichen Rechtsverkehrs, mit der Rechtsunsicherheit hervorgerufen und Haftungsrisiken geschaffen werden, nicht gerechtfertigt (vgl. [X.], Urteil vom 8. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 14).

2. Zwar hat der Geschäftsführer D.          bei der Beurkundung des Kaufvertrags entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts tatsächlich nicht mehr über organschaftliche Vertretungsmacht verfügt (dazu unten a)). Gleichwohl muss sich die Klägerin gemäß § 15 Abs. 1 [X.] so behandeln lassen, als habe die Vertretungsmacht beim Vertragsschluss noch fortbestanden (dazu unten b)).

a) Im Zeitpunkt der Beurkundung war D.              nicht mehr vertretungsberechtigt im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, weil seine Bestellung als Geschäftsführer auf der [X.]erversammlung am 14. Juni 2018 wirksam widerrufen worden war (§ 38 Abs. 1 GmbHG). Die Abberufung des Geschäftsführers bleibt zwar ohne Wirkung, wenn der ihr zugrunde liegende Beschluss der [X.]erversammlung nichtig ist (hierzu [X.] in Rowedder/[X.], GmbHG, 7. Aufl., § 38 Rn. 21; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., § 38 Rn. 194). Dies ist hier aber entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht der Fall.

Eine Beschlussnichtigkeit wäre in entsprechender Anwendung der § 121 Abs. 2, § 241 Nr. 1 [X.] zwar anzunehmen, wenn die Versammlung von einer hierzu nicht berechtigten Person einberufen worden wäre ([X.], Urteil vom 8. November 2016 ­ [X.], [X.]Z 212, 342 Rn. 13), etwa weil die Voraussetzungen des Selbsthilferechts des [X.]ers für die Einberufung nach § 50 Abs. 3 GmbHG nicht vorgelegen hätten (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 1953 - II ZR 167/52, [X.]Z 11, 231, 236 f.; Urteil vom 7. Februar 1983- [X.], [X.]Z 87, 1, 3; Urteil vom 28. Januar 1985 - [X.], [X.], 567, 568; Urteil vom 15. Juni 1998 - II ZR 318/96, [X.]Z 139, 89, 94). Allerdings beruht die Annahme des Berufungsgerichts, der Mehrheitsgesellschafterin habe hinsichtlich der [X.]erversammlung vom 14. Juni 2018 kein Einberufungsrecht zugestanden, auf einem Rechtsfehler. Die Mehrheitsgesellschafterin war zur Einberufung der Versammlung befugt, weil die Voraussetzungen des Selbsthilferechts nach § 50 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 GmbHG vorlagen.

aa) Nach dieser Vorschrift kann ein [X.]er, der, wie die Klägerin, mindestens 10 von Hundert des Stammkapitals der GmbH hält, die Einberufung einer [X.]erversammlung selbst bewirken, wenn seinem Verlangen auf Einberufung nach § 50 Abs. 1 GmbHG zuvor nicht entsprochen wurde. Dies ist anzunehmen, wenn dem Verlangen überhaupt nicht, nicht rechtzeitig, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen wurde (vgl. [X.], Urteil vom 7. Februar 1983 - II ZR 14/82, [X.]Z 87, 1, 2; Urteil vom 28. Januar 1985 - [X.], [X.], 567, 568; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., § 50 Rn. 21; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 4. Aufl., § 50 Rn. 127 ff.; [X.]/[X.], GmbHG, 12. Aufl., § 50 Rn. 23; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 6. Aufl., § 50 Rn. 12). Letzteres war hier der Fall. Im Zeitpunkt der Einberufung der [X.]erversammlung durch die Mehrheitsgesellschafterin am 14. Juni 2018 war der Geschäftsführer der Klägerin diesem Einberufungsverlangen noch nicht nachgekommen.

(1) Die Mehrheitsgesellschafterin richtete am 16. April 2018 an den zur Einberufung befugten Geschäftsführer der Klägerin (§ 49 Abs. 1 GmbHG) ein Verlangen unter Angabe des Zwecks und der Gründe der Versammlung.

(2) Dem Verlangen kam der Geschäftsführer nicht in ordnungsgemäßer Art und Weise nach.

Die vom Geschäftsführer veranlasste Einberufung zur [X.]erversammlung am 28. Mai 2018 genügte nämlich mangels Unterschrift nicht der erforderlichen Schriftform und war daher formell fehlerhaft. Dieser Einberufungsfehler hatte wiederum zur Folge, dass auf der Versammlung gefasste Beschlüsse entsprechend § 241 Nr. 1 [X.] nichtig gewesen wären (hierzu [X.], Urteil vom 17. Oktober 1988 - [X.], [X.], 634, 636; Beschluss vom 24. März 2016 - [X.], [X.] 2016, 552 Rn. 21). Die Annahme des Berufungsgerichts, dieser Formmangel in der Einberufung stehe einer gehörigen Erfüllung des Verlangens nicht entgegen, weil die Minderheitsgesellschafterin erklärt habe, sich auf Formfehler nicht zu berufen, greift zu kurz. Denn ein solcher Verzicht ist zwar auch im Vorfeld der Versammlung möglich ([X.], GmbHG, 11. Aufl., § 51 Rn. 23; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., § 51 Rn. 34; MünchKommGmbHG/[X.], 4. Aufl., § 51 Rn. 67), kann aber bis zur Beschlussfassung frei widerrufen werden ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 23. Aufl., § 51 Rn. 29; [X.] GmbHG/[X.], Stand: [X.], § 51 Rn. 65). Daher vermag ein vor der Versammlung erklärter Verzicht der übrigen [X.]er die durch den Einberufungsfehler des Geschäftsführers bedingte Gefahr der Beschlussunwirksamkeit nicht zu beseitigen.

Dass der Geschäftsführer, wie das Berufungsgericht meint, sein eigenes Versäumnis der Mehrheitsgesellschafterin nicht hätte "entgegenhalten" dürfen, ist für die Frage der ordnungsgemäßen Anspruchserfüllung ebenfalls unerheblich. Denn für die aus Sicht der Mehrheitsgesellschafterin entscheidende Frage nach der Wirksamkeit der auf der Versammlung zu fassenden Beschlüsse spielt dieser Gesichtspunkt erkennbar keine Rolle.

Die Mehrheitsgesellschafterin war hier auch nicht gehalten, nach der fehlerhaften Einberufung ein zweites Verlangen an den Geschäftsführer zu richten. Beruft der Geschäftsführer die Versammlung nicht ordnungsgemäß ein, so darf der [X.]er sein Selbsthilferecht vielmehr sogleich ausüben, ohne dass er den Geschäftsführer zuvor um Nachbesserung der Einberufung ersuchen muss [X.]/Schnüttgen, Die [X.]erversammlung der GmbH, 2012, Rn. 163). Eine entsprechende Pflicht des [X.]ers gegenüber dem Geschäftsführer findet im Gesetz schon keine Stütze. Hinzu kommt, dass dem [X.]er die mit einem zweiten Verlangen verbundene Verzögerung nicht zuzumuten ist, zumal die Geschäftsführung auf diese Weise die Einberufung durch fehlerhafte Ladungen verzögern könnte.

bb) Das Selbsthilferecht der Mehrheitsgesellschafterin war bei der Einberufung auf den 14. Juni 2018 auch nicht verbraucht. Zwar hat die Mehrheitsgesellschafterin zunächst auf eine Versammlung am 15. Mai 2018 geladen. Auf dieser konnten mangels Beschlussfähigkeit infolge Nichterscheinens der Minderheitsgesellschafterin keine Beschlüsse gefasst werden (vgl. § 6 Nr. 6 der Satzung). In diesem Fall tritt kein Verbrauch ein. Das Selbsthilferecht ist erst verbraucht, wenn die [X.]erversammlung sich mit den mit der Einberufung mitgeteilten Beschlussgegenständen befasst hat (vgl. zur aktienrechtlichen [X.] des § 122 Abs. 3 [X.] [X.], Beschluss vom 8.  Mai 2012 - [X.], [X.] 2012, 793 Rn. 8, Urteil vom 30. Juni 2015 - [X.], [X.]Z 206, 143 Rn. 27; Urteil vom 10. Oktober 2017 - [X.], [X.]Z 216, 110 Rn. 68; Urteil vom 14. Juli 2020 - [X.], [X.]Z 226, 224 Rn. 21).

b) Allerdings muss sich die Klägerin so behandeln lassen, als bestehe die Vertretungsmacht D.            fort. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass sich die Beklagte auf § 15 Abs. 1 [X.] berufen kann.

aa) Die Abberufung des Geschäftsführers ist nach § 39 Abs. 1 Fall 2 GmbHG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden und dort einzutragen. Solange die Eintragung nicht erfolgt ist, wird der Rechtsverkehr durch § 15 Abs. 1 [X.] geschützt (vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 1982 - [X.]/82, [X.]Z 86, 177, 182 f.; Urteil vom 1. Juli 1991 - [X.], [X.]Z 115, 78, 80; Urteil vom 14. Mai 2019 - [X.]/17, [X.]Z 222, 32 Rn. 34).

bb) Ob die Annahme des Berufungsgerichts, bereits die von der Klägerin behauptete Kenntnis der [X.] von der Existenz des in seiner Wirksamkeit streitigen Abberufungsbeschlusses sei nicht bewiesen, den Angriffen der Revision standhält, vor allem, ob das Berufungsgericht diese Feststellung hätte treffen dürfen, ohne den Zeugen D.           erneut zu vernehmen (§ 398 Abs. 1 ZPO), kann hier auf sich beruhen. Denn die Beklagte verlöre, wie das Berufungsgericht in seiner Alternativbegründung mit Recht angenommen hat, auch im Fall unterstellter Kenntnis des Abberufungsbeschlusses nicht den Schutz des § 15 Abs. 1 [X.]. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Hinweis D.            auf diesbezügliche Meinungsverschiedenheiten gegenüber der [X.] im Verbund mit seiner Einschätzung, die Abberufung sei unwirksam, schlösse ihre Kenntnis von der Tatsache der Abberufung im Sinne von § 15 Abs. 1 [X.] aus, verkennt weder den Begriff der Kenntnis noch begegnet die tatrichterliche Würdigung der festgestellten Umstände des Einzelfalls revisionsrechtlichen Bedenken.

(1) Die Berufung auf die fehlende Eintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache ist dem [X.] gemäß § 15 Abs. 1 [X.] nur dann verwehrt, wenn er positive Kenntnis von der einzutragenden Tatsache, hier also der wirksamen Abberufung, hat. Ein Kennenmüssen oder eine grob fahrlässige Unkenntnis genügen demgegenüber nicht ([X.], 199, 204; [X.], [X.], 175, 176; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 15 Rn. 12; [X.]/[X.] in: [X.] Großkommentar, 6. Aufl., § 15 [X.] Rn. 59; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 15 Rn. 50; [X.]/[X.], [X.], 42. Aufl., § 15 Rn. 7; [X.] [X.]/[X.], Stand: [X.], § 15 Rn. 13; [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 15 Rn. 23; [X.] in [X.]/[X.] Westphalen/[X.]/Mock/[X.], [X.], 6. Aufl., § 15 Rn. 16; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/ [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 15 Rn. 12; BeckOGK [X.]/[X.], Stand: 15.9.2019, § 15 Rn. 51; [X.] in Heidel/[X.], 4. Aufl., [X.] § 15 Rn. 35).

Dabei unterliegt die tatrichterliche Beurteilung (§ 286 ZPO), ob eine [X.] positive Kenntnis von einer eintragungspflichtigen Tatsache hat oder ihr nur der Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis zu machen ist, der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 20. März 2001 - [X.], [X.], 781, 782, in [X.]Z 147, 145 insoweit nicht abgedruckt; vgl. auch Urteil vom 17. Juni 2016 - [X.], NJW 2017, 248 Rn. 11; Urteil vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 233 Rn. 32; Urteil vom 10. Februar 2022 - [X.], [X.], 558 Rn. 22). Unter Berücksichtigung dieses [X.] hält die Alternativbegründung des Berufungsgerichts der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

(2) Die Revision lässt [X.] der Alternativbegründung des Berufungsgerichts außer [X.], wonach zwischen der Kenntnis vom Abberufungsbeschluss und der Kenntnis von der wirksamen Abberufung zu differenzieren ist. Das Berufungsgericht geht insbesondere zutreffend davon aus, dass es nicht darauf ankommt, ob im Zeitpunkt der Beurkundung der Willenserklärung eines in Wahrheit abberufenen, jedoch fortwährend in das Handelsregister eingetragenen Geschäftsführers bereits eine noch mögliche [X.]klage gegen einen umstrittenen Abberufungsbeschluss anhängig war (vgl. [X.], [X.], 175, 176) oder, wie hier, eine solche erst später erhoben wurde. Entscheidend ist vielmehr, ob die erlangte Kenntnis der Umstände im Einzelfall geeignet ist, zwingend positive Kenntnis der Unrichtigkeit der Eintragung zu vermitteln, was die Klägerin zu beweisen hätte. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Zweifel an der Wirksamkeit der kundgemachten Abberufung, die eine Kenntnis von der wirksamen Abberufung ausschließen, können schon daraus resultieren, dass sich der abberufene Geschäftsführer gerichtlich gegen die Abberufung wehrt oder mitteilt, sich zur Wehr setzen zu wollen, gleichviel, ob er dies später tut oder unterlässt. Aber auch die Kenntnis des [X.] von zwischen den [X.]ern bestehenden Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit der Abberufung, die typischerweise, und so auch hier, eine [X.]klage nach sich ziehen, vermag die Aussagekraft der erlangten Information über den Abberufungsbeschluss bereits entscheidend zu entwerten, so dass die erlangte Information nicht für sich genommen zur Annahme der Bösgläubigkeit des auf den fortwährenden Handelsregistereintrag Vertrauenden zwingt (vgl. [X.]/Oberstadt, [X.], 394, 395). Gerade im hier zu beurteilenden Fall kann es schon deswegen nicht entscheidend auf das Vertrauen in einen schwebenden Prozess ankommen, weil zwischen der Beschlussfassung über die Abberufung und der Beurkundung nur zwei Tage lagen.

(3) Soweit die Revision meint, jeder redlich, vom eigenen Vorteil unbeeinflusst Denkende wisse, dass die Abberufung eines Geschäftsführers einer GmbH nur der einfachen Mehrheit bedürfe (§ 47 Abs. 1 GmbHG), ein Mehrheitsgesellschafter also stets in der Lage sei, die Abberufung gegen den Willen des Minderheitsgesellschafters herbeizuführen, weshalb Meinungsverschiedenheiten mit einem Minderheitsgesellschafter nicht geeignet seien, die Tatsache der Abberufung zu widerlegen, zeigt sie keinen revisiblen Rechtsfehler auf. [X.] ist ein Wissen von Umständen, die die Schlussfolgerung auf eine Tatsache zwar zulassen, aber wegen der Möglichkeit einer anderen gesellschaftsvertraglichen Gestaltung nicht gebieten (vgl. [X.], 199, 204; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 15 Rn. 12; BeckOGK [X.]/[X.], Stand: 15.9.2019, § 15 Rn. 52). Die Satzung kann jedenfalls für die Abberufung des Geschäftsführers ohne wichtigen Grund ein höheres Quorum als die einfache Mehrheit vorsehen (vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 1982 - [X.]/82, [X.]Z 86, 177, 179; Urteil vom 17. Oktober 1983 - [X.], [X.], 29; Beurskens in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 23. Aufl., § 38 Rn. 35; [X.]/ [X.], Stand: 1.10.2023, § 38 Rn. 157; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 21. Aufl., § 38 Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 4. Aufl., § 38 Rn. 20, 57 f.). Daher zöge allein das Wissen der [X.] darum, dass die Mehrheitsgesellschafterin hinter seiner, D.            Abberufung gestanden und für sie gestimmt hatte, nicht notwendig und zwingend die Erkenntnis nach sich, der Beschluss sei mit der erforderlichen Stimmenmehrheit gefasst worden.

cc) Für den abstrakten Vertrauensschutz des § 15 Abs. 1 [X.] kommt es entgegen der Revision schließlich nicht darauf an, wieviel Zeit zwischen dem Entstehen der eintragungspflichtigen Tatsache (hier: der Abberufung) und dem rechtsgeschäftlichen Vorgang (hier: der Beurkundung) liegt. Die Kürze des Zeitraums ist nicht geeignet, abweichend vom allgemeinen Grundsatz, dass § 15 Abs. 1 [X.] keine Nachforschungen gebietet (zu letzterem [X.], 199, 204; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 15 Rn. 12; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 15 Rn. 59), ausnahmsweise Erkundigungsobliegenheiten auszulösen. Der Dritte ist selbst bei Kenntnis vom Abberufungsbeschluss nicht zu eigenen weiteren Nachforschungen angehalten (vgl. [X.], 199, 204; [X.], [X.], 175, 176; [X.]/Oberstadt, [X.], 394, 395; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 15 Rn. 59). Es oblag der [X.] daher nicht, die vom Geschäftsführer D.           geäußerten Zweifel an der Wirksamkeit der Abberufung einer Überprüfung zu unterziehen, etwa indem sie D.         zu einer näheren Darlegung der im Raum stehenden [X.] hätte auffordern müssen.

3. Einer rechtlichen Prüfung nicht stand hält allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, ein Missbrauch der Vertretungsmacht lasse sich nicht feststellen. Zwar hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass der ehemalige Geschäftsführer der Klägerin mit dem Abschluss des [X.] ohne [X.]erbeschluss die im Innenverhältnis bestehenden Grenzen seiner nach § 15 Abs. 1 [X.] als fortbestehend anzusehenden Vertretungsmacht missachtet hat; die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Missachtung dieser Grenzen schlage hier nach den Umständen des Falls nicht auf das Außenverhältnis durch, beruht indes auf einem Rechtsfehler.

a) Die Geschäftsführer vertreten die [X.] nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gerichtlich und außergerichtlich. Diese Vertretungsmacht ist grundsätzlich unbeschränkt und unbeschränkbar (§ 37 Abs. 2 GmbHG). [X.] ergeben sich aber - auch mit Wirkung gegenüber [X.] (§ 242 BGB) - aus den Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht (vgl. [X.], Beschluss vom 10. April 2006 - [X.], [X.], 1391 Rn. 2; Urteil vom 9. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 40; [X.], GmbHG, 11. Aufl., § 37 Rn. 40; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 6. Aufl., § 37 Rn. 35;[X.] in [X.][X.], GmbHG, 21. Aufl., § 35 Rn. 22; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 4. Aufl., § 37 Rn. 41; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 12. Aufl., § 35 Rn. 187; MünchKommGmbHG/[X.]/[X.], 4. Aufl., § 37 Rn. 182).

aa) Handelt der Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht, führt dies grundsätzlich zu einer rechtsgeschäftlichen Bindung des Vertretenen. Das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Vertretungsmacht hat grundsätzlich der Vertretene zu tragen. Die Missachtung von Regeln und Weisungen, die sich aus dem Innenverhältnis des Vertreters zum Vertretenen ergeben, wirkt sich erst dann im Außenverhältnis aus, wenn die Grenzen des rechtlich Tragbaren überschritten werden ([X.], Urteil vom 29. Oktober 2020 - [X.], [X.], 2287 Rn. 9). Das Vertrauen des [X.] in den Bestand des Geschäfts ist nicht schutzwürdig, wenn er weiß oder wenn es sich ihm geradezu aufdrängen muss, dass der Vertreter seine Vertretungsmacht missbraucht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Vertreter und Geschäftsgegner bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken oder wenn der Missbrauch der Vertretungsmacht dem Geschäftsgegner bekannt ist oder wegen Evidenz des Missbrauchs hätte bekannt sein müssen ([X.], Beschluss vom 10. April 2006 - [X.], [X.], 1391 Rn. 2; Urteil vom 9. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 40). Der Vertretene ist gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs. Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des [X.] bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt ([X.], Urteil vom 11. Mai 2017 - [X.], [X.], 391 Rn. 20). In einem solchen Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht kann der Geschäftsgegner aus dem formal durch die Vertretungsmacht gedeckten Geschäft keine vertraglichen Rechte herleiten ([X.], Urteil vom 9. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 40).

bb) Die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht gelten auch im Anwendungsbereich des [X.] des § 15 Abs. 1 [X.]. Die [X.] bewirken, dass sich derjenige, der den Rechtsschein zurechenbar gesetzt hat, dem gutgläubigen [X.] gegenüber, der sich bei seinem geschäftlichen Verhalten auf den Rechtsschein verlassen hat, nicht auf die wahre Rechtslage berufen kann. Aus [X.] können indes keine weitergehenden Rechte hergeleitet werden, als sie bestünden, wenn der Rechtsschein zuträfe ([X.], Urteil vom 20. Januar 1954 - II ZR 155/52, [X.]Z 12, 105, 110; Urteil vom 11. März 1955 - [X.], [X.]Z 17, 13, 17; Urteil vom 31. Juli 2012 - [X.], [X.], 1142 Rn. 20).

b) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis noch zutreffend davon ausgegangen, dass D.          als Geschäftsführer nach den Umständen des vorliegenden Falls dazu verpflichtet gewesen wäre, vor Abschluss des Kaufvertrags mit der [X.] einen zustimmenden [X.]erbeschluss herbeizuführen. Das hat er nicht getan und damit die im Innenverhältnis maßgeblichen Grenzen seiner nach [X.] als fortbestehend fingierten organschaftlichen Vertretungsmacht überschritten.

aa) Die Notwendigkeit eines Zustimmungsbeschlusses ergab sich zwar nicht aus dem gegenüber der Mehrheitsgesellschafterin abgegebenen "[X.]" vom 23. Oktober 2017. Die hierin enthaltene Selbstverpflichtung D.          vermag schon deshalb nicht mit konstitutiver Wirkung einen Zustimmungsvorbehalt zugunsten der [X.]erversammlung zu begründen, weil § 37 Abs. 1 GmbHG für Beschränkungen der Befugnisse des Geschäftsführers korporationsrechtliche Anordnungen durch Satzung oder [X.]erbeschluss verlangt und einseitige Erklärungen des Geschäftsführers gegenüber einem einzelnen [X.]er nicht genügen lässt. Anders mag der hier nicht gegebene Fall einer Erklärung des Geschäftsführers gegenüber sämtlichen [X.]ern zu beurteilen sein, soweit im Einzelfall die Entgegennahme durch die [X.]er als konkludente [X.] auslegt werden kann.

bb) Die Zustimmungsbedürftigkeit des [X.] folgte, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, aus § 49 Abs. 2 GmbHG, auch wenn die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Rechtslage sei insoweit im Zeitpunkt der Beurkundung umstritten gewesen, nicht zutrifft. Dem Geschäftsführer einer GmbH kommt, vorbehaltlich gesetzlicher Pflichten, [X.] nur dann und insoweit zu, als die [X.]erversammlung von ihrer Geschäftsführungskompetenz weder durch Regelung im [X.]svertrag noch durch [X.] an den Geschäftsführer Gebrauch macht ([X.], Urteil vom 9. Januar 2019 - II ZR 364/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 37;[X.], GmbHG, 11. Aufl., § 37 Rn. 3; MünchKommGmbHG/[X.]/[X.], 4. Aufl., § 37 Rn. 69 , 115 ff.; [X.], GmbHG, 4. Aufl., § 37 Rn. [X.], [X.] 2018, 299, 308 f.). Namentlich ist der Geschäftsführer bei besonders bedeutsamen Geschäften angehalten, die Zustimmung der [X.]erversammlung von sich aus einzuholen, § 49 Abs. 2 GmbHG ([X.], Urteil vom 29. März 1973 - [X.], [X.], 510, 511; Urteil vom 5. Dezember 1983 - II ZR 56/82, [X.], 310, 311; Urteil vom 25. Februar 1991- [X.], [X.], 509, 510 f.; Urteil vom 30. Mai 2005 - [X.], [X.] 2005, 1066; Urteil vom 9. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 37; MünchKommGmbHG/[X.], 4. Aufl., § 49 Rn. 54; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 23. Aufl., § 49 Rn. 17; [X.] GmbHG/[X.], Stand: [X.], § 49 Rn. 39; [X.]/[X.], GmbHG, 12. Aufl., § 49 Rn. 20, 22). Die Verpflichtung zur Übertragung des ganzen [X.]svermögens einer GmbH ist ein solchermaßen besonders bedeutsames Geschäft, zu dessen Vornahme der Geschäftsführer einen zustimmenden Beschluss der [X.]erversammlung herbeiführen muss, selbst wenn der [X.]svertrag, wie im vorliegenden Fall, einen entsprechenden Zustimmungsvorbehalt nicht ausdrücklich enthält (vgl. [X.], Urteil vom 9. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 36; [X.], GmbHG, 11. Aufl., § 37 Rn. 24; [X.]/Born, Stand: 15.9.2023, § 53 Rn. 401; MünchKommGmbHG/[X.]/[X.], 4. Aufl., § 37 Rn. 153; [X.]/[X.], [X.] 2022, 339 f.; [X.]/Reiff, [X.], 387, 388 f.; v. [X.], [X.] 2019, 1265, 1268;Wachter, [X.] 2019, 1078, 1079). Dies gilt auch dann, wenn das übertragene [X.]svermögen im Wesentlichen aus einem Grundstück besteht und der Gegenstand des Unternehmens den Verkauf von Grundstücken umfasst. Das die Kontrollbefugnisse der [X.]erversammlung in ihrer Gesamtheit sowie den Minderheitenschutz sichernde Erfordernis eines [X.]erbeschlusses resultiert aus dem innergesellschaftlichen Kompetenzgefüge der GmbH, weshalb ein solcher Zustimmungsbeschluss unabhängig von der Ausgestaltung des Unternehmensgegenstands der Klägerin notwendig ist.

c) Nicht frei von [X.] ist aber die Begründung des Berufungsgerichts, mit der es einen für die Beklagte erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht verneint hat.

aa) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, der [X.] sei zwar bekannt gewesen, dass die Klägerin ihren gesamten Immobilienbestand ohne einen dies legitimierenden [X.]erbeschluss veräußere, doch habe sie, die Beklagte, sich, was die Notwendigkeit einer Zustimmung der [X.]er anbelange, in einer Weise getäuscht, die der Annahme eines evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht entgegenstehe. Im konkreten Einzelfall sei die Beklagte schutzbedürftig, weil die Frage der Notwendigkeit der Beschlussfassung durch die [X.]er in der Beurkundungsverhandlung diskutiert worden sei und der Notar die "Zweifelsfrage" schließlich, nachdem es auf Betreiben D.              zu der vom Notar vorgeschlagenen Rücksprache mit der Mehrheitsgesellschafterin nicht gekommen sei, in dem Sinne beantwortet habe, eines Beschlusses bedürfe es nicht, auch wenn sich die Rechtsansicht des Notars später als falsch herausgestellt haben möge.

bb) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass dem [X.] auch bei positiver Kenntnis vom Fehlen eines objektiv notwendigen [X.]erbeschlusses nicht zwingend das Vertrauen auf den Bestand der Vertretungsmacht des daher pflichtwidrig handelnden Geschäftsführers zu versagen ist.

Bei besonders bedeutenden Geschäften ist ein Dritter als Vertragspartner zwar auch unterhalb der Schwelle des kollusiven Zusammenwirkens grundsätzlich nicht schutzwürdig, wenn es sich ihm den Umständen nach aufdrängen muss, dass der Geschäftsführer ohne Zustimmungsbeschluss der [X.]erversammlung seine Vertretungsmacht überschreitet und er zugleich weiß oder es sich ihm ebenfalls aufdrängen muss, dass ein zustimmender Beschluss nicht vorliegt. Ersteres wird man, wie der [X.] bereits entschieden hat, häufig annehmen können, wenn das gesamte Unternehmen in einem Gesamtvermögensgeschäft als solches übertragen werden soll. Einem verständigen Vertragspartner muss nämlich grundsätzlich klar sein, dass der Geschäftsführer die GmbH nicht ohne Zustimmung der [X.]er unternehmenslos stellen kann. Aber auch wenn, wie vorliegend, mit einer Immobilie nur ein einzelner Vermögensgegenstand übertragen werden soll, kann es sich nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen, dass der Geschäftsführer das Geschäft wegen seiner Bedeutung für die [X.] nicht ohne Rückversicherung bei den [X.]ern vornehmen kann ([X.], Urteil vom 9. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 41). Das gilt vor allem, wenn bereits die Firma der [X.], wie hier, in nach außen offensichtlicher Weise darauf hinweist, dass die Immobilie ihr alleiniger oder zumindest wesentlicher Vermögensgegenstand ist.

Befindet sich der Dritte jedoch in einem Rechtsirrtum über das Beschlusserfordernis im Sinne der Notwendigkeit einer Rückversicherung bei den [X.]ern, so kann er trotz positiver Kenntnis vom Fehlen des Beschlusses dennoch schutzbedürftig sein, sofern sich ihm die Notwendigkeit eines zustimmenden Beschlusses nicht aufdrängen musste. Ein auf einfacher Fahrlässigkeit beruhender Irrtum ist hierfür noch unschädlich; die Schutzbedürftigkeit des [X.] entfällt aber, wenn er einem evidenten Rechtsirrtum unterliegt. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, der Dritte könne sich grundsätzlich auf den ausdrücklichen, die Entbehrlichkeit eines [X.]erbeschlusses attestierenden Rat des beurkundenden Notars verlassen, solange der Rat weder erkennbar fehlerhaft noch offensichtlich auf falschen bzw. unzureichenden Grundlagen erteilt wurde.

cc) Soweit das Berufungsgericht allerdings zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe im Vertrauen auf die rechtliche Einschätzung des Notars hinsichtlich der Entbehrlichkeit eines [X.]erbeschlusses gehandelt und sei daher einem ihre Schutzbedürftigkeit nicht ausschließenden Rechtsirrtum unterlegen gewesen, beruht dies auf einer unvollständigen und revisionsrechtlich zu beanstandenden Würdigung des Prozessstoffs.

Das Revisionsgericht ist zwar nach § 559 Abs. 2 ZPO grundsätzlich an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden. Es ist gemäß § 286 ZPO Sache des Tatrichters, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Die wesentlichen Grundlagen der Beweiswürdigung müssen dazu im Berufungsurteil, gegebenenfalls durch (ergänzende) Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils, nachvollziehbar dargelegt werden. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; [X.], Beschluss vom 11. Mai 2021 - II ZR 56/20, [X.] 2021, 1692 Rn 32; Urteil vom 27. November 2021- VII ZR 257/20, [X.] 2022, 87 Rn. 32).

Einer an diesem Maßstab ausgerichteten Prüfung hält die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht stand. Es hat sich bei der Frage, ob die fehlende Befugnis des Geschäftsführers, ohne erforderliche Rückversicherung bei der Mehrheitsgesellschafterin den Kaufvertrag abzuschließen, für die Beklagte offensichtlich war, maßgeblich auf die Aussage des vom [X.] als Zeugen vernommenen Notars M.               gestützt, der das Fehlen eines Zustimmungsbeschlusses der [X.]er im Rahmen des Beurkundungstermins in Gegenwart der [X.]en für unschädlich gehalten habe. Es hat sich aber nicht damit auseinandergesetzt, dass der Zeuge [X.]              , der damalige Geschäftsführer der [X.], auf dessen Kenntnis es entsprechend § 31 BGB bzw. nach § 166 Abs. 1 BGB maßgeblich ankommt, im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vor dem [X.] bekundet hat, über ein Beschlusserfordernis sei im Beurkundungstermin überhaupt nicht gesprochen worden bzw. er könne sich daran nicht erinnern, wobei das [X.] den Widerspruch nicht durch Nachfrage weiter aufgeklärt hat. Denkt man die Wahrnehmung des notariellen Rats zur Entbehrlichkeit eines [X.]erbeschlusses auf Seiten der [X.] hinweg, hätte hier nach Lage des Falles die Beschlussnotwendigkeit angesichts der evidenten Veräußerung des wesentlichen Vermögensgegenstands auch für einen juristischen Laien auf der Hand gelegen. Unter diesen Umständen bedurfte es daher eines "gegenläufigen" (rechtsirrigen) Rechtsrats durch eine juristische Vertrauensperson, um dennoch ein Sich aufdrängen der auf der Hand liegenden Zustimmungsnotwendigkeit abzulehnen.

Den Umstand der möglicherweise fehlenden Wahrnehmung des Rechtsrats durch die Beklagte hat das Berufungsgericht bei seinen Feststellungen nicht berücksichtigt, wie die Revision zu Recht rügt. Das Berufungsgericht wird deshalb die Auseinandersetzung mit den Angriffen der Revision gegen seine Beweiswürdigung nachzuholen haben (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Soweit sich die Richtigkeit der Bekundungen der zur Erteilung des Rechtsrats vor dem [X.] vernommenen Zeugen nicht zuverlässig aus objektiven, nicht mit der Glaubwürdigkeit der Zeugen unmittelbar in Zusammenhang stehenden Umständen ergibt, wird das Berufungsgericht die Zeugen erneut vernehmen müssen (hierzu [X.], Urteil vom 19. Juni 1991 - [X.], [X.] 1991, 1089).

III. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO).

1. Eine Entscheidungsreife ergibt sich nicht im Hinblick auf die von der Klägerin reklamierte Formnichtigkeit des beurkundeten Kaufvertrags. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, das Löschungsbegehren sei nicht deswegen begründet, weil die zwischen den [X.]en beurkundete Vereinbarung wegen [X.] der [X.] unwirksam wäre (§§ 125, 139, 311b BGB). Werden, wie hier, zwei Verträge äußerlich getrennt voneinander abgeschlossen, begründet dies eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie nach dem [X.]willen auch unabhängig voneinander gewollt sind und dies durch die Trennung zum Ausdruck gebracht werden sollte (vgl. [X.], 295, 297; [X.], Urteil vom 10. Oktober 1986 - [X.], NJW 1987, 1069; Urteil vom 7. Dezember 1988 - [X.], NJW-RR 1990, 340, 341). Diese Vermutung kann zwar entkräftet werden. Hierzu bedarf es aber genügender Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Verträge ungeachtet der äußerlichen Trennung nach dem Willen der [X.]en eine rechtliche Einheit bilden sollten (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juli 1993 - V ZR 144/91,NJW-RR 1993, 1421, 1422; Urteil vom 13. Februar 2003 - [X.]99,NJW-RR 2003, 1565, 1566). Solche Anhaltspunkte hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Hieran ist der [X.] gemäß § 559 Abs. 2 ZPO in Ermangelung eines zulässigen und begründeten Revisionsangriffs gebunden. Das Berufungsgericht ist vertretbar davon ausgegangen, dass die konkreten Abläufe dagegensprächen, dass das Grundstücksgeschäft ohne die von der Klägerin behauptete [X.] nicht abgeschlossen worden wäre.

2. Das Berufungsgericht hat ebenfalls ohne Rechtsfehler eine Nichtigkeit des Kaufvertrags gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen sittenwidriger Kollusion abgelehnt. Entgegen der Annahme der Revision hat es dabei nicht die Darlegungslast der Klägerin verkannt. Zwar trifft den Schädiger die sekundäre Darlegungslast für die Behauptung, kollusives Verhalten liege nicht vor, wenn der Geschädigte konkrete Tatsachen für den Verdacht vorbringt, mehrere Personen hätten kollusiv zusammengewirkt ([X.], Urteil vom 22. Februar 2019 - [X.], [X.] 2019, 1356 Rn. 47). Doch ist das Berufungsgericht revisionsrechtlich beanstandungsfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin Indizien, die einen solchen Verdacht begründeten, nicht vorgetragen habe. Die hiergegen erhobenen Einwände der Revision hat der [X.] geprüft und erachtet sie nicht für durchgreifend. Auf eine weitergehende Begründung wird verzichtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

Born                         [X.]                         Bernau

             von [X.]

Meta

II ZR 220/22

09.01.2024

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 8. September 2022, Az: 2 U 115/21, Urteil

§ 15 Abs 1 HGB, § 35 Abs 1 S 1 GmbHG, § 38 Abs 1 GmbHG, § 39 Abs 1 Alt 2 GmbHG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.01.2024, Az. II ZR 220/22 (REWIS RS 2024, 666)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 666

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