Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.03.2016, Az. 4 BN 44/15

4. Senat | REWIS RS 2016, 13903

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Gründe

I

1

Der Antragsteller wendet sich mit seinem Normenkontrollantrag gegen die als Ziel der Raumordnung erfolgte Festlegung von Vorrangflächen für Windenergie in der Teilfortschreibung Energie 2013 des [X.] des Antragsgegners vom 31. Januar 2014. Er ist Eigentümer eines mit einem unter Denkmalschutz stehenden Wohngebäude bebauten Grundstücks, das rund 565 m von der Grenze eines Vorranggebiets entfernt liegt. Der Antragsteller befürchtet unzumutbare Lärmimmissionen und eine optische [X.]elastung im Falle der Errichtung von Windenergieanlagen sowie eine [X.]eeinträchtigung seines Denkmals.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag mangels Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) als unzulässig abgelehnt. Zur [X.]egründung hat es sinngemäß ausgeführt, das Wohngebäude des Antragstellers befinde sich im planungsrechtlichen Außenbereich. Aufgrund des groben Rasters, das der raumordnerischen Abwägung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] zugrunde liege, sei es ausreichend, einen Mindestabstand von 500 m zu [X.] im Außenbereich vorzusehen, um auszuschließen, dass schutzwürdige [X.]elange des Antragstellers verletzt würden. Dieser Abstand sei eingehalten. [X.] Fragen seien vom Antragsgegner im Aufstellungsverfahren unter Einschaltung der zuständigen Denkmalschutzbehörde geprüft und, wo erforderlich, berücksichtigt worden. Vor diesem Hintergrund reiche die [X.]ehauptung des Antragstellers, sein Wohnhaus sei als [X.]audenkmal anerkannt und auch "wegen der Lage in der Landschaft" geschützt, nicht aus, um die Antragsbefugnis zu begründen. Mithin sei eine [X.]eeinträchtigung der privaten [X.]elange des Antragstellers als Denkmaleigentümer durch die angegriffene Teilfortschreibung des Regionalplans nicht möglich.

3

Die Revision gegen sein Urteil hat das Normenkontrollgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde des Antragstellers, die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützt wird.

II

4

Die [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr der Antragsteller beimisst.

5

Die [X.]eschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob eine Verletzung des in § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] statuierten Rechts auf gerechte Abwägung bereits durch die Ausweisung eines Vorrang- oder Eignungsgebiets für Windenergie an sich und auch für den Fall möglich ist, dass Vorsorgeabstände, die auf der sicheren Seite liegen und sich in der Praxis als sicher herausgestellt haben, eingehalten werden.

6

Sie möchte hiermit klären lassen, ob bei der Abwägung von [X.] im Hinblick auf die von den Planungen betroffenen Privatpersonen lediglich deren subjektiv öffentliche Rechte oder auch deren weitere private [X.]elange und Interessen unterhalb dieser Schwelle in die Abwägung einzustellen sind, bzw., ob private [X.]elange und Interessen überhaupt in die Abwägung einzustellen sind, wenn sie nicht das Gewicht eines subjektiven öffentlichen Rechts und einer damit einhergehenden abwehrfähigen Rechtsposition haben. Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, denn in dieser Form würde sie sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen, sondern nur im Zusammenhang mit der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Selbst dann wäre ein Grund für die Zulassung der Revision aber nicht gegeben.

7

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO setzt die Antragsbefugnis die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch die angegriffene Norm oder deren Anwendung voraus. Wer eine Zielfestlegung in einem Regionalplan als - wie hier - mittelbar [X.]etroffener angreift, kann sich für die Antragsbefugnis (nur) auf das planungsrechtliche Abwägungsgebot des § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] berufen. Insofern gelten im Grundsatz dieselben Anforderungen wie etwa im Falle eines Normenkontrollantrags gegen einen [X.]ebauungsplan ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 13. November 2006 - 4 [X.] 18.06 - [X.] 310 § 47 VwGO Nr. 172 Rn. 6). Danach muss der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch bestimmte Regelungen des raumordnungsrechtlichen Plans oder deren Anwendung in seinem Recht auf ordnungsgemäße Abwägung seiner [X.]elange verletzt wird ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 30. Juli 2014 - 4 [X.] 1.14 - juris Rn. 23). Eine prinzipale Normenkontrolle eines Raumordnungsplans kann mithin nur erreichen, wer ein subjektives Recht darauf geltend machen kann, dass der [X.] sein "negatives [X.]" in einem privaten Interesse zu berücksichtigen hat ([X.]VerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 4 CN 10.02 - [X.]VerwGE 119, 312 <320>; [X.]eschluss vom 14. Mai 2014 - 4 [X.] 10.14 - [X.] Rn. 7). Das bedeutet: Wenn und soweit das Interesse des Antragstellers an der Abwehr planbedingter Folgemaßnahmen zum notwendigen [X.] gehört, wird es von dem durch § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] vermittelten Recht auf gerechte Abwägung erfasst, dessen mögliche Verletzung die Antragsbefugnis begründet (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 a.a.[X.] 322).

8

In die Abwägung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] sind alle öffentlichen und privaten [X.]elange einzustellen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene (Landes- oder Regionalplan) erkennbar und von [X.]edeutung sind. [X.] sind alle [X.]elange, die mehr als geringwertig, schutzwürdig, nicht mit einem Makel behaftet und für den [X.] erkennbar sind ([X.]VerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - [X.]VerwGE 107, 215 <219>; [X.]eschlüsse vom 9. November 1979 - 4 N 1.78 u.a. - [X.]VerwGE 59, 87 <102 f.> und vom 14. Mai 2014 - 4 [X.] 10.14 - [X.] Rn. 8). Wann ein privater [X.]elang so stark betroffen ist, dass er im Rahmen der Abwägung besonders beachtet werden muss, lässt sich nicht allgemeinverbindlich festlegen. Das gilt auch für den vom Antragsteller hier geltend gemachten privaten [X.]elang der Erhaltung einer besonderen Aussichtslage und Landschaftssituation. Dessen [X.]edeutung unterliegt zudem weitgehend der tatrichterlichen [X.]eurteilung durch das Normenkontrollgericht ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 22. August 2000 - 4 [X.] 38.00 - [X.] 310 § 47 VwGO Nr. 142 = juris Rn. 10 für die Antragsbefugnis gegen einen Änderungs-[X.]ebauungsplan).

9

Der Senat hat des Weiteren für die von § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] geforderte Abwägung aus den Aufgaben der Raumordnung als einer zusammenfassenden, übergeordneten Planung, ihrer weiträumigen Sichtweise und ihrem Rahmencharakter die [X.]efugnis des Planungsträgers zur Typisierung abgeleitet ([X.]VerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 - [X.]VerwGE 118, 33 <44>). Das [X.] braucht mithin nicht so kleinteilig zusammengestellt zu werden wie auf den nachgeordneten Planungsebenen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 22. Mai 2014 - 4 [X.] 56.13 - Zf[X.]R 2014, 583 Rn. 8), es sei denn, kleinteilige private [X.]elange wären dann auch auf der nachfolgenden Planungs- oder [X.] nicht mehr zu prüfen (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 1. Aufl. 2010, § 7 Rn. 33).

Das Oberverwaltungsgericht ist der Sache nach von diesen - höchstrichterlich geklärten - Maßstäben ausgegangen und hat angenommen, dass nach den maßgeblichen Darlegungen zur [X.]egründung des Normenkontrollantrages eine fehlerhafte [X.]ehandlung abwägungserheblicher [X.]elange des Antragstellers im Rahmen der Teilfortschreibung Energie 2013 des [X.], soweit solche [X.]elange auf dieser Planungsebene zu berücksichtigen sind, ausscheide. Weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt die [X.]eschwerde nicht auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 44/15

24.03.2016

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend OVG Lüneburg, 30. Juli 2015, Az: 12 KN 223/14, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.03.2016, Az. 4 BN 44/15 (REWIS RS 2016, 13903)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13903

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