Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.11.2013, Az. 29 W (pat) 523/12

29. Senat | REWIS RS 2013, 769

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "myJobs" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 028 652.3

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 27. November 2013 unter Mitwirkung der Richterin [X.] als Vorsitzender, der Richterin [X.] und der Richterin k.A. Akintche

beschlossen:

Der Beschluss des [X.] vom 3. Februar 2012 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

myJobs

3

ist am 21. Mai 2011 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Dienstleistungen der Klasse 35, nämlich

4

„Werbung“

5

angemeldet worden.

6

Mit Beschluss vom 3. Februar 2012 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 35 des [X.] die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] wegen Freihaltebedürftigkeit zurückgewiesen.

7

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die aus allgemein verständlichen [X.] Wörtern zusammengesetzte Wortkombination „myJobs“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen mit „Meine Jobs“ übersetzt. Dass die Worte sprachregelwidrig zusammengeschrieben seien und das Wort „Jobs“ groß geschrieben werde, begründe die Schutzfähigkeit nicht, weil es sich um übliche Gestaltungsmittel handle. Das Zeichen weise für die beanspruchte Dienstleistung „Werbung“ einen beschreibenden Inhalt dahingehend auf, dass es sich um Werbung im Zusammenhang mit Jobs handle bzw. die [X.] speziell für Jobs konzipiert worden seien.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

9

den Beschluss des [X.] vom 3. Februar 2012 aufzuheben.

Sie vertritt die Ansicht, das Zeichen beschreibe in der Bedeutung „meine Jobs/ meine Arbeit“ in keiner Form die Tätigkeit der Anmelderin, weil die Tätigkeit einer Werbeagentur weder in der Kreation von Jobs noch schwerpunktmäßig darin bestehe, Jobs in irgendeiner Form zu bewerben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig und hat Erfolg.

Der Eintragung des [X.] „myJobs“ als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 [X.] stehen in Bezug auf die in Klasse 35 angemeldete Dienstleistung „Werbung“ keine absoluten Schutzhindernisse entgegen. Weder ist ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] - auf das die Markenstelle ihre Zurückweisung gestützt hat - zu bejahen, noch fehlt dem Anmeldezeichen die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2010, 228, 229 [X.]. 33 – Vorsprung durch Technik; [X.], 935 [X.]. 8 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2006, 233, 235 [X.]. 45 - Standbeutel; [X.], 1044, 1045 [X.]. 9 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 270 [X.]. 8 – Link economy; a.a.[X.] - [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411, 412 [X.]. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] a.a.[X.] – Link economy). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428, 431 [X.]. 53 - [X.]; [X.] GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch).

Ausgehend hiervon haben Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] GRUR 2004, 674, 678 [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.], 952, 953 [X.]. 10 - [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u.a. [X.] GRUR 2006, 850, 854 [X.]. 18 - FUSSBALL WM 2006).

Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von (sloganartigen) Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortzeichen gerechtfertigt sind ([X.] GRUR 2010, 228, 231 [X.]. 36 - Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, 1029 [X.]. 32 u. 36, 1030 [X.]. 44 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] [X.], 949, 951 [X.]. 12 – [X.]; [X.], 778, 779 [X.]. 12 - [X.]; a.a.[X.] [X.]. 9 – [X.]). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt ([X.] a.a.[X.] – [X.], [X.] u. [X.]). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, [X.] oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen ([X.] a.a.[X.] [X.]. 56 – Vorsprung durch Technik). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen ([X.] a.a.[X.] [X.]. 57 – Vorsprung durch Technik; [X.] a.a.[X.] – [X.]).

Diesen Anforderungen an die Unterscheidungkraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] genügt das Zeichen „myJobs“ in Bezug auf die beanspruchte Dienstleistung „Werbung“.

a) Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den beiden dem [X.] Grundwortschatz zugehörigen Wörtern „my“ und „Jobs“ ([X.] Grundwortschatz [X.], 2000) zusammen.

www.pons.de). Im [X.] ist der Begriff mit übereinstimmendem Sinngehalt gebräuchlich.

www.pons.de). Breite Verkehrskreise sind an Kombinationen des Pronomens "my" bzw. „mein“ mit einer reinen Sachangabe in der Werbung gewöhnt. Wörter wie „my“ und „mein“ sind vielfältig gebräuchlich und werbeüblich, um auszudrücken, dass die Sachangabe bzw. das beworbene Produkt Gegenstand einer subjektiven Perspektive ist; der Verbraucher wird in den Mittelpunkt gestellt und die Waren und Dienstleistungen werden als speziell für dessen Bedürfnisse bestimmt angepriesen (vgl. BPatG 33 W (pat) 509/12 – [X.]; 30 W (pat) 85/10 – [X.]; 25 W (pat) 3/10 – [X.]; 29 W (pat) 35/07 – my choice).

b) Die angemeldete Wortkombination „myJobs“ wird daher von den angesprochenen Verkehrskreisen - im vorliegenden Fall überwiegend Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene - unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken als „meine Jobs“, „meine Arbeitsplätze“ übersetzt und verstanden werden.

c) Ausgehend hiervon hat das beanspruchte Wortzeichen „myJobs“ keinen (unmittelbar) beschreibenden Begriffsinhalt; in seiner Bedeutung „meine Jobs“ gibt es kein Merkmal für „Werbung“ an. „Jobs“ im weitesten Sinne können zwar Gegenstand von [X.] sein, aber es entspricht nicht den Branchengewohnheiten, [X.] durch das beworbene Produkt zu charakterisieren, weil die Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeutet. Üblich ist etwa eine Bezeichnung nach Art des Mediums oder der Branche, auf die die Werbeleistungen bezogen sind, während eine Festlegung auf ein bestimmtes Themengebiet nicht erfolgt ([X.] a.a.[X.] [X.]. 24 – [X.]).

Weder ist aber dem Zeichen „myJobs“ ein Hinweis auf die Art des verwendeten Mediums zu entnehmen, noch ist es als Beschreibung der Branche, für die (schwerpunktmäßig) gearbeitet wird, geeignet. Die Recherche des Senats hat ergeben, dass [X.] speziell für den Bereich des Arbeitsmarkts zwar üblich sind, auf diesen Branchenschwerpunkt jedoch nur mit den Schlagworten „Arbeitsmarkt“, „Personal-/Stellenvermittlung“, „Personalberatung“, „Personal“ oder mit dem Oberbegriff „Dienstleistungen (und Handel)“ hingewiesen wird. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Begriff „Jobs“ als Branchenbezeichnung üblich ist

Dem interessierten Publikum begegnet das Wort „Jobs“ im Zusammenhang mit Werbeagenturen vielmehr regelmäßig auf deren Internetseiten nur als Verknüpfung bzw. sog. [X.] zu Informationen über aktuell offene Stellenangebote in der Agentur selbst, wie die Recherchen des Senats ergeben haben. Aufgrund der Verbindung des Wortes "Jobs" mit dem Possessivpronomen "my" werden die Jobs personalisiert, so dass der Hinweis auf eigene Arbeitsplätze des jeweiligen Werbedienstleisters noch verstärkt wird.

der Branche „Arbeitsmarkt“ zu gelangen. Eine solche analysierende Betrachtung hat aber zu unterbleiben.

d) Die Markenstelle hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei den grafischen Elementen – der Zusammenschreibung der beiden Wörter sowie der Binnengroßschreibung – um werbeübliche Ausgestaltungen handelt, die für sich genommen die Schutzfähigkeit nicht zu begründen vermögen (vgl. BPatG 27 W (pat) 231/09 – [X.], [X.], 29 W (pat) 93/03 – [X.], 30 W (pat) 29/02 - [X.], 30 W (pat) 138/01 – myMusicScore).

2. Da das angemeldete Wortzeichen keinen unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt in Bezug auf „Werbung“ hat, kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht bejaht werden.

Meta

29 W (pat) 523/12

27.11.2013

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.11.2013, Az. 29 W (pat) 523/12 (REWIS RS 2013, 769)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 769

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

29 W (pat) 112/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "THE AUTOMOTIVE STAR" – Sachaussage – kein betrieblicher Herkunftshinweis - keine Unterscheidungskraft


26 W (pat) 538/19 (Bundespatentgericht)


30 W (pat) 508/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "my WORLD OF HEARING EVOLUTIONÄRE HÖRAKUSTIK (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


29 W (pat) 52/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "consulting@work" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis


26 W (pat) 513/17 (Bundespatentgericht)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.