Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2000, Az. 1 StR 106/00

1. Strafsenat | REWIS RS 2000, 2330

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Nachschlagewerk: ja[X.]St: jaVeröffentlichung: ja________________________StGB §§ 258, 153, 22, 26; StPO § 137 Abs. 1 Satz 1Zur Frage der Strafvereitelung des Verteidigers bei der Vermittlung der Zusageeiner [X.] an den Geschädigten für eine entlastende Aus-sage, die nur möglicherweise richtig ist.[X.], [X.]. vom 9. Mai 2000 - 1 StR 106/00 - [X.]/00vom9. Mai 2000in der [X.] -wegenversuchter Strafvereitelung u.a.- 3 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 9. Mai 2000 gemäß § 349Abs. 4 StPO [X.] Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. Oktober 1999 aufgehoben. Die Ange-klagte wird [X.] Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen [X.] fallen der Staatskasse zur [X.] Die Entscheidung über die Entschädigung der Angeklagtenwegen erlittener Strafverfolgungsmaßnahmen bleibt [X.] vorbehalten.Gründe:Das [X.] hat die Angeklagte wegen versuchter [X.] Tateinheit mit versuchter Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage zu einerFreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur [X.] ausgesetzt wurde. Die Revision der Angeklagten hat mit der [X.].[X.] der Verurteilung ist die Mitwirkung der Angeklagten in ihrerEigenschaft als Strafverteidigerin an einer Vereinbarung des von ihr [X.]. mit der [X.] . [X.]hattesich in dieser Vereinbarung verpflichtet, in der bevorstehenden [X.] gegen [X.]. ihre Zeugenaussage abzuschwächen. [X.] bisher sollte sie nunmehr aussagen, [X.]. habe sie nicht deshalb ge-schlagen, weil er sie zur Prostitution habe zwingen wollen. Im Gegenzug ver-pflichtete sich [X.]. zur Zahlung eines [X.]merzensgeldes für den Fall, daßer nicht wegen versuchten schweren Menschenhandels verurteilt werden wür-de.1. Dazu hat das [X.] im einzelnen festgestellt:a) Die Angeklagte verteidigte [X.]. vor dem Amtsgericht [X.] [X.]öffen-gericht [X.] Augsburg. Dort wurde [X.]. am 19. Januar 1995 wegen versuchtenschweren Menschenhandels in Tateinheit mit Körperverletzung verurteilt, weiler [X.][X.] was diese bekundet hatte [X.] mehrfach geschlagen hatte, um sie zurAufnahme der Prostitution zu bestimmen.Nach der erstinstanzlichen Verhandlung berichtete [X.]. der Ange-klagten, er habe von anderen Personen gehört, daß [X.]ihre falsche Aussa-ge widerrufen wolle; das wisse er von [X.]. Die Angeklagte nahmKontakt zu [X.]auf, der darauf mit dem Zeugen [X.], einem Bekannten[X.]s, in ihrer Kanzlei erschien. [X.]berichtete der Angeklagten, [X.]ha-be ihn bereits vor Wochen um Rat gefragt, weil sie fljemanden bei den Bullen[X.] 5 [X.]hingehängt und jetzt ein schlechtes Gewissen habefl. Auf Nachfrage erklärte[X.], [X.]hätte ihm gesagt, sie habe gegen ihren früheren Freund eine Fal-schaussage gemacht; das wolle sie jetzt in Ordnung bringen. [X.]fragte [X.], was [X.] nunmehr tun solle. Die Angeklagte empfahl, [X.]solle ihren Rechtsanwalt konsultieren. Kurz nach diesem Kontakt rief [X.]die Angeklagte an und vereinbarte ein Treffen mit [X.]in einem Restaurant.Am nächsten Tag kam [X.][X.] für die Angeklagte unerwartet [X.] in deren [X.].Bei den Treffen mit der Angeklagten äußerte [X.], daß sie ihre bishe-rige Aussage ändern wolle. Die Beschuldigung, daß die [X.] seien, um sie zur Aufnahme der Prostitution zu bestimmen, wolle [X.] mehr aufrechterhalten. Sie sagte auch, ihre früheren Aussagen seien in-soweit falsch ([X.]). In diesem Zusammenhang erkundigte sich [X.]auch nach den von ihr bereits gerichtlich geltend gemachten [X.]merzensgeld-ansprüchen gegen [X.]. und dessen Mutter.Die Angeklagte, die unter anderem aus dieser Frage [X.]s erkannthatte, daß mit einer Aussageänderung nur zu rechnen war, wenn [X.]merzens-geld gezahlt würde, verhandelte deshalb mit [X.]s Rechtsanwalt Z. - . [X.]entwarf darauf eine Vereinbarung, die er der [X.] 26. April 1995 [X.] einen Tag vor der Berufungshauptverhandlung [X.] zusandte.Von Bedeutung ist namentlich Satz 1 des [X.], der auf [X.] Angeklagten nach deren Formulierungsvorschlag eingefügt wurde; daraufstellt der Tatrichter maßgeblich ab. In dem Vereinbarungsentwurf heißt es:[X.] 6 [X.]flI.Gemäß der Sachlage wird Frau [X.] in der anstehenden Berufungshauptverhand-lung am 27.04.1995 vor dem [X.] Augsburg ihre Aussage dahingehend be-richtigen, daß Herr B. [X.]. die geschilderten Körperverletzungen vom10.09.1993 und 12.04.1994 nicht beging, da sich Frau [X.]weigerte, für ihn aufden Strich zu gehen. Auch zu anderen Zeitpunkten hatte Herr [X.]. Frau [X.]nicht dazu aufgefordert. ...Mit dieser Maßgabe sind also die geschilderten Körperverletzungen zutreffend, ...II.Herr B. [X.]. bestätigt die Richtigkeit der so korrigierten Sachdarstellung undwird auch gegenüber dem [X.] Augsburg eine entsprechende Erklärung ab-geben.III.Frau [X.]verpflichtet sich, den gestellten Strafantrag zurückzunehmen.IV.Herr B. [X.]. verpflichtet sich, 15.000,-- DM an Frau [X.]zu bezahlen, wennim Urteil des [X.]s Augsburg ... keine Verurteilung wegen versuchten schwe-ren Menschenhandels zum Nachteil von Frau [X.]erfolgt.Nach Zahlungseingang wird das beim [X.] anhängige Verfahren ...übereinstimmend für erledigt erklärt und eine Kostenentscheidung durch das [X.] § 91a ZPO beantragt. Ebenso erklärt Frau [X.]die Klage im Verfahren ...(betreffend Frau E. [X.]. ) für erledigt.Mit Bezahlung des vorgenannten Betrages ist auch die Erstattung der [X.] gemäß § 472 StPO abgegolten.Im übrigen verpflichtet sich Herr B. [X.]. , Frau [X.]von einer eventuellenKostenpflicht gemäß § 470 StPO freizustellen.flAm 27. April 1995, kurz vor der Berufungshauptverhandlung, besprachdie Angeklagte mit [X.]. den Vereinbarungsentwurf. Nach einigen hand-schriftlichen Änderungen [X.] unter anderem wurde der [X.]merzensgeldbetragauf 10.000 DM reduziert [X.] unterzeichneten [X.]. und [X.]die Vereinba-rung.[X.] 7 [X.]In der Berufungshauptverhandlung sagte [X.]entsprechend der [X.] aus. Gleichwohl wurde [X.]. auch vom Berufungsgericht wegenversuchten schweren Menschenhandels verurteilt.b) Welche Aussage [X.]s zutreffend war, die frühere oder diejenige inder Berufungshauptverhandlung, konnte das [X.] nicht feststellen.Hinsichtlich der Vorstellung der Angeklagten von der Richtigkeit der vor-gesehenen Aussage [X.]s schließt das [X.] eine positive Kenntnissowohl von der Richtigkeit als auch von der Unrichtigkeit aus. Eine positiveKenntnis folge auch nicht daraus, daß [X.]ihr gegenüber erklärt hatte, diefrühere Aussage sei falsch gewesen ([X.], 20). Das [X.] ist aller-dings davon überzeugt, daß sich die Angeklagte des Risikos bewußt gewesensei, daß die vorgesehene Aussage falsch sein könne. Gleichwohl habe sie ge-wollt, daß [X.]wie vereinbart aussage. Sie habe dadurch erreichen wollen,daß [X.]. nicht wegen Menschenhandels verurteilt wird, obwohl ihr bewußtgewesen sei, daß er sich tatsächlich insoweit schuldig gemacht haben könnte.Zur Erreichung der von ihr verfolgten Ziele habe die Angeklagte billigend inKauf genommen, daß [X.]eventuell eine unwahre Aussage machen und[X.]. zu Unrecht nicht wegen schweren Menschenhandels verurteilt [X.] Das Verhalten der Angeklagten hat das [X.] als (untaugli-chen) Versuch der Strafvereitelung in Tateinheit mit (untauglicher) versuchterAnstiftung zur uneidlichen Aussage gewertet.[X.] 8 [X.]Die Mitwirkung bei der Vereinbarung sei nicht mehr im Rahmen zulässi-gen [X.]s erfolgt. Die Angeklagte habe aktiv auf [X.]einge-wirkt, indem die Zahlung des [X.]merzensgeldes davon abhängig gemachtworden sei, daß keine Verurteilung wegen versuchten schweren Menschen-handels erfolge (Abschnitt [X.]). Diese Bedingung habe [X.], daß die zuvor noch nicht zur Aussageänderung entschlossene [X.][X.] entlasten mußte, um die von ihr erstrebte Geldzahlung zu erhal-ten. Die Vereinbarung habe auch den Sinn gehabt, daß sich [X.]bemühensollte, das Gericht von der Wahrheit der geänderten Aussage zu überzeugen.Somit hätte dem Berufungsgericht kein unbeeinflußtes Beweismittel mehr [X.] gestanden. Die Wahrheitsfindung vor Gericht sei dadurch erschwertworden.Die Angeklagte habe die Absicht gehabt, ganz oder zum Teil zu [X.], daß [X.]. dem Strafgesetz gemäß verurteilt werde. Bezüglich der ver-suchten Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage habe sie mit [X.] gehandelt.[X.] zur Vereitelungsabsicht als auch zum (bedingten) Anstiftervor-satz reichen die Feststellungen zur inneren Tatseite nicht aus, um den [X.] beieinem [X.] erhöhten [X.] Nachweisanforderungen an das volunta-tive Element zu genügen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob [X.] wasdie Revision meint [X.] die Angeklagte Täterin oder lediglich Anstifterin der ver-suchten Strafvereitelung war und ob der untaugliche Versuch der [X.] uneidlichen Falschaussage straflos ist (vgl. [X.]St 24, 38, 40).[X.] 9 [X.]1. Die Stellung als Verteidiger in einem Strafprozeß und das damit ver-bundene Spannungsverhältnis zwischen Organstellung und [X.] eine besondere Abgrenzung zwischen erlaubtem und unerlaubtemVerhalten ([X.]St 38, 345, 347; [X.], Urteil vom 6. April 2000 [X.] 1 StR 502/99[X.], jew. m.w.[X.]). In der zuletzt genannten Entscheidung hat der [X.]: Grundsätzlich gelten die Straftatbestände für jedermann, mithin auch fürden Verteidiger. Die Struktur bestimmter Straftatbestände birgt indessen fürden Verteidiger selbst das Risiko, daß ein prozessual erlaubtes, im Rahmenwirksamer Verteidigung liegendes Verhalten in den Anwendungsbereich [X.] fallen kann. Der besonderen Situation des Verteidigers kanndurch Auslegung des jeweiligen Straftatbestandes hinreichend Rechnung ge-tragen werden. Die Notwendigkeit hierzu ergibt sich daraus, daß die [X.] zu wirksamer Verteidigung auf der Grundlage des Verfahrensrechts not-wendiger Bestandteil eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens ist; ihr kommthierfür grundlegende Bedeutung zu. Der Angeklagte hat schließlich auch nachArt. 6 Abs. 3 Buchst. [X.] Anspruch auf [X.] und [X.]. Dieser Anspruch wäre ernsthaft gefährdet, wenn der Verteidiger [X.] üblichen und prozessual zulässigen Verteidigungstätigkeit selbst straf-rechtlich verfolgt würde. Der Wirkkraft dieser letztlich im Recht des Angeklag-ten auf ein faires, rechtsstaatliches Strafverfahren wurzelnden verfahrensrecht-lichen Verbürgung ist deshalb bei der Auslegung und Anwendung des Straftat-bestandes Genüge zu tun.2. Diese Grundsätze gelten insbesondere für den Straftatbestand derStrafvereitelung (grundlegend dazu Beulke, Die Strafbarkeit des Verteidigers,1989).[X.] 10 [X.]a) Soweit ein Strafverteidiger prozessual zulässig handelt, ist sein [X.] nach der Rechtsprechung des [X.] schon nicht tatbe-standsmäßig im Sinne des § 258 StGB und nicht erst rechtfertigend (so [X.] NStZ 1988, 178; OLG Düsseldorf StV 1994, 472; [X.], 552; Ruß in [X.] Aufl. § 258 [X.]. 19; Tröndle/[X.], StGB 49. Aufl. § 258 [X.]. 7; Lauf-hütte in KK 4. Aufl. vor § 137 [X.]. 4; [X.]effler StV 1993, 470). § 258 [X.] auf die Regelungen des Prozeßrechts. Bei dessen Auslegung kannauch das Standesrecht von Bedeutung sein. [X.] zulässiges [X.] wird in der Regel prozessual nicht zu beanstanden sein. [X.] unzulässiges Verhalten führt nicht ohne weiteres zur Strafbarkeit (vgl.[X.]St 2, 375, 377; 10, 393, [X.] könnten einzelne Formulierungen in Entscheidungen des Bundes-gerichtshofs auch so verstanden werden, daß zulässiges [X.]ein Rechtfertigungsgrund für § 258 StGB ist ([X.]St 10, 393, 394: flhandelt nurrechtswidrig, wenn er dabei unerlaubte Mittel anwendetfl oder [X.] NStZ 1982,465: "durch die [X.] gedeckt und deshalb rechtmäßigfl). [X.] wurde die Strafbarkeit auch erst im subjektiven Bereich ausgeschlossen([X.]St 29, 99, 101: flim Rahmen zulässiger Verteidigertätigkeit ..., nicht voneiner [X.]). Überwiegend hat der [X.] aber bei einem zulässigen Verteidigerverhalten bereits den Tatbe-stand des § 258 StGB ausgeschlossen ([X.]St 2, 375, 377 [zur persönlichenBegünstigung nach § 257 StGB aF]: fldarf ein Strafverteidiger, ohne sich demstrafrechtlichen Vorwurf der Begünstigung auszusetzen ...fl; ähnlich [X.]St 38,345, 347; [X.] NStZ 1999, 188: [X.] sachgerechter erlaubter Strafvertei-digungfl).[X.] 11 [X.]aa) Der Verteidiger darf grundsätzlich alles tun, was in gesetzlich nichtzu beanstandender Weise seinem Mandanten nützt ([X.]St 38, 345, 347). [X.] die Aufgabe, zum Finden einer sachgerechten Entscheidung beizutragenund dabei das Gericht vor Fehlentscheidungen zu Lasten seines Mandanten zubewahren ([X.] [X.] Kammer [X.] NStZ 1997, 35). Zu seinen besonderen Aufga-ben gehört es auch, auf die Einhaltung der Verfahrensgarantien zu achten([X.]St 2, 375, 378).Allerdings muß er sich bei seinem Vorgehen auf verfahrensrechtlich er-laubte Mittel beschränken und er muß sich jeder bewußten Verdunkelung [X.] und jeder sachwidrigen Erschwerung der Strafverfolgung enthal-ten ([X.]St 2, 375, 377). Ihm ist es insbesondere untersagt, durch aktive [X.] und Verzerrung des Sachverhalts die Wahrheitserforschung zu er-schweren, insbesondere Beweisquellen zu verfälschen ([X.]St 9, 20, 22; 38,345, 348; [X.] NStZ 1999, 188; [X.], Urteil vom 8. Januar 1957 [X.] 5 [X.]/56 [X.]).Auf der anderen Seite darf der Verteidiger solche Tatsachen und Be-weismittel einführen, die einen von ihm lediglich für möglich gehaltenen Sach-verhalt belegen können. Das ist ihm nach der Rechtsprechung des [X.]s ([X.], [X.]uß vom 16. September 1981 [X.] 3 StR 234/81 [X.]) nichtnur gestattet; es kann sogar geboten sein: flSollte er dies tatsächlich für mög-lich gehalten, also nicht wider besseres Wissen gehandelt haben, so könntedie bloße Behauptung ... ohne eine Trübung der Beweisquelle durch [X.] Unterlagen den Vorwurf einer versuchten Strafvereitelung nichtbegründen. Eine andere Beurteilung liefe darauf hinaus, daß ein Rechtsanwalt,[X.] 12 [X.]wenn er die Interessen eines Mandanten vertritt, nur das vorbringen dürfte, vondessen Richtigkeit er voll überzeugt ist, was regelmäßig eine eingehendeNachprüfung der von dem Mandanten ihm gegenüber aufgestellten Behaup-tungen erforderte und ihm, soweit er nicht jeden Zweifel ausschließen kann,praktisch die Möglichkeit verschließen würde, bestehende Rechte seines [X.] wahrzunehmen.flbb) Soweit es [X.] wie hier [X.] um Zeugenaussagen geht, darf der [X.] zwar nicht wissentlich falsche Tatsachen behaupten und hierfür Zeugenbenennen ([X.]St 29, 99, 107; [X.] NStZ 1983, 503). In den von der Recht-sprechung aufgestellten Grenzen ([X.], [X.]uß vom 16. September 1981 [X.]3 StR 234/81 [X.]) ist er verpflichtet, darauf zu achten, daß er nicht Zeugen [X.], von denen er erkennt, daß sie eine Falschaussage machen werden.Auch darf er einen Zeugen nicht absichtlich in einer vorsätzlichen Falschaus-sage bestärken ([X.]St 29, 99, 107; [X.] NStZ 1983, 503). Er kann eigeneErmittlungen führen und insbesondere Zeugen auch außerhalb der [X.] befragen ([X.] NJW 2000, 1277). Hat er lediglich Zweifel an derRichtigkeit einer Zeugenaussage, die seinen Mandanten entlasten könnte, soist es ihm nicht verwehrt, den Zeugen zu benennen; er wird dazu regelmäßigsogar verpflichtet sein. Andernfalls würde er in Kauf nehmen, ein möglicher-weise zuverlässiges, entlastendes Beweismittel zu unterdrücken (vgl. [X.],Urteil vom 8. Januar 1957 [X.] 5 [X.]/56 [X.]; zur entsprechenden [X.] der Urkundenvorlegung vgl. [X.]St 38, 345, 350).b) Hätte sich die Angeklagte darauf beschränkt, die Zeugin [X.]außergerichtlich zu befragen, und sie aufgefordert, die ihr gegenüber ge-machten Äußerungen auch vor dem Berufungsgericht zu bekunden, so wäre[X.] 13 [X.]das nicht nur ein zulässiges, sondern sogar ein gebotenes [X.]gewesen. Das hätte auch dann gegolten, wenn die Angeklagte es lediglich fürmöglich hielt, daß die vorgesehene Aussage unwahr war. Der Ort, die Glaub-haftigkeit dieser Aussage zu überprüfen, ist die Hauptverhandlung. [X.]ließlichist es auch grundsätzlich legitim, wenn ein Strafverteidiger mit dem Geschä-digten, der zugleich Hauptbelastungszeuge ist, eine zivilrechtliche [X.]adens-regulierung vereinbart. Dies entspricht auch der neueren Entwicklung der Ge-setzgebung, im Interesse des Rechtsfriedens einen Ausgleich zwischen [X.] Opfer zu fördern (vgl. § 46a StGB, § 155a StPO).c) Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht indes darin, daßdie Angeklagte maßgeblich an einer [X.] dem Berufungsgericht nicht mitgeteilten[X.] Vereinbarung mitgewirkt hat, wonach die Zahlung von [X.]merzensgeld andie Bedingung geknüpft war, daß [X.]. aufgrund Aussageänderung vom [X.] nicht wegen Menschenhandels verurteilt werde. Das [X.] hat die Abschnitte I. und IV. der Vereinbarung zutreffend in diesem Sinneinterpretiert, und so hat sie auch die Angeklagte verstanden. Sie hat zudemselbst vorgebracht, der Rechtsanwalt der Mutter ihres Mandanten habe als Be-dingung für die Zahlung genannt, daß er [X.]. nach der Verhandlungflmitnehmenfl können müsse. Damit war das [X.]merzensgeldversprechen mehrals einebloße [X.]adensregulierung; es war gleichsam das Erfolgshonorar für eine er-folgreiche Entlastungsaussage.aa) Zu einer derartigen Fallgestaltung liegen [X.] soweit ersichtlich [X.] nochkeine höchstrichterlichen Entscheidungen vor. Eine solche Vereinbarung einesflErfolgshonorarsfl kann die Grenze zulässigen [X.] über-[X.] 14 [X.]schreiten. Das liegt auch hier nicht fern, denn es war zu besorgen, daß [X.] [X.]dadurch zu einer [X.] möglicherweise falschen [X.] [X.] bestimmt wurde. Es bestand die konkrete Gefahr, daß eine [X.] und [X.] wesentliche [X.] [X.] getrübtfl wurde.Eine [X.] der Beweisquellefl wird durch das Versprechen eines Ho-norars für eine flerfolgreichefl Aussage fast immer bewirkt (zu Zuwendungen [X.] vgl. [X.]/[X.], Handbuch des Strafverteidigers 6. Aufl. [X.]. 180;siehe auch Thesen zur Strafverteidigung vorgelegt vom [X.] Bundesrechtsanwaltskammer, insbesondere These 28 Abs. 2, [X.]riftenrei-he der [X.]. So ist ein [X.]dann nicht mehr zulässig, wenn der Verteidiger darauf hinwirkt, daß einemZeugen für ein bestimmtes [X.] die Zahlung eines Geldbetragesversprochen wird, ohne daß dafür sonst eine Anspruchsgrundlage gegeben ist.Aber auch dann, wenn [X.] wie hier [X.] für das Zahlungsversprechen eine unab-hängig von der Vereinbarung bestehende Anspruchsgrundlage besteht (hier[X.]adensersatz- und [X.]merzensgeldansprüche), können die Grenzen zuläs-sigen [X.]s überschritten sein. Das gilt namentlich dann, [X.] Zahlungsversprechen durch den [X.] der Aussage bedingt ist [X.] es sich aufdrängt, daß die versprochene Aussage falsch sein muß.bb) Das [X.] nimmt zu Recht an, daß die Zeugin [X.] durchdie Vereinbarung stark motiviert wurde, [X.]. zu entlasten. Auf der anderenSeite war es [X.] , von der die Initiative zur Aussageänderung und zur [X.] mit der [X.]merzensgeldforderung ausging (zur Bedeutung der [X.], von wem die Initiative ausging, siehe [X.] NStZ 1999, 188). [X.]gab vonsich aus der Angeklagten mehr oder weniger deutlich zu verstehen, sie würde[X.] 15 [X.]ihre Aussage nur dann ändern, wenn [X.]merzensgeld gezahlt würde; [X.] so hatte die Angeklagte deren Frage nach dem [X.]merzensgeld verstan-den.Dem Einfluß auf die Motivation der Zeugin [X.]aufgrund desflErfolgshonorarsfl stand auf der anderen Seite eine Beeinträchtigung der Inter-essen [X.]. s gegenüber, welche die Angeklagte wahrzunehmen hatte. [X.] der Belastungszeugin verlangte eine Abwägung zwischender Pflicht, Beweisquellen nicht zu trüben, und dem [X.]. [X.] die Angeklagte auf das flAngebotfl [X.]s nicht eingegangen, so drohte [X.]jedenfalls aus ihrer Sicht [X.] ein Urteil zu Lasten ihres Mandanten aufgrund einermöglicherweise falschen Belastungsaussage. Daß die ursprüngliche Aussageder Zeugin durchaus falsch sein konnte, durfte die Angeklagte ernsthaft an-nehmen, denn [X.]hatte Dritten und auch ihr gegenüber geäußert, ihre be-lastende Aussage vor dem Amtsgericht sei falsch gewesen. Hinzu kam, [X.] die Angeklagte den Kontakt zu [X.]angebahnt, sondern ihr vielmehrursprünglich den Rat gegeben hatte, [X.] möge ihren Rechtsanwalt [X.]) Der [X.] braucht nicht zu entscheiden, ob die Angeklagte sich we-gen dieser Besonderheiten nicht mehr im Rahmen zulässigen Verteidigerver-haltens bewegt und damit den objektiven Tatbestand der Strafvereitelung [X.]. Für eine Überschreitung der Grenzen zulässigen [X.]könnte insbesondere sprechen, daß die Angeklagte [X.] wenn sie sich schon [X.] sah, die Vereinbarung zustandezubringen [X.] die damit verbundenenVorgänge dem Berufungsgericht gegenüber nicht offengelegt hat.[X.] 16 [X.]d) Jedenfalls ist die Vereitelungsabsicht, an die bei einem Verteidiger-handeln erhöhte [X.] zu stellen sind, nicht ausreichend be-legt.aa) Hinsichtlich Tathandlung und [X.] verlangt das [X.] oder [X.], während für die Kenntnis der Vortat bedingterVorsatz genügt ([X.]R StGB § 258 Abs. 1 Vorsatz 1). Absicht setzt [X.] Handeln voraus ([X.] NStZ 1997, 236; vgl. auch [X.]R StGB § [X.]. 1 Absicht 1), wobei allerdings die Vorstellung von der Strafvereitelungnicht der einzige Beweggrund des [X.] sein muß ([X.]St 4, 107). [X.] ist aber ein zielgerichtetes Wollen; es muß dem Täter darauf ankommen,die Verhängung einer Strafe mindestens zum Teil zu vereiteln (Ruß aaO[X.]. 21). [X.] besagt, daß der Täter die Tatbestandsverwirklichungals sichere Folge seines Tuns erkennt oder voraussieht. Dies bedeutet, daßder direkte Vorsatz sowohl die Tathandlung als auch den sich aus ihr ergeben-den Erfolg zum Inhalt haben muß. Die billigende Inkaufnahme des tatbestandli-chen Erfolgs reicht nicht aus ([X.] NJW 1984, 135; Ruß aaO [X.]. 21).bb) Auch wenn die Angeklagte die Grenzen zulässigen Verteidigungs-verhaltens überschritten hätte, so war es doch nicht ihr Ziel [X.] auch nicht imSinne eines Zwischenziels [X.], unbeschadet der Richtigkeit der vorgesehenenAussage [X.]s eine berechtigte Verurteilung ihres Mandanten zu verhindern;auch hat sie dies nicht als sichere Folge ihres Tuns vorausgesehen. [X.] Angeklagten geht das [X.] nämlich davon aus, daß die [X.] Aussage [X.]s objektiv richtig war. Auch hielt es die Angeklagte [X.] möglich, daß [X.]vor dem Berufungsgericht eine unwahre Aussage ma-chen könnte.[X.] 17 [X.]Ein direkter Vorsatz scheidet danach aus; [X.] hat das Land-gericht deshalb zu Recht nicht angenommen. Aber auch eine Vereitelungsab-sicht der Strafverteidigerin ist im Hinblick auf die besonderen Umstände [X.] bei diesen Vorstellungen nicht hinreichend belegt. Zwar reicht es für dasWissenselement der Absicht grundsätzlich aus, daß der Täter den Erfolg fürmöglich hält. Beim [X.] sind aber an das voluntative [X.] Vereitelungsabsicht [X.] erst recht [X.] diejenigen strengen Beweisanforderun-gen zu stellen, die der [X.] ([X.]St 38, 345) für die Beweiswür-digung zum Nachweis des bedingten Vorsatzes bei verteidigungsspezifischemHandeln im Hinblick auf Straftaten nach den §§ 153 ff., 267 ff. StGB verlangt.cc) Beim Zeugenbeweis ist [X.] ebenso wie bei der Vorlage von [X.] Urkunden ([X.]St 38, 345, 350) [X.] hinsichtlich der [X.] voluntativen Element der Vereitelungsabsicht in der Regel davon auszu-gehen, daß der Verteidiger strafbares Verhalten nicht billigt, wenn er sich [X.] beschränkt, einen ihm von seinem Mandanten benannten Entlastungszeu-gen in ein gerichtliches Verfahren einzubringen, selbst bei erheblichen [X.] an der Richtigkeit oder Zuverlässigkeit der Zeugenaussage. Vielmehr wirdder Verteidiger einen solchen Zeugenbeweis im Regelfall mit dem inneren Vor-behalt verwenden, das Gericht werde die Glaubhaftigkeit der Aussage seiner-seits einer kritischen Prüfung unterziehen und ihre Fragwürdigkeit nicht über-sehen. Dieser Vorbehalt ergibt sich daraus, daß der Verteidiger als Organ [X.] fremde Interessen wahrnimmt (§ 1, § 3 Abs. 1 [X.]). Etwas [X.] kann nach der genannten Entscheidung dann gelten, wenn der [X.] über zusätzliche Informationen verfügt.[X.] 18 [X.]dd) Die Angeklagte verfügte hier allerdings über dem Gericht und [X.] nicht bekannte zusätzliche Informationen und zwar geradesolche Informationen, die für die Prüfung der Glaubhaftigkeit der Zeugenaus-sage [X.] es ging um die Motivation für die Aussageänderung [X.] essentiell waren.Es lag somit ein Sachverhalt vor, in dem der [X.] ([X.]St 38,345, 350) ein Indiz sieht, das den ansonsten regelmäßig flvermutetenfl innerenVorbehalt widerlegen kann. Die Nichtmitteilung dieses Informationsvorsprungskönnte gegen den inneren Vorbehalt sprechen, das Gericht werde die Frag-würdigkeit der Aussageänderung nicht übersehen.Für einen Verteidiger wird es sich daher [X.] schon um den Anschein der[X.] einer Beweisquellefl zu vermeiden und um sich den ihm von [X.] zugebilligten inneren Vorbehalt zu erhalten [X.] regelmäßigempfehlen, derartige Vereinbarungen den anderen Verfahrensbeteiligten ge-genüber offenzulegen. Eine Rechtspflicht zur [X.] traf die [X.] insoweit nicht. Zu einem ähnlichen Problemkreis, der Annahme [X.] einer erkannten Falschaussage, ist [X.] des [X.] sehr zurückhaltend ([X.]St 2, 129,133: Angeklagter; [X.]St 4, 327: Rechtsanwalt; [X.], Urteil vom 8. Januar1957 [X.] 5 [X.]/56: Verteidiger; vgl. auch Ruß aaO § 258 [X.]. 19). [X.] zur [X.] läßt sich aber auf die vorliegende Fallge-staltung schon deshalb nicht übertragen, weil eine solche Pflicht zum Handelnallenfalls dann in Betracht kommt, wenn der Unterlassende positiv weiß, daßdie Aussage falsch ist, und wenn er zudem die erkannte falsche Aussage ver-anlaßt oder wenigstens beeinflußt hat.[X.] 19 [X.]ee) Gleichwohl versteht es sich auch hier nicht von selbst, daß die An-geklagte den inneren Vorbehalt aufgegeben hat. So war es durchaus möglich,daß sie davon ausging, die Zeugin werde bei ihrem zusammenhängenden Be-richt (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StPO) auch die Vereinbarung und deren [X.] bekunden. Vor allem aber lag es nahe, daß die Angeklagte in ihreninneren Vorbehalt aufnahm, die Zeugin werde im Verhör (§ 69 Abs. 2 StPO)eindringlich zum Motiv ihres Aussagewechsels befragt werden, und das ist er-sichtlich auch geschehen. Fragen dazu mußten sich angesichts des Verhält-nisses zwischen [X.]. und der Zeugin geradezu aufdrängen. Das Nichtvor-handensein des inneren Vorbehalts hätte unter diesen Umständen nur dannnahegelegen, wenn die Angeklagte vor oder während der Berufungshauptver-handlung auf die Zeugin dahin Einfluß genommen hätte, die Vereinbarung zuverschweigen. Da das Urteil sich dazu nicht verhält, muß der [X.] davonausgehen, daß eine solche Einflußnahme nicht erfolgt ist.[X.] 20 [X.]3. Aus denselben Gründen ist auch das voluntative Element des Anstif-tervorsatzes nicht belegt (vgl. [X.]St 38, 345, 350).4. [X.] kann nach alledem keinen Bestandhaben. Der [X.] hat selbst auf Freispruch erkannt (§ 354 Abs. 1 StPO; vgl.[X.] NJW 1999, 1562), denn er schließt aus, daß bei einer [X.] einer erneuten Hauptverhandlung zusätzliche Tatsachen festgestellt werdenkönnten, die für eine Verurteilung tragfähig wären.Die Entscheidung über eine Entschädigung der Angeklagten wegen er-littener Strafverfolgungsmaßnahmen bleibt dem [X.] überlassen (vgl.[X.] NJW 1999, 1562).[X.]äfer Maul [X.][X.]luckebier

Meta

1 StR 106/00

09.05.2000

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2000, Az. 1 StR 106/00 (REWIS RS 2000, 2330)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2330

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